Sehr geehrteAntragsteller/in
mit E-Mail vom 7. Mai 2020 beantragten Sie u.a. auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundeskanzleramt die Ubersendung der Kommunikation mit Gerhard Schindler, dessen Anwalten und dessen Verlag beziiglich des Buchmanuskriptes, das er zur Uberpriifung dem Kanzleramt vorgelegt hat.
Auf den von Ihnen gestellten Antrag ergehen folgende Entscheidungen:
1. Ihr Antrag wird abgelehnt.
2. Der Bescheid ergeht kostenfrei.
Gründe:
§ 1 Abs. 1 IFG erdöffnet jedermann gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, sofern keine Ausschiussgrtinde entgegenstehen. Dem von Ihnen beantragten Informationszugang stehen jedoch die Ausschlussgriinde der § 3 Nr. 3 lit. b, Nr. 8 und § 4 IFG entgegen. Dabei kann offenbleiben, ob im Bundeskanzleramt überhaupt einschlagige Informationen im Sinne Ihrer Anfrage vorliegen.
1. Schutz nachrichtendienstlicher Inhalte, § 3 Nr. 8 IFG
Nach § 3 Nr. 8 IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behdörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitstiberprüfungsgesetzes (SUG) wahrnehmen.
Zwar haben Sie Ihren Antrag auf Herausgabe nicht beim Bundesnachrichtendienst, sondern beim Bundeskanzleramt gestellt. Sofern jedoch im Rahmen der Fach- und Dienstaufsicht des Bundeskanzleramtes Uber den Bundesnachrichtendienst ein- schlagige Informationen im Sinne Ihrer Anfrage angefallen sind, sind diese gemaR § 3 Nr. 8 IFG zu versagen.
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 2016 (Az. BVerwG 7 C 18.14) schließt diese sogenannte Bereichsausnahme den Zugang zu nachrichtendienstlichen Unterlagen umfassend aus, unabhängig davon, bei welcher Behörde der Antrag gestellt wird. Der vom Gesetzgeber bezweckte lückenlose Schutz der Tätigkeit der Nachrichtendienste gebietet die Erstreckung dieses Versagungsgrundes auch auf das Bundeskanzleramt, bei dem wegen seiner Aufgabe als Fachaufsichtsbehérde und Koordinierungsstelle Gber die Nachrichtendienste typischerweise größere Mengen nachrichtendienstlicher Informationen anfallen.
Das Buchmanuskript von Herrn Schindler bezieht sich bereits ausweislich des angekündigten Titels auf seine Tätigkeit fur den Bundesnachrichtendienst, die als Aufgabe i.S.d. § 10 Nr. 3 SUG zu qualifizieren ist. Informationen über seine konkrete Arbeit fur den BND stellen damit schützenswerte nachrichtendienstliche Informationen im o.g. Sinne dar. Sie unterliegen grundsätzlich der Verschwiegenheitspflicht eines Beamten (§ 67 des Bundesbeamtengesetzes, BBG). Diese gilt auch nach Beendigung des Beamtenverhiltnisses, vgl. § 67 Abs. 1 Satz 2 BBG.
Die Frage, ob Herr Schindler fur die Buchveröffentlichung von seiner dienstlichen Verschwiegenheitspflicht entbunden werden kann, kann daher nicht ohne Bezugnahme auf seine sicherheitsrelevante Tatigkeit für den BND entschieden werden. Bei der Entscheidung über die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht sind generell das Interesse des Beamten an der Veröffentlichung und das durch die Verschwiegenheitspflicht geschützte Vertraulichkeitsinteresse gegeneinander abzuwägen. Das Bundeskanzleramt kommt hier insofern seiner aufsichtsrechtlichen Funktion gegenüber dem BND nach, die nach den o.g. anerkannten Grundsatzen ebenfalls als — durch eine gesetzliche generelle Bereichsausnahme — schutzbedürftig anzusehen ist.
2. Schutz der behérdlichen Beratungen bzw. des beh6rdlichen Entscheidungsprozesses, §§ 3 Nr. 3 lit. b, 4 Abs. 1 IFG
Unabhangig davon steht Ihrem Antragsbegehren jedenfalls der Schutz behördlicher Beratungen bzw. des behdrdlichen Entscheidungsprozesses entgegen, vgl. § 3 Nr. 3 lit. b und § 4 Abs. 1 IFG.
Danach ist der Informationszugang ausgeschlossen, wenn und solange durch die Bekanntgabe der begehrten Informationen die Beratungen von Behérden beeinträchtigt oder der Erfolg behordlicher Ma&nahmen oder Entscheidungen vereitelt werden wirde.
Geschützt ist dabei nicht nur der Prozess der Willensbildung zwischen verschiedenen Behörden, sondern auch innerhalb einer Behörde (vgl. u.a. VG Berlin, Urteil vom 09.06.2011, Az. VG 2 K 46/11). Zweck dieser Vorschriften ist es, eine ungestorte Willensbildung zu gewdahrleisten. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungsverschiedenheiten mussen intern geäußert werden können, ohne dass die öffentlich befassten Stellen befurchten miissen, dass ihr interner Abstimmungsprozess öffentlich wird (vgl. Schoch, § 4 Rn. 11 ff, 2. Auflage 2016).Die von Ihnen erfragte Kommunikation zur Buchverdffentlichung von Herrn Prasi- dent des Bundesnachrichtendienstes a.D. Schindler ware Teil des innerbehdördlichen Willensbildungsprozesses des Bundeskanzleramtes zu dieser Thematik.
Die Erteilung der von Ihnen beantragten Auskinfte wäre dazu geeignet, die Beratungen innerhalb des Bundeskanzleramtes nachhaltig negativ zu beeintrachtigen. Eine Veröffentlichung der konkreten Kommunikation ließe Rückschliusse auf interne Abläufe und die Meinungsbildung innerhalb des Bundeskanzleramtes zu. Dies wiederum könnte dazu führen, dass der unbefangene, freie Meinungsaustausch und Entscheidungsprozess innerhalb der Bundesregierung, mit dem Ziel der Gewährleitung einer effektiven, funktionsfahigen und neutralen Entscheidungsfindung in dieser Form bei künftigen ähnlich gelagerten Anfragen nicht mehr stattfinden kénnte.
II
Gemaß § 10 IFG in Verbindung mit der Anlage Teil A, Ziff. 1.1 der Informationsgebührenverordnung fallen keine Kosten an.
Mit freundlichen Grüßen