Sanktionierung von schwangeren Hartz IV-Bezieherinnen und deren Ungeborenen
Bereits mehrfach wurde in Online- und Printmedien darüber berichtet, dass einige Jobcenter unter Berufung auf das SGB II schwangere Frauen und deren ungeborene Kinder sanktionierten. Auch beim Jobcenter Märkischer Kreis wurde mir jetzt ein erster Fall bekannt gegeben.
Die Mitarbeiter der betreffenden Jobcenter berufen sich dabei regelmäßig auf die gesetzlichen Vorgaben des § 31 und § 32.
Im namentlichen Abstimmungsergebnis der 175. Sitzung des Deutschen Bundestages vom Donnerstag, 26.April 2012 sprachen sie die Politiker der CDU/CSU, der SPD, der FDP fast übereinstimmend für eine Fortsetzung und Verschärfung der Sanktionspraxis aus. Die Grünen enthielten sich mit Ausnahme einer einzigen Gegenstimme. Allein die Partei dieLinke positionierte sich gegen die Unterschreitung des soziokulturellen Existenzminimums durch Sanktionen.
http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/2012/20120426_1.pdf
1. Bis zum wie vielten Monat ist die Sanktionierung von schwangeren Hartz IV-Bezieherinnen vom Grundgesetz geschützt? Bitte benennen Sie die Rechtsgrundlagen.
2. Für Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren sieht das SGB II sogar Sanktionen bis 100% der Leistungen vor. Außerdem können die Leistungen der Kosten der Unterkunft bis auf 0 gekürzt werden. Schwangerschaften sind als Ausnahmeregelungen nicht vorgesehen. Welche Ermessensspielräume und welchen Schutz für Jobcentermitarbeiter sieht das SGB II vor, wenn diese die Umsetzung der Lebensbedrohlichen Sanktionen gegen Schwangere aus Gewissensgründen verweigern möchten? Welche internen Weisungen liegen vor?
3. Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention sichert allen Bürgern zu, dass innerhalb der EU das Recht jedes Menschen auf Leben grundsätzlich gesetzlich geschützt wird, macht aber die Einschränkung landeseigener Gesetzgebung. Die Versagung der Existenzsichernden Grundversorgung stellt durchaus eine solche Lebensbedrohliche Situation für Schwangere, bzw. das Ungeborene dar. Zählt die Sanktionsgesetzgebung des SGB II zu den benannten Ausnahmeregelungen der Europäischen Menschenrechtskonvention?
4. Welche fundierten Studien liegen der Regierung und Ihrem Ministerium vor, die den Nutzen solcher Sanktionen für die Integration Erwerbsloser in den ersten Arbeitsmarkt mit Fakten begründen können?
Ergebnis der Anfrage
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schließt die Sanktionierung von Schwangeren und deren ungeborenen Kinder nicht völlig aus, vielmehr wird auf die Ermessensentscheidung der Sachbearbeiter abgestellt. Der habe "alle Umstände des Einzelfalls" zu prüfen.
So wird die Verantwortung auf das auszuübende Ermessen ausgelagert:
"Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der besonderen Bedarfslage der Schwangeren ist in diesen Einzelfällen von einer Ermessenreduzierung auf Null auszugehen,sodass der SGB II-Leistungsträger bei schwangeren Leitungsberechtigten ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen nach § 31 Absatz 3 Satz 6 SGB II zu erbringen hat."
Hier wäre möglicherweise der Begriff der "Sippenhaft" überdenkenswert.
Anfrage teilweise erfolgreich
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Datum28. November 2013
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31. Dezember 2013
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