Sehr geehrter Herr Semsrott,
1. auf Ihren Antrag vom 04.03.2019 gewähre ich Ihnen Informationen über amtliche
lebensmittelrechtliche Kontrollen des Betriebes "Lidl Vertriebs GmbH & Co KG,
Kieler Str. 32-38, 24119 Kronshagen". Die Informationen umfassen die Termine der
letzten beiden amtlichen lebensmittelrechtlichen Kontrollen des Betriebes sowie
eine Rechtsauskunft, ob im Rahmen dieser Kontrollen etwaige Beanstandungen
vorlagen. Die Informationen werden Ihnen frühestens 10 Tage nach Bekanntgabe
dieses Bescheides gegenüber dem Betrieb per Email an
<<E-Mail-Adresse>> zugänglich gemacht. Im Übrigen lehne
ich Ihren Antrag ab.
2. Verwaltungskosten werden nicht erhoben.
Begründung:
I.
Am 04.03.2019 haben Sie per Email einen Antrag nach dem
Verbraucherinformationsgesetz (VIG) über die Internetplattform "Topf Secret" versandt,
welche unter
https://fragdenstaat.de/kampagnen/leben… erreichbar ist. Die
Plattform ermöglicht es Verbraucherinnen und Verbrauchern, im Internet mit wenigen
Klicks standardisierte Anträge auf Informationsgewährung nach dem VIG zu stellen.
ln Ihrer Email lautet es auszugsweise:
Dienstgebäude:
Kaiserstraße 8
24768 Rendsburg
Telefon: +49 4331 202·0
Telefax: +49 4331 202·295
W:\VIG-Anfragen\VIG Abfragen BOrger & Betriebe\Burger King, 24119
Kronshagen\Anschreiben Bürger VIG-Abfragen Burger King,
Kronshagen.docx
Konten der Kreiskasse:
Förde Sparkasse
IBAN DE38 2105 0170 0000 1440 06; BIC NOLADE21KIE
Sparkasse Mittelholstein
IBAN DE69 2145 0000 0000 0018 30; BIC NOLADE21RDB
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Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beantrage die Herausgabe folgender Informationen:
1. Wann haben die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im
folgenden Betrieb stattgefunden:
Lidl Vertriebs GmbH Et Co KG, Kieler Str. 32-38, 24119 Kranshagen
2. Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe
des entsprechenden Kontrollberichts an mich. ( ... )
Ich bitte um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail).
Ihr Antrag ist bei uns infolge fehlender Informationen oder erforderlicher Rücksprachen
erst am 04.03.2019 vollständig und vorbehaltslos eingegangen.
Auf der besagten Internetplattform finden sich u. A. folgende Hinweise:
Helfen Sie uns, die Aktenschränke der Kontrollbehörden zu öffnen! ( ... )
Bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher eine Antwort auf ihre Anfrage, sollten
sie diese auf Topf Secret hoch laden, sodass sie dann für alle sichtbar sind. ( ... )
Was mache ich mit der Antwort der Behörde?
Wenn Ihnen das Amt antwortet, veröffentlichen Sie diese Antwort bitte bei Topf Secret,
damit auch andere sie sehen können! ( ... )
Je mehr Menschen das tun, desto mehr Informationen finden alle bei Topf Secret. ( ... )
Dürfen die Dokumente veröffentlicht werden?
Ja. Dokumente, diezugeschickt werden, dürfen auch (ggf. gescannt oder abfotografiert
und) veröffentlicht werden.
ln der Vergangenheit wurden auf der Plattform schon zahlreiche Korrespondenzen mit den
für die Informationsgewährung zuständigen Behörden veröffentlicht.
II.
Der Erlass des Bescheides ist auf Grundlage des soeben dargelegten Sachverhaltes in
dem eingangs tenorierten Umfang rechtmäßig.
1.
Die Stattgabe Ihres Antrages als auch dessen teilweise Ablehnung beruhen auf § 5
Abs. 2 und 3 VIG.
Für die Entscheidung bin ich gern. § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 VIG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 14
der Landesverordnung über die zuständigen Behörden auf dem Gebiet des Lebensmittel-,
Wein-, und Futtermittelrechts (LWFZVO) i.V.m. § 6 Abs. 2 VIG zuständig.
Den nach § 4 Abs. 1 VIG erforderlichen Antrag auf Information haben Sie in
hinreichend bestimmter Form gestellt.
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Von einer Anhörung des Betriebes nach § 87 Abs. 1 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land
Schleswig-Holstein (LVwG) konnte gern. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VIG abgesehen
werden, da die zu gewährenden Informationen solche i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG
darstellen und den Betrieb nicht übermäßig belasten.
Die Entscheidung über Ihren Antrag erfolgt fristgerecht. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VIG
muss die Behörde über einen Antrag auf Informationsgewährung grundsätzlich innerhalb
einer einmonatigen Regelfrist entscheiden. Die Frist verlängert sich jedoch "bei
Beteiligung Dritter" nach § 5 Abs. 2 Satz 2 V IG auf zwei Monate. Der Begriff des Beteiligten
ist hierbei über den Verweis in § 5 Abs. 1 VIG entsprechend der Regelung in
§ 78 LVwG auszulegen. Aufgrund der Dreieckskonstellation sind Dritte im Sinne der
Vorschrift die betroffenen Lebensmittelunternehmer, die materiell durch den Auskunftsanspruch
belastet werden, da Daten, die sie betreffen, nachgefragt werden (vgl.
Heinicke in Zipfei/Rathke Lebensmittelrecht, 1 7 1 . EL Juli 2018, VIG § 5 Rd. 7). Da der
Betrieb somit als Dritter i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 2 VIG anzusehen, gilt vorliegend eine
zweimonatige Frist. Die Frist beginnt mit dem Eingang des vollständigen und
vorbehaltslosen Antrags. Ihr Antrag ist bei uns derart am 04.03.2019 eingegangen, d.h.
dass die Entscheidungsfrist erst am 04.05.2019 abgelaufen wäre.
Der Umfang dieses Bescheides richtet sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) VIG.
Danach hat jeder nach Maßgabe des VIG Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten
über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht
zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches
sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den
Abweichungen getroffen worden sind. Darunter fallen grundsätzlich konkrete Kontrollmaßnahmen
und mögliche Verstöße einzelner Betriebe (sog. ,,Verstoß-Daten", vgl.
BeckOK lnfoMedienR/Rossi, 22. Ed. 1.5.2018, VIG § 2 Rn. 32).
Für Ihren Antrag bedeutet dies konkret, dass ich ihm insoweit stattgebe, als dass ich
Ihnen Zugang zu Informationen über die Termine der letzten beiden amtlichen
lebensmittelrechtlichen Kontrollen vom Lidl Vertriebs GmbH & Co KG, Kieler Str. 32-38,
24119 Kronshagen, sowie eine Rechtsauskunft, ob im Rahmen dieser Kontrollen
etwaige Beanstandungen vorlagen, gewähren werde.
Gesetzt den Fall, dass im Rahmen dieser Kontrollen etwaige Beanstandungen
vorlagen, dürften wir Ihnen jedoch nicht die jeweiligen Kontrollberichte herausgeben, so
dass ihrem Antrag insoweit nicht entsprochen werden kann.
Dies begründet sich in dem Umstand, dass Sie Ihren Antrag über die Internetplattform
Topf Secret gestellt haben. Intention der dort standardisiert erstellten VIG-Anträge ist
nicht allein die Erfüllung des individuellen Auskunftsbegehrens des Antragsstellers,
sondern vielmehr und maßgeblich die anschließende Veröffentlichung der Informationen
auf der lnternetplattform. Dies wird sowohl aus den eingangs zitierten Hinweisen als
auch durch den Umstand, dass in der Vergangenheit schon zahlreiche
Korrespondenzen mit den für die Informationsgewährung zuständigen Behörden
veröffentlicht worden sind, zweifelsohne deutlich. So wurden durch die Internetplattform
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sogar extra die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass eine Veröffentlichung
automatisiert erfolgen kann.
