Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit Schreiben vom 12. März 2020 legten Sie Widerspruch gegen den Bescheid
des Bundeskanzleramtes vom 9. März 2020 ein.
Auf Ihren Widerspruch ergehen folgende Entscheidungen:
Ihr Widerspruch wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Widerspruchsführer.
Die Kosten des Widerspruchsverfahrens werden auf 30,00 € festge-
setzt.
Gründe:
Mit E-Mail vom 13. Dezember 2019 beantragten Sie u. a. auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) Zugang zu der
„gesamte[n] Akte des Prüfungsgremiums Karenzzeit zu Sigmar Gabriel, inklusive sämtlicher Prüfungsunterlagen, Korrespondenzen und Stellungnahmen.“
Mit Bescheid vom 9. März 2020, Ihnen zugestellt am 11. März 2020, hat das Bundeskanzleramt den von Ihnen beantragten Informationszugang abgelehnt.
Mit Schreiben vom 12. März 2020, hier eingegangen am 17. März 2020, erhoben Sie gegen den Bescheid des Bundeskanzleramtes vom 9. März 2020 Widerspruch.
Zur Begründung Ihres Widerspruchs führen Sie im Wesentlichen aus, die im Be- scheid vom 9. März 2020 dargestellten Versagungsgründe 88& 6b und 6c BMinG, seien für Ihre Anfrage nicht einschlägig.
Ihr Widerspruch ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundeskanzler- amts vom 9. März 2020 ist rechtmäßig und verletzt Sie nicht in Ihren Rechten.
Die Akten des Karenzzeitgremiums, die im Bundeskanzleramt vorliegen, beinhal- ten Unterlagen, welche wie folgt zusammengefasst werden können: a. Kommunikation des Karenzzeitgremiums bzw. der Geschäftsstelle mit Bundesminister a. D. Sigmar Gabriel,
b. Kommunikation innerhalb des Karenzzeitgremiums bzw. der Geschäfts- stelle,
c. Kommunikation des Karenzzeitgremiums bzw. der Geschäftsstelle mit dem Bundeskanzleramt, { -
d. Sonstige externe Kommunikation des Karenzzeitgremiums bzw. der Ge- schäftsstelle inklusive Kommunikation mit der Redaktion des Bundesanzeigers.
Der Informationszugang ist gem. 8 5 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1, 8 3 Nr. 3b, 84 und 8 9 Abs. 3 IFG sowie 8 6b Abs. 3 Bundesministergesetz (BMinG) i. V. m. 8 3 Nr. 4 IFG zu versagen. Im Einzelnen: 1. 85 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 IFG
Gem. §8 5 Abs. 1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt wer- den, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Inte- resse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Gem. 8 5 Abs. 2 IFG überwiegt das Informationsinteresse des Antragstellers nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem
Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen.
Die einschlägigen Unterlagen sind infolge des Amtsverhältnisses von Herrn Sieg- mar Gabriel als Bundesminister entstanden und bilden den aktuellen beruflichen Status sowie die mögliche weitere berufliche Entwicklung ab. Es handelt sich mit- hin um Dokumente, die personenbezogene Daten enthalten und dem Schutz von 8 5 Abs. 2 IFG unterliegen.
Damit kommt dem Schutzinteresse des Betroffenen nach 8 5 Abs. 1 Satz 1 IFG — vorbehaltlich einer Abwägung im Einzelfall — grundsätzlich der Vorrang vor einem gegenläufigen Informationsinteresse des Antragstellers zu (BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - BVerwGE 154, 231 Rn. 26).
Gemäß 8 6a des Bundesministergesetzes (BMinG) in Verbindung mit 8& 7 des Ge- setzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre (ParlStG) sind nur amtierende und ehemalige Mitglieder der Bundesregierung so- wie Parlamentarische Staatssekretäre — die beide nach 8 1 BMinG bzw. 8 1 Abs. 3 ParlStG zum Bund in einem öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis stehen — ver- pflichtet, der Bundesregierung anzuzeigen, wenn sie beabsichtigen, innerhalb ei- nes Zeitraumes von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt einer Be- schäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nachzugehen.
Folglich können nur amtierende und ehemalige Amtsträger das sog. Karenzzeitverfahren auslösen und betreiben.
Des Weiteren nimmt die Prüfung des beratenden Gremiums nach $ 6b BMinG so- wie die darauf aufbauende Entscheidung der Bundesregierung, ob und inwieweit eine Karenzzeit ausgesprochen wird, nach 8 6b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BMinG aus- drücklich auf die Tätigkeit während der Amtszeit Bezug.
