gaesteliste_vermerk_gutachten_ifgantrag
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Juristisches Gutachten/Prüfung zu meiner Anfrage bzgl. der Gästliste zum Sektempfang von Manuela Schwesig“
Landtagsverwaltung J/R Justitiariat 06.06.2018 Vermerk Anfrage des Herrn Johannes Filter nach IFG M-V, LUIG, VIG über die Gästeliste des Sektempfangs anlässlich der Wahl und Vereidigung der Ministerpräsidentin. A. Sachverhalt Am 03. Juli 2017 lud die Präsidentin des Landtages M-V anlässlich der Wahl und Vereidigung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig zu einem dem sich anschließenden Sektempfang ein. Die Einladung erfolgte zum Teil vorab schriftlich, zum Teil mündlich gegenüber nicht schriftlich eingeladenen, aber ® vor Ort anwesenden Personen. Der Antragssteller Johannes Filter begehrt mittels Antrags via Email an die Präsidentin des Landtages Mecklenburg- Vorpommern vom 03. Juli 2017 die Zusendung der Gästeliste des Sektempfangs. Er stützt sein Begehren dabei auf § 1 des Landesinformations- freiheitsgesetzes (LIFG), nach dem Landesumweltinformationsgesetz (LUIG), soweit Umweltinformationen nach § 3111 UIG betroffen sind, und auf § 21 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucher- informationen (VIG), soweit Verbraucherinformationen nach § 21 VIG betroffen sind. Am 07. August 2017 wurde auf die Überschreitung der gesetzlichen vorgesehenen Frist um 4 Tage mittels E-Mail hingewiesen und um lnformation über den Stand der Anfrage gebeten. Am 12. September wurde erneut auf die Überschreitung, diesmal um 40 Tage, hingewiesen. Am 14. September antwortete die Behörde „Die Präsidentin des Landtages Mecklenburg- Vorpommern" mittels E-Mail und wies auf das Schriftformerfordernis des § 10 lnformationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V) hin, Am 21.09.2017 stellte der Antragssteller einen inhaltsgleichen Antrag in Textform ® mit Unterschrift. 8. Stellungnahme 1. Anwendungsbereich des lFG IVI-V für Veirwaltungsaufgaben des Landtags (§ 31 lFG M-V) Gemäß § 31 IFG M-V gelten Vorschriften über den Zugang zu lnformationen für die Behörden des Landes, der Landkreise, der Ämter und Gemeinden, für die sonstigen Körperschaften, rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie für den Landtag, sowe/.f er Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, auch, wenn diese Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften ausführen. Damit ist der Landtag M-V dem Anwendungs- bereich des IFG M-V unterworfen, soweit er Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Was unter Verwaltungsaufgaben zu verstehen ist, wird nicht legaldefiniert.
1. Erläuterungen des LbfDul lvI-V und Gesetzesbegründung Der Landesbeauftragte für Datenschutz und lnformationsfreiheit M-V äußert sich in dessen Erläuterungen zum lFG auf Seite 39 wie folgt: Auf den Landtag (und seine Ausschüsse) ist das lFG M-V nur anwendbar, soweit er Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Der Umfang der Auskunftspflicht wird auf solche lnformationen beschränkt, über die er im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit verfügt. Nicht dazu gehört beispielsweise die Prüfung und Bescheidung von Petitionen. Die Erläuterungen des Landesbeauftragen für Datenschutz und lnformations- freiheit führen an dieser Stelle nicht weiter, da der Begriff „Verwaltungs- aufgabe" nur durch den Begriff „Verwaltungstätigkeit" ausgetauscht wird, sonst aber eine weitere Konkretisierung außen vorgelassen und nur exemplarische Ausführungen getätigt werden. ® Der