Ein staatliches lnformationshandeln, dass zu einer unbegrenzten Veröffentlichung von
sämtlichen Verstößen eines Unternehmens gegen Iebensmittei- oder futtermittelrechtliche
Vorschriften beiträgt, ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
verfassungswidrig. Dies folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) zu § 40 Abs. 1 a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch
(LFGB). ach dieser Norm sind Lebensmittelüberwachungsbehörden bei bedeutsamen
Verstößen gegen Iebensmittei- oder futtermittelrechtliche Vorschriften dazu verpflichtet,
diese von Amts wegen zu veröffentlichen. Das BVerfG hat diesbezüglich in
seinem Beschluss vom 21.03.2018 (Az. 1 BvF 1/13) festgestellt, dass an eine tatsächliche
Grundlage für den Verdacht eines Verstoßes, der veröffentlicht werden muss,
hohe Anforderungen zu stellen sind. Ferner hat es festgestellt, dass die Informationsinteressen
der Öffentlichkeit hinter den durch die Berufsfreiheit gern. Art. 12
Grundgesetz (GG) geschützten Interessen des Betriebes zurücktreten, wenn Verstöße
gegen Iebensmittei- oder futtermittelrechtliche Vorschriften zeitlich unbegrenzt durch
Lebensmittelüberwachungsbehörden veröffentlicht werden. Begründet wird dies damit,
dass die zeitlich unbegrenzte Vorhaltung teilweise nicht endgültig festgestellter oder
bereits behobener Rechtsverstöße zu einem erheblichen Verlust des Ansehens führen
können, der bei zunehmendem zeitlichen Abstand nicht mehr von einem legitimen
Informationsinteresse gedeckt wird (sog. Pranger-Wirkung).
Das bedeutet, dass Beanstandungen, die derart schwerwiegend sind, dass sie unter
Berücksichtigung der angeführten Rechtsprechung veröffentlicht werden dürfen, bereits
nach der heutigen Rechtslage veröffentlicht werden müssen. Dies geschieht in
Schleswig-Holstein für alle Kreise und kreisfreien Städte zentral auf der Hornepage des
Verbraucherschutzministeriums.
Da der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch bei der verfassungsgemäßen
Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) VIG gilt, kommt die
Rechtsprechung des BVerfG zu § 40 Abs. 1 a LFGB auch insoweit zum Tragen. Die
beschriebene Pranger-Wirkung einer vollumfänglichen Beantwortung sämtlicher VIGAnfragen
über das Internetportal Topf Secret wäre im Hinblick auf die eindeutige Intention
des Portals letzten Endes die gleiche als wenn die Behörde die Informationen
selbst veröffentlichen würde. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: Die Behörde darf
nur weitergeben, was sie selbst veröffentlichen darf. Kontrollberichte dürften auf
Anfragen über das Internetportal Topf Secret also theoretisch nur herausgegeben
werden, wenn sie derart schwerwiegende Beanstandungen enthalten, dass sie ohnehin
durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden veröffentlicht werden müssen. Da im
Falle des Internetportals Topf Secret jedoch nicht gewährleistet werden kann, dass
derartige Beanstandungen entsprechend der angeführten Entscheidung des BVerfG nur
zeitlich begrenzt veröffentlicht werden, kommt selbst dann eine Weitergabe der
Kontrollberichte nicht in Betracht.
Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 VIG sind Ort, Zeit und Art des Informationszugangs mitzutei-
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len, soweit dem Antrag stattgegeben wird. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs
begehrt, so darf dieser gern. § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG nur aus wichtigem Grund
auf andere Art gewährt werden. Sie haben in Ihrem Antrag ausdrücklich um eine
Antwort in elektronischer Form (E-Mail) gebeten. Dem werde ich entsprechen.
Zu beachten sind überdies§ 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 VIG. Danach darf -auch wenn von
der Anhörung Dritter abgesehen wird -der Informationszugang erst erfolgen, wenn die
Entscheidung dem oder der Dritten bekannt gegeben worden ist und diesem ein
ausreichender Zeitraum zur Einlegung von Rechtsbehelfen eingeräumt worden ist, wobei
dieser Zeitraum 14 Tage nicht überschreiten soll. Aus diesem Grund werden Ihnen die
begehrten Informationen noch nicht in diesem Bescheid gewährt, sondern frühestens 10
Tage nach seiner Bekanntgabe gegenüber dem Betrieb.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf§ 7 Abs. 2 Satz 2 VIG.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei
dem Veterinär-und Lebensmittelüberwachungsamt in Rendsburg erhoben werden.
Ihr Widerspruch hätte gern. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG keine aufschiebende Wirkung.