14012020_Lektionsheft_Teil_III

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Material "Kleine Klimaschula"

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3. Die Energiewende %
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Das gibt es hier zu erfahren a
'. Ziele der Energiewende In
Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland %
Die Kosten der Energiewende . \ 9
Herausforderungen und Konflikte im Rahmen der Energiewende %

Energiewende im internationalen Kontext

Zur Energiewende scheint eine wertfreie Darstellung trotz einer Informationsflut im Internet fast
unmöglich. Google verweist auf über 12 Mio. Ergebnisse zum Begriff Energiewende und unter diesen ist
selbst mit gründlicher Recherche kaum ein Beitrag zu ermitteln, der die Energiewende in Deutschland
ausführlich, verständlich und neutral beschreibt. Beiträge in Wikipedia oder anderen Verzeichnissen
spiegeln zum Teil auch die Sichtweise der Autoren wider, während in anderen Beiträgen konträre
Meinungen gegenübergestellt und weniger neutrale Informationen gegeben werden. Vor diesem
Hintergrund ist das Vorhaben dieses Beitrags, die Energiewende möglichst ausgewogen zu beschreiben,
ganz sicher nicht vor Fehlern gefeit. Wo Sichtweisen der Redaktion, die ihre Nähe zu Lausitzer
Energiethemen nicht verschleiern möchte, besonders deutlich werden, kennzeichnen wir dies
entsprechend. Hinweise und Erläuterungen auch anderer Sichtweisen werden wir fortlaufend
berücksichtigen und ergänzen. Informative Beiträge, die eindeutig einer bestimmten Haltung zur
Energiewende entsprechen - egal ob sie Kritik üben oder ehrgeizigere Ziele fordern - stellen wir am Ende
des Beitrags gern separat als Informationsquellen zur Meinungsbildung zur Verfügung. Hier können uns
Nutzer der Kleinen Klimaschule gern Hinweise zu passenden Beiträgen bzw. Quellen zusenden.

Die Energiewende - Begriffsklärung

Die Energiewende bedeutet nach heutigem Verständnis den Wechsel von fossilen Energieträgern zu
regenerativen bzw. erneuerbaren Energieträgern. Zu den fossilen Energieträgern zählen Atom, Kohle,
Erdgas bzw. Fracking-Gas und Öl. Zu den erneuerbaren Energieträgern zählen Wasser, Wind, Sonne und
Biomasse - letztere entspricht der Gewinnung von Energie aus pflanzlichen Substanzen.

. Die Geschichte der Energiewende reicht weit zurück, wenn man sie unter dem Aspekt des Wechsels von
fossiler zu erneuerbarer Energie betrachtet. Hier gab es erste Versuche bzw. Projekte bereits im 19.
Jahrhundert. Für die Kleine Klimaschule grenzen wir die Energiewende zum besseren Verständnis aber
deutlich ein: Hier beschreiben wir die Energiewende, die infolge der Bemühungen um einen globalen
Klimaschutz und eine Verringerung der Erderwärmung in den 1990er-Jahren begann. Da die Energiewende
in vielen Ländern unterschiedlich umgesetzt und diskutiert wird, beschreiben wir zudem nur die deutsche
Energiewende - und versuchen abschließend, sie in einen internationalen Kontext einzuordnen.

Die Geschichte der heute viel diskutierten Energiewende ist also sehr. jung. Sie fußt auf der
Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC), die 1992 von 154 Staaten unterzeichnet und
verabschiedet wurde. Das Vertragswerk soll die menschlich verursachte Störung des Klimasystems
eindämmen und die globale Erwärmung verlangsamen, es trat 1994 in Kraft. Die unterzeichnenden Länder
sind je nach Entwicklungsstand in Gruppen eingeteilt worden, für die unterschiedliche Ziele definiert
wurden. Bis heute haben 197 Staaten die Klimarahmenkonvention unterzeichnet. Sie wird auf regelmäßig
stattfindenden Konferenzen mit neuen Vereinbarungen aktualisiert. Bekannt und oft in Medien aufgeführt
1

| 9.
sind z.B. das Kyoto-Protokoll und das Pariser Abkommen. Ziele sind in den Vereinbarungen teil@konkret
mit Emissionsminderungen, teils sehr allgemein formuliert. Ein Beispiel dafür ist die Begrenzung,der
Erderwärmung auf unter 1,5°C. 2

Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen

    
 

Rn.