Landesgesetzgeber führt in der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 4/2117, S.13) zur Norm folgendes aus: Das Gesetz gilt auch für den Landtag, soweit er Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. lm Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit ist er vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen, weil dori vor allem Meinungsbildung stattfindet. lnformationsfreiheit erfolgt durch Plenar und (Öffentliche) Ausschussdebatten, durch Ausschuss- und Plenar- protokolle sowie Veröffentlichungen unterschiedlicher Ari. Aus der Gesetzesbegründung folgt somit, dass der Landesgesetzgeber den Landtag nur im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit aus dem Anwendungsbereich des lFG ausklammern wollte, da seiner Ansicht nach bereits durch anderweitige Dokumen{ationen und anderweitige öffentliche Teilnahme hinreichend Transparenz gewährleistet ist. Aus dem Umkehr- schluss ergäbe sich damit nach dem Willen des Gesetzgebers die Negativ- ® def.iriitiion.. „Veiwaltungsaufgaben sind alles, was nicht der Gesetzgebungs- zuständigkeit unterliegt". Da der Sektempfang der Landtagspräsidentin hier eindeutig keinen Bezug zur Gesetzgebungszuständigkeit aufweist, sondern eine Repräsentationsaufgabe darstellt, unterläge auch diese Tätigkeit dem Verwaltungshandeln im weitesten Sinne des § 31 lFG M-V nach der historischen Auslegung. Anders als dies der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung versteht, gibt die sprachliche Regelung des lFG in § 31 lFG M-Vjedoch einen anderen Anknüpfungspunkt vor, da er vom Normanwender keine Positivdefinition des Begriffs „Gesefz- gebungszusfänd/.gkerT` verlangt, um so im Umkehrschluss eine Tätigkeit als Verwaltungsaufgabe einzuordnen, sondern es muss der Begriff „Ve/i;i/a/fungs- aurgaben" definiert werden, um festzustellen, ob der Anwendungsbereich des lFG eröffnet ist. Eine eingegrenzte Zweiteilung in Gesefzeszusfänd/.gke/.f und Vewa/fungsaurgaben findet sich im Wor{laut nicht wieder, so dass die Norm dem Grunde nach hier offen ist für weitere Einteilungen. Ließe man eine weitere Einteilung zu, könnten Repräsentations-aufgaben hier eigenständig neben dem Begriff der Verwaltungsaufgabe eingeordnet werden. 2
2. IFG des Bundes und der Länder Mangels Rechtsprechung4 und anderweitigen Quellen zum lFG M-V mit Bezug zum Landtag bleibt an dieser Stelle nur die Möglichkeit der rechtsvergleichenden Methode, um sich dem Begriff „Verwaltungsaufgabe" in Bezug auf den Landtag zu nähern. Zunächst sei dazu erwähnt, dass lnformationsfreiheitsgesetze auf Bundesebene sowie in 112 weiteren Bundesländern existieren. Vorliegend wird sich auf das lFG des Bundes konzentriert, da insoweit von der Rechtsprechung her der größte Fundus vorhanden ist. a.) IFG Bund Die Parallelvorschrift des IFG des Bundes ist hinsichtlich der Stellung des Bundestages und seiner Abgrenzung zur Verwaltungstätigkeit weniger eindeutig. Dort heißt es in § 1 1 S.2 nur allgemein, dass für sonstige 0 Bundesorgane und -einrichtungen das lFG gilt, soweit sie Öffer}f//.ch-„eohf//.che Ve/i;i/a/fungsaurgaber7 wahrnehmen. Was darunter zu verstehen ist, wird auch dort nicht weiter erläuteri. Das Ur{eil des OVG Berlin-Brandenburg vom 20.03.2012 (OVG 12 8 27/11) zur Offenlegung der Einladungsliste des Bundeskanzleramtes anlässlich der dort stattfindenden Geburtstags- feierlichkeiten für Josef Ackermann lässt sich für das lFG M-V aufgrund des anderen Wortlauts nicht unmittelbar heranziehen. Das OVG führi zur Einordnung der Einladung zum