3HSS_Herausgabe
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Prüfbericht zu parteinahen Stiftungen“
Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium des Innern über die Prüfung Einhaltung des Besserstellungsverbotes bei der Hanns-Seidel-Stiftung (Inlandspersonal) Diese Prüfungsmitteilung enthält das vom Bundesrechnungshof abschließend im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 1 BHO festgestellte Prüfungsergebnis. Die Ent- scheidung über eine Weitergabe an Dritte bleibt dem Bundesrechnungshof vor- behalten. Gz.: VI 6 - 2016 - 0398 Bonn, den 14. März 2019 Die Mitteilung des Bundesrechnungshofes ist urheberrechtlich geschützt. Eine Veröffentlichung ist nicht zulässig.
2 Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 4 Zusammenfassung 6 Vorbemerkung 8 Gegenstand und Umfang der Prüfung 8 Das haushaltsrechtliche Besserstellungsverbot 8 1.2.1 Gesamtbetrachtung der Personalausgaben 9 1.2.2 Geltung des Besserstellungsverbotes bei der Hanns-Seidel- Stiftung 10 Rechtsgrundlagen bei der Eingruppierung der Beschäftigten 11 1.3.1 Tarifvertragliche Regelungen des Bundes 11 1.3.2 Geltung der tarifvertraglichen Regelungen des Bundes 11 Zuwendung und Verwendungsnachweisprüfung 12 Zuwendungsbescheid 12 Verwendungsnachweisprüfung 15 Ausnahmen vom Besserstellungsverbot 20 Außertarifliche Arbeitsverträge 20 Bewertung der at-Stellen 23 Entgelte der außertariflich Beschäftigten 28 Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung 32 Zahlung einer Aufwandsentschädigung 33 Personalbetreuung 35 Fehlende oder unvollständige Tätigkeitsdarstellungen 35 Personenbezogene Eingruppierungsvoraussetzungen 37 4.2.1 Abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung und entsprechende Tätigkeit 37 4.2.2 Sonstige Beschäftigte 39 Zulagen für stellvertretende 42
3 Eingruppierung in besonderen Fällen 45 4.4.1 45 4.4.2 48 4.4.3 50 4.4.4 54 4.4.5 Neue Entgeltgruppe 9 a und 9 b TVöD 59
4 Abkürzungsverzeichnis ANBest-I Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur in- stitutionellen Förderung AO Abgabenordnung ArbZG Arbeitszeitgesetz BAG Bundesarbeitsgericht BAT Bundesangestellten-Tarifvertrag BBesG Bundesbesoldungsgesetz BBesO Bundesbesoldungsordnung BBewGr Bewirtschaftungsgrundsätze für Zuschüsse des Bundes aus Kap. 0602 Tit. 685 02 zur gesellschaftspolitischen und de- mokratischen Bildungsarbeit i. d. F. vom 1. Oktober 2010 (Besondere Bewirtschaftungsgrundsätze) BeamtVG Beamtenversorgungsgesetz BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BHO Bundeshaushaltsordnung BMF Bundesministerium der Finanzen BMI Bundesministerium des Innern BStBl Bundessteuerblatt BVA Bundesverwaltungsamt BT-V Besonderer Teil Verwaltung EGr. Entgeltgruppe EntgO Entgeltordnung Fallgr. Fallgruppe GMBl Gemeinsames Ministerialblatt HG Haushaltsgesetz HGrG Haushaltsgrundsätzegesetz
5 HRG Hochschulrahmengesetz HSS Hanns-Seidel-Stiftung NachwG Nachweisgesetz PNr. Personalnummer TV EntgO Bund Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes TVöD Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst TVÜ-Bund Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts UStG Umsatzsteuergesetz VBLU Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unter- nehmen e. V. VergGr. Vergütungsgruppe VV Allgemeine Verwaltungsvorschriften VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz ZE Zuwendungsempfänger ZG Zuwendungsgeber
