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Sehr geehrteAntragsteller/in
mit E-Mail vom 1. Februar 2020 haben Sie sich an den Deutschen Bundestag mit der Frage gewandt, ob Deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger in Deutschland ein politisches Amt ausführen können, wenn sie ihren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland oder einem EU-Land haben. Ihre Anfrage ist mir zur Beantwortung zugeleitet worden.
Unabhängig von der Frage, ob ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen besteht, kann ich Ihnen mitteilen, dass Bundestagsabgeordnete ihr Mandat ausüben können, ohne ihren Lebensmittelpunkt bzw. Wohnsitz in Deutschland zu haben: Gemäß § 15 Absatz 1 Bundeswahlgesetz ist zum Bundestag wählbar, wer Deutscher i.S.d. Artikel 116 Abs. 1 Grundgesetz ist und das 18. Lebensjahr vollendet hat. Das Innehaben einer Wohnung oder ein sonstiger Aufenthalt in Deutschland wird (anders als etwa für das aktive Wahlrecht in § 12 Bundeswahlgesetz) nicht gefordert, so dass auch die im Ausland lebenden Deutschen - bei Erfüllung der übrigen Wählbarkeitsvoraussetzungen - zum Bundestag wählbar sind.
Nach ihrer Wahl haben die Abgeordneten gemäß Artikel 38 GG ein freies Mandat inne, d.h. sie können über die Art und Weise der Ausübung ihres Mandats grundsätzlich frei und in ausschließlicher Verantwortung gegenüber den Wählerinnen und Wählern entscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet die Freiheit des Abgeordneten aber nicht eine "Freiheit von Pflichten, sondern lediglich die Freiheit in der inhaltlichen Wahrnehmung dieser Pflichten. Nicht das "Ob", sondern nur das "Wie" der Repräsentation steht im freien Ermessen des Abgeordneten." (vgl. BVerfGE 118, 277 (326)). Entsprechend trifft die Abgeordneten - quasi als Kehrseite ihrer Rechte - zwar eine gewisse Pflicht, sich an den Arbeiten des Bundestages zu beteiligen und von den ihnen zustehenden Statusrechten Gebrauch zu machen. Dies umfasst aber nicht die Pflicht, ihren Wohnsitz in Deutschland zu haben. Vielmehr ist es den Abgeordneten selbst überlassen, über ihren Wohnsitz und die damit verbundenen Konsequenzen für die Ausübung ihres Mandats zu entscheiden und ihre Entscheidung gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern zu verantworten.
Ebenso gibt es weder im Bundesministergesetz noch im Gesetz über die Rechtsverhältnisse der parlamentarischen Staatssekretäre Regelungen über ein Wohnsitzerfordernis für die Mitglieder der Bundesregierung oder für die parlamentarischen Staatssekretärinnen und Staatssekretäre.
Etwas anderes mag für andere politische Ämter etwa auf Landes- oder kommunaler Ebene gelten: So gibt es beispielsweise in §16 des Thüringer Wahlgesetzes für den Landtag eine Regelung, die jedenfalls für die Wählbarkeit auch daran anknüpft, seit mindestens einem Jahr im Wahlgebiet einen Wohnsitz oder Lebensmittelpunkt oder dauernden Aufenthalt zu haben. Für Einzelheiten zu landes- und kommunalrechtlichen Regelungen wenden Sie sich bitte an die dafür zuständigen Stellen.
Sollten Sie über diese Auskunft hinaus einen rechtsmittelfähigen Bescheid nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wünschen, bitte ich um entsprechende Nachricht bis zum 13. März 2020 und um Mitteilung Ihrer postalischen Anschrift oder De-Mail-Adresse. Eine dieser Angaben ist für die Versendung eines Bescheides zwingend erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen