Sehr geehrte Damen und Herren,
zu der angefügten Anfrage wird seitens der Hochschule des Landes Brandenburg wie folgt Stellung genommen:
An der Hochschule des Landes Brandenburg (HPol) werden die angehenden Polizeibeamtinnen und -beamten in den Fächern Psychologie, Einsatzlehre, Eingriffsrecht sowie in den einsatzbezogenen Trainings darin ausgebildet, in polizeilichen Einsatzsituationen auf eine Vielzahl unterschiedlichster Einsatzanlässe gewissenhaft und besonnen zu reagieren. Dazu gehört auch der deeskalierende, rechtlich und kommunikativ kompetente Umgang mit Menschen, die auf unterschiedlichste Art und Weise anders reagieren, als man dies von psychisch stabilen Menschen in unproblematischen Alltagssituationen erwartet. Dies betrifft neben psychisch kranken Menschen auch Menschen unter Schock oder in anderen psychischen Ausnahmesituationen, Opfer von Gewalt, demente und orientierungslose Menschen, Kinder in Notsituationen, Menschen, die durch Verkehrsunfälle, Schicksalsschläge oder Straftaten traumatisiert sind, aber auch Menschen, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, emotional stark erregt sind oder zur Aggression und Gewaltanwendung neigen – um nur einige Beispiele für derartige Einsatzsituationen zu nennen.
Die Ausbildungsphilosophie an der HPol bietet nicht für jede der genannten Fallkonstellationen gesonderte Seminare mit einem fest ausgewiesenen Stundenkontingent an, sondern vermittelt die erforderlichen Kompetenzen zur Bewältigung derartiger Einsatzsituationen im Rahmen eines übergreifenden Konzepts, in dem auf die Besonderheiten der spezifischen Einsatzsituationen jeweils gesondert eingegangen wird. Dabei werden die Studierenden und Auszubildenden selbstverständlich auch für psychische Erkrankungen sowie deren Begleiterscheinungen sensibilisiert, wobei insbesondere das Erlernen und Trainieren kommunikativer Deeskalationsstrategien im Vordergrund steht. Aus den genannten Gründen ist eine prozentuale oder stundengenaue Quantifizierung mit Bezug zu spezifischen Einsatzsituationen bzw. Zielgruppensegmenten nicht möglich und auch nicht sinnvoll.
Im Rahmen des Bachelorstudiums für den gehobenen Polizeivollzugsdienst wird zudem vom Professor für Psychologie, ein Wahlpflichtmodul mit dem Titel „Krank und / oder gefährlich? Polizeilicher Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen“ angeboten. In diesem erhalten die Studierenden die Gelegenheit, ihr Wissen zu zentralen psychischen Störungsgruppen zu vertiefen und sich mit sinnvollen polizeilichen Handlungsstrategien auseinanderzusetzen. Im Rahmen dieses Moduls haben die Studierenden auch die Möglichkeit, psychiatrische Einrichtungen und Menschen mit psychischen Erkrankungen kennenzulernen.
Außerdem bietet die Hochschule den Absolventinnen und Absolventen dieses Wahlpflichtmoduls nach eineinhalb Jahren eine Reflexionsphase an, in der sie über ihre konkreten Erfahrungen im Umgang mit psychisch kranken Menschen im Einsatz berichten und reflektieren können. Dahinter steht auch der Gedanke, dass Polizeibeamtinnen und -beamte, die auf diesem Feld eine besondere Kompetenz haben und über das erforderliche Reflexionsvermögen verfügen, in ihren Dienststellen als Multiplikatoren fungieren und im Kolleginnen- und Kollegenkreis mit dazu beitragen, die Sensibilität für dieses Thema zu vergrößern. Das Wahlpflichtmodul „Krank und / oder gefährlich? Polizeilicher Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen“ hat einen Umfang von 72 Lernzeiteinheiten (à 45 Minuten) Kontaktstudium und 128 Lernzeiteinheiten Selbststudium. Der Teilnehmerkreis für dieses Wahlpflichtmodul ist aus organisatorischen Gründen allerdings auf 20 Personen beschränkt.
Es gibt zu der explizit gegenständlichen Thematik keine verpflichtenden Weiterbildungen in der Polizei des Landes Brandenburg außerhalb der Ausbildung und des Studiums. Vielmehr spiegeln sich verschiedene, bereits im zuvor genannten Punkt, fachübergreifende Aspekte zum deeskalierendem sowie rechtlich und kommunikativ kompetentem Umgang mit psychisch oder physisch beeinträchtigten Menschen in den verschiedensten Weiterbildungsmöglichkeiten der Polizei Brandenburg wieder und sind somit auch noch nach abgeschlossenem Studium bzw. abgeschlossener Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten Bestandteil der Weiterbildung.
Die Veröffentlichung, auf welche in den Veranstaltungen zentral bezuggenommen wird, ist in der Anlage beigefügt: "Handbuch polizeiliches Einsatztraining", Biedermann, J., & Ellrich, K. (2022). Der polizeiliche Umgang mit aggressiven Verhaltensweisen bei Menschen mit psychischen Störungen – Handlungskonzepte, Spannungsfelder und Notwendigkeiten der zukünftigen Beforschung. In M. Staller & S. Koerner (Hrsg.), Handbuch polizeiliches Einsatztraining: Professionelles Konfliktmanagement – Theorie, Trainingskonzepte und Praxiserfahrungen (S. 431–450). Springer Fachmedien.
https://doi.org/10.1007/978-3-658-34158-9_23
Für etwaige Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüße