Sehr geehrter Herr Semsrott,
auf Ihren Widerspruch vom 10.12.2022 gegen den Bescheid des Justiziariats der Polizei. Berlin zum Aktenzeichen PPr Just 43 We - IFG 148.22 vom 29.11.2022 ergeht folgender Bescheid:
1. Der Widerspruch wird zurückgewiesen.
2. Sie haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Für die Bearbeitung werden Gebühren in Höhe von 10,00 € erhoben.
Begründung
l.
Mit Schreiben vom 23.11.2022 stellten Sie einen Antrag nach dem IFG und bitten um Akteneinsicht und Auskunft nach § 3 Abs. 1 Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bezüglich einer Polizeistatistik zu „Letzte Generation“ [#263841]. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 29.11.2022 durch das Justiziariat 43 abgelehnt.
Gegen den Bescheid des Justiziariats haben Sie mit Schreiben vom 10.12.2022 - eingegangen am 10.12.2022 - fristgerecht Widerspruch erhoben.
Sie machen im Wesentlichen geltend, dass es sich bei der Statistik um eine Statistik der Polizei und nicht der Staatsanwaltschaft handeln würde. Des Weiteren seien keine personenbezogenen Daten in den Statistiken, sondern lediglich Häufigkeiten von Straftaten sowie weitere anonymisierte Auswertungen.
Das Justiziariat 4 half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn der Widerspruchsstelle der Polizei Berlin - PPr Just 5 - zur abschließenden Entscheidung vor.
II.
Ihr Widerspruch ist zulässig, jedoch unbegründet.
Ich habe Ihre Einwände geprüft und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:
Zweck des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) ist es, durch ein umfassendes Informationsrecht das in Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen, um über die bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen.
Jeder Mensch hat gemäß § 3 Abs. 1 IFG Berlin nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG genannten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten.
Sie baten vorliegend um Auskunft bezüglich einer „internen Polizeistatistik“, nach der die Berliner Polizei in ihrem Computersystem 456 Personen gespeichert habe, zu denen Strafermittlungsverfahren in Bezug auf Blockaden geführt werden.
Vorliegend ist das IFG gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 IFG jedoch nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift gilt das IFG für die Gerichte und die Behörden der Staatsanwaltschaft nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen. Entgegen Ihrer Einlassung handelt es sich bei der Statistik um gespeicherte personenbezogene Daten, zu denen Strafermittlungsverfahren in Bezug auf Blockaden geführt werden. Die Statistik nimmt Bezug auf laufende Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Berlin.
Auch handelt es sich vorliegend nicht um eine Akte der Polizei Berlin gemäß § 3 Abs. 2 IFG. Die Polizei Berlin wird im Strafverfahren als Ermittlungsperson gemäß § 163 StPO tätig und ist von der Staatsanwaltschaft weisungsabhängig. Die Sachleitungsfunktion und Verantwortung obliegt der zuständigen Staatsanwaltschaft, im Übrigen dem Vorsitzenden des mit der Sache befassten Gerichtes. Die Polizei Berlin ist nicht befugt, von sich aus Akteneinsicht zu gewähren (vgl. BeckOK StPO § 480 Rn. 2).
Die Akteneinsicht richtet sich daher nicht nach dem IFG, sondern nach § 480 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO).
Zur Frage der Akte im Strafverfahren folgt die Rechtsprechung (vgl. BVerfG, NJW 1983, 1043) einem formellen Aktenbegriff. Akten im Strafverfahren umfassen sämtliche, vom ersten Zugriff der Polizei an gesammelten, be- und entlastenden Vorgänge, die im Rahmen der Ermittlungen gegen den Beschuldigten entstanden sind, sowie herangezogene Beiakten (vgl. Warg, Der Begriff der Akte und ihre Vorlage im Strafverfahren (NJW 2015, 3195). Hierzu zählen auch Aussagen des Täters und der Zeugen.
Bei einer Herausgabe der Informationen nach dem IFG durch die Polizei, würden die bundesgesetzlichen Vorschriften der StPO, insbesondere die Zuständigkeit der Justizbehörden, umgangen.
Die Entscheidung des Justiziariates 43, Ihren Antrag abzulehnen, ist ermessensfehlerfrei und nicht zu beanstanden.
Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung folgt aus § 16 IFG Berlin i.V.m. der Tarifstelle 1004 c VGebO. Für das Widerspruchsverfahren ist eine Gebühr von 10,00 bis 50,00 € zu erheben. Die Gebühr wird auf 10,00 € festgesetzt.
Ich bitte Sie, diesen Betrag in Höhe von 10,00 € innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides auf das Konto der Landeshauptkasse Berlin, 10789 Berlin, bei der Postbank Berlin, IBAN: DE12100100100000137106, BIC: PBNKDEFF, zu überweisen und dabei unbedingt das Kassenzeichen 2330000532283 anzugeben.
Ihre Daten werden, soweit sie zur Überwachung des Zahlungseingangs benötigt werden, in meiner Dienststelle nach den Vorschriften des Berliner Datenschutzgesetzes i.V.m. der Datenschutz-Grundverordnung gespeichert.
IIl.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen den angefochtenen Bescheid des Justiziariats 4 der Berliner Polizei in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist die Klage vor dem Verwaltungsgericht zulässig. Die Klage ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides bei dem Ver- . waltungsgericht Berlin, Kirchstr. 7, 10557 Berlin (Tiergarten), schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen, einzulegen (vgl. hierzu
www.berlin.de/sen/justiz/aktuell/erv/egvp.htmi); der Klageschrift soll eine Abschrift beigefügt werden. Die Klage ist gegen das Land Berlin, vertreten durch die Polizei Berlin, zu richten. Es wird darauf hingewiesen, dass bei schriftlicher Klageeinlegung die Klagefrist nur dann gewahrt ist, wenn die Klage innerhalb dieser Frist bei dem Verwaltungsgericht eingegangen ist.
Es wird schon jetzt darauf aufmerksam gemacht, dass trotz der möglichen Klage für die Gebührenforderung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung entfällt und die Widerspruchsgebühr unabhängig vom weiteren Rechtsweg zu bezahlen ist.
Hochachtungsvoll