6 Zusammenfassung 0.1 Der Bundesrechnungshof prüfte das Personalmanagement bei der Hanns-Seidel-Stiftung e. V. (HSS) auf Verstöße gegen das Besserstel- lungsverbot. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bundes- ministeriums des Innern, für Bau und Heimat stellt er das Prüfungser- gebnis abschließend wie folgt fest: 0.2 Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hatte mit Be- sonderen Bewirtschaftungsgrundsätzen (BBewGr) Ausnahmen von den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionel- len Förderung zugelassen. Die dazu erforderliche Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen konnte es nicht vorlegen. Das Bundesverwaltungsamt als Bewilligungsbehörde hat der HSS einen nicht rückzahlbaren Globalzuschuss als institutionelle Förderung bewil- ligt. Aufgrund des hohen Personalkostenanteils und der vom Bundes- rechnungshof festgestellten Verstöße gegen das Besserstellungsverbot sollten die Personalausgaben künftig intensiver geprüft werden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die BBewGr überarbeitet. Es beabsichtigt für die Prüfung der Personalaus- gaben konkrete Vorgaben. Die fehlende Zustimmung des Bundesminis- teriums der Finanzen wolle es einholen. (Tz. 2) 0.3 Die Bewilligungsbehörde erteilte ihr Einverständnis zu außertariflichen Arbeitsverträgen mit dem Leitungspersonal der HSS, obwohl die Lei- tungsstellen nicht bewertet waren. Zudem hatte die Bewilligungsbe- hörde versäumt, die haushaltsrechtlich notwendige Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen einzuholen. Die HSS gewährte auch Zulagen, die außertariflich Beschäftigten des Bundes nicht zustehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und die Bewil- ligungsbehörde wollen an der bisherigen Praxis festhalten, Arbeitsver- trägen mit Leitungspersonal ohne Beteiligung des Bundesministeriums der Finanzen zuzustimmen. Der Bundesrechnungshof bleibt bei seiner Auffassung und wird die offenen Punkte in einem übergreifenden Be- richt weiter verfolgen. (Tz. 3)
7 0.4 Bei einigen vom Bundesrechnungshof geprüften Beschäftigungsverhält- nissen fehlten Tätigkeitsdarstellungen und -bewertungen als Nachweis einer tarifgerechten Eingruppierung und als zahlungsbegrün- dende Unterlage. Zudem zahlte die HSS Entgelte an Beschäftigte, die den für eine entsprechende Eingruppierung erforderlichen Nachweis ei- ner wissenschaftlichen Hochschulbildung nicht erbracht hatten. Die HSS hat dadurch gegen das Besserstellungsverbot verstoßen. Das Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat will die HSS anhalten, zur Dokumentation der Einhaltung des Besserstellungsverbo- tes für alle Arbeitsplätze aktuelle Tätigkeitsdarstellungen und -bewer- tungen als Grundlage tarifgerechter Eingruppierungen zu erstellen. Zu- dem seien die persönlichen Ausbildungsvoraussetzungen tarifgerecht nachzuweisen. (Tzn. 4.1 und 4.2). 0.5 Die HSS gewährte außertarifliche Zulagen für stellvertretende und hatte Tätigkeitsmerkmale für bestimmte Eingrup- pierungen nicht oder nicht hinreichend begründet. Ferner hatte sie den Grundsatz der Spezialität im Eingruppierungsrecht nicht beachtet. In Einzelfällen waren nicht tarifgerechte Eingruppierungen und damit Ver- stöße gegen das Besserstellungsverbot die Folge. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die HSS aufgefordert, bei den Eingruppierungen der Beschäftigten die Tätig- keitsmerkmale sowie die Systematik der Entgeltordnung des TVöD zu beachten und ihre Eingruppierungsentscheidungen schlüssig zu be- gründen und zu dokumentieren. (Tzn. 4.3 und 4.4) 0.6 Der Bundesrechnungshof wird noch offene Punkte, wie die Bezahlung des außertariflichen Leitungspersonals, die Verwendungsnachweisprü- fung und die Entschädigung ehrenamtlicher Vorstände im parlamenta- rischen Berichtsverfahren weiter verfolgen.