 

Mitglieder der UNFCCC |] Mitglied 7) Mitglied (Annex) V Mitglied(Annexiundil} | Beobachterstatus

Quelle: Wikipedia

Die Grundlage für die. Energiewende — das ist für die Bewertung von Beiträgen und die eigene
Meinungsbildung von zentraler Bedeutung — bildet die Vermeidung von klimawirksamen, menschlich
verursachten Treibhausgasen, dabei wird meist allgemein von Emissionen gesprochen. Es geht im Kern um
die Vermeidung vor allem von CO; und Methan zur Eindämmung des Treibhauseffekts, den wir in Beitrag
1. ausführlich dargestellt haben. Die deutsche Energiewende ist allerdings durch ein zusätzliches Ziel
gekennzeichnet. Nachdem sich im März 2011 der Reaktorunfall im Atomkraftwerk Fukushima ereignete,
beschloss Deutschland den Ausstieg aus der Atomkraft. Weltweit haben dies drei weitere Länder (Schweiz,
Belgien, Spanien) beschlossen, wobei Deutschlands Atomausstieg am schnellsten erfolgt. Deutschland hat
seine Energiewende in verschiedenen Gesetzen geregelt, die Ziele und Umsetzung vorgeben.

Die Ziele der Energiewende
Im Rahmen der Energiewende hat Deutschland verschiedene Ziele definiert. Wichtigste Kernziele sind
dabei der Ausbau der erneuerbaren Energie und die Erhöhung der Energieeffizienz, wodurch der
Energiebedarf deutlich gesenkt werden soll. Ausführlich gestalten sich die Ziele nach dem Energiekonzept
vom September 2010 und den Beschlüssen zur Beschleunigung der Energiewende vom Sommer 2011 wie
folgt:

e Ausstieg aus der Kernenergie bis Ende 2022
2

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e ..Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2020 aüf.18
Prozent, bis 2030 auf 30 Prozent, bis 2040 auf 45 Prozent und bis 2050 auf 60 Prozent. % &

eo Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf 35 Prozent bis 2020,%,

auf 50 Prozent bis 2030, auf 65 Prozent bis 2040 und auf 80 Prozent bis 2050. %

oe Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent, bis 2030 um 55 Prozent, bis 2040
um 70 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent (gegenüber dem Basisjahr 1990).

e Reduktion des Primärenergieverbrauchs bis 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent.

oe Verbesserung der Energieproduktivität auf 2,1 Prozent pro Jahr in Bezug auf den
Endenergieverbrauch.

e Reduktion des Stromverbrauchs bis 2020 um 10 Prozent und bis 2050 um 25 Prozent (gegenüber
2008).

e Reduktion des Wärmebedarfs in Gebäuden bis 2020 um 20 Prozent und Reduktion. ihres
Primärenergiebedarfs um 80 Prozent bis 2050. Die Sanierungsrate für Gebäude soll von ein auf
zwei Prozent verdoppelt werden.

Auch wenn die grundlegenden Ziele der Energiewende hier: vereinfacht und übersichtlich aufgezählt
wurden, sind sie aufgrund der verwendeten Fachbegriffe für Viele schwer verständlich. Sie sind aber die
Grundlage für eine Betrachtung der Erfolge bzw. Probleme bei der Umsetzung der Energiewende. Zum
besseren Verständnis erklären wir einige der in den Zielen verwendeten Begriffe deshalb genauer:

