Regelsatzpauschale für die Anschaffung eines neuen Personalausweis?
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1, 3, 4/09, Rn. 132 ff.) die Ermittlung der Höhe der Regelleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Absatz 1 GG für unvereinbar erklärt.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html
Dem Gesetzgeber wurde die Verpflichtung auferlegt, den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums so zu konkretisieren, dass „alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf, also realitätsgerecht,“ bemessen werden (Rn. 139).
Daraufhin hat die Bundesregierung z.B. die Pauschalen für Tabak und Alkohol ersatzlos gestrichen. Die Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel und Energie wurden nicht dynamisch angepasst, so dass seit Einführung von SGB II ein stetig wachsender Kaufkraftverlust nachgewiesen wurde. Das „Existenzminimum“ wird kontinuierlich unterschritten.
Damit ist den Leistungsberechtigten beinahe jede Möglichkeit genommen, die Pauschalen anderweitig z.B. in Bildung oder ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben zu investieren.
Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht dies ausdrücklich zur Auflage gemacht:
„Dem Statistikmodell liegt bei der Bildung des regelleistungsrelevanten Verbrauchs die Überlegung zugrunde, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen in einzelnen Ausgabepositionen vom durchschnittlichen Verbrauch abweichen kann, der Gesamtbetrag der Regelleistung es aber ermöglicht, einen überdurchschnittlichen Bedarf in einer Position durch einen unterdurchschnittlichen Bedarf in einer anderen auszugleichen. Der Gesetzgeber muss deshalb die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge so bestimmen, dass ein interner Ausgleich möglich bleibt.“ (Rn.172)
Gemäß Personalausweisgesetz (PauswG) § 1 besteht für Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes eine Ausweispflicht. Die Gültigkeitsdauer erlischt nach zehn Jahren. Die Gebühren für einen Personalausweis werden mit 28,80 € veranschlagt, dazu kommen noch die Kosten für ein normgerechtes Passfoto in Höhe von ca. 8,00 €.
1. Bitte übersenden Sie mir die Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Regelsätze aus denen hervorgeht, in welcher Höhe die tatsächlichen Kosten für amtliche Ausweise in die Regelsatzfestsetzung berücksichtigt wurden.
2. Bitte benennen Sie mir die korrekte Vorgehensweise, wenn die Ansparleistung für die Beschaffung z.B. eines Personalausweises zum Ausgleich akuter abweichender Bedarfe aufgebraucht werden musste.
3. Altersarmut, SGB II und SGB XII-Empfänger sind bedürftig von Gesetzeswegen. In der Personalausweisgebührenverordnung (PauswGebV) § 1 Abs.6 heißt es: „Die Gebühr kann ermäßigt oder von ihrer Erhebung abgesehen werden, wenn die Person, die die Gebühr schuldet, bedürftig ist.“ - Ist diese Anwendung vorrangig von Behörden zu berücksichtigen, oder kann auf eine Neuanforderung eines Personalausweises verzichtet werden.
Ergebnis der Anfrage
Bereits das Beispiel der Kosten für einen Personlausweis zeigt, dass die Regelbedarfsermittlung nicht ausreichend an die Lebenswirklichkeit angepasst ist.
Selbst wenn Betroffene tatsächlich zehnJahre lang monatlich 25 Cent zurücklegen würden, hätten sie nicht das Geld für das geforderte biografische Passfoto.
Partner erhalten nur 90% der Regelleistung, ca. 0,23 € für einen Personalausweis.
Die Ansparsumme in einem Jahr liegt demnach bei 2,76 €. Nach zehn Jahren sind das 27,60 € - der Personalausweis kostet seit 2011 aber 28,80 €. Die Fotokosten sind nicht berücksichtigt.
Anfrage erfolgreich
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Datum26. Oktober 2013
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27. November 2013
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