8 Vorbemerkung Gegenstand und Umfang der Prüfung Wir haben die Beachtung des Besserstellungsverbotes durch die Hanns-Seidel- Stiftung e. V. (HSS) als Zuwendungsempfänger (ZE) des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) geprüft. Dabei sind wir auch der Frage nachgegangen, wie der Zuwendungsgeber (ZG) die Einhaltung des Besserstel- lungsverbotes im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung überwacht und hierbei die Personalausgaben einbezieht. Ziel der Prüfung war festzustellen, ob und wie der ZG sicherstellt, dass die HSS die einschlägigen Tarif- und Haushaltsbestimmungen einhält. Die Prüfung sollte darüber hinaus Defizite und Fehler bei der Anwendung des Tarifrechts aufdecken, mögliche Ursachen hierfür aufzeigen und der Bewilligungsbehörde Hinweise zu deren Beseitigung geben. Wir haben auch die Berichte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Verwen- dungsnachweise und die jeweiligen Ergebnisvermerke zur Verwendungsnach- weisprüfung in diese Prüfung einbezogen. Zugleich haben wir ausgewählte Ar- beitsbedingungen bei der HSS, insbesondere die Arbeitsverträge und Eingrup- pierungen der Beschäftigten sowie die geltenden Betriebsvereinbarungen, auf Verstöße gegen das Besserstellungsverbot untersucht. Soweit wir Prüfungsfeststellungen mit Bezug auf Einzelfälle darstellen, haben wir zum Schutz personenbezogener Daten entsprechende Angaben anonymi- siert. Das haushaltsrechtliche Besserstellungsverbot Das Besserstellungsverbot hat seit dem Jahr 1988 durch § 8 Absatz 2 der jährlichen Haushaltsgesetze (HG) Gesetzesrang. Nach Satz 1 dürfen Zuwen- dungen zur institutionellen Förderung nur mit der Auflage (im Sinne des § 36 VwVfG 1) bewilligt werden, dass der ZE seine Beschäftigten nicht besser stellt als vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes. Durch die haushaltsgesetzliche Regelung wird der Exekutive vom Parlament aufgegeben, die Außenwirkung des Besserstellungsverbotes bei der Vergabe 1 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Artikel 3 des G. vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749).
9 institutioneller Zuwendungen durch eine Auflage (§§ 35, 36 Absatz 2 Num- mer 4 VwVfG) im Zuwendungsbescheid sicherzustellen (vgl. auch Nummer 1.3 der ANBest-I ). Danach muss der ZE die Arbeitsverhältnisse mit seinen Be- 2 schäftigten arbeitsvertraglich grundsätzlich so ausgestalten, dass Besserstel- lungen vermieden werden. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) kann aus zwingenden Gründen Ausnahmen vom Besserstellungsverbot zulassen. 3 Das gilt insbesondere für die Einstellung von Beschäftigten mit einem regelmäßigen Entgelt über der Entgeltgruppe (EGr.) 15 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die Entscheidungsgründe für eine Ausnahmeregelung sind in jedem Einzelfall zu dokumentieren. Sollen im Förderzeitraum kollektivvertragliche Regelungen 4 abgeschlossen oder verändert werden, müssen die Vertragsparteien (Arbeitge- ber und Arbeitnehmervertretung) das Besserstellungsverbot beachten oder 5 die Zustimmung des ZG und des BMF zu den Ausnahmen einholen. 1.2.1 Gesamtbetrachtung der Personalausgaben Sofern die Stiftung oder der ZG davon ausgeht, das Besserstellungsverbot sei nicht verletzt, wenn Entgeltkomponenten gezahlt oder Arbeitsbedingungen ge- währt werden, die vergleichbaren Bundesbeschäftigten nicht zustehen, die ge- währten Leistungen insgesamt aber nicht die vergleichbarer Bundesbeschäftig- ter übersteigen, verweisen wir auf die eindeutige Rechtslage: Nach dem Wortlaut der Nummer 1.3 Satz 2 ANBest-I dürfen „Höhere Entgelte als nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sowie [Hervor- hebung durch Verfasser] sonstige über- oder außertarifliche Leistungen … nicht gewährt werden.