[nach OCR]
Sehr geehrter Herr Semsrott,
unter Bezugnahme auf einen Bericht im SPIEGEL ONLINE vom 19. August 2016 bitten Sie
um Informationszugang zu einem von Ihnen wie auch im zitierten Bericht bezeichneten
„Positionspapier des BMF zum Flüchtlingspakt mit der Türkei“.
Über Ihren Antrag entscheide ich nach ä l Absatz l Satz l IFG wie folgt:
I. Den Antrag lehne ich ab.
II. Der Bescheid ergeht gebührenfrei.
Begründung:
Zu I.
In Ihrem Antrag beziehen Sie sich auf ein Dokument, dessen Vorliegen in dem von Ihnen
beigefügten Artikel auf der Internetseite „SPIEGEL Online“ behauptet wird. Hier ist nicht
bekannt, ob „SPIEGEL Online“ ein solches Dokmnent vorliegt. Nach internen Recherchen
wurde kein entsprechendes Dokument vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht,
auch nicht an „SPIEGEL Online“. Unabhängig davon, ob gerade ein von Ihnen behauptetes
Dokument existiert und identifiziert werden kann, weise ich auf Folgendes hin:
Der Veröffentlichung interner Erwägungen zu der betroffenen Thematik („Flüchtlingspakt mit
der Türkei“) stehen die unten näher ausgeführten Ausschlussgründe entgegen. Deshalb ist
auch eine Stellungnahme, ob eine Information mit den in einer Presseveröffentlichung behaupteten
Inhalten vorliegt, nicht geschuldet.
Gemäß Q 3 Nummer l a) IFG besteht kein Anspruch auf Informationszugang, wenn die Veröffentlichung
nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen haben könnte.
Spekulationen darüber, ob, unter welchen Umständen oder mit welchen Folgen bestehende
Vertragsverhältnisse in Frage gestellt werden könnten, können die Beziehungen zur Türkei,
zur Europäischen Union (EU) als Partner der Vereinbarung und den übrigen Mitgliedstaaten
beeinträchtigen.
Gemäß 5 3 Nummer 3 a) IFG besteht auch kein Anspruch auf Informationszugang, wenn und
solange hierdurch die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtigt
würde. Die Veröffentlichung interner Überlegungen zur Meinungsbildung auf Seiten des
BMF oder der Bundesregierung können sämtliche Gespräche, die die Bundesregierung auf
internationaler Ebene zur Thematik des Flüchtlingszustroms führt, beeinträchtigen. Die Verhandlungspartner
müssen sich darauf verlassen können, dass nicht vorzeitig aus Deutschland
Erwägungen zu möglichen Alternativen oder Zweifeln am Bestand oder der Umsetzbarkeit
von Vereinbarungen publiziert würden. Publikationen zur internen Meinungsbildung in
Deutschland würden auch einen von Deutschland angestrebten Verhandlungserfolg gefahrden.
Argumentations- und Verhandlungslinien des BMF oder der Bundesregierung können
nicht mehr erfolgreich aufgebaut werden, wenn etwa interne Vorüberlegungen in aktuell laufenden
Verhandlungen und Abstimmungsprozessen mit anderen EU- Mitgliedstaaten und der
Türkei bereits öffentlich bekannt sind.
Gemäß ä 3 Nummer 3 b IFG besteht darüber hinaus kein Anspruch auf Informationszugang,
wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Schließlich kann nach
5 4 Absatz I IFG ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden für Entwürfe zu EntSCheidlmgen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer tmmittelbaren Vorbereitlmg, soweit und
solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung
oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. Dokumente des BMF, die
Erwäglmgen im Hinblick auf den Flüchtlingspakt mit der Türkei betreffen, dienen gegenwärtig
allein der Meinungsbildung innerhalb des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) und
der Bundesregierung im Rahmen der auf nationaler wie internationaler Ebene laufenden Beratungs-
und Entscheidungsprozesse. Diese Beratungen zwischen den Behörden würden verei—
telt, wenn die dazu erstellten Materialien während der Beratungen publiziert würden.
Im diesem Bereich des Regierungsbandelns besteht ein grundsätzlich nicht ausforschbarer
Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich. Dazu gehört der Bereich der Willens- und Entscheidungsbildung
der Regierung selbst, der so genannte Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung.
Hinsichtlich der laufenden Behandlung der Thematik des Flüchtlingszustroms in
die EU und insbesondere nach Deutschland handelt es sich um einen solchen Bereich der Willensbildung
innerhalb der Bundesregierung und auch innerhalb des BMF. Dieser Bereich
muss selbst gegenüber parlamentarischen Untersuchungsausschüssen nicht offenbart werden.
Erst recht gilt dies gegenüber dem Bürger (vgl. BT—Drs. 15/4493, Seite 12).
Zu H.
Der Bescheid ergeht als einfache Auskunft gemäß ä 10 Absatz l Satz 2 IFG gebührenfrei.
[Rechtsbehelfsbelehrung:]
Mit freundlichen Grüßen