14012020_Lektionsheft_Teil_IX

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Material "Kleine Klimaschula"

/ 10
PDF herunterladen
S %
%

ED IE.
hohen Energiepreisen bauen darf, zu Optimierungen bewegen kann. Andererseits ist Deutschland

gerade im Bereich der Prozessautomatisierung und somit in Sachen Effizienz sehr stark
entwickelt" Es bleibt also öffen, welche Potenziale in der Industrie tatsächlich zu he sind. Auch
hier scheint die Zeit, bezogen auf nur ein Jahrzehnt für die Minderung eines \iertels der
Gesamtemissionen in diesem Sektor, die größte Herausforderung. Festgelegt wurde es Ziel
bereits im Klimaschutzpaket 2050 Ende 2016, schon zu diesem Zeitpunkt wurde voß, einer
Forschungs- und Entwicklungsoffensive gesprochen. Einrichtungen wie ein Institut für CO2-arme
Industrieprozesse an der BTU Cottbus-Senftenberg werden jetzt aber erst angekündigt und
eingerichtet, sie benötigen drei bis vier Jahre zu ihrem Aufbau, können dann erst Forschung und
Entwicklung entfalten, die Ergebnisse kommen oft erst Jahre später zum Tragen. Insofern scheint
der Zeithorizont tatsächlich sehr knapp bemessen.

Die Besonderheit an der Industrie ist, dass die hier erzeugten Emissionen nicht zu 100% beseitigt
werden können, da sie in dem Prozess der Energiebereitstellung entstehen. In diesem Prozess
müssen hohe Temperaturen erzeugt werden, um zum Beispiel Metalle zu schmelzen oder
chemische Reaktionen zu bewirken. Andere Industrien haben besondere Anforderungen an einen
qualitativ gleichmäßigen Stromfluss. All das gewährleisten derzeit nur sichere und genau
regelbare fossile Energieträger. Zudem fallen in vielen Industrieprozessen zusätzliche,
unvermeidbare CO»-Emissionen an, etwa bei chemischen Prozessen sowie in der Stahl- oder
Zementindustrie. Man bezeichnet sie als prozessbedingte Emissionen und sie sind auch durch
verbesserte Energieeffizienz nicht zu vermeiden. Insgesamt gibt es vier Wege, um in
Industrieprozessen Emissionen zu vermindern:

e Steigerung der Energieeffizienz

e Recycling

e Umstellung auf CO>-arme Prozesse

e Abscheiden und Speichern von CO;3 (CCS) bzw. Weiterverwenden des CO; (CCU)

Interessant ist, dass für die Industrie auch in den bundespolitischen Maßnahmen CCU als wichtige
Maßnahme zur Minderung der Emissionen angesehen wird. Diese Maßnahme könnte ebenso in
der Energiewirtschaft zum Klimaschutz beitragen. Hier scheint schwer verständlich, warum man
die Potenziale von CCS und CCU auf den Sektor Industrie beschränkt, wo sie Emissionen auch in
anderen Bereichen schnell verringern könnten. CCS scheint dabei auch unter Klimaforschern als
wichtiges Instrument zur Minderung von Emissionen gesehen zu werden. Schon 2011 wies Hans
Joachim Schellnhuber, damaliger Direktor des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
und Berater der Bundesregierung auf die Bedeutung dieser Technologie für den Klimaschutz hin:
„Wissenschaftliche Szenarien zeigen: Wird auf CCS von vornherein verzichtet, so wird es erheblich
teurer, gefährlichen Klimawandels zu vermeiden“. Global gelten CCS und CCU heute als zentrale
Schlüssel zum Erreichen der Klimaziele. Auch der WWF bezeichnet CCS als einen der zentralen
Hebel zur Reduktion von Industrie-Emissionen. Deutschland hat sich 2012 aus dieser Technologie
verabschiedet, seinerzeit ging es um die Energiewirtschaft. Um den Kreislauf der
Weiterverwendung des CO; erweitert, könnte sie künftig sowohl in der Industrie als auch der
Energiewirtschaft schnell große Potenziale zur Minderung von Emissionen ermöglichen.
Prozessen entzogenes CO; kann z.B. für Kohlensäure in Mineralwasser, die Herstellung von EE-
Gas oder als Dünger für Energiepflanzen wie Algen genutzt werden.
1

