Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit E-Mail-Nachricht vom 30. April 2021 stellten Sie über die Plattform „
fragdenstaat.de"
folgenden Antrag:
,, bitte senden Sie mir Folgendes zu:
Sämtliche E-Mails und Briefe, dir Ihr Haus in den Jahren 2020 und 2021 von Mitgliedern des
Bundestags erreicht haben, in denen diese Interessen von Unternehmen vertreten haben. Der
Tagesspiegel hatte von derartigen Briefen ans BMWi berichtet (vgl. https:/lwww.tagesspiegel.
de/plus/lieber-peter-bitte-eine-sondergenehmigung-abgeordnete-schickten-60-bittbriefean-
wirtschaftsministerium/26694866. html)"
Mit Schreiben vom 14. Mai 2021 wies ich Sie auf die mangelnde Bestimmtheit Ihres Antrages
und die drohende Umgehung des Anwendungsbereichs des § 1 Absatz 1 !FG hin.
www.bundesfinanzrnmisterium.de
Seite 2
Mit E-Mail-Nachricht vom 14. Mai 2021 nahmen Sie wie folgt Stellung:
,,vielen Dank für Ihre Antwort. Ich stelle mir eine Recherche in Bezug auf E-Mails so vor,
dass das BMF in einem Mailprogramm oder einem Register filtert nach Absender
*
.<<E-Mail-Adresse>> und dann die angezeigten E-Mails filtert. Könnten Sie vielleicht erläutern,
warum dies nicht möglich ist?
Ich gehe davon aus, dass ein Auskunftsanspruch besteht und würde die Frage dann grundsätzlich
gern vor dem Verwaltungsgericht klären lassen. Vielleicht können wir uns dafür auf
eine Formulierung einigen, die auch aus Ihrer Sicht bestimmt genug ist."
Über Ihren Antrag entscheide ich nach § 1 Absatz I Satz I IFG wie folgt:
L Den Antrag lehne ich ab.
II. Der Bescheid ergeht gebührenfrei.
Begründung
Ihr Antrag ist auch nach Ihrer Stellungnahme mit E-Mail-Nachricht vom 14. Mai 2021 für
eine weitere Bearbeitung zu unbestimmt.
Wie ich Ihnen bereits in meinem Schreiben vom 14. Mai 2021 mitteilte, liegt es in erster Linie
im eigenen Interesse des Antragstellers, den Antrag inhaltlich so präzise zu fassen, dass der
Antrag von der informationspflichtigen Stelle bearbeitet und das Begehren erfüllt werden
kann. Zumindest muss die begehrte Information hinreichend deutlich umschrieben werden.
Der Antrag muss erkennen lassen, zu welchen Informationen der Zugang gewünscht wird,
sodass die Behörde - ggf. nach Auslegung - prüfen kann, ob diese Informationen bei ihr vorhanden
sind.
Dies ist bei Ihrem Antrag nach wie vor nicht der Fall. In Ihrer E-Mail-Nachricht vom 14. Mai
2021 gehen Sie auch nicht auf meine Hinweise in meinem Schreiben vom selben Tage ein.
Wie ich Ihnen in diesem Schreiben bereits mitteilte, wird nicht hinreichend deutlich, was Sie
mit Schreiben meinen, ,,in denen" Mitglieder des Deutschen Bundestages (MdBs) ,,Interessen
von Unternehmen vertreten haben". Diese Formulierung ist auch zu pauschal für eine Recherche.
Ob jemand die ,,Interessen" eines Unternehmens „vertritt", ist nicht ohne Weiteres feststellbar.
Das kann durch direkten Hinweis auf eine Vertretertätigkeit geschehen, aber auch durch
Vorschläge oder Wünsche, die nicht ausdrücklich einem Unternehmen zugeordnet werden,
sich aber direkt oder indirekt günstig für dessen Geschäftstätigkeit auswirken können. Welche
Unternehmen welche Belange verfolgen und welche Schreiben von welchen MdBs diese
Belange fördern sollen oder können, ist für die Empfänger von Schreiben nur bedingt feststellbar,
wenn die Schreiben nicht selbst auf bestimmte Unternehmen Bezug nehmen.
,,Interessen von Unternehmen" können sich auf die Interessen einzelner Unternehmen bei der
Produktion einzelner Waren oder Dienstleistungen beziehen, aber auch auf die Interessen ganzer
Branchen und ihrer Wirtschaftsgüter. Sie können gerichtet sein auf spezifische Belange
einer Produktionsstätte oder einer gesamten Branche. Betroffen sein können wirtschaftliche,
juristische, ökologische oder beliebige sonstige Belange, im nationalen oder internationalen
Kontext, ausgelöst durch beliebige Ereignisse in Staat oder Gesellschaft.
Schon der Begriff des „Unternehmens" ist im Rahmen dieses Antrags nicht fassbar definiert:
Der Begriff „Unternehmen" kann unterschiedlich verfasste Strukturen bezeichnen, etwa eine
komplexe Konzernstruktur mit diversen Betriebsstätten, aber auch das Geschäft eines Einzelkaufmanns mit einer einzigen Betriebsstätte.
Auch aus dem Ihrerseits angeführten Artikel aus dem Tagespiegel vom 7. Dezember 2020
ergibt sich nichts Anderes. Die dortigen Ausführungen konkretisieren Ihren Antrag ebenfalls
nicht hinreichend für eine weitere Bearbeitung.
