Bescheid:
1. Der Antrag auf Informationszugang nach § 9 Thüringer Transparenzgesetz (ThürTG) wird abgelehnt.
2. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.
Gründe:
I.
Mit E-Mail vom 16.04.2023 beantragten Sie nach § 9 ThürTG den Zugang zum „Schreiben von Bodo Ramelow an das Auswärtige Amt in Bezug auf seinen Besuch in der Colonia Dignidad im Oktober 2022 (vgl.https://
www.tagesschau.de/ausland/amerika/chile-deutschland-colonia-dignidad-101.html)“.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2023 wurde Ihnen der Eingang Ihres Antrages bestätigt und Sie wurden gebeten, vorbehaltlich der Prüfung zur Eröffnung des Anwendungsbereiches des ThürTG, Ihren Antrag entsprechend den Regelungen des § 9 Abs. 3 und 4 ThürTG aufgrund von Drittpersonen-Bezügen innerhalb der angefragten Information näher zu bestimmen. Mit E-Mail vom 11. Mai 2023 begründeten Sie Ihren Antrag mit dem „ungebrochenen öffentlichen Interesse an der Aufarbeitung der Skandale um die Colonia Dignidad, deren Teil die angefragte Information ist“.
II.
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 eröffnet das Thüringer Transparenzgesetz jedermann gegenüber den Behörden, Einrichtungen und sonstigen Öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen, soweit sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, einen Zugang zu amtlichen Informationen.
Die Thüringer Staatskanzlei ist bezüglich der konkret begehrten Informationen jedoch keine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs.1 ThürTG. Hiernach wird die Anwendung des ThürTG nur für die Stellen des Landes eröffnet, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Die begehrten Informationen aus dem Schreiben Bodo Ramelows sind nicht in der Wahrnehmung von Aufgaben öffentlich-rechtlicher Verwaltung i.S.d. § 2 Abs. 1 ThürTG entstanden.
Die Vor- und Nachbereitung, Mitwirkung und Teilnahme des Ministerpräsidenten an Auslandsreisen im Rahmen der Bundesratspräsidentschaft erfolgte in Ausübung von legislativem bzw. verfassungsrechtlichem Handeln, das nach dem Willen des Landesgesetzgebers vom Anwendungsbereich des ThürTG ausdrücklich ausgenommen ist. Der gesetzgeberische Wille lässt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes ermitteln. Danach wurde der Anwendungsbereich des Gesetzes auf sämtliche Stellen des Landes beschränkt, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Überdies heißt es in der gesetzlichen Begründung: „Der Begriff der öffentlich-rechtlichen Aufgaben lehnt sich an § 1 Abs. 2 ThürVwVfG an und stellt damit auf den Begriff
der materiellen Verwaltung ab. Da sich der Anwendungsbereich des Gesetzes somit auf reine Verwaltungstätigkeit bezieht, fallen öffentliche Stellen, die legislative, judikative oder gubernative Aufgaben sowie sonstige unabhängige
Tätigkeiten wahrnehmen nur hinsichtlich ihrer verwaltungsmäßigen Handlungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes.“
Die beantragten Informationen zur Aufarbeitung der Vorgänge um die Colonia Dignidad sind im Zusammenhang mit dem Besuch des Bundesratspräsidenten in Chile im Oktober 2022 entstanden. Der Präsident des Bundesrates steht dem Bundesrat, einem ständigen Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland, vor und vertritt den Bundesrat bei protokollarischen Terminen im In- und Ausland. Maßgeblich dabei ist, dass die Gespräche mit Opferverbänden im Ausland sowie deren Vor- und Nachbereitungen von den Abstimmungen der Positionen und der Ausgangslage der Bundesregierung bzw. des Auswärtigen Amtes geprägt sind. Dabei handelt es sich typischerweise um einen Prozess politischer Interessenabwägung im Bereich internationaler Beziehungen, welcher ohne Zweifel dem Handeln im Rahmen der Vertretung des Bundesrates im Ausland, als Verfassungsorgan des Bundes, und nicht der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsaufgaben durch die Thüringer Staatskanzlei zuzuordnen ist.
Der Antrag auf Zugang zu Informationen zum „Schreiben von Bodo Ramelow an das Auswärtige Amt in Bezug auf seinen Besuch in der Colonia Dignidad im Oktober 2022 (vgl.https://
www.tagesschau.de/ausland/amerika/chiledeutschland-colonia-dignidad-101.html)“ war daher abzulehnen.
Die Beantwortung der Anfrage auf Informationszugang ist nach § 15 ThürTG grundsätzlich kostenpflichtig. Für die Gebührenbemessung gilt das Kostendeckungsprinzip (§ 1 Abs. 2 des ThürTGVwKostG vom 12.08.2022 - GVBl. S.
392 i.V.m. 8 21 Abs. 4 Satz 3 des ThürVwKostG vom 23. September 2005 - GVBI. S. 325 - in den jeweils geltenden Fassungen), wobei die Gebühren auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands so zu bemessen sind, dass
der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann. Die öffentlichen Leistungen sind bei geringfügigem Aufwand verwaltungskostenfrei. Geringfügig im Sinne des 8 4 Abs. 1 ThürTGVwKostO ist der Aufwand, so wie im vorliegenden Fall, wenn die Bearbeitungszeit für die Gewährung des Informationszugangs einschließlich der erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen 20 Minuten nicht übersteigt und keine Auslagen erhoben werden.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Thüringer Staatskanzlei, Referat 12, Regierungsstraße 73, 99084 Erfurt, einzulegen. Bei schriftlicher Einlegung des Widerspruchs ist die Widerspruchsfrist nur gewahrt, wenn der Widerspruch noch vor Ablauf dieser Frist bei der Thüringer Staatskanzlei eingegangen ist.
Anrufung des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit:
Sollten Sie Ihr Recht auf Informationszugang nach dem Thüringer Transparenzgesetz verletzt sehen, können Sie zudem den Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit anrufen. Die Bestimmungen über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt. Die Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde lautet: Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Häßlerstraße 8, 99096 Erfurt.
Mit freundlichen Grüßen