2RLS_Herausgabe
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Prüfbericht zu parteinahen Stiftungen“
Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium des Innern über die Prüfung Einhaltung des Besserstellungsverbotes bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung Diese Prüfungsmitteilung enthält das vom Bundesrechnungshof abschließend im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO festgestellte Prüfungsergebnis. Die Ent- scheidung über eine Weitergabe an Dritte bleibt dem Bundesrechnungshof vor- behalten. Gz.: VI 6(VII 1) - 2015 - 0363 Bonn, den 18. Juni 2018 Die Mitteilung des Bundesrechnungshofes ist urheberrechtlich geschützt. Eine Veröffentlichung ist nicht zulässig.
2 Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 4 Zusammenfassung 6 Vorbemerkung 9 Gegenstand und Umfang der Prüfung 9 Das haushaltsrechtliche Besserstellungsverbot 9 Rechtsgrundlagen für die Eingruppierung der Beschäftigten 11 1.3.1 Tarifvertragliche Regelungen des Bundes 11 1.3.2 Geltung der tariflichen Regelungen bei Zuwendungsempfängern 11 1.3.3 Tarifvertrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung 12 Zuwendung und Verwendungsnachweisprüfung 13 Zuwendungsbescheid 13 Verwendungsnachweisprüfung der Personalausgaben 15 Beschäftigung des Leitungspersonals 19 Vertragsgestaltung bei außertariflicher Beschäftigung 20 Zustimmung der Bewilligungsbehörde 22 Zahlung einer Tätigkeitsvergütung 26 Arbeitszeiterfassung bei außertariflicher Beschäftigung 28 Tarifliche Abschmelzregelung bei außertariflicher Beschäftigung 31 Außertarifliche Zulagen für stellvertretende Leitungsfunktionen 33 Leistungsprämie eines at-Beschäftigten 36 Altersteilzeit eines at-Beschäftigten 38 Personalmanagement 39 Befristete Arbeitsverträge ohne Sachgrund 40
3 Fehlende Tätigkeitsbewertungen 41 Abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung 43 Hochschulabschluss und entsprechende Tätigkeit 46 Auslegung von Tätigkeitsmerkmalen 48 4.5.1 Gründliche, vielseitige / umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen 49 4.5.2 Grundsatz der Spezialität 54 Stellenausschreibungen 56 Beachtung des Vier-Augen-Prinzips bei den Entgeltabrechnungen 58 Besserstellungen in Betriebsvereinbarungen der RLS 61 Betriebsvereinbarung zur Gestaltung der Arbeitszeit 61 5.1.1 Zeitzuschlag 61 5.1.2 Pauschaler Zeitausgleich bei Vertrauensarbeitszeit 62 5.1.3 Reisezeit als Arbeitszeit 65 5.1.4 Weitere Hinweise zur Anpassung der Betriebsvereinbarung 66 Betriebsvereinbarung zum Leistungsentgelt 67
4 Abkürzungsverzeichnis ANBest-I Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur in- stitutionellen Förderung AO Abgabenordnung ArbZG Arbeitszeitgesetz BAG Bundesarbeitsgericht BAT Bundesangestellten-Tarifvertrag BBesG Bundesbesoldungsgesetz BBesO Bundesbesoldungsordnung BBewGr Bewirtschaftungsgrundsätze für Zuschüsse des Bundes aus Kap. 0602 Tit. 685 02 zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit i. d. F. vom 1. Oktober 2010 (Besondere Bewirtschaftungs- grundsätze) BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGleiG Gesetz für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Unternehmen und Ge- richten des Bundes – Bundesgleichstellungsgesetz BHO Bundeshaushaltsordnung BMF Bundesministerium der Finanzen BMI Bundesministerium des Innern BStBl Bundessteuerblatt BVA Bundesverwaltungsamt EGr. Entgeltgruppe Fallgr. Fallgruppe GMBl Gemeinsames Ministerialblatt HG Haushaltsgesetz HRG Hochschulrahmengesetz