Es bleibt zu hoffen, dass man in diesem wie den anderen Sektoren mit Erfolgdjehrlich umgeht.
Seit Jahresbeginn 2019 trübt sich die Konjunktur ein, im Herbst 2019 wurde nadiydem dritten
aufeinanderfolgenden Quartal mit Minuswachstum erstmals von einer Rezession in @utschland
gesprochen. Einzelne Industrien bekommen Probleme, die Windkraftbranche ist in Deu hl nd
eingebrochen. Niemand kann vorhersagen, wie die Automobilbranche die Umstellung auf,
erneuerbare Antriebe meistert oder ob bei weiteren Steigerungen der Sktammarhßt
Abwanderungstendenzen der energieintensiven Industrie ins Ausland zunehmen. Wenn eine
Rezession der Eckpfeiler für eine Reduktion der Emissionen aus dem Sektor Industrie wäre, hätte
Deutschland auch für einen nachhaltigen Klimaschutz verloren, da der aus der Industrie
resultierende Wohlstand .auch die Grundlage für aktuelle und künftige Investitionen in den
Klimaschutz bildet. Insofern kann eine Minderung der Emissionen in diesem Sektor nur bei
gleichbleibender Wertschöpfung der Industrie als Erfolg gewertet werden.

Akzeptanz

Die Akzeptanz in der Industrie hat vor allem zwei Ebenen: Die Inhaber- bzw. Managementebene
und die der Beschäftigten. Während die erste Ebene vor allem gewinnorientiert arbeitet,
dominiert in der zweiten Ebene die Arbeitsplatzsicherheit. Viele Unternehmen Deutschlands
stehen aufgrund ihrer starken Exportorientierung im internationalen Wettbewerb. Der
internationale Wettbewerb betrifft aber nicht nur große Unternehmen bzw. Konzerne, sondern
auch viele mittelständische Unternehmen, die auch für viele Leistungen in Deutschland im
Wettbewerb mit Unternehmen aus Europa und darüber hinaus stehen. Klimaschutzmaßnahmen
werden nur dann Akzeptanz auf der Managementebene finden, wenn sie die Wirtschaftlichkeit
der Unternehmen nicht gefährden und sie im internationalen Wettbewerb nicht zu stark
benachteiligen. Ressourcen- und Energieeffizienz können zudem Arbeitsplätze beeinträchtigen.
Ein Musterbeispiel für den Ausbau Erneuerbarer durch die Industrie samt einhergehender
Ressourceneffizienz ist der bereits im Sektor Verkehr beschriebene Umbruch der
Automobilbranche hin zum Elektroauto. Hier werden künftig viele Arbeitsschritte entfallen, was
bei über 800.000 Beschäftigten in der Automobilbranche, Gewerkschaften und betroffenen
Regionen zu deutlich größeren Akzeptanzproblemen als die bereits ‚seit Jahren diskutierte
Energiewende in der Energiewirtschaft führen könnte. Insofern ist der Ansatz der
Klimaschutzmaßnahmen in der Industrie, über Entwicklung, Forschung und Förderung
Verbesserungen zu erreichen, sicher der richtige. Im Ergebnis können die Unternehmen durch
bessere Effizienz evtl. Investitionen in den Klimaschutz wirtschaftlich darstellen und Arbeitsplätze
durch einen Wettbewerbsvorteil auch im global anstehenden Umbruch generieren. Hierbei ist die
globale Einordnung zu beachten.

- Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit

Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft ist eine wichtige Stellschraube für die
Versorgungssicherheit im Rahmen der Energiewende. Während Digitalisierung und
Verkehrswende auf einen zunehmenden Bedarf an elektrischer Energie und somit der
Stromerzeugung hinweisen, kann der Bedarf durch mehr Effizienz in der Wirtschaft gesenkt
werden. Die bessere Nutzung von Abwärme und weiteren Abprodukten aus Industrieprozessen
unterstützen sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Bezahlbarkeit.

