14012020_Lektionsheft_Teil_V

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Material "Kleine Klimaschula"

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4. Die Versorgungssicherheit

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Mit diesem Beitrag schließen wir die Grundlagen zu einem besseren Verständnis der
Grundlagen zur Energiewende und zu Klimaschutzmaßnahmen ab, bevor sic Am
äußerst ausführlichen Folgebeitrag alles um die vielfältigen Maßnahmen Deutschlands

zum Klimaschutz drehen wird. Nach der Beschreibung der Energiewende widmen wir

"uns diesmal der Versorgungssicherheit als wichtiger Voraussetzung für viele

Klimaschutzmaßnahmen nicht nur in der Energiewirtschaft, sondern auch in den
Sektoren Verkehr, Industrie, Gebäude/Wärme und Landwirtschaft. Wir betrachten die
Versorgungssicherheit ausführlich, weil sie die wohl wichtigste Rahmenbedingung für
Emissionsminderungen in allen entscheidenden Bereichen der Energiewende bildet.
Warum der Versorgungssicherheit diese zentrale Bedeutung zukommt, ist spätestens
bei den in diesem Beitrag beschriebenen Auswirkungen eines Zusammenbruchs der
Stromversorgung ersichtlich.

Auch hier gilt wie bei den vorherigen Beiträgen: sämtliche Hinweise, Ergänzungen und
Begleitmaterialien helfen dem Projekt weiter, machen Sie mit!

Das erfahren Sie hier

Begriffsklärung Versorgungssicherheit

Versorgungssicherheit und Erneuerbare

Entwicklung der Versorgungssicherheit
Versorgungssicherheit durch Nachbarn in Europa

Bedeutung der Versorgungssicherheit für Deutschland
Künftige Herausforderungen bezüglich Versorgungssicherheit
Exkurs: Blackout

Begriffsklärung

Zuerst wollen wir den Begriff Versorgungssicherheit klären, nachfolgend auf ihre
Bedeutung eingehen. Bereits im Beitrag 2. zum Stromsystem finden sich viele
Hinweise mit Bezug zum Thema Versorgungssicherheit, insbesondere im Abschnitt
„Das Gleichgewicht“.

Versorgungssicherheit im Bereich der Energieversorgung bedeutet, dass jederzeit
die benötigte Energie zur Verfügung steht. Sie kann zwei unterschiedliche Aspekte
betreffen. Zum einen die Energiemenge, also die zur Verfügung stehenden
Energieträger. Das bedeutet z.B. im Bereich Verkehr, ob ausreichend Mineralöle zum
Betanken der Fahrzeuge zur Verfügung stehen oder im Bereich elektrischer Energie,
ob ausreichend Gas oder Kohle als Brennstoffe für Kraftwerke zur Verfügung stehen.
Die Energiemenge ist das Produkt aus Leistung, gemessen zum Beispiel in Kilowatt
(kW), mal Zeit, zum Beispiel der Stunde (h).

Der zweite Aspekt ist die Leistung. Er beschreibt, ob die zur Verfügung stehende
Leistung z.B. der Kraftwerke sowie Windkraft- und Solaranlagen ausreicht, um im
entsprechenden Moment die notwendige elektrische Energie für Wirtschaft und
Privathaushalte zur Verfügung zu stellen.

In Beitrag 2. ist beschrieben, dass unser Stromnetz zu jedem Zeitpunkt im
Gleichgewicht sein muss, die durch Erzeuger zur Verfügung gestellte elektrische
Energie also jederzeit der durch Wirtschaft und Privathaushalte benötigten
elektrischen Energie entsprechen muss. Wenn dieses Gleichgewicht gestört wird,
kann ein Stromnetz die Versorgung nur eingeschränkt leisten oder im schlimmsten Fall
gänzlich zusammenbrechen - dann spricht man von einem Blackout.