5 LeistungsTV-Bund Tarifvertrag über das Leistungsentgelt für die Beschäftigten des Bundes RLS Rosa-Luxemburg-Stiftung – Gesellschaftsanalyse und Politi- sche Bildung e. V. TV EntgO Bund Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes TV FlexAZ Bund Tarifvertrag zur Regelung flexibler Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte TVöD Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst TVöD BT-V Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – Besonderer Teil Verwaltung TVöD-RLS Tarifvertrag für die Beschäftigten der Rosa-Luxemburg-Stif- tung TVÜ-Bund Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts TzBfG Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge UStG Umsatzsteuergesetz VBLU Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unter- nehmen e. V. VergGr. Vergütungsgruppe VV Allgemeine Verwaltungsvorschriften VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz ZAB Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen ZE Zuwendungsempfänger ZG Zuwendungsgeber
6 Zusammenfassung 0.1 Der Bundesrechnungshof hat die Beachtung des Besserstellungsverbo- tes bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) in Berlin geprüft. Unter Be- rücksichtigung der Stellungnahmen des Bundesministeriums des In- nern stellt er das Prüfungsergebnis abschließend wie folgt fest: 0.2 Das Bundesministerium des Innern hatte mit Besonderen Bewirtschaf- tungsgrundsätzen (BBewGr) Ausnahmen von den Allgemeinen Neben- bestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung zuge- lassen. Die erforderliche Zustimmung des Bundesministeriums der Fi- nanzen konnte es aber nicht vorlegen. Das Bundesverwaltungsamt hat der RLS einen nicht rückzahlbaren Globalzuschuss als institutionelle Förderung bewilligt. Der Personalkostenanteil lag bei etwa 55 %. Da- her birgt der Verzicht auf einen Wirtschafts- und Stellenplan Risiken. Außerdem hat der Bundesrechnungshof zahlreiche Verstöße gegen das Besserstellungsverbot festgestellt. Das Bundesministerium des Innern hat in Abstimmung mit dem Bun- desministerium der Finanzen die BBewGr überarbeitet. Es beabsichtigt für die Prüfung der Personalausgaben konkrete Vorgaben und will die Einhaltung des Besserstellungsverbotes regelmäßig in die Verwen- dungsnachweisprüfung einbeziehen. (Tz. 2) 0.3 Die RLS schloss mit Beschäftigten Arbeitsverhält- nisse. Die Bewilligungsbehörde erteilte ihr Einverständnis ohne die haushaltsrechtlich notwendige Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen. Die RLS vereinbarte oder gewährte Leistungen, die Beschäftigten des Bundes nicht zustehen. Darüber hinaus gewährte sie außertarifliche Zulagen für stellvertretende . Damit verstieß sie gegen das Besserstellungsverbot. Die RLS zahlte einem ehrenamtlich tätigen eine Tätigkeits- vergütung, die über eine Aufwandsentschädigung weit hinausgeht. Das Bundesministerium des Innern befindet sich derzeit in einem Ab- stimmungsprozess mit dem Bundesministerium der Finanzen über des- sen Zustimmung vor dem Abschluss von at-Arbeitsverträgen. Die in
