Sehr geehrte/r Antragsteller/in,
gerne beantworte ich Ihre Fragen in Bezug auf die Schulen in freier Trägerschaft in Nordrhein-Westfalen. Ich weise allerdings darauf hin, dass lediglich die Fragen unter Nr. 4 und Nr. 7 in den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes NRW fallen. Bei den übrigen Fragen handelt es sich jeweils lediglich um eine Bitte um eine Rechtsauskunft, die nicht in den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes NRW, des Umweltinformationsgesetz NRW und des Verbraucherinformationsgesetz fällt.
1. Frage:
In Deutschland (NRW) gibt es Schulen in freier Trägerschaft die als Ersatzschulen fungieren und zu einem Großteil von der Allgemeinheit finanziert werden, aber unter der Kontrolle des jeweiligen Schulträgers stehen.
Wie rechtfertigen sie die Existenz von Schulen in freier Trägerschaft die als Ersatzschulen fungieren?
Anwort:
Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird verfassungsrechtlich gewährleistet (vgl. Artikel 7 Absatz 4 Grundgesetz sowie Artikel 8 Absatz 4 Landesverfassung NRW).
2. Frage:
Warum gibt es in einigen Orten/Stadtteilen keine Schule in öffentlicher Trägerschaft, sondern nur Schulen in freier Trägerschaft?
Warum wird keine Schule in öffentlicher Trägerschaft eingerichtet?
Antwort:
Öffentliche Schulträger sind gemäß § 78 Absatz 4 Schulgesetz NRW dann verpflichtet, Schulen oder Bildungsgänge des Berufskollegs zu errichten und fortzuführen, wenn in ihrem Gebiet ein Bedürfnis dafür besteht und die in § 82 Schulgesetz NRW bestimmte Mindestgröße gewährleistet ist. Ein Bedürfnis besteht, wenn die Schule im Rahmen der Schulentwicklungsplanung erforderlich ist, damit das Bildungsangebot der Schulform in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden kann. Die Entwicklung des Schüleraufkommens und der Wille der Eltern sind bei der Feststellung des Bedürfnisses zu berücksichtigen.
Werden die Voraussetzungen für die Errichtung und Fortführung einer Schule, für die die Trägerschaft der Gemeinde vorgesehen ist, nur durch Zusammenarbeit von Gemeinden erreicht und führt diese Zusammenarbeit nicht zur Errichtung der Schule, so ist der Kreis verpflichtet, die Schule zu errichten und fortzuführen. Die Verpflichtung, Schulen zu errichten und fortzuführen besteht nicht, soweit und solange bereits vorhandene Schulen anderer öffentlicher oder privater Schulträger das Schulbedürfnis durch einen geordneten Schulbetrieb (§ 82 Schulgesetz NRW) erfüllen.
3. Frage:
Ermöglichen solche Schulen, die einen Elternbeitrag zur Mitfinanzierung erheben, nicht einen Bildungsvorteil von Kindern aus finanzstarken Elternhäusern?
Antwort:
Ersatzschulen sind zu genehmigen, wenn u. a. eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird (vgl. Artikel 7 Absatz 4 Satz 3 Grundgesetz sowie § 101 Absatz 1 Schulgesetz NRW).
Dies bedeutet, dass die Ersatzschule grundsätzlich von allen Eltern und Schülern ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage in Anspruch genommen werden können muss (sog. Sonderungsverbot). Beim Sonderungsverbot muss aber zwischen Schulgeld und Beiträgen zur Eigenleistung unterschieden werden. Diese auf freiwilliger Basis erbrachten finanziellen Leistungen unterfallen dem Sonderungsverbot nicht. Um Schulgeldzahlungen handelt es sich nur dann, wenn ein zwangsläufiger Konnex zwischen Schulbesuch und Zahlung von Geldern besteht.
Die Erhebung von Schulgeld ist in NRW in den Grenzen des Sonderungsverbots zwar nicht ausdrücklich untersagt. Artikel 9 Absatz 2 Satz 3 Landesverfassung NRW bestimmt aber, dass Privatschulen berechtigt sind, zu Lasten des Staates auf die Erhebung von Schulgeld zu verzichten, soweit dieser öffentlichen Schulen Schulgeldfreiheit gewährt. Im Rahmen der Ersatzschulfinanzierung ist geregelt, dass Schulgeld im Ersatzschulhaushalt zu vereinnahmen ist und damit den Landeszuschuss verringert, was darauf hinausläuft, dass faktisch kein Schulgeld erhoben wird.