Bruttoendenergieverbrauch und Bruttostromverbrauch: Der Bruttostromverbrauch bezeichnet die
gesamte Strommenge, die hierzulande verbraucht wird. „Brutto“ bedeutet, dass dabei auch die
Strommengen enthalten sind, die gar nicht an der Steckdose beim Endverbraucher ankommen, sondern
unter anderem beim Transport verloren gehen. Stromverluste in den Leitungen — sogenannte
„Netzverluste” — entstehen beispielsweise deswegen, weil der durchfließende Strom die Leitungen
erwärmt und dabei Energie auf der Strecke bleibt. Zugleich geht auch dann Strom verloren, wenn
Kraftwerke diesen selbst verbrauchen oder Pumpspeicher ihn zum Wasserpumpen einsetzen. Zieht man
die Stromverluste beim Transport und den Kraftwerkseigenverbrauch vom Bruttostromverbrauch ab,
spricht man vom „Nettostromverbrauch“ oder „Endenergieverbrauch“. Wichtig zur Unterscheidung:
Strom ist nur ein Teil der Energie, die ein Land benötigt. Energie umfasst z.B. auch Verkehr und Wärme.
Wichtig ist hier noch, dass der Bruttostromverbrauch die gesamte Strommenge umfasst, unabhängig
davon, ob sie gerade benötigt wird. So wird überschüssig produzierter Strom z.B. bei viel Wind und Sonne
hier ebenso berücksichtigt, auch wenn er nicht benötigt oder ins Ausland abgeführt wird.
‚Primärenergieverbrauch: Wenn aus einem Energieträger Strom, Wärme oder Antriebskraft (Verkehr)
erzeugt wird, treten beim Prozess der Wandlung des Energieträgers in Energie, beim Betrieb der
entsprechenden Anlagen und beim Transport der Energie zum Verbraucher Verluste auf. Am Ende kommt
also nur ein Teil der Energie z.B. als Strom an, die zum Beginn im jeweiligen Energieträger steckt.
Primärenergie beschreibt hingegen die gesamte Energie, die zum Beginn in einem Energieträger steckt.
Der Primärenergieverbrauch ist demnach, meist auf ein Jahr gerechnet, die gesamte Energie aller
verbrauchten Energieträger ohne Beachtung von Verlusten bei Erzeugung und Transport.
Endenergieverbrauch: Das ist nun einfach: der Endenergieverbrauch ist genau der Teil der Energie, der
abzüglich der Verluste tatsächlich beim Endverbraucher — den Privathaushalten oder der Wirtschaft —
ankommt. Er umfasst neben dem Strom auch Bereiche wie Verkehr und Wärme.

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Energieproduktivität: Die Energieproduktivität gibt das Verhältnis von der Wertschöpfung eines Läfldes im
Verhältnis zum Energieverbrauch wieder. Sie ist damit ein Maßstab für die Effizienz im Umgan pit

_Energieressourcen. Je niedriger sie ist, desto weniger Energie wird also für die Wertschöpfung benötikt,,

und desto besser steht das jeweilige Land beim effektiven Einsatz von Energie da. 1”

Im Rahmen der Ziele der Energiewende wird vor allem über den Ausbau der erneuerbaren Energieträger
gesprochen. Die Grundlage dafür liefert ein Gesetz, das im Jahr 2000 in Kraft trat. Das Erneuerbare-
Energien-Gesetz (EEG) regelt den Ausbau der erneuerbaren Energien als zentrale Säule der deutschen
Energiewende. Es erteilt erneuerbaren Energien Vorfahrt ins Stromnetz und eine garantierte
Einspeisevergütung für den produzierten Strom. Die Vergütung erfolgt unabhängig davon, ob dieser Strom
gerade benötigt wird. Diese garantierte Einspeisevergütung wurde auf 20 Jahre festgeschrieben, was den
Neubau von Energieanlagen im Bereich erneuerbarer Energie ab dem Jahr 2000 stark beförderte. Der
Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch ist so von rund sechs Prozent im Jahr 2000
auf rund 33 Prozent im Jahr 2018 gewachsen. Damit wurde die von der Bundesregierung definierte
Zielmarke von 35 Prozent für das Jahr 2020 bereits vorzeitig übertroffen. Bis zum Jahr 2025 sollen 40 bis
45 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. So sieht es das
EEG nach seiner letzten Novellierung im Jahr 2014 vor. Mit 46% Anteil Erneuerbarer am Stromverbrauch
wurde dieses Ziel bereits im Jahr 2019 übertroffen.

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien hat Deutschland seine Ziele erfüllt, bei ihrem Anteil am
Energieverbrauch ist es ebenso auf einem guten Weg - bei den weiteren Zielen sieht es weniger
optimistisch aus. Sowohl bei der Senkung der Treibhausgasemissionen als auch bei der Energieeffizienz
verfehlt Deutschland seine Ziele derzeit zum Teil deutlich.