7 Einzelfällen gewährten Leistungen, die gegen das Besserstellungsver- bot verstoßen, will die RLS nicht weiter gewähren. (Tz. 3) 0.4 Die RLS hatte befristete Arbeitsverhältnisse ohne Sachgrund über zwei Jahre ausgedehnt bzw. die Verlängerung erst nach Beendigung des vorhergehenden Arbeitsvertrages schriftlich vereinbart. Nicht rechtssi- cher vereinbarte befristete Beschäftigungen bergen ein erhebliches fi- nanzielles Risiko sowohl für den Zuwendungsnehmer als auch für den Zuwendungsgeber. Zudem hat die RLS in Einzelfällen keine Arbeits- platzbewertung erstellt. Damit waren die tariflichen Eingruppierungen nicht eindeutig nachgewiesen und die Entgelte für diese Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter haushaltsrechtlich nicht belegt. Die RLS hat zugesichert, die Eingruppierungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unverzüglich schlüssig zu dokumentieren. (Tzn. 4.1 und 4.2) 0.5 Die RLS hatte Beschäftigte nach Entgeltgruppe 13 des TVöD oder hö- her bezahlt, ohne zu prüfen, ob eine einschlägige wissenschaftliche Hochschulbildung nachgewiesen war bzw. ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechende Tätigkeiten ausübten. In Einzelfällen hat die RLS dadurch gegen das Besserstellungsverbot verstoßen. Das Bundesministerium des Innern unterstützt die Empfehlungen des Bundesrechnungshofes, die persönlichen Ausbildungsvoraussetzungen, die nach der Entgeltordnung des TVöD für eine bestimmte Eingruppie- rung vorausgesetzt werden, in der Personalakte zu dokumentieren. Gleiches gilt für die arbeitgeberseitige Prüfung, ob „entsprechende Tä- tigkeiten“ ausgeübt werden. (Tzn. 4.3 und 4.4) 0.6 Die RLS hatte Tätigkeitsmerkmale, die für eine bestimmte Eingruppie- rung erfüllt sein müssen, nicht oder nicht hinreichend begründet. Zu- dem hatte sie den „Grundsatz der Spezialität“ bei der Feststellung der Eingruppierung nicht immer beachtet. In Einzelfällen waren nicht tarif- gerechte Eingruppierungen die Folge. Somit konnten Verstöße gegen das Besserstellungsverbot nicht ausgeschlossen werden. Bei Stellen- ausschreibungen hatte die RLS die von den Bewerbern geforderte Qua- lifikation nicht im Sinne der Entgeltordnung des TVöD abgeschätzt.
8 Das Bundesministerium des Innern bestätigte die unzureichende Be- gründung der für die Eingruppierung zu erfüllenden Tätigkeitsmerk- male und wird in enger Abstimmung mit dem BVA auf tarifkonforme Arbeitsplatzbewertungen der Beschäftigten der RLS achten. Dazu solle die RLS vor jeder Stellenausschreibung die auszuübenden Tätigkeiten des jeweiligen Arbeitsplatzes tarifgerecht bewerten und so die erfor- derliche Qualifikation und Entgeltgruppe festlegen. (Tzn. 4.5 und 4.6) 0.7 Die RLS rechnete die Entgelte für ihre Beschäftigten über einen Online- Zugang bei einem Rechenzentrum ab. Dabei wurden die Vorschriften für die Feststellung von zahlungsbegründenden Belegen nicht immer beachtet bzw. dokumentiert. Die RLS hat die Empfehlung des Bundesrechnungshofes aufgegriffen und wird die Dokumentationen der zahlungsbegründenden Belege der Personal- oder Entgeltakten verbessern sowie die erforderlichen Fest- stellungsvermerke vergleichbar einem Mehraugenprinzip anbringen. (Tz. 4.7) 0.8 Die RLS hatte in ihrer Betriebsvereinbarung zur Gestaltung der Arbeits- zeit und der Betriebsvereinbarung zum Leistungsentgelt mehrere Re- gelungen mit dem Betriebsrat vereinbart, die den einschlägigen tarifli- chen Regelungen widersprechen und gegen das Besserstellungsverbot verstoßen. Die RLS hat die Betriebsvereinbarung zur Gestaltung der Arbeitszeit mit dem Betriebsrat an die tariflichen Regelungen angepasst und die Betriebsvereinbarung zum Leistungsentgelt gekündigt. Damit hat sie die Beanstandung aufgegriffen. (Tz. 5) Der Bundesrechnungshof schließt die Prüfung insgesamt ab.