Essen im Bundeskanzleramt folgendes aus: Der Anwendungsbereich der Vorschr.ift ist vorliegend eröffnet. Das Bundeskanzleramt zählt grundsätzlich zu den anspruchsverpflichteten Behörden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Organisation und Durchführung des von der Bundeskanzlerin veranstalteten Abendessens dem Regierungshandeln zuzuordnen ist. Denn nach der vom BverwG bestätigten Rechtsprechung des Senats erfasst § 1 1 1 lFG alle staatlichen Stellen des Bundes, die Öffentliche Verwaltungsaufgaben 0 wahrnehmen und weder der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung zuzuordnen sind. Damit unterfällt auch der Bereich des Regierungs- handelns dem Anwendungsbereich des Gesetzes (BverwG, NVwZ 2012, 251, m. Anm. Schoch, und BveiwG, NVwZ 2012, 256 L --BeckRS 2012, 45392; OVG Berlin-Brandenburg [Senat], Uri. v. 5.10. 2010 -OVG 12 8 6/10, BeckRS 2010, 56957, und OVG Berlin-Brandenburg [Senat], Uri. v. 5.10. 2010 -OVG 12 813/10, BeckRS 2010, 56888). Die Ausführungen des OVG Berlin-Brandenburg erfassen nach Ansicht des Bearbeiters den lnhalt der Norm nur oberflächlich. Unstreitig wird man auch die Bundeskanzlerin bzw. das Bundeskanzleramt als Bundesorgan im Sinne des § 1 1 S.2 lFG des Bundes ansehen müssen. Entscheidend ist jedoch, ob das Handeln der Bundeskanzlerin eine Öffenf//.ch-neohf//.che Verwa/fungs- at/rgabe im Sinne des Gesetzes darstellt. lnsofern ordnet das OVG das von der Kanzlerin veranstaltete Essen zwar als Regierungshandeln (und in erweiterter Lesar{ dam it zugleich als Öffenf//.oh-nech£//.che Ve;i;i7a/fungsaurgabe [ Juis zeigt 1 Urteil des OVG Greifswald von 2007 zum IFG M-V an 2 Nicht dazu gehören Bayem, Hessen, Niedersachsen und Sachsen. 3
im Sinne der Norm) ein, ohne jedoch näher zu begründen, was daran Regierungshandeln ist. Nach Ansicht des OVG dürfte daher vermutlich jedes Handeln als Kanzlerin als Regierungshandlung anzusehen sein. Auf den Landtag bezogen wäre damit auch grundsätzlich zunächsf jedes Handeln der Landtagspräsidentin als Verwaltungshandeln bzw. der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben einzuordnen. Z.um Begrift der Öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgabe äußerie s.ich das BverwG3 ausführlich. Zusammenfassend lauten die Entscheidungsgründe, dass der Begriff ,,Verwaltung" nicht positiv umschrieben werden kann, sondern in Negativabgrenzung zu anderen Staa{sfunktionen ermittelt werden muss. Dieser Ansatz führe zu einem weiten Verständnis von Verwaltung.4 Der Begriff „Verwaltung" ist eigenständig zu bestimmen und dabei ist auf den jeweiligen Regelungszusammenhang und das Regelungsziel des Gesetzes abzustellen, was zu einem weiten Verständnis der Verwaltung führe.5 Eine Einschränkung des Begriffs auf Handlungen nach dem VwvfG läge nicht vor, vielmehr 0 ergäben sich aus einer Zusammenschau der Regelungen Anhaltspunkte für ein umfassendes Verständnis.6 Insbesondere will das lnformationsfreiheits- gesetz die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger durch die Ver- besserung der lnformationszugangsrechte stärken und vor allem auf der Grundlage der so vermittelten Erkenntnisse der Meinungs-und Willensbildung in der Demokratie dienen.7 In Anlehnung an diese Rechtsprechung wird man daher ebenfalls alles im Landtag als Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben ansehen müssen, was nicht Teil der legislativen Tätigkeit und damit des Gesetzgebungsverfahrens ist. Mangels legislativer Tätigkeit der Landtagspräsidentin bei der Einladung zum Sektempfang und