Das Maß für das Gleichgewicht ist die konstante Netzfrequenz von 50 Hertz (Hz).:

da
©:
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Ö
2
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Für besonders Wissbegierige: Diese _Netzfrequenz befügg ibt die
Schwingungsgeschwindigkeit im Wechselstromnetz bzw. die Anzahl der echsel.
Der Wert 50 Hertz ergibt sich aus der Drehzahl der Turbogenerators hg der
Kraftwerke von 3.000 Umdrehungen pro Minute, also 50 pro Sekunde. Überglrei
Polpaare ergibt sich dann der Drei-Phasen-Wechselstrom, auch Drehstrom genariht
der durch unsere Netze fließt. Nur ein sehr geringer Teil des Netzes wird mie
Gleichstrom, also festem Plus- und Minuspol, betrieben.

Das Netz kann sowohl bei Über- als auch bei Unterfrequenz zusammenbrechen.
Spätestens ab 50,5 bzw. 49,5 Hertz nehmen die Netzbetreiber Abschaltungen vor,
entweder von Kraftwerken oder von Verbrauchern (Industrie bzw. Privathaushalte), um
das Netz zu stabilisieren.

Im Rahmen des Klimaschutzes und der Energiewende wird die Versorgungssicherheit
vor allem im Bereich des Stromnetzes diskutiert. Es geht hier also weniger um die
gesamte Energie inklusive Verkehr, Industrie etc., sondern um die zur Verfügung
stehende elektrische Energie. Somit wird die Versorgungssicherheit vor allem in Bezug
auf die Leistung diskutiert, die verschiedene Kraftwerke und Anlagen zur
Stromerzeugung aufbringen. Insbesondere, wenn Forderungen nach einem schnellen
Kohleausstieg und der Abschaltung der entsprechenden Kohlekraftwerke laut werden,
wird von der Bedeutung „sicherer“ Energieversorgung gesprochen. Wirkt dieses
Argument tatsächlich so schwer? Das klären wir in diesem Beitrag.

Versorgungssicherheit in Bezug auf die Leistung

Die Komplexität des deutschen Stromsystems, das rund 83 Mio. Menschen und die
gesamte Wirtschaft mit elektrischer Energie versorgt, gibt unser Schema aus dem
Beitrag zum Stromsystem vereinfacht wieder. Da das deutsche Stromnetz in ein
internationales Stromnetz eingebunden und mit den Nachbarländern verknüpft ist,
ergänzen wir im Schema eine symbolische Anbindung zum Ausland, über die Strom
exportiert oder importiert werden kann.

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Das Energiesystem %,
*— fossile Energie © sichereEnergie %
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Privathaushalte

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IL, Wirtschaft
w E, 7 . Geothermie .
Solar \
a 2
Wasser Biomasse
Erzeugung // Energieträger Übertragung ; Verbrauch

Bezogen auf die Leistung des Stromnetzes muss die Gesamtheit der Energieanlagen
in Deutschland jederzeit die von Privathaushalten und Wirtschaft benötigte Menge an
elektrischer Energie zur Verfügung stellen können. Der Energiebedarf ist dabei
Schwankungen unterlegen, wir sprechen dabei (siehe Beitrag 2.) von Grundlast,
Mittellast und Spitzenlast. Für die Leistung eines Stromnetzes ist der höchstmögliche
Bedarf, also die Spitzenlast, ausschlaggebend. Wenn Versorgungssicherheit zu jedem
Zeitpunkt gewährleistet werden muss, dann muss die sichere Leistung an der
Höchstlast, also der Spitzenlast, ausgerichtet werden - dies gilt bislang als Grundlage
der Stromversorgung zumindest in allen Industrienationen. Betrachtet wird dabei nur
die gesichert vorliegende Leistung aus Atom, Kohle, Gas, Mineralölen und Biomasse.
Da Wind- und Solarenergie nicht jederzeit sicher verfügbar sind und nicht gespeichert
werden können, gilt für sie als sicher verfügbare Leistung der Beitrag, den sie
tatsächlich jederzeit liefern können - er liegt bei Solarenergie bei 0 % (wenn keine