9 Vorbemerkung Gegenstand und Umfang der Prüfung Wir haben die Beachtung des Besserstellungsverbotes durch die Rosa-Luxem- burg-Stiftung – Gesellschaftsanalyse und Politische Bildung e. V. (RLS) als Zu- wendungsempfänger (ZE) des Bundesministeriums des Innern (BMI) geprüft. Dabei sind wir der Frage nachgegangen, wie der Zuwendungsgeber (ZG) die Einhaltung des Besserstellungsverbotes im Rahmen der Verwendungsnachwei- sprüfung überwacht und hierbei die Personalausgaben einbezieht. Ziel der Prüfung war festzustellen, ob und wie der ZG sicherstellt, dass die RLS die einschlägigen Tarif- und Haushaltsbestimmungen einhält. Die Prüfung sollte Defizite und Fehler bei der allgemeinen Anwendung des Tarifrechts auf- decken, mögliche Ursachen hierfür aufzeigen und der Bewilligungsbehörde Hinweise zu deren Beseitigung geben. Wir haben daher die Verwendungsnachweise und die jeweiligen Ergebnisver- merke zur Verwendungsnachweisprüfung in diese Prüfung einbezogen. Zu- gleich haben wir bei der RLS die Arbeitsverträge, die Eingruppierungen und die Leistungsbezahlung der Beschäftigten sowie die geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen auf Verstöße gegen das Besserstellungsverbot unter- sucht. Die dargestellten Sachverhalte haben wir mit der RLS abgestimmt. Soweit wir Prüfungsfeststellungen mit Bezug auf Einzelfälle darstellen, haben wir zum Schutz ihrer personenbezogenen Daten entsprechende Angaben in den „Feststellungen“ anonymisiert. Das haushaltsrechtliche Besserstellungsverbot Das Besserstellungsverbot hat seit dem Jahr 1988 durch § 8 Absatz 2 der jährlichen Haushaltsgesetze (HG) Gesetzesrang. Nach Satz 1 dürfen Zuwen- dungen zur institutionellen Förderung nur mit der Auflage (im Sinne des § 36 VwVfG ) bewilligt werden, dass der ZE seine Beschäftigten nicht besser 1 stellt als vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes. Durch die haushaltsgesetzliche Regelung wird der Exekutive vom Parlament aufgegeben, die Außenwirkung des Besserstellungsverbotes bei der Vergabe 1 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749).
10 institutioneller Zuwendungen durch eine Auflage (§§ 35, 36 Absatz 2 Num- mer 4 VwVfG) im Zuwendungsbescheid umzusetzen (vgl. auch Nummer 1.3 der ANBest-I ). Danach muss der ZE die Arbeitsverhältnisse mit seinen Be- 2 schäftigten arbeitsvertraglich grundsätzlich so ausgestalten, dass Besserstel- lungen vermieden werden. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) kann aus zwingenden Gründen Ausnahmen vom Besserstellungsverbot zulassen. Die Entscheidungsgründe 3 für eine Ausnahmeregelung sind in jedem Einzelfall zu dokumentieren. Sollen 4 im Förderzeitraum kollektivvertragliche Regelungen abgeschlossen oder verän- dert werden, müssen die Vertragsparteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmerver- tretung) das Besserstellungsverbot beachten oder die Zustimmung des ZG und des BMF zu den Ausnahmen einholen. Geltung des Besserstellungsverbotes bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung Nach den Zuwendungsbescheiden gelten für die Verwendung der Mittel die ANBest-I mit dem Besserstellungsverbot grundsätzlich uneingeschränkt, so- weit in den Bewirtschaftungsgrundsätzen für Zuschüsse des Bundes aus Kap. 0602 Tit. 685 02 zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bil- dungsarbeit i. d. F. vom 1. Oktober 2010 (BBewGr) keine anderen Regelungen getroffen sind. Einen nach den VV zu §§ 23, 44 BHO vorgesehenen Haushalts- oder Wirtschaftsplan einschließlich eines Organisations- und Stellenplans müs- sen die politischen Stiftungen nach den BBewGr nicht vorlegen oder genehmi- gen lassen. Nach den Zuwendungsbescheiden ist die RLS gehalten, in jedem Einzelfall, in dem ein außertarifliches Entgelt sowie sonstige über- oder außertarifliche Leis- tungen gewährt werden sollen, die vorherige Zustimmung der Bewilligungsbe- hörde einzuholen. Dies gilt insbesondere für die Entgelte des Leitungsperso- nals (siehe hierzu Tz. 3 dieser Prüfungsmitteilung). 2 Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung. 3 Vgl. § 8 Absatz 2 Satz 3 HG. 4 Vgl. Nummer 15.1 der VV zu § 44 BHO.