Vereidigung der Ministerpräsidentin Schwesig stellt dies somit eine Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben im Sinne des § 3 lFG M-V dar. b.) Zwischenergebnis: Das lFG M-V findet vorliegend Anwendung auf den Landtag. ® 11. Formalien des Antrags (§ 10 IFG IV[|V) Der Zugang zu lnformationen wird nur auf Antrag gewährt. DerAntrag ist dabei schriftlich einzureichen bei der Behörde, die die begehrten lnformationen hat (Absatz 1). Nach Absatz 2 sind die begehrten lnformationen zu umschreiben. Weitere Hindernisse bestehen nicht. lnsoweit sind hier die Formalien durch den Antragssteller gewahri. 3 Urteil v. 03.11.2011, Az. 7 C 4/11; Urteil beigeftigt; die nachfolgenden Rn beziehen sich, soweit nicht anders vermerkt, auf das Urteil 4 Rn 13 5 Rn 14 6 Bm 15und 18 7 Rm 20; siehe auch LT-Drs. 4/2117 S.2 mit den gleichen Erwägungen. 4
111, Anspruchsteller,. Anspruchsgegner und Anspruchsgrundlage (§ 1 Il lFG M-V) 1[ Anspruchssteller(§1 II S.1 lFG M-V) Anspruchsgrundlage für das Auskunftsbegehren des Antragstellers Filter könnte hier § 111 S.1 lFG M-V sein. Danach hatjede natürliche und juristische Person des Privatrechts Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen lnformationen. Herr Filter als natürliche Person ist auch ein tauglicher Anspruchssteller. 2. Anspruchsinhalt(§1 lls.1 lFGM-V) Der Anspruch richtet sich auf den Zugang der bei einer Behörde vorhandenen lnformationen. a.) Behörde (§ 311 IFG Miv i.V.m. § 1 [[1 LVwvfG M-V) 0 Nach § 3 11 lFG M-V sind Behörden im Sinne des Gesetzes j.ede Stelle nach § 1 111 VwvfG M-V. § 1 111 VwvfG M-V legt den funktionalen Behördenbegriff zugrunde, wonach Behörde im Sinne dieses Gesetzes jede Stelle ist, die Aufgaben der Öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dieser funktionale Behördenbegriff umfasst nach der Rechtsprechung des BverwG auch den Bundestag in Bezug auf das Bundes-lFG. Satz 2 des § 1 1 lFG (Bund), der neben den Behörden in Satz 1 noch zusätzlich von „sonstigen Bundesorganen und -einrichtungen" spricht, habe nur Klarstellungsfunktion.8 Der Landes- gesetzgeber jedoch möchte an dieser Stelle den Behördenbegriff einschränkend verstehen, da er davon privatrechtliches Handeln ausgeklammert wissen möchte. Keine behördliche Tätigkeit sollen Hand- lungen sein, die auf Rechtssätzen beruhen, durch die jedermann, also auch das Land und die Kommunen, berechtigt oder verpflichtet werden. Siehe dazu LT-Drs. 3/2117, S.13. Ö±ffpp.tliph-recptlichp _Verwaltungstätigkeit ist die gesamte Tät.igkeit der ® Behörden, die sich als Entscheidung übe; Sachverhaite oder Ausführung von Rechtssätzen des öffentliohen Rechts Nerwaltungsrechts) erfolgt. Deshalb scheiden alle behördliohen H.anq!ung.en aus dem_Anwendungsbereich des Gesetzes aus, die in d.3r .Ha.n.qlT.ngsfprm .!es Privatreohts erfolgen. Diese liegen v;r, wenn dip behörqlic.he F!andl.ung euf_Rechtssätzen 6eruht, durch äie jede.rmann, a_lso .auch_das Lerp und die__ Kommunen, berechtigt oder-verpflicht€t werder. Pezu. z?hlen sog. fiskalische Hilfsgeschärie ebenso.wie die e_rwerpswirischaftliche Betätigung der üehörde ohne Öffentliche Zypckbes.f imriung ode.r dgr _Bereich des Verwaitungsprivatrechts, -ä;s qanp vpr!iegt, .w3_n_n q_ie_ Behörde sich zwar der ii;aten Rechtsfö;; Pe,di_ert, jed.och ö.ffentlich-rechtlichen Regelungen ieilweise unterrid;riö; is_t:Di_e_s_3_rAusspP|ussd.psp_rivat_en_Recht-sauJdemAnwendungsb-;;äi-öh ist Sachgerecht, weil die Behörde in diesen Bereicriö;--;iirit Au.sfgr?chp,ng?rechten unter|iegen darf, die für private Unternih-mi; -ä-|S mögliche Konkurrenten der öffentlichen Veiwaliung nicht gelten. 8 Rm 1 8 5