“ VV Nummer 15.1 zu § 44 BHO stellt überdies klar: Aus- nahmen dürfen im Einzelfall im Einvernehmen mit dem BMF getroffen werden. 2 Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung. 3 Vgl. § 8 Absatz 2 Satz 3 HG. 4 Vgl. VV Nummer 15.1 zu § 44 BHO. 5 Vgl. hierzu Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 26. Mai 1988, Gz.: 1 ABR 9/87 (BAGE 58, 297-304). Leitsatz: Aufgrund eines Mitbestimmungsrechts kann der Betriebs- rat stets nur eine Regelung verlangen, die außerhalb des Betriebsverfassungsrechts der Arbeitgeber auch allein treffen könnte. Ist der Arbeitgeber aufgrund eines ihm gegen- über bindend gewordenen Verwaltungsaktes verpflichtet, eine bestimmte Maßnahme vorzunehmen, kann der Betriebsrat unter Berufung auf sein Mitbestimmungsrecht keine davon abweichende Regelung verlangen. Bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 22. August 1994, Gz.: 1 BvR 1767/91 (NZA 1995, 129-130).
10 Das gilt z. B. für die Gewährung höherer Entgelte als nach dem TVöD, ein- schließlich anderer über- und außertariflicher Leistungen. Bei der von der Stiftung befürworteten Gesamtbetrachtung der Personalausga- ben ließen sich Vorteile bei nicht monetären Leistungen (wie der Arbeitszeit o- der der Urlaubsgewährung) nicht sachgerecht bewerten und in die Vergleichs- berechnung einbeziehen. Die derzeit praktizierte stichprobenweise Prüfung von Einzelkomponenten der Personalausgaben bei ausgewählten Einzelfällen wäre in dieser Form nicht mehr möglich. Eine solche Praxis verstößt gegen die zuvor zitierten Vorschriften des Haus- haltsgesetzes und der BHO. Daher halten wir eine Gesamtbetrachtung der Per- sonalausgaben für nicht zulässig. 1.2.2 Geltung des Besserstellungsverbotes bei der Hanns-Seidel-Stiftung Nach den Zuwendungsbescheiden gelten für die Verwendung der Mittel die ANBest-I mit dem Besserstellungsverbot grundsätzlich uneingeschränkt, soweit in den Bewirtschaftungsgrundsätzen für Zuschüsse des Bundes aus Kap. 0602 Tit. 685 02 zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit i. d. F. vom 1. Oktober 2010 (BBewGr) keine anderen Regelun- gen getroffen sind. Danach müssen die politischen Stiftungen einen nach den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (VV) zu §§ 23, 44 BHO vorgesehenen Haushalts- oder Wirtschaftsplan einschließlich eines Organisations- und Stel- lenplans nicht vorlegen oder genehmigen lassen. Nach den Zuwendungsbescheiden muss die HSS in jedem Einzelfall, in dem ein außertarifliches Entgelt sowie sonstige über- oder außertarifliche Leistungen gewährt werden sollen, die vorherige Zustimmung der Bewilligungsbehörde einholen. Diese hat dann das BMF gemäß § 8 Absatz 2 Satz 3 HG und VV Nummer 15.1 zu § 44 BHO zu beteiligen. Das gilt insbesondere für die Ent- gelte des Leitungspersonals (siehe hierzu Tz. 3 dieser Prüfungsmitteilung). Vereinbart die HSS – ohne Beteiligung der Bewilligungsbehörde – einzelar- beitsvertraglich über- oder außertarifliche Leistungen mit Beschäftigten sind diese gleichwohl gültig. In diesen Fällen sind die Ausgaben, die das Besserstel- lungsverbot übersteigen, aber nicht zuwendungsfähig und grundsätzlich vom ZE selbst zu tragen. Gleiches gilt für die „freiwillige“ Gewährung sonstiger