Globale Einordnung
2

c
Br
%
fr
%
« i ©
Reduzierungen der globalen CO2-Emissionen in „New Policies Scenario” und „450 Scenäpjo"
%,
(a) nach Technologie 2,
Y
9
New Policies Scenario 8, .

IK

5 %

u

sg

c

RR BE N 2... hm

2

u

a Brennstoffwechsel

[v] Kernkraft

<cs
Andere
(b) nach Sektor
1 ER TEgreErBuT- RB ZREr 3 |
a ee” CE ECHTE TCLECECEECECEEGEGGEEEEEETZ Bor
ee 77777/7777 2040:
Verkehr x 450 Scenario
0 ,,0,00 % Zusätzlich im New Policies Scanario

|
Ce
“  CO2-Emissionen in Gigatonnen 5 10 15

Energieffizienz und Erneuerbare Energien sind Klimaziele von zentraler Bedeutung;
im „450 Scenario” ist die benötigte Menge an Kohlendioxidreduzierung im Energiesektor am größten

Die Internationale Energie Agentur (lEA) präsentierte in ihrem jährlichen Ausblick auf die
Weltenergie (World Energy Outlook) die Entwicklung der weltweiten COz>-Emissionen bei
Fortführung der aktuellen Klimapolitiken und stellte dies dem 450 Scenario gegenüber, das sie zur
Erfüllung des Pariser Abkommens für notwendig hält. Hier ist zu sehen, wie schnell dazu
Emissionen gemindert werden müssten und welche Bereiche wesentliche Beiträge leisten könnten.

Energieeffizienz wird global eine Schlüsselrolle zum Erreichen der Klimaziele zugeschrieben,
Energieeffizienz in Unternehmen könnte laut Angaben der Internationalen Energie Agentur (IEA)
mehr als ein Drittel zur Minderung der energiebedingten Treibhausgasemissionen beitragen. Die
Grafik zeigt, dass die Steigerung der Energieeffizienz 37% zur Minderung der energiebedingten
Treibhausgasemissionen beitragen kann. Damit kommt ihr mehr Potenzial als dem Ausbau der
Erneuerbaren Energien mit geschätzt 34% Emissions-Minderungspotenzial zu. Der politische
Nachholbedarf ist bei der Energieeffizienz allerdings sehr groß, da das Thema trotz aller
Bekenntnisse („Efficiency First“) jahrelang stiefmütterlich behandelt wurde. Ohne ein schnelles
und intensives Engagement bei der Energieeffizienz könnte die globale Energienachfrage nach
Angaben der IEA bis 2040 durch ein deutliches Bevölkerungswachstum (geschätzt +1,7 Mrd.
Menschen) um ein Viertel steigen, Treibhausgasemissionen steigen entsprechend im Verhältnis.
Aktuelle Reports der IEA verdeutlichen, dass die bisherigen Bemühungen der Regierungen nicht
ausreichen, um einen nachhaltigen Entwicklungspfad bei der Energieeffizienz einzuschlagen.
Betrachtet man den Ende 2016 verabschiedeten Klimaschutzplan 2050 Deutschlands, in dem
Energieeffizienz mit einer breit angelegten Offensive in Forschung und Entwicklung
vorangetrieben werden sollte, so passt eine aktuelle Berechnung der IEA nicht zu diesem
3

Wi

"ee,
4

bundespolitischen Vorhaben: Die USA und China stellten 2018 erstmals mehr Mittel I %

und Entwicklung im Energiebereich bereit als Europa. Sinkende Ausgaben in der EU gefä

nach Angaben der IEA Klimaziele und -strategien. 2018 sind Europas Forschungsausgaben Wo,

Energiesektor erheblich zurückgegangen. Nach Berechnungen der IEA fielen die Ausgaben der oe

Gemeinschaft und ihrer Mitgliedsstaaten für Forschung und Entwicklung (F&E) gegenüber 2017

um rund 7 Prozent auf 7,34 Milliarden Dollar.