Vergleichbar damit ist d.ie Situation, in der die Behörde als Pariei eines Zivilprozesses auftritt, also die Auslegung oder Anwendung privaten Rechts streitig ist. Auch hier kann das Gesetz der jeweiligen Prozesspariei keinen lnformationsanspruch gewähren. Fraglich ist hier, inwieweft nun das Handeln der Landtagspräsidentin „behördliches Handeln" im Sinne von § 311 sowie § 1 11 S.1 IFG M-V darstellt. Zunächst muss an dieser Stelle wiederum festgestellt werden, dass die Gesetzesbegründung erneut von der amtlichen Fassung abweicht, Denn die Anspruchsgrundlage des § 111 S.1 lFG M-V gewährt jeder natürlichen Person Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen lnfomationen. Eine Einschränkung dahingehend, dass es sich dabei um lnfomationen handeln muss, die auf behördlichem Handeln basieren und behördliches Handeln zugleich nicht vorliegt, wenn die Handlungen in der Form des Privatrechts erfolgen oder erfolgt sind, gibt der Wortlaut nicht her. Auch wird der Anspruch nicht darauf beschränkt, dass die Tätigkeit der Behörde, hier des 0 Landtages, als Entscheidung über Sachverhalte oder Ausführung von Rechtssätzen des Öffentlichen Rechts Verwaltungsrechts) erfolgt sein muss. Der Begriff der Behörde in § 3 11 lFG M-V wird an dieser Stelle in der Gesetzesbegründung mft dem behördlichen Handeln vemengt und führt zu einer fehlenden Trennschärfe. Diese fehlende Trennschärfe ist im Bereich der Landtagspräsidentin besonders misslich, da der Sektempfang weder eindeutig als eine Entscheidung über einen Sachverhalt des Öffentlichen Rechts noch als eine Ausführung von Rechtssätzen des Öffentlichen Rechts eingeordnet werden kann. Der Bezug auf Rechtssätze scheidet von vomeherein aus, mft Ausnahme des Hausrechts, dass der Landtagsverwaltung innewohnt, aber hier nicht einschlägig erscheint. Der gesamte Vorgang liegt im repräsentawen Bereich und istAusfluss des Selbstdarstellungsrechts des Landtags als genuin verfassungsrechtliche Aufgabe, die man als Annex zur eigentlich verfassungs- rechtlichen Tätigkeit der gesetzgebenden Aktivität einordnen kann. Klassisches behördliches Handeln stellt dies jedoch nicht dar, auch nicht im erweiterten Sinn. Es liegt aber auch kein privatrechtliches Handeln vor. AIlenfalls ließe sich das Handeln als Gefälligkeftsverhältnis einordnen, da für ® ein rechtsgeschäftliches Handeln hier jeglicher Rechtsbindungswille der Landtagspräsidentin beim Sektempfang fehlt, weil dieser nicht auf die Eingehung irgendeiner rechtlichen Verpflichtung gerichtet war. Aufgrund eines solch fehlenden rechtlichen Bindungswillen sind Gefälligkeftsverhältnisse auch grundsätzlich nicht privatrechtlichen Regelungen unterworfen. Aus- nahmen werden nur im haftungsrechtlichen Bereich vorgenommen. Nach der Gesetzesbegründung wird man Gefälligkeitsverhältnisse erst Recht aus dem behördlichen Handeln ausklammern müssen, da es noch unterhalb einer (zivil-)rechtlichen Handlung liegt. Gegen die Annahme eines Gefälligkeitsverhältnisses spricht aber die amtliche Eigenschaft, in der die Tätigkeit vorgenommen wurde und damit zugleich ohne Einschränkungen hoheftliches Handeln vorliegt. Ein hoheitliches Gefälligkeits- verhältnis ist jedoch keine dem Bearbeiter bekannte bzw. anerkannte rechtliche Handlungsfom der öffentlichen Verwaltung. 6