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Enttäuschende Zwischenbilanz 2020

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Senkung Stromverbrauch gegenüber 2008 (2008) - 0,6%? - 3,8%? -10%

1) Quelle: Umweltbundesamt, Stand Frühjahr 2017
2) Quelle: BMWi, Zahlen und Fakten Energiedaten, Stand: 31.01.2017
3) Quelle: AG Energiebilanzen, Stand Februar 2017

Die Veränderungen im Mix der Energieträger

Der Mix der Energieträger an der Bruttostromerzeugung hat sich in Deutschland insbesondere infolge des
EEG stark verändert. Die entscheidenden Veränderungen sind das verstärkte Wachstum der Erneuerbaren
seit 2010, die Reduktion des Anteils der Kernenergie seit 2011 und die Abnahme des Anteils der Steinkohle
in den vergangenen zwei bis drei Jahren. Der Anteil der Braunkohle hat sich im Bereich elektrischer Energie
seit 1990 nicht allzu stark verändert, er ist erst in den Jahren 2018 und 2019 um ca. ein Fünftel gesunken,
weil einerseits erste Kraftwerkskapazitäten im Bereich der Braunkohle abgeschaltet wurden, andererseits
das Jahr 2019 mit viel Wind und Sonne ein sehr gutes Jahr für erneuerbare Energieträger war. Die
Reduktion der Braunkohleförderung der Neuen Bundesländer in der Nachwendezeit um über zwei Drittel
(von ca. 300 Mio. Tonnen pro Jahr auf unter 100 Mio. Tonnen pro Jahr) hat also weniger mit der
Stromerzeugung zu tun, sie schlägt sich eher im Bereich von Industrieprozessen und im Bereich der
Gebäude/Wärme nieder. In vielen Haushalten und Unternehmen wurde zur Wende noch mit Kohle
geheizt, hier wurde intensiv umgerüstet bzw. zurückgebaut. Insofern weist der Anteil der Braunkohle im
Bereich des Stromverbrauchs trotz Rückgang der Fördermenge bis 2018 nur vergleichsweise leichte
Schwankungen auf. Die Entwicklung zeigt ebenso, dass der Bruttostromverbrauch. um knapp ein Fünftel
zugenommen hat. Das bedeutet, dass Deutschland infolge des Zubaus erneuerbarer Energieträger
zunehmende Strommengen produziert. In Deutschland wurden bis 2018 insgesamt 30.518
Windkraftanlagen (Windräder) errichtet, davon 29.213 an Land und 1.305 im Meer. Windkraft hat heute
einen Anteil von rund 25 % an der deutschen Stromproduktion. Im Jahr 2019 kam der Ausbau der
Windkraft allerdings fast zum Erliegen, dazu sind Anmerkungen im Folgekapitel „Konflikte in der
5

Energiewende“ zu finden. U

Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträgern %

Terawattstunden
700

550 Twh

 

190 1992 1994 1995 1956 2000 2002 2004 2005 2008 2010 2012 2014 2016 2018*

MW Braunkohle WKermenergie MSteinkohlle "Gase MMineralöle IM EmeuerbareEnergien 1 Übrige Energieträger
* vorläufige Angaben, zum Teil geschätzt

Quelle: Umweltbundesamt auf Basis AG Energiebilanzen,
Sondertabelle Bruttostromerzeugung in Deutschland von 1990 bis 2018 nach Energieträger, Stand 12/2018

Die Entwicklung des Primärenergieverbrauchs zeigt die Entwicklung für die gesamte Energie über den
Strom hinaus, Hier wird deutlich, wie der Anteil der Braunkohle Anfang der 1990er-Jahre zügig abnimmt.
Diese Übersicht enthält auch den Energieverbrauch im Verkehr (Mineralöle) und in der Industrie sowie
den Gebäuden (z.B. Gase). Sie macht deutlich, dass erneuerbare Energie sich aktuell vor allem auf den
Stromverbrauch auswirkt. Bei der Gesamtenergie fällt die Steigerung seit 2010 relativ gering aus. Das
entspricht auch den verfehlten Zielen bei Emissionsminderungen in Sektoren außerhalb der
Energiewirtschaft.
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" Entwicklung des Primärenergieverbrauchs! in Deutschland %
nach Energieträgern mit politischen Zielen %
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Wi Steinkohle MM Braunkohle MMineralöl "Gase MKemenergie m Sonstige Energieträger’ I Emeuerbare Energien