Sonne scheint) und bei Windenergie über alle installierten Anlagen hinweg bei ca. 1%

(Windenergieanlagen an Land, sogenannte onshore-Anlagen) bzw. 1 bis 2 %
(Windenergie auf dem Meer, sogenannte offshore-Anlagen) der installierten Leistung.
Von über 100 GW installierter Leistung aus Wind- und Solarkraft beträgt die sichere
Leistung somit nur rund 1 GW. Erneuerbare Energien aus Wind und Sonne leisten
keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit und werden dies technisch bedingt auch in
Zukunft nicht können. Nötig wäre eine umfangreiche Speicherung des erneuerbaren
Stroms. Lösungen hierfür werden derzeit in Modellprojekten erforscht, die noch in den
Kinderschuhen stecken und bei deren Implementierung in große technische Systeme
wie das Stromnetz Zyklen von Jahrzehnten statt Jahren erforderlich sind.
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Konsequenz: Beitrag der Erneuerbaren liegt unter 10% a
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Wasser Blomasse Wind Wind PV Gesamt
: Onshore Offshore
I installierte Leistung I davon gesicherte Leistung

Quelle: BM\M 09/2017, *UNB Bericht zur Leistungsbilanz 2017

Der Beitrag der Erneuerbaren zur Versorgungssicherheit liegt insgesamt unter 10%,
der von Energie aus Wind und Solar nahe Null. ’

In Deutschland liegt die Spitzenlast derzeit bei rund 85 GW. Auch wenn meist weniger
Strom benötigt wird, etwa 65 bis 70GW, treten Spitzenlasten regelmäßig auf. Bislang
verfügte Deutschland in der Leistung hier über eine hohe Sicherheit, so lag die
gesicherte Kraftwerksleitung 2008 noch bei 100 GW, bot also mehr als 15 GW „Puffer“
zur bisherigen Spitzenlast. Eine gewisse Reserve wurde bislang immer als notwendig
angesehen, wenn z.B. Kraftwerke geplant oder unerwartet z.B. für Reparaturen vom
Netz genommen werden müssen. Bis 2019 ist dieser Puffer bereits um 10 GW
abgeschmolzen und liegt somit heute noch knapp 5 GW über der Spitzenlast. Ende
2022 steigt Deutschland aus der Atomenergie aus, die heute noch ca. 13 % des
deutschen Stroms oder anders geschrieben rund 10 GW der sicheren
Kraftwerksleistung umfasst. Parallel werden fortlaufend Kapazitäten aus Steinkohle-
und Braunkohlekraftwerken vom Stromnetz genommen, sicherer Kohlestrom hat heute
noch einen Anteil von rund 30 % am deutschen Strommix (Jahr 2019). An den Zahlen
wird deutlich, dass Ende 2022 weniger Leistung im deutschen Stromsystem verfügbar
sein dürfte, als bei Spitzenlast benötigt. Bereits für Januar 2020 wurde erstmals eine
Unterdeckung der Spitzenlast prognostiziert. Zwar befinden sich derzeit einige
Gaskraftwerke im Bau, die bis 2022 einen Teil der entstehenden Lücke ausgleichen
sollen, dennoch gehen Experten davon aus, dass Deutschland 2022 erstmals die
Versorgungssicherheit bezüglich der Leistung aus eigener Kraft nicht mehr
sicherstellen kann. Da der Neubau von Kraftwerkskapazitäten aufgrund langer
Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Komplexität der Bauvorhaben
einige Jahre in Anspruch nimmt, kann die Sicherheitslücke bei fortlaufender
Abschaltung der Kohlekraftwerke und steigendem Bedarf an elektrischer Energie im
Zuge der Energiewende (siehe nachfolgender Abschnitt zu den Herausforderungen
der Energiewende an die Versorgungssicherheit) bis 2030 nach aktuellen
Schätzungen zunehmen.
4