Nach Ansicht des Bearbeiters ließe sich die Handlung noch am ehestens als Realakt einordnen, wobei der Entscheidungscharakter dann darin läge, den Sektempfang auszurichten und welche Gäste man dazu einlädt. lnsoweit läge damit behördliches Handeln vor und damit wäre der Behördenbegriff auch verwirk[icht. Weder das OVG Berlin-Brandenburg noch die Vorinstanz VG Berling haben den Begriff Behörde im Sinne des IFG (Bund) an dieser Stelle näher problematisiert und ausgeführt, inwieweit im Fall der Kanzlerin behördliches Handeln vorlag. Der Sektempfang wurde als Regierungshandeln bzw. als repräsentative Aufgabe (Punkt ll.1.a.)) eingeordnet, ohne dies näher zu begründen. Auf die repräsentative Aufgabe wurde sich jedoch zumindest seitens des Bundeskanzleramtes gestützt, so dass es sich um amtliche lnformationen handelte (dazu sogleich.) 0 b.) [nformationen (§ 2 S[1 Nr.1 lFG M-V) Nach der Legaldefinition stellen lnformationen jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung in Form von Schrift, Bild, Ton und sonstigen Daten dar. Nach S.2 fallen darunter nicht Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen und die spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden. Mangels landesrechtlicher Rechtsprechung wird auf das Urteil des OVG Berlin-Brandenburg verwiesen, dass ohne weitere Erläuter- ungen die Eigenschaft der amtlichen lnformation in Bezug auf die Gästeliste bejaht hat. Das VG Berlin stützte den amtlichen Charakter mit dem eigenen Vortrag des Bundeskanzleramtes, dass sich auf die repräsentative Tätigkeit stützte und so die amtliche Eigenschaft bejahte. Etwas anderes als das Repräsentationsprinzip bleibt der Landtagspräsidentin an dieser Stelle jedenfalls nicht, was die Einordnung ihrer Tätigkeit betrifft. 3. Anspruchsgegner (§ 1 11 S.1 IFG Ivl-V) 0 Der richtige Anspruchsgegner richtet sich danach, bei welcher Behörde die lnformationen vorhanden sind. Dass die lnformationen über den Sektempfang, insbesondere die Gästeliste, noch beim Landtag M-V vorhanden sind, wird an dieser Stelle unterste]lt. lv. Umfang des lnformationsanspruchs (§ 5 bis s lFG M-V) Der grundsätzlich zu erfüllende lnformationsanspruch wird durch eine Reihe von Ausnahmevorschriften nach § 5 bis s lFG M-V eingeschränkt. Nach diesen Regelungen ist der Zugang zu lnformationen abzulehnen, soweit und solange die aufgeführten Schutzgüter beeinträchtigt werden. 9 BeckRS 2011, 49525 7
1. Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung (§ 5 IFG IVI-V) lm Bereich des Schutzes Öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung kommen vom Wortlaut her nur die Nr.1 und 4 in die nähere Auswahl. Nach Nr.1 dürfen durch das Bekanntwerden der lnformationen dem Wohl des Landes keine schwerwiegenden Nachteile bereitet werden. Unabhängig von dem Begriff „Wohl des Landes" lässt sich hier feststellen, dass die Bekanntgabe der Gästeliste zumindest keine schwerwiegenden Nachteile bereiten würde. Derariiges ist jedenfalls bislang nicht vorgetragen worden. Eine Konkretisierung der Bezeichnung „schwerwiegend" ist durch den Landesgesetzgeber innerhalb des Gesetzesbegründung nicht vorgenommen worden. Die Parallelnorm des § 3 IFG Bund hilft hier auch nicht weiter, da dieser nur innerhalb von Nr.1 von „nachteiligen Auswirkungen" spricht. Der Maßstab des IFG M-V ist an dieser Stelle somit größer. Einfache Nachteile reichen nicht aus. Solche sind aber auch hier nicht erkennbar. Ein Verstoß 0 gegen die Öffentliche Sicherheit und Ordnung lässt sich hier ebenfalls nicht ausmachen. Weder werden mit der Bekanntgabe gegen Gesetze verstoßen, noch gegen lndividualrechte, die über § 7 IFG M-V hinausgehen, noch ist dadurch der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen gefährdet. Auch die Öffentliche Ordnung wird nicht gefährdet. 2. Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 6 lFG M-V) Ein Schutz von behördlichen Entscheidungsprozessen ist hier ebenfalls nicht erkennbar. lnteressant ist hier allenfalls Absatz 3, der vom lnformations- anspruch generell Protokolle vertraulicher Beratungen ausklammeri. Der Landesgesetzgeber verhält sich hierzu nicht in der Gesetzesbegründung, allerdings lag hier auch im Rahmen des Sektempfangs keine Beratungs- tätigkeit vor. 3. Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs-oder Geschäfts- 0 geheimnissen (§ 8 IFG M-V) Der Schutz geistigen Eigentums oder eines Betriebs- oder Geschäfts- geheimnisses nach § 8 1 IFG M-V ist auch nicht betroffen mit der Gästeliste. Es mangelt insoweit, in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Landes- beauftragten für lnformationsfreiheitj°, an einem wirtschaftlichen Zusammen- hang zu einem Betrieb oder Geschäft. 4. Schutz personenbezogener Daten (§ 7 IFG M-V) Einschlägig erscheint indessen der Schutz personenbezogener Daten. Grundsätzlich sind diese nicht zu offenbaren, es sei denn, es liegt ein Befreiuungstatbestand nach Nr. 1 bis 5 der Norm vor. Insoweit wird der Anspruch auf personenbezogene Daten als amtliche lnformation damjt grundsätzlich ausgeschlossen und das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Zugangs zu lnformationen vor dem Hintergrund des Schutzes personen- bezogener Daten umgekehrt. 10 Er|äuterungen, S.71 8
a.) Nr. 1 bis 4 Die Besonderheit an dieser Anfrage nach dem IFG ist hier, dass der Antragssteller ausschließlich personenbezogene Daten begehr{, indem er die Namen der Gäste aus der Gästeliste erfahren möchte. Diese Namen als personenbezogene Daten dürfen jedoch nur ausnahmsweise veröffentlicht werden. Dies entspricht insoweit dem datenschutzrechtlichen Grundsatz, dass für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten entweder die Einwilligung des Betroffenen (Nr.1) oder eine Emächtigungsgrundlage (Nr. 2) vorliegt. Weder liegt eine Einwilligung der betroffenen Personen vor, noch existiert eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage. Die Nr. 3 bis 5 hingegen stellen dogmatisch gesehen selbst Ermächtigungsgrundlagen dar, um in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen einzugreifen und erfüllen damit den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 111 GG) hergelefteten Vorbehalt des Gesetzes. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Eingrffisnomen sind jedoch nicht erfüllt. Zunächst ist die Offenbarung 0 der Gästeliste nicht zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder schwerwiegender Beeinträchtigungen der Rechte Einzelner geboten (Nr. 3). Dass die Offenbarung der personenbezogenen Daten der Gäste im lnteresse der Betroffenen liegt (Nr. 4), kann ebenfalls nicht angenommen werden. b.) Nr.5 (rechtliches lnteresse) Übrig bliebe somit nur Nr. 5. Danach sind die personenbezogenen Daten bekanntzugeben, wenn der Antragssteller ein rechtliches lnteresse an der Kenntnis der begehrten lnformationen geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange der oder des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen. Den Maßstab hierfür hat der Landesgesetzgeber nicht vorgegeben in der Gesetzesbegründung. aa.) lFG des Bundes -Entscheidung des OVG 0 Das OVG Berlin-Brandenburg hat sich im Rahmen der Entscheidung zur Gästeliste der Kanzlerin umfassend mit dem lnformationsinteresse auseinandergesetzt und diesem