! Berechnungen auf der Basis des Wirkungsgradansatzes \ :

? Ziele des Energiekonzeptes der Bundesregierung: Senkung des Primärenergieverbrauchs Eis 2020 um 20% und bis 2050 um 50% Basisjahr 2008)
> sonstige Energieträger: Grubengas, nicht-erneuerbare Abfälle und Abwärme sowie der Stromaustauschsaldo
* vorläufige Angaben

Quelle: Umweltbundesamt auf Basis AG Energiebilanzen,
"Auswertungstabellen zur Energiebilanz für die Bundesrepublik Deutschland 1990 bis 2017, Stand 07/2018; für 2017/20 18-Umweltbundesamt
auf Basis AG Energiebilanzen, Primärenergieverbrauch, Stand 12/2018

Die Entwicklung der Emissionen

"Die Energiewende dient vor allem dem Zweck der Emissionsminderung von Treibhausgasen. Das geschieht

auf zwei Wegen. Zum einen, indem fossile und mit stärkeren Emissionen verbundene Energieträger durch
erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Zum anderen, indem grundsätzlich weniger Energie verbraucht
wird bzw. mit Energie effizienter gewirtschaftet wird.

Betrachtet werden bei der Energiewende Emissionen in den Sektoren Energie, Wärme und Verkehr. Wir
haben diese Bereiche zum besseren Verständnis in unserer Kleinen Klimaschule etwas ausführlicher
gegliedert in Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft. Das entspricht auch der
politischen Diskussion, da genau in diesen Bereichen konkrete Maßnahmen zum Erreichen der Ziele der

Energiewende führen sollen. Betrachten wir nochmals die Entwicklung der Emissionen in diesen Bereichen
(siehe auch Beitrag 1.):
7

Treibhausgasemission nach Sektoren in der Abgrenzung des Klimaschutzplans
in Mio.t CO,-Äquivalente : Pr

weitgehende
Treibhausgas-
neutraltät

1990 2000 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Ziele Ziele Ziele Ziele
2020 2030 2040 2050

# Ziele Sonstige IM Landwirtschaft u Verkehr Gebauje  Industie iM Energtemtrtschaft  divon CO, Steinkchle " dawa Co, Braunlohle

1.252

200

 

Quelle: Urmwehbundesamt

Über alle Sektoren hinweg hat Deutschland seine Treibhausgasemissionen bislang um 27,5 % senken '

können. Bis 2020 sollten es ursprünglich 40 % sein. Dennoch könnte man bei erreichten knapp 30 %
meinen, Deutschland ist auf einem guten Weg. Wie sind diese Zahlen zu werten? Dafür ist es wichtig, sich
die Entwicklung der Emissionen und der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen genau anzuschauen.
In den letzten zwölf Jahren, seit 2005, konnten die Treibhausgasemissionen in Deutschland lediglich um
ca. 7 % gesenkt werden. In dieser Zeit erfolgte aber der Großteil des Zubaus an erneuerbaren
Energieträgern. Warum sind dennoch von 1990 bis Anfang der 2000-er Jahre fast drei Mal mehr
Emissionen gemindert worden als in etwa dem gleichen Zeitraum danach? Hierzu können zwei
Erklärungen herangezogen werden.
Der Zusammenbruch der DDR: Entscheidend ist bei der Betrachtung der erreichten Ziele zur Energiewende
der Vergleichszeitraum. Dieser wurde auf das Jahr 1990 festgelegt. Im Oktober 1990 erfolgte die Deutsche
Einheit, also der Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland. Das Gebiet der Neuen
Bundesländer verfügte 1990 über die Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur der vormaligen DDR. Insofern
wurden in diesem Jahr auch entsprechende Emissionen verursacht. Ab Anfang der 1990er-Jahre bis zum
‚ Beginn der 2000-er Jahre erstreckte sich dann ein Strukturbruch vor allem in den industriellen Zentren der
südlichen Neuen Bundesländer, also Südbrandenburg, Sachsen, Thüringen und Teile Sachsen-Anhalts. So

gingen allein in der Lausitz von geschätzt 100.000 Arbeitsplätzen in der Energiewirtschaft (betrachtet man