Verbleibende gesicherte Leistung inkl.
Natzreservekraftwerke/Sicherheitsbereitschaft

  

 

|
I

 

|
3,5 |

GW 2

 

 

Dezember 2016 Dezember 2017 Januar2018 . Januar 2019 Januar 2020

Quelle: BM\Vi 092017, *UNB Bericht zur Leistungsbilanz 2017

Entwicklung der Versorgungssicherheit in Deutschland: Bereits 2020 wird Deutschland
im Ernstfall von ausländischen Kapazitäten abhängig sein, im Jahr 2022 wird diese
Sicherheitslücke durch den Atomausstieg zunehmen.

Neubau und absehbare Stilllegungen von konventionellen Kraftwerken*:

‚Neubauten und Neubauten und Zur Stilllegung angezeigt,
Stilllegungen absehbare Stilllegungen aber systemrelevant
15.000 ] 2013-04/2018 05/2018 bis 2023
10.000 | ee
| RT
1 A]
5.000 || 4.167

Im Bau befindliche

   
  
 
   

 

 

g 0 | Projekte
| Kernenergle-Ausstieg ai
-5.000 Et
| (ram;
| -6,845
-10.000 -, Braunkohle-Sicherheits-
| bereitschaft und
| angekündigte Stilllegungen
-15.000 1 angezeigte Stillliegungen
| Steinkohle, Erdgas,
| Mineralöl
-20.000 - (ohne Systemrelevanz)
| -20.105
-25.000 |

I Kernenergie MW Braunkohle Mi Steinkohle "Erdgas MM Mineralöl/Sonstige

* Kernkraft-, Braunkohle-, Steinkohle-, Gas-und Ölkraftwerke ohne Sonstige wie bspw. Gichtgas-Kraftwerke
oderthermische Abfallbehnadiung

Quellen: BDEW, Bundesnetzagentur, Stand 27.04.2018

Übersicht der zum Neubau und zur Stilllegung angemeldeten bzw. geplanten
Kraftwerkskapazitäten in Deutschland. Noch nicht enthalten sind zusätzliche
5

T.

”, |
Stilllegungen von Kohlekraftwerken in den 2020er-Jahren, wie sie derzeit mffBlick auf
einen Kohleausstieg zum Jahr 2030 u.a. von den Grünen gefordert werden. $ieherer
Strom wird im Saldo auch ohne diese zusätzlichen Abschaltungen um rund 20 GW
abnehmen.

Versorgungssicherheit in Bezug auf die Energiemengen
Hierbei können lediglich sichere Energieträger betrachtet werden. Da Wind und Sonne
wie das Wetter nicht gesteuert werden können, können Energiemengen.aus Wind und
Sonne zwar abgeschätzt, aber nicht sicher geplant werden. Atom und Kohle stehen
bezüglich ihrer Energiemengen in Deutschland sicher zur Verfügung. Aufgrund der
aktuell in Deutschland diskutierten Ausstiegsszenarien betrachten wir hier aber nur die
sicheren Energieträger genauer, die Kohle und Atom ersetzen können:

Biomasse steht auf dem heutigen Niveau von rund 7 GW installierter Leistung sicher
zur Verfügung. Sie gilt in Deutschland als kaum erweiterbar, daneben dem Anbau von
Nutzpflanzen zur Stromerzeugung aus Biomasse ebenso Nutzpflanzen für Biodiesel
oder die Tierfütterung angebaut werden müssen und die landwirtschaftliche Nutzfläche
in Deutschland weitgehend ausgereizt ist. Mit einem Rückgang der Massentierhaltung
könnten Flächen umgenutzt werden, die heute zum Futtermittelanbau verwendet
werden. Allerdings werden in diesem Fall auch zusätzliche Flächen für die angestrebte
artgerechte Nutztierhaltung auf größerer Fläche benötigt. Zudem beeinflusst der
Klimawandel den Anbau von Nutzpflanzen - einerseits wirkt der erhöhte CO>2-Gehalt
wie ein Dünger, CO2 kurbelt als Ausgangsstoff den natürlichen Prozess der
Photosynthese an und führt zu verstärktem Pflanzenwachstum, andererseits sorgen
zunehmende Trockenphasen für Probleme insbesondere beim Anbau von
Monokulturen wie Mais für die Energiegewinnung. Monokulturen werden mit Verweis
auf den Rückgang natürlicher Lebensräume für viele Arten und das Auszehren
fruchtbarer Böden zunehmend kritisch diskutiert — insofern weisen diese Argumente
daraufhin, dass im Bereich Biomasse mit keiner Zunahme an sicheren Energiemengen
zu rechnen ist.