in allen Belangen den Vorrang eingeräumt gegenüber dem Recht auf lnformationelle Selbstbestimmung der Beteiligten.11 Diese konnten sich im Rahmen der Einladung frei entscheiden dieser nachzukommen, was bei der Beurteilung ihrer Schutzwürdigkeit zu berücksichtigen sei. Auch konnten sie nich{ darauf vertrauen, dass ein Kontakt mit der Kanzlerin im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte nicht an die Öffentlichkeit gelangen würde. Mit der Annahme der Einladung seien sie stattdessen in den Bereich des öffentlichen Meinungsaustausches eingetreten, der nicht mehr zum Kernbereich der geschützten Privatsphäre gehöre. Ein Erscheinen aus rein privaten Gründe rechtfertige ebenfalls keine andere Beurteilung. 11 Rn 25 9
Das OVG konnte hier zu dieser Entscheidung kommen, weil § 5 1 IFG des Bundes den Zugang zu personenbezogenen Daten gestattet, sowet.f das lnformationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige lnteresse des Dritten am Ausschluss des lnformationszugangs übe/i;i//.eg£. Damft findet an dieser Stelle eine allgemeine Abwägung der widerstreftenden lnteressen und Schutzgüter statt. bb.) IFG Ivl-V (1 ) Erläuterungen des Landesbeauftragten Eine solche allgemeine Abwägungsklausel wie in § 5 des lFG des Bundes hat der Landesgesetzgeber dem lFG M-V jedoch nicht zugrunde gelegt. Der Anspruch auf lnfomationen wird insoweft eingeschränkt, dass ein mchf//.ches /r}femsse bestehen muss. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und lnformationsfreiheit äußert sich zu diesem Punkt folgendermaßen (S.67 der Er]äuterungen): 0 Ein rechtliches lnteresse liegt vor, wenn der Antragsteller einen Anspruch verfolgt, der sich aus einer konkreten Rechtsbeziehung zu dem Betroffenen, um dessen Daten es geht, ergibt bzw. ergeben kann. Eine konkrete Rechtsbeziehung ist etwa dann gegeben, wenn zwischen dem Antragsteller und dem Betroffenen eine veriragliche Vereinbarung besteht. Ein rechtliches lnteresse liegt auch dann vor, wenn der lnformationszugang möglicherweise größere Klarheit über den Sach- und Streitstand verm.ittelt und aus Sicht eines verständigen Betrachters die weitere Rechtsverfolgung oder -verteidigung erleichteri wird. Der Begriff des ,,rechtl.ichen lnteresses" ist von dem des „berechtigten lnteresses" abzugrenzen. E.in berechtigtes lnteresse umfasst jedes öffentlich-rechtl.iche und privatrechtliche, nach der Sachlage anzuerkennende schutzwürdige lnteresse rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Ari, soweit es sich auf das Verfahren bezieht. ln Abweichung von dem bei der Antragstellung nach IFG M-V grundsätzlich nicht zu verlangenden Begründungserfordernis muss der Antragsteller das rechtliche lnteresse geltend machen. Ein bloßes Behaupten ist daher seitens des Antragstellers nicht ausreichend. Es ist auch eine Glaubhaftmachung und damit die schlüssige Darlegung nachvollziehbarer Tatsachen erforderlich, die das Bestehen eines rechtlichen lnteresses plausibel machen. Ergänzend hierzu (BeckoK lnfoMedienR/Pabst lFG NRW § 9 Rn. 24, beck- Online) Bemerkenswert ist zunächst, dass für die Ausnahme nach lit. e, anders als dies wesensmäßig für den Auskunftsanspruch nach dem lFG NF?W gilt, ein anerkennenswertes rechtliches lnteresse des Auskunfts- berechtigten verlangt wird. Mit der Gesetzesformulierung steht zunächst fpst, dass das Geltendmachen eines wirischaftlichen oder ggf. ideellen lnteresses nicht ausreicht. Ein rechtliches lnteresse ist ein solches, das dem Antragsteller eine qualifizierie Rechtsposition verschafft. 10