(4

Fazit

Energieeffizienz ist in der öffentlichen Debatte ein weniger diskutiertes Thema. Da hier der Hebel
zur Minderung von Treibhausgasemissionen und somit zum Erreichen der Klimaziele sogar größer
als durch den Ausbau der Erneuerbaren ist, scheint das Thema deutlich mehr Beachtung zu
verdienen. Energieeffizienz betrifft neben der Industrie insbesondere den Bereich Gebäude und
Wärme und ist über diese beiden Sektoren hinweg zu betrachten. Für den globalen Klimaschutz
könnte auch Deutschland dem internationalen Bekenntnis „Effizienz zuerst/Efficiency First“
folgen und den seit Jahren formulierten und im Klimaschutzprogramm 2030 ausgeführten
Vorhaben konkret messbare Strategien für mehr Effizienz und Minderung von
- Treibhausgasemissionen folgen lassen.

1.4. Gebäude und Wärme

Für den Sektor Gebäude und Wärme sind im Verhältnis gesehen die stärksten
Emissionsminderungen aller Sektoren geplant. Trotz des um ca. ein Drittel geringeren
Ausgangsniveaus im Vergleich zur Industrie sollen hier fast genauso viele Emissionen wie im
Industriesektor eingespart werden.
4

\

a B oO
„» Angaben zum Sektor Gebäude und Wärme im Klimaschutzplan 2050 %,
(in Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten) %;

Vs N TTEN] Ä 9%
EEE] - 21% %

65,6% 9

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500

U 2030 (angestrebter Maximalwert) 1 2014 1 1990

Entwicklung der Gebäude und Wärme im Detail
(in Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten)

-20,1%
MEET] 108% 25,7%
[13167387 -37,3%
ER 71 450% 65,6%

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
'W 2030 (angestrebterMaximalwert) MI 20177 WM 2010 MM 2000 I 1990

© BAU; Qualle Bundasumweitministerlum (2017). Klimaschutz In Zahlen 2017.

Der Gebäudesektor ist für rund 14% der COz-Emissionen in Deutschland unmittelbar
verantwortlich, das entspricht rund 120 Mio. Tonnen pro Jahr. Die Emissionen im Sektor Gebäude
und Wärme sollen bis 2030 um rund 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Während man
auch hier in der Grafik mit den nur drei Angaben aus dem Klimaschutzprogramm der
Bundesregierung vermuten würde, dass Deutschland bei dieser Zielerreichung keine Probleme
haben sollte, weist die detaillierte Grafik im Bereich Gebäude und Wärme ebenso auf besondere
Herausforderungen hin. Während im ersten Jahrzehnt ein Fünftel der Emissionsreduktionen
erfolgte, hat sich der Minderungstrend seit dem Jahr 2000 halbiert. Die Bemühungen müssten in
diesem Sektor vervierfacht werden, um das Ziel für das Jahr 2030 zu erreichen. Dazu hat die
Bundesregierung folgenden Maßnahmen beschlossen:

Maßnahmen

Im Bereich der Gebäude soll bis 2050 ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand erreicht
werden, dazu dienen Maßnahmen vor allem in drei Bereichen: anspruchsvolle Neubaustandards,
langfristige Sanierungsstrategien für den Gebäudebestand sowie die schrittweise Abkehr von
fossilen Heizungssystemen. Weitere Maßnahmen werden im Überblick aufgeführt.

Sanierung Gebäudebestand: Zentrale Maßnahmen in diesem Sektor sind insbesondere
Heizungstausch, aber auch der Einbau neuer Fenster oder die Dämmung von Dächern und
Außenwänden. Bestandsgebäude sollen bis zum Jahr 2050 durch Energieeffizienzmaßnahmen
und eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien derart saniert werden, dass sie dem
Anspruch eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands genügen. Eine Förderung für
5

We
"a,

„Energetische Stadtsanierung“ verbindet umfassende Maßnahmen zur "Verbesserung der

Energieeffizienz der Gebäude (mittelbar) und der Fa

(Wärme/Kälte/Wasser/Abwasser) und soll speziell Kommunen unterstützen. ©

Neubaustandards: Für Neubauten soll der ab 2021 geltende Niedrigstenergiegebäudest4

schrittweise weiterentwickelt werden, um mittelfristig einen nahezu klimaneutr.