Alle Unterlagen, die im Bundeskanzleramt im Zusammenhang mit einer Anzeige nach 8& 6a BMinG entstehen, stehen damit in direktem Zusammenhang mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis im Sinne des 8 5 Abs. 2 IFG. Damit ist das Vertrau- lichkeitsinteresse der betroffenen Person auch im Rahmen einer Abwägung nicht überwindbar. Stattdessen kommt dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen hier der Vorrang im Sinne eines abwägungsresistenten Versagungsgrundes zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.6.2017 — 7 C 24/15 Rn. 27).
Folglich kann gem. 8 5 IFG eine Freigabe nur erfolgen, soweit der Dritte seine Zu- stimmung erteilt. Mit Schreiben vom 16. Juni 2020 hat das Bundeskanzleramt den Dritten gem. 8 8 Abs. 1 IFG beteiligt. Mit E-Mail vom 22. Juni 2020 teilte uns dieser mit, dass er mit einer Herausgabe der Dokumente nicht einverstanden ist.
Der Informationszugang ist somit gem. 8& 5 Abs. 1 und Abs. 2 IFG vollständig zuversagen.
2. 8 6b Abs. 3 Bundesministergesetz (BMinG) i. V. m. 8 3 Nr. 4 IFG
Gem. 8 3 Nr. 4 IFG besteht der Informationsanspruch unter anderem dann nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungspflicht unterliegt.
Gem. 8 6b Abs. 3 Satz 3 BMinG gibt das Karenzzeitgremiüm seine Empfehlung nicht öffentlich ab..Gem. 8& 6b Abs. 4 BMinG ist lediglich die Entscheidung der Bundesregierung unter Mitteilung der Empfehlung des beratenden Gremiums zu veröffentlichen.
Würde die Empfehlung, einschließlich der vorbereitenden Unterlagen, der Ge- schäftsstelle des beratenden Gremiums öffentlich, würde dies der Zielsetiung des 8 6b Abs. 3 Satz 3 sowie Abs. 4 BMinG zuwiderlaufen. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich dafür entschieden, die auf persönliche Umstände eines ehemaligen Amtsträgers zurückzuführenden Entscheidungen des beratenden Gremiums nach 8& 6b BMinG nicht öffentlich zu machen. Es würde dem Schutzzweck der Vorschrif- ten im BMinG zuwiderlaufen, würden diese Entscheidungen und die mit ihnen in Verbindung stehenden Unterlagen jederzeit auf Grundlage des Informationsfrei- heitsgesetzes öffentlich bekannt werden können.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid vom 9. März 2020 unter I. Nr. 2 verwiesen.
Die Dokumente unterliegen somit einer gesetzlich geregelten Geheimhaltungsvor- schrift. Der Informationszugang zu den unter a bis c aufgelisteten Dokumente ist daher zu versagen.
Soweit Sie einen Informationszugang zu den Bekanntmachungen von Entscheidun- gen der Bundesregierung nach $& 6b des Bundesministergesetzes (BMinG) bezüg- lich Herrn Bundesminister a. D. Sigrhar Gabriel vom 20. Juni 2018, vom 29. Novem- ber 2018 und vom 28. März 2019 begehren, wird Ihr Antrag nach 8 9 Abs. 3 IFG abgelehnt. Danach kann ein Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller sich die begehrten Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen selbst beschaffen kann. Die begehrten Informationen können Sie auf der Internetseite des Bundesanzeigers unter
www.bundesanzeiger.de kostenlos abrufen.
Der Informationszugang zu den unter lit. d genannten Dokumenten ist daher, soweit sie auf der Internetseite des Bundesanzeigers unter
www.bundesanzeiger.de veröffentlicht sind, zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf 8 73 Abs. 3 Satz 3 VWwGO 1.V.m. 8 80 Abs. 1 Satz 3 VWVfG i.V.m. 8 10 IFG. Die Höhe der festgesetzten Widerspruchsgebühr folgt aus 8 10 Abs. 1, 3 IFG in Verbindung mit Teil A Nr. 5 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses der IFGGebV.
Sie werden gebeten, die festgesetzten Kosten in Höhe von 30,00 EUR unter Angabe des Kassenzeichens XXX innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides auf das Konto der Bundeskasse Halle, IBAN: DE XXX, BIC: XXX, bei der Deutschen Bundesbank - Filiale Leipzig - zu überweisen.
Mit freundlichen Grüßen
https://fragdenstaat.de/a/219683