Private Ergänzungsschulen erhalten keine finanzielle Förderung durch das Land Nordrhein-Westfalen. Sie unterliegen mit Ausnahme der Primarstufe einer nach § 118 Absatz 3 Satz 2 Schulgesetz NRW anerkannten ausländischen oder internationalen Ergänzungsschulen keinen Restriktionen für die Erhebung von Schulgeld. Das Schulgeld ist vielmehr die Gegenleistung der Kunden einer privaten Ergänzungsschule für die Inanspruchnahme der Dienstleistung Wissensvermittlung. Leistung und Gegenleistung werden bestimmt durch den privatrechtlichen Beschulungsvertrag. Dieser unterliegt ausschließlich zivilrechtlicher Regelung und Kontrolle.
4. Frage:
Welche Richtlinien gibt es beim festlegen des Elternbeitrages?
Antwort:
Es bestehen keine Richtlinien, die die Elternbeiträge festlegen.
5. Frage:
Welchen Vorteil können Schulen in freier Trägerschaft ihren Schülern im Gegensatz zu öffentlichen Schulen bieten bzw. worin bestehen die Unterschiede?
Antwort:
Ersatzschulen müssen zwar in ihren Bildungs- und Erziehungszielen im Wesentlichen Bildungsgängen und Abschlüssen entsprechen, die nach dem Schulgesetz oder aufgrund des Schulgesetzes vorhanden oder vorgesehen sind (vgl. § 100 Absatz 2 Schulgesetz NRW). Sie können sich jedoch eine besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägung geben und eigene den öffentlichen Schulen gleichwertige Lehr- und Erziehungsmethoden entwickeln (vgl. § 101 Absatz 3 Schulgesetz NRW).
Ergänzungsschulen im Sinne des § 116 Abs. 1 SchulG NRW sind solche Schulen, die vorhandenen oder möglichen öffentlichen Schulen nicht gleichwertig sind, also abweichenden Standards entsprechen. Sie haben das Recht, ihre Lehrpläne, Organisationsform und Methoden usw. völlig frei selbst zu stimmen. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens deutscher allgemein bildender Ergänzungsschulen wird lediglich überprüft, ob die schulischen Mindeststandards eingehalten werden (vgl. § 118 Abs. 2 SchulG NRW).
6. Frage:
Wie kontrolliert das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (Nordrhein-Westfalen) die Schulen in freier Trägerschaft.
Antwort:
Die Schulaufsicht über Ersatzschulen ist wegen der verfassungsrechtlich garantierten Privatschulfreiheit auf eine reine Rechtsaufsicht begrenzt. Sie sorgt insbesondere für die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen und der Vorschriften über die Erteilung von Zeugnissen und Berechtigungen. Sie wird von den oberen Schulaufsichtsbehörden wahrgenommen.
Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW hat in dem Runderlass vom 29.09.2007 “Schulaufsicht über Ersatzschulen“ nähere Regelungen zur Schulaufsicht getroffen.
Die Schulaufsicht über Ergänzungsschulen, die lediglich der Gefahrenabwehr dient, obliegt grundsätzlich den oberen Schulaufsichtsbehörden, also den jeweils zuständigen Bezirksregierungen (vgl. § 117 Schulgesetz NRW). Lediglich im Falle der anerkannten ausländischen oder internationalen Ergänzungsschulen übt das Ministerium entsprechend den Vorschriften nach §§ 116 und 117 Schulgesetz NRW die Schulaufsicht aus (vgl. § 118 Schulgesetz NRW). Hier beschränkt sich die Aufsicht im Wesentlichen auf die Einhaltung der Anerkennungsvoraussetzungen.
7. Frage:
Die zur Verfügung stehenden Statistiken und Informationen die die Situation von Schulen in öffentlicher Trägerschaft und die Situation von Schulen in freier Trägerschaft (sowohl bei Ersatzschulen als auch bei Ergänzungsschulen) getrennt voneinander darstellen, insbesondere den Leistungen der Schüler und die jeweiligen Abschlussnoten beim Erwerb der allgemeinen Hochschulreife.
Statistiken und Informationen, die die Situation von Schulen in öffentlicher Trägerschaft und die Situation von Schulen in freier Trägerschaft getrennt voneinander darstellen, können der jährlichen Auswertung der Schulstatistik (
https://www.schulministerium.nrw.de/doc… oder
https://www.schulministerium.nrw.de/doc…)
entnommen werden.
Entsprechende Daten liegen für Ergänzungsschulen nicht vor.
Mit freundlichen Grüßen