Sehr
Antragsteller/in
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 13.01.2022 über
fragdenstaat.de an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die ich wie folgt beantworte:
Sie stellen in Ihrer E-Mail einen Antrag unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Diesen werte ich als eine auf Sachauskunft gerichtete Bürgeranfrage.
Zur Erläuterung: Ihr Antrag ist nicht auf Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG gerichtet. Amtliche Informationen sind demnach jede amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Ihre Fragen weisen jedoch keinen konkreten Aktenbezug auf, sondern stellen ein allgemeines Sachauskunftsverlangen dar. Das IFG ist nicht anwendbar. Sofern Sie dies wünschen, erhalten Sie aber auch gerne einen förmlichen, unter Umständen kostenpflichten Bescheid nach dem IFG, der auch die Möglichkeit eröffnet, Rechtsmittel einzulegen.
Sie fragen unter Bezugnahme auf eine Anfrage aus dem Jahr 2016 (
https://fragdenstaat.de/a/17629), unter welchen Voraussetzungen Bachelor- und Masterarbeiten (Abschlussarbeiten) von der prüfenden Hochschule in einem öffentlich zugänglichen Verzeichnis ganz oder in Teilen veröffentlicht werden dürfen. Konkret möchten Sie wissen, ob eine Hochschule in einem per Internet weltweit zugänglichen Verzeichnis den Namen des Studenten, das Thema und das Jahr der Abschlussarbeit veröffentlichen darf. Ferner, welche Bedingungen dafür erfüllt sein müssen. Schließlich bitten Sie um Auskunft, ob Angaben zu Abschlussarbeiten, beispielsweise aus den 50er und 60er Jahren, in einem solchen Verzeichnis irgendwann gelöscht werden müssen.
Bezüglich der Frage, unter welchen Voraussetzungen Abschlussarbeiten von der prüfenden Hochschule in einem öffentlich zugänglichen Verzeichnis veröffentlicht werden dürfen, möchte ich zunächst auf die Ausführungen des BMBF vom 23.09.2016 unter oben genannter Adresse verweisen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es grundsätzlich keine gesetzlichen Regelungen gibt, die eine Pflicht zur Veröffentlichung von Abschlussarbeiten vorsehen. Eine Ausnahme im Sinne einer Pflicht zur Veröffentlichung besteht nur aufgrund anderweitiger Regelungen, insbesondere aufgrund von Promotionsordnungen. Die entsprechenden Vorgaben werden durch die jeweilige Hochschulsatzung festgelegt und variieren je nach Fachbereich und Universität. Die Regelungsbefugnis hinsichtlich Veröffentlichungen von Abschlussarbeiten haben in der Regel die Länder. Eine Regelungsbefugnis des Bundes besteht nur für die Hochschulen und Universitäten des Bundes.
Ergänzend kann ich Ihnen noch folgende Hinweise geben: Für Abschlussarbeiten gilt das Urheberrecht. Danach bleibt der Verfasser gemäß § 7 UrhG der Urheber seiner Abschlussarbeit. Gemäß § 2 UrhG sind Werke der Wissenschaft geschützt, wenn es sich dabei um persönliche geistige Schöpfungen handelt, wie es bei wissenschaftlichen Abschlussarbeiten der Fall ist. Das Urheberrecht ist nicht übertragbar oder abtretbar. Es besteht lediglich die Möglichkeit, Nutzungsrechte oder Verwertungsrechte abzutreten. So kann der Urheber gemäß § 31 UrhG einem anderen das Recht einräumen, das Werk zu nutzen. Dies wird durch eine Veröffentlichungsvereinbarung zwischen Verfasser und Universität, Verlag, Fachzeitschrift o.ä. geregelt. Eine Veröffentlichung der Arbeit und einzelner Teile durch die Hochschule setzt also grundsätzlich das Einverständnis des Verfassers bzw. der Verfasserin voraus.
Darüber hinaus kommt der Veröffentlichung einer Abschlussarbeit regelmäßig auch datenschutzrechtliche Relevanz zu, da eine Veröffentlichung in der Regel mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verknüpft ist. Entsprechendes gilt, wenn wie von Ihnen erfragt eine Hochschule in einem weltweit zugänglichen Verzeichnis den Namen des Studenten, das Thema und das Jahr der Abschlussarbeit veröffentlicht. Daher sind auch die einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der Hochschulgesetze der Länder zu beachten. Die Veröffentlichung personenbezogener Daten ist demnach grundsätzlich unzulässig, es sei denn, die betroffene Person hat zugestimmt oder es liegt eine andere Rechtsgrundlage für die Verarbeitung vor. Die Landeshochschulgesetze sehen in diesem Sinne vor, dass die Hochschulen personenbezogene Daten grundsätzlich dann verarbeiten dürfen, wenn und soweit die Verarbeitung zur Erfüllung der Aufgaben der Hochschule erforderlich ist (vgl. § 12 Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg), wobei die Vorschriften in den Landeshochschulgesetzen im Einzelnen variieren bzw. je nach Hochschulgesetz weiter konkretisiert werden.
Schließlich bitten Sie um Auskunft, ob Informationen zu Abschlussarbeiten, beispielsweise aus den 50er und 60er Jahren, in solchen Verzeichnissen irgendwann gelöscht werden müssen. Ein Löschungsanspruch bzw. eine Löschungspflicht kann – korrespondierend zu den obigen Ausführungen - auf Grundlage des Datenschutzes oder des Urheberrechts gegeben sein. Nach Art. 17 Abs. 1 der DSGVO hat die betroffene Person, in diesem Fall also die Verfasserin bzw. der Verfasser der Abschlussarbeit, unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf die Löschung personenbezogener Daten. Der Löschungsanspruch kann auf verschiedene Gründe gestützt werden, unter anderem darauf, dass die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind, oder auf den Widerruf einer ursprünglich erteilten Einwilligung in die Datenverarbeitung (d.h. die Veröffentlichung). Dieser Löschungsanspruch kann ggf. wiederum Einschränkungen unterliegen (vgl. Art. 17 Abs. 3 DSGVO, § 35 Bundesdatenschutzgesetz). Im von Ihnen angesprochenen Regelfall der pauschalen Veröffentlichung der Angaben von Name sowie Titel und Jahr der Abschlussarbeit in einem Internetverzeichnis dürften diese Einschränkungen jedoch nur in Ausnahmefällen relevant sein. Hinsichtlich der Arbeit selbst kommt – sofern die ursprüngliche Veröffentlichung mit dem Einverständnis des Verfassers bzw. der Verfasserin erfolgt war - ein Widerruf der urheberrechtlichen Einwilligung der Veröffentlichung in Betracht.
Ich hoffe, diese Informationen sind für Sie hilfreich.
Mit freundlichen Grüßen