Gas steht in Deutschland in sehr überschaubaren Fördermengen zur Verfügung.
Jährlich werden ca. 7 Milliarden m? Erdgas aus deutschen Vorkommen gefördert, das
entspricht ca. 9 % des in Deutschland insgesamt zur Energieerzeugung genutzten
Energieträgers Gas. Man geht laut einer Studie aus dem Jahr 2016 in Deutschland
von ca. 50 Milliarden m? sicherer Reserven und weiteren 200 Milliarden m? noch nicht
nutzbaren Potenzialen in Kohleflözlagerstätten aus. Das zeigt, dass der sichere Anteil
dieses Energieträgers aus heimischer Förderung langfristig zu vernachlässigen ist.
Bislang bezog Deutschland den übrigen Bedarf fast zu gleichen Anteilen aus
Norwegen (ca. 31 %), den Niederlanden (ca. 26 %) und Russland (ca. 32 %). Die

Niederlande werden die Gasexporte aus ihrem Gasfeld aufgrund von Problemen bei

der Förderung (Erdbeben etc.) künftig stark zurückfahren, ebenso nehmen die
Liefermengen aus Norwegen künftig stark ab. Dafür wird aktuell die Lieferkette für
Fracking Gas (auch bekannt als Schiefergas) aus den USA aufgebaut, das mit hoher
Sicherheit und langfristig in großen Mengen zur Verfügung steht. Ebenso baut
Russland seine Liefermöglichkeiten für Erdgas mit einer neuen Pipeline (Nordstream
2) aus. Gas steht somit, global gesehen, in ausreichender Menge zur Verfügung.
Deutschland muss sich hier allerdings künftig in geopolitische Abhängigkeiten zur USA
und zu Russland begeben. Eine Möglichkeit, diese Abhängigkeit zu mindern, würde
die Förderung von bislang in Deutschland verbotenem Fracking Gas auch hierzulande
bieten. Hier geht man von einem Potenzial in Schiefergaslagerstätten von 700 bis
2.300 Milliarden m? aus.
6

.- Gezeitenkraftwerken. n

U:
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Wasserkraft spielt als sicherer Energieträger in Deutschland keine wickige Rolle.
Bestehende Pumpspeicherkraftwerke haben insgesamt nur eine sehr‘Sgeringe
Kapazität und dienen nur kurzzeitig, meist zur Absicherung von Spitzenlasten.
Deutschland verfügt ansonsten geologisch nicht über die Voraussetzungen für den

I
weiteren Ausbau von Wasserkraft z.B. mit Staudämmen an Gebirgsflüssen Oder

z
Versorgungssicherheit bezüglich Energiemengen wird aktuell wenig diskutiert. Hiers,
geht es weniger darum, ob ausreichend Energiemengen zur Verfügung stehen, %
sondern vielmehr, mit welchen Konsequenzen sie z.B. bezüglich Kosten, Umwelt und =
Klima oder politischer Abhängigkeit verbunden sind.