Neubaustandard zu erreichen. Das betrifft vor allem die Neuinstallation von Heizsystemen, die9e,

erneuerbare Energien effizient nutzen. Dazu sollen geeignete Anreize zur Nutzung und Errichtung
von Gebäuden geprüft werden, die mehr Energie erzeugen, als für den Betrieb erforderlich ist.

Heizungssysteme: Hierbei geht es vor allem um den Austausch von Ölheizungen. Dazu sollen.

Wohnungsinhaber durch eine „Austauschprämie“ mit einer attraktiven Förderung motiviert
werden.

Weitere Maßnahmen: Zudem soll die Beratung, Information und Öffentlichkeitsarbeit rund um
Energie im Gebäudebereich verbessert werden. Gebäude des Bundes sollen besonders effizient
sein und eine Vorbildwirkung entfalten.

Betrachtung
Laut Klimaschutzprogramm 2050 geht man bei unveränderter Fortführung bestehender
Programme bei Gebäuden von einer „sowieso“-Minderung um ein Viertel der aktuellen CO>-
Emissionen aus. Das allein würde eine Verdopplung des Trends der letzten zwei Jahrzehnte
bedeuten - und das trotz derzeit umfassender Neubauprogramme für Wohnungen bzw. Gebäude
in Deutschland. Allein von 2010 bis 2018 haben Wohngebäude in Deutschland von 18,2 Mio. auf
19,1 Mio. um fast 1 Million zugenommen. In Deutschland sind im Jahr 2018 rund 267.000 neue
Wohnungen entstanden. Das Soll der Bundesregierung liegt bei 1,5 Millionen neuer Wohnungen
in der aktuellen Legislaturperiode, dafür müssten pro Jahr 375.000 Wohnungen neu gebaut
werden. Experten fordern angesichts des Wohnungsmangels in den Städten und
Ballungsgebieten sogar mindestens 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Zudem werden
Wohnflächen durchschnittlich größer. Mehr Wohnungen und mehr Wohnfläche gehen auch mit
mehr Bedarf an Heizung und Warmwasser einher — dieser Trend sollte eine wichtige
Rahmenbedingung für die Planung der Maßnahmen sein. Es ist erstaunlich, dass die
Bundesregierung allein beim Fortgang bestehender Maßnahmen eine Verdopplung des
bestehenden Effekts auf Emissionsminderungen ohne aktuell forcierte Maßnahmen unterstellt.
Neben der Gebäudesanierung ist die Umrüstung der Heizungssysteme weg vom Öl eine zentrale
Maßnahme, um Emissionen zu senken. Knapp ein Viertel der Haushalte heizte die Wohnung 2018
immer noch mit Öl. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, hat sich von 2014 bis 2018
bezüglich des Heizverhaltens wenig geändert: Auch im Jahr 2018 sorgen überwiegend die fossilen
_ Energieträger Gas und Öl in deutschen Privathaushalten für Raumwärme und warmes Wasser. In
jeder zweiten Wohnung (52 %) wird das Heizsystem mit Erdgas betrieben. Knapp ein Viertel der
Privathaushalte in Deutschland nutzen Öl für die Beheizung der Räume. Im Vergleich zum Jahr
2014 ist der Anteil der Ölheizungen um 2,3 Prozentpunkte auf 23,5 % gesunken. Auch für die
Warmwasserversorgung kommen noch in 20 % der Wohnungen Ölheizungen zum Einsatz. Die
Auswertungen zeigen, dass 2018 bundesweit 8,7 Millionen von 36,9 Millionen Wohnungen mit
Öl beheizt wurden. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen
Bundesländern und Regierungsbezirken. Die Anteile der mit Öl beheizten Wohnungen an den

gesamten bewohnten Wohnungen variieren zwischen weniger als 10 und mehr als 50 %.