Bergbau und Kraftwerke gemeinsam) gut 90.000 verloren, mit der Textilindustrie und der Glasindustrie
verschwanden ganze Branchen. In den Nachwendejahren verließen fast 1,4 Mio. Bürger ihre ostdeutschen
Bundesländer, meist Richtung Westen. In der Lausitz haben einige Städte seit der Deutschen Einheit fast
die Hälfte Ihrer Bevölkerung verloren. 1990 wurden allein in der Lausitz rund 170 Mio. Tonnen Braunkohle
gefördert, heute sind es noch knapp 60 Mio. Tonnen, Tendenz weiter abnehmend. Der Zusammenbruch
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einerseits und.die Effizienzsteigerung der verbliebenen Betriebe in der Industrie und der Energiewiftschaft
in Ostdeutschland andererseits sorgten im Nachwendejahrzehnt für eine erhebliche Minderun an
Emissionen. Das wird deutlich sichtbar, wenn man die Minderung der Emissionen nach Bundesländern
betrachtet: Sie reichen von Minderungen in den Neuen Bundesländern wie Thüringen mit 63,1 % über,

‚Sachsen mit 46,5 % oder Brandenburg mit knapp 30 % (hier wird die Wirkung im industriellen Süden durch®

den ländlichen Norden gedämpft) bis zu kaum spürbaren Veränderungen wie in Hessen mit gerade einmal
3 %. Kurzum: den Großteil der bis heute erreichten CO,-Reduktionen verursachte der wirtschaftliche
Niedergang des Ostens. Seit 2010 liegt die zusätzliche Minderung an Emissionen zwischen 3 und 4 %. Vor‘
diesem Hintergrund wird ersichtlich, dass weitere Minderungen in den künftigen Jahren mit den bislang
verfolgten Maßnahmen zumindest schwierig umsetzbar erscheinen.

CO,-Reduktion in Deutschland

m <10%
zu <20%
mu <410%
zu >40 %

 

Quelle: UBA, Nationaler Inventarbericht, Mai 2016; eigene Berechnung auf Basis der Länderergebnisse des Jahres 2012

Um die Emissionsminderungen in den einzelnen Bereichen besser zu verstehen, betrachten wir noch
einmal die fünf entscheidenden Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr und
Landwirtschaft.

Energiewirtschaft: In der Energiewirtschaft wurden die Emissionen von 466 Mio. Tonnen im Jahr 1990 auf
330 Mio. Tonnen im Jahr 2017 verringert, das entspricht knapp 30 %. Bei allen Sektoren werden die
Emissionen übrigens in CO»-Äquivalenten gemessen, das bedeutet, dass Emissionen anderer
Treibhausgase wie Methan einfach in CO, umgerechnet werden, um die Bereiche anhand einer einfachen
Zahl vergleichbar zu machen. In der Energiewirtschaft ist der Trend im Nachwendejahrzehnt deutlich
erkennbar, im Zeitraum seit 2010 wurden trotz Zunahme der Erneuerbaren in der Energiewirtschaft nur
weitere gut 8% an Emissionen eingespart. Das hat auch einen Grund, der sich in wenigen Jahren noch

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deutlicher niederschlagen könnte. Im Jahr 2010 betrug der Anteil emissionsfreier Kerflenergie an der
Stromerzeugung in Deutschland noch über 22 %. Im Jahr 2018 waren es zehn Prozent wenige may testens
im Jahr 2022 verabschieden sich die restlichen zwölf bis 13 Prozent durch den Kernkraftausstieg’@4s dem
deutschen Energiesystem. Sie müssen durch einen anderen Energieträger ersetzt werden. Da Kernenäpgje

grundlastfähigen Strom liefert (siehe Beitrag 2.), wird sie im Jahr 2022 zumindest zeitweise durch,

grundlastfähige Energie ersetzt werden müssen. Zusätzliche Kapazitäten grundlastfähiger Energie wird es ”,
„

in dieser Kurzfristigkeit nur durch fossile Energieträger geben. Insofern können die Emissionen bei reiner
Betrachtung auf die Energiewirtschaft dann wieder steigen.