Versorgungssicherheit und Erneuerbare

Erneuerbare aus Wind und Sonne können derzeit nur in kleinen Systemen zur
Versorgungssicherheit beitragen. Sogenannte energieautarke Dörfer oder Siedlungen
erwecken oft den Eindruck, als würden hier Wind- und Sonnenkraft in Verbindung mit
Speichern jederzeit Strom und somit Versorgungssicherheit garantieren. Dem ist nicht
so. Zwar wird in solchen Systemen in der Jahresbilanz mehr Strom aus Wind und
Sonne erzeugt, als sie selbst insgesamt benötigen - er fällt aber nicht jederzeit und in
den Mengen an, in denen er benötigt wird. Solche kleinen Systeme kann man bis zum
Eigenheim mit Solaranlage auf dem Dach herunterbrechen. Auch diese kleinen
Systeme sind ans Stromnetz angeschlossen, über welches sie überschüssig
produzierten ‚Strom aus Wind oder Solar abführen und jederzeit sicheren Strom
erhalten, wenn Wind und Sonne nicht ausreichend Energie liefern und die
Speichersysteme erschöpft sind.

Der künftige Beitrag von Energie aus Wind und Sonne zur Yelsärgungssichürhef ist
abhängig von der Entwicklung neuer Speicher. Zum einen bemüht man sich hier um
mehr Effizienz bei der Speicherung mit Batterie-Technologien. Deren Grundprinzip hat
sich seit 200 Jahren aber nicht entscheidend geändert, insofern ist fraglich, ob diese
Technologie einen zentralen Beitrag zur Versorgungssicherheit in großen Systemen
wie dem Stromnetz übernehmen kann. Mehr Potenzial scheint die Speicherung von
überschüssig erzeugtem Strom mit sogenannten Power to X-Technologien zu bieten
— z.B. in Gas, das dann zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Wind- und
Solarstrom sollen so mittels Elektrolyse in Wasserstoff oder Methan umgewandelt
werden und könnten dann per Gasnetz flächendeckend als Energieträger zur
Verfügung stehen. Diese Technologien gelten heute noch als unwirtschaftlich und zu
teuer. Bei der Umwandlung von elektrischer Energie aus Wind- oder Solarkraft mittels
Elektrolyse in sogenanntes „grünes Gas“ gehen 75% der ursprünglichen Energie
verloren. Um Lösungen zu entwickeln, werden in Deutschland derzeit viele
Modellprojekte initiiert. Ein Wasserstoff-Referenzkraftwerk soll so in der Lausitz
entstehen, Cottbus soll mit verschiedenen Projekten zur Wasserstoff-Modellstadt
werden. Bis zur Anwendung im großen Maßstab dürfte für Power to-X-Technologien
aber noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen — ganz abgesehen vom dann notwendigen
Aufbau entsprechender Anlagen und Systeme.
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In Wittenhofe am Stadtrand von Prenzlau wurde die Wasserstoff-Technologie bereits
vor Jahren erfolgreich erprobt. Die Elektrolyseur genannte Anlage war 2011 ans Netz
gegangen und erzeugt Strom aus Windanlagen und Biogas. Jetzt soll in der Lausitz
am Standort Schwarze Pumpe ein Referenzkraftwerk als Modellvorhaben in größerem
Maßstab mit 50 MW Leistung entstehen.

   

Entwicklung der Versorgungssicherheit

Ein Merkmal für die Qualität des Stromnetzes und der Versorgungssicherheit sind die
jährliche Dauer an Stromunterbrechungen und die Anzahl der notwendigen
Netzeingriffe. Deutschland verfügt als hochentwickeltes Industrieland über einen sehr
hohen Standard in der Versorgungssicherheit des Stromnetzes. Heute ist es für
Verbraucher und Wirtschaft selbstverständlich, dass jederzeit Strom aus der
Steckdose kommt. Von 2006 bis 2014 senkte sich die Anzahl der
Versorgungsunterbrechungen in Deutschland von etwas über 21 auf etwas über 12
Minuten im Jahr. Seit 2017 ist wieder eine Steigerung zu beobachten. Hier stieg die
Dauer der Stromausfälle auf über 15 Minuten.
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