9
6

U;

T
%,
” U
U.
%

Shitzenreiter ist Niederbayern, hier wird in jeder zweiten Wohnung mit Öl geheizt. Eiitgprechend
stark profitiert Niederbayern vom Zuschuss für den Tausch von Ölheizungen. ©,

2

7

Par
Wie die Deutschen heizen %
© Art der Heizung und zum Heizen genutzte Energieträger in Deutschland 2016 %

Art der Heizung* ° Energieträger**

   

auwblok 0206 Emzehum 1,8% Bektro-Wärmepumpen 6,1% Sonstiget*®
2,7% Strom
„892% Zaren) j
>

13,7%
Fernwä me

MAR GES

   

26,3% Heizöl

* Nach 2016 genehmigten Wohngebäuden
„ tz
"* Festbrennstoffe wie Holz, Holzpellets, sonstige Biomasse, Koks/Kohle Qualen: BDEW, Statistisches Bundesamt.

"Mehr als ein Dreiviertel der Wohnräume Deutschlands werden aktuell mit fossilen
Energieträgern beheizt.

Akzeptanz

Besonders in Ballungsräungen nehmen Wohnraumprobleme zu. Knapper Wohnraum und
steigende Mieten zählen dort zu den größten gesellschaftlichen Herausforderungen. Bei
Sanierungen, Neubauten und Investitionen in Heizsysteme ist vor diesem Hintergrund sowohl für
Mieter als auch Vermieter der Kostenfaktor und dessen Umlage ein wichtiges Akzeptanzmerkmal.
Wenn Mieter oder Vermieter für klimaneutralen Wohnraum zur Kasse gebeten werden, wenn
Klimaschutz also konkrete finanzielle Nachteile verursacht, dann schwindet auch die Bereitschaft
zu solchen Maßnahmen. In den Ballungsräumen, insbesondere in den Großstädten, ist die
Befürwortung für Klimaschutz mit Blick auf Proteste und Wahlergebnisse deutlich stärker
ausgeprägt. Im Gegensatz zu den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft sind
die Großstädter im Sektor Gebäude deutlicher betroffen, in diesem Sektor müssen vor allem die
bevölkerungsstarken Ballungsräume liefern. Die Akzeptanz sollte hier stärker ausgeprägt sein.
Wenn aktuelle Wohnungsprobleme aber von Kostensteigerungen für den Klimaschutz überlagert
werden, kann sich die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen durch nachhaltige, direkte
Betroffenheit verändern.

Zudem wird die Förderung neuer Heizsysteme als Ersatz für Ölheizungen gerade im Bereich von
Eigenheimen Akzeptanzprobleme aufwerfen. Hier zahlt am Ende der Steuerzahler die Aufwertung
privater Immobilien. Insofern werden geringfügige Einkommen genauso belastet wie hohe
Einkommen - das ist auch bei allen anderen mit Steuergeld finanzierten Klimaschutzmaßnahmen
der Fall. Gerade im Fall der Förderung für private Heizsysteme, die zuerst auch als Abwrackprämie
in die Diskussion eingebracht wurde, scheint die Akzeptanz in der breiten Bevölkerung aber
zumindest fraglich, wenn sie denn ausreichend informiert würde.
7

Y
%,

Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit %

Neben Öl spielt der fossile Energieträger Gas eine weitere Hauptrolle in der Versorgung der

Wohngebäude mit Wärme. So werden parallel auch viele Wohngebäude von Gas auf &lektrische