Industrie: In der Industrie wurden die Emissionen von 284 Mio. Tonnen im Jahr 1990 auf 193 Mio. Tonnen
im Jahr 2017 verringert, das entspricht rund 32 %. Hier wird der Zusammenbruch der ehemaligen DDR am
deutlichsten, denn seit 2010 haben die Emissionen im Bereich der Industrie sogar leicht zugenommen. Die
gesamte Minderung erfolgte im Nachwendejahrzehnt.

Gebäude: Im Bereich Gebäude entstehen Emissionen vorwiegend durch Heizung und Warmwasser. Hier
wurden die Emissionen von 210 Mio. Tonnen im Jahr 1990 auf 131 Mio. Tonnen im Jahr 2017 verringert,
das entspricht einer Minderung von rund 38 %. Auch hier ist in den letzten Jahren nichts mehr passiert,
seit vier Jahren geht der Trend sogar wieder leicht nach oben. Der immense Rückgang bis etwa 2005 ist
zum einen.dem massiven Rückbau von Plattenbauten und weiteren Wohnhäusern in den neuen
Bundesländern und zum anderen vielen Investitionen in Maßnahmen zur Dämmung von Gebäuden und
zur Umrüstung im Bereich der Gebäudetechnik, insbesondere der Modernisierung von Heizungsanlagen
und deren Umstellung von Kohle auf andere Energieträger, zu verdanken. Durch massive
Neubauprogramme vor allem in den Städten nimmt Wohnraum seit Jahren wieder zu, wodurch in diesem
Bereich auch wieder steigende Emissionen zu verzeichnen sind.
Verkehr: Der Verkehr ist das größte Sorgenkind der Energiewende. Hier haben die Emissionen im
Vergleichszeitraum seit 1990 sogar zugenommen, um knapp 4 % von 163 Mio. Tonnen im Jahr 1990 auf
169 Mio. Tonnen im Jahr 2017. Deutschland hat immense Probleme bei der Umsetzung der
Verkehrswende, insbesondere bei der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene — sowohl
im Personenverkehr als auch im Güterverkehr. Zudem ist in diesem Bereich gut zu sehen, wie es-um den
persönlichen Beitrag der Deutschen steht. Der Automarkt wird von schweren SUV und stark motorisierten
Modellen beherrscht, die entsprechend stark im Kraftstoffverbrauch und Ausstoß von Emissionen sind. Im
Jahr 2013 wurden mit 933.505 SUV bzw. Geländewagen so viele Offroader wie noch nie in Deutschland
zugelassen, im Jahr 2019 waren es in diesem Bereich bereits im November sogar über 1 Mio.
Neuzulassungen. Im Vergleich dazu betrug die Zahl neu zugelassener Elektroautos in 2018 nur 36.062
Fahrzeuge. Inzwischen steigen die Neuzulassungen bei Elektroautos, im ersten Halbjahr 2019 waren es
bereits über 30.000 neue Elektroautos, das Wachstum fällt im Vergleich zu den Neuzulassungen in anderen
Bereichen aber nach wie vor deutlich zu gering aus.

Landwirtschaft: Die Landwirtschaft hat ebenso nur in den 1990er-Jahren für einen geringfügigen Rückgang
an Emissionen gesorgt, von 1990 mit 90 Mio. Tonnen auf 72 Mio. Tonnen im Jahr 2017 sind es zwar 20 %
im gesamten Betrachtungszeitraum, aber hier hat sich seit 2000 kaum noch etwas getan. In der
Landwirtschaft entstehen Emissionen vor allem durch Methan, das Kühe und andere Pflanzenfresser in
Größenordnungen ausstoßen. Zum anderen entstehen Emissionen verstärkt durch Düngung,
insbesondere im Bereich großer Flächen mit Monokulturen, die.oft für Stromerzeugung aus Biomasse, zur
Herstellung von Kraftstoffen (Bio-Diesel) oder zur Produktion von Futtermitteln für die Tierhaltung genutzt
werden. Insbesondere das ausgestoßene Methan stellt eine Herausforderung für die Energiewende dar.
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