Auch in Ihrer Nachricht vom 14. Mai 2021 benennen Sie Dokumente, die Ihnen zugänglich
gemacht werden sollen, trotz meiner o.g. Ausführungen im Schreiben vom selben Tage, nicht
hinreichend inhaltlich. Vielmehr fordern Sie vom Bundesministerium der Finanzen (BMF)
nur ein bestimmtes Recherche-Verhalten und wollen dann Zugang zu den Dokumenten, auf
die die Behörde stößt, wenn sie diesem Wunsch entsprechend vorgeht. Damit ist Ihr Antrag
auch aus diesem Grund zu unbestimmt:
Ohne das von Ihnen geforderte Recherche-Verhalten der Behörde ist nicht feststellbar, worauf
Ihr Antrag überhaupt gerichtet ist. Denn Ihr Antrag definiert jetzt nur die Ihrerseits begehrte
Methode einer Recherche, und nach wie vor nicht das inhaltliche Ziel derselben. Das !FG
begründet aber eben keinen Anspruch gegen Behörden, etwas Bestimmtes zu tun, was im
Ergebnis eine Sammlung von Dokumenten erzeugt. Das !FG begründet nur Ansprüche auf
Zugang zu Dokumenten. Wie bereits oben ausgeführt, obliegt es aber dem Antragsteller
selbst, mit seinem Antrag sein Begehren inhaltlich hinreichend bestimmt zu fassen.
s.,1e, Dabei wäre auch bei Erzeugung einer etwaigen Sammlung von Dokumenten unter Verwendung
des Ihrerseits genannten Suchbegriffs ,,Absender *
.<<E-Mail-Adresse>>" immer noch
nicht hinreichend klar, aufweiche Dokumente hiervon sich Ihr Begehren letztendlich bezieht
und wie die Behörde diese Sammlung dann inhaltlich ,jiltern" soll. Dabei möchte ich anmerken,
dass derzeit davon auszugehen ist, dass bei der Ihrerseits begehrten Recherche nach EMail-
Nachrichten keine Postschriftstücke (,,Briefe") aufgefunden werden dürften. Hierauf
bezog sich aber ebenfalls Ihr ursprüngliches Begehren vom 30. April 2021.
Würde auf die inhaltliche Bestimmtheit von Anträgen verzichtet, indem ein Antragsteller
Dokumente dadurch bestimmen könnte, dass er von einer Behörde zunächst ein bestimmtes
Vorgehen fordert, wäre das Bestimmtheitserfordemis im Ergebnis aufgehoben. Denn dadurch
könnte der Antragsteller die Pflicht zur Definition des Antragsgegenstandes auf die Behörde
abwälzen.
Das IFG begründet auch keinen Anspruch, nach (ggf. hinreichend bestimmten) Dokumenten
gerade auf eine vom Antragsteller vorgegebene Art und Weise zu suchen. Es bleibt der
Behörde vorbehalten, selbst zu entscheiden, wie sie in einem Antrag hinreichend bezeichnete
amtliche Informationen auffindet.
Der Antrag auf Informationszugang gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 IFG leitet ein eigenständiges
Verwaltungsverfahren ein. Ein verwaltungsrechtliches Verfahrensverhältnis wird begründet.
Dieses Verfahren auf Zugang zu amtlichen Informationen stellt dabei ein nichtförmliches
Verwaltungsverfahren i. S. d. § 10 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfü) dar.
Gemäߧ 10 Satz 1 VwVfü ist das Verwaltungsverfahren an bestimmte Formen nicht gebunden,
soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Dieser
Grundsatz der Nichtförmlichkeit räumt der Behörde ein weites Ermessen auch bei der
Verfahrensgestaltung, d.h. auch bei der Suche nach evtl. vom Antragsbegehren erfassten amtlichen
Informationen, ein.
Selbst wenn Ihr Begehren durch eine entsprechende Stellungnahme hinreichend bestimmt für
eine weitere Bearbeitung geworden wäre, ist Ihr Antrag auch aufgrund der folgenden Erwägungen
abzulehnen:
Im Ergebnis käme es bei einem Informationszugang zu etwaigen hier vorhandenen und von
Ihrem Begehren umfassten Schreiben von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (MdBs) zu
einer Umgehung des § 1 Absatz 1 IFG und der dortigen Regelung zum Anwendungsbereich
des !FG.
s,u, s Gemäß § 1 Absatz 1 IFG hat jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden
des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane
und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben
wahrnehmen. Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person
oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur
Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.
Die Abgeordnetentätigkeit (auch gegenüber den Ressorts) unterfällt hingegen nicht dem
Zugangsanspruch des § 1 IFG. Ein entsprechend gegenüber MdBs gestellter Antrag wäre
bereits aus diesem Grund abzulehnen. Ihr Antrag ist nicht auf Zugang zu bestimmten Unterlagen
eines Vorgangs gerichtet, die ggf. auch MdB-Schreiben umfassen. Sie wünschen vielmehr,
wie die von Ihnen begehrte Suchmethode nach,,*
.<<E-Mail-Adresse>>" zeigt, sämtliche
Schreiben aller Bundestagsmitglieder einer Kontrolle zu unterziehen. Ein solcher gegenüber
einer anspruchsverpflichteten Bundesbehörde gestellter Pauschal-Antrag auf Zusammenstellung
und Veröffentlichung sämtlicher MdB-Schreiben liefe im Ergebnis aber auf die Ausweitung
des IFG auf diese vom Zugangsanspruch des § 1 IFG nicht erfasste Tätigkeit von MdBs
hinaus und würde die Mandatsausübung letztendlich einer Auskunfts- und Rechenschaftspflicht
unterwerfen. Damit droht zugleich ein Konflikt im Verhältnis zwischen Legislative
und Exekutive (vgl. zum Ganzen: Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 1 Rn. 194).
Zu II.
Der Bescheid ergeht gebührenfrei, da bei Ablehnung eines Antrags keine Gebühren erhoben
werden.