Versorgung umgestellt -sowohl in der Heizung, als auch in der Küche (Elektro- statt Gasherd) und

der Warmwasseraufbereitung. Oft werden Öl- und Gassysteme durch moderne Lösungen erset:

die elektrische Energie benötigen. Dies weist auch bei der Umsetzung der RR

Klimaschutzmaßnahmen in ‚Gebäuden auf einen Mehrbedarf an sicherer und jederzeit
verfügbarer elektrischer Energie hin. Auch wenn die Effizienzsteigerung insgesamt zu einer
deutlichen Abnahme des Energiebedarfs führen soll, wird dies durch eine teilweise Zunahme des
Bedarfs an elektrischer Energie die Versorgungssicherheit insgesamt kaum positiv beeinflussen.
Auf Probleme beim Aspekt Bezahlbarkeit haben wir in der Akzeptanz hingewiesen - hier ist die
Frage, wer am Ende welche Kosten trägt und wie groß die Bereitschaft zu diesen Maßnahmen ist,
die für viele unmittelbar in höheren Ausgaben spürbar werden.

Globale Einordnung

Gebäude sorgten im Jahr 2016 weltweit für etwa 8% der gesamten COs»-Emissionen. Dabei wird
in vielen Regionen der Welt noch mit Kohle geheizt. Inwieweit andere Länder hier bereits über
gute Lösungen verfügen und wo Deutschland im internationalen Maßstab steht, ist bei einer
ersten Recherche schwer auszumachen. Hier wird gegebenenfalls ergänzt. In jedem Fall scheint
klar, dass die „Wärmewende“ im Vergleich zur Energie- und Verkehrswende und im Vergleich
zum „Effizienz zuerst“ in der Industrie sowohl national als auch global. eher weniger im Fokus
steht.

Fazit

Der Bereich Gebäude soll trotz verhältnismäßig geringerer Emissionen überdurchschnittlich stark
an der Minderung der Emissionen bis 2030 beteiligt werden. Vor dem Hintergrund aktueller
Wohnungsbauprogramme und bislang viel zu langsamer Umsetzung der Maßnahmen bei
Sanierungen im Bestand und der Modernisierung von Heizungssystemen scheint fraglich, wie
aktuell geplante Maßnahmen hier für die notwendige Beschleunigung und Intensität sorgen
können. Immerhin soll dieser Bereich seine heutigen jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2030
um mehr als 50 Mio. Tonnen mindern - und auch hier gilt, dass andere Sektoren evtl. Fehlbeträge
kompensieren müssten.

1.5. Landwirtschaft

Die Landwirtschaft soll den vergleichsweise geringsten Beitrag zur Minderung der Emissionen
liefern, sowohl anteilig als auch in absoluten Zahlen.

Ge

W272
8

& e,
.. Angaben zum Sektor Landwirtschaft im Klimaschutzplan 2050 Q
ER (in Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten) , &

g
W.
HERREN - 2 2
E32 %

0 50 ' 100 150 200 250 300 350 400 450 500 9

U 2030 (angestrebter MaxImalwert) I 2014 m 1990 " 2%

Entwicklung der Landwirtschaft im Detail
(in Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten)

78

-15,9%
1-68 % -21,6%
BEE 71 44,4 % - 18,2 °©
EEE] 153% -30,7%

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
I 2030 (angestrebterMaximalwer) I 2017 MM 2010 MM 2000 I 1990

© BMUF; Quelle Bundesumweitministerium (2017). Kiimaschutz In Zahlen 2017.

Die Landwirtschaft ist für rund 8 % der CO»-Emissionen in Deutschland unmittelbar
verantwortlich, das entspricht derzeit rund 70 Mio. Tonnen. Die Emissionen im Sektor
Landwirtschaft sollen bis 2030 um rund 30 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Während
man auch hier in der Grafik mit den nur drei Angaben aus dem Klimaschutzprogramm der
Bundesregierung vermuten würde, dass Deutschland bei dieser Zielerreichung keine Probleme
haben sollte, weist die detaillierte Grafik auch in diesem Bereich auf besondere
Herausforderungen hin. Im letzten Jahrzehnt haben die Emissionen hier sogar leicht
zugenommen, insgesamt:sind sie in den letzten 20 Jahren in etwa stabil geblieben. Um hier die
Kehrtwende einzuleiten, hat die Bundesregierung einen Mix verschiedener Maßnahmen
beschlossen:

Maßnahmen

Im Bereich der Landwirtschaft sollen Emissionen vor allem im Bereich der Düngung gemindert
werden, ansonsten werden die Potenziale in der Landwirtschaft grundsätzlich als beschränkt
angesehen.

Düngung und Böden: Durch weitere rechtliche Änderungen sollen Stickstoffüberschüsse sowie
Ammoniak- und Lachgasemissionen bei der Düngung weiter gemindert werden. Zudem soll die
Ausbringung und Lagerung von Dünger emissionsärmer umgesetzt werden. Dauergrünland soll
erhalten und das Potenzial von Ackerland verbessert werden, als CO>-Speicher zu funktionieren.
Das betrifft z.B. die Pflanzung von Hecken oder Alleen vor allem an den Feldrändern.
9

Me,
“u
”og,

Ausbau Ökolandbau:  kslagısch und nachhaltig bewirtschaftete Flächen sollen ebaut und
gefördert werden.

Tierhaltung: Emissionsminderungen in der Tierhaltung und Tiernahrung sollen durch? 5 am
Tierwohl ausgerichtete Haltung ermöglicht werden.
Weitere Maßnahmen: Auch in der Landwirtschaft soll die Energieeffizienz erhöht werden. Mole,
sollen besonders geschützt werden, da sie bei Entwässerung bedeutende”
Treibhausgasemittenten sind. Sie sollen wie Wälder nachhaltig bewirtschaftet und erhalten
werden, da sie CO2 speichern und somit als sogenannte CO>-Senken dienen (siehe nachfolgende
Bemerkungen in 2.1. zu Alternativem für den Klimaschutz). Auch in der Vermeidung der

Lebensmittelverschwendung wird ein Hebel zur Minderung der Emissionen in der Landwirtschaft
gesehen.

Im Ergebnis sollen in der Landwirtschaft verschiedene kleinere Maßnahmen zum Ziel führen.
Zentral stehen dabei die Bereiche Dünger und Tierhaltung, in denen der Großteil der Emissionen
entsteht.

Betrachtung

Die Landwirtschaft ist nach dem Verkehr der Sektor mit den verhältnismäßig wenigstens
Einsparungen an CO; seit 1990, mit heute etwa 20% weniger CO»-Emissionen. Es handelt sich hier
um Umrechnungen der zum größten Teil tatsächlichen emittierten Gase Lachgas und Methan. Sie
entstehen bei der Tierhaltung und der Bearbeitung von Böden, zum Beispiel durch Düngemittel.
Allerdings stehen deutsche Agrarbetriebe ebenso wie die Wirtschaft im internationalen
Wettbewerb und steigende Produktionskosten durch veränderte Rahmenbedingungen beim
Düngen oder der Tierhaltung schlagen sich sofort auf die Wirtschaftlichkeit nieder. Das
Eindämmen der Massentierhaltung führt zum Ausstoß von weniger Methan, aber auch zu
erhöhten Preisen der Fleischprodukte. Der Fleischkonsum hat sich in Deutschland in den letzten
20 Jahren nur unwesentlich verändert und beträgt relativ stabil ca. 60 Kilogramm pro Kopf und
Jahr. Die Verminderung und Verteuerung der Produktion in Deutschland würde unweigerlich dazu
führen, dass Fleisch zu günstigeren Preisen aus dem Ausland eingeführt wird. Dies ließe sich durch
internationale Handelsgesetze auch nicht. unterbinden. Insofern benachteiligen nationale
Sonderregelungen auch die in Deutschland ansässige Landwirtschaft.

Zudem wird in der Landwirtschaft nach wie vor auf die Erzeugung von Biomasse und
Biokraftstoffe gesetzt, letztere sollen weiter ausgebaut werden. Ebenso wie der Anbau von
Futterpflanzen führen Energiepflanzen zu Monokulturen, die Böden besonders belasten. Auch
hier stellt sich die Frage, wie Grünstreifen, Fruchtwechsel, Humusanreicherung der Böden und
mehr Ökologie mit der Wirtschaftlichkeit im internationalen Wettbewerb einhergehen können.
10