Sicherung Rechte von Betroffenen sexueller Gewalt in Datenschutzfragen der Kirchen, hier der EKD
Aufgrund der spezifischen Regelungen der Datenschutzgrundverordnung wird den Kirchen eine eigenrechtliche Hoheit in Fragen des Datenschutzes gewährt. Auf der Seite des Bundesdatenschutzbeauftragten heisst es:
"Mit Blick auf das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht von Religionsgemeinschaften gelten die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz im Bereich der Kirchen nur sehr eingeschränkt. Art. 91 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erlaubt den Kirchen und Religionsgemeinschaften die Beibehaltung eigenen Datenschutzrechts, wenn bislang ein umfassendes Datenschutzrecht bestanden hat. Zudem dürfen diese Institutionen nach Art. 91 Abs. 2 DSGVO eigene unabhängige Datenschutzbehörden einrichten. ... Diese sind weitgehend an die Bestimmungen der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes angepasst .... An diese kann man sich mit Anfragen und Beschwerden datenschutzrechtlicher Art wenden."
Für Bürger_innen ergibt sich daraus, dass sie Prüfungen etwaiger datenschutzrechtlicher Verstöße zu ihren Lasten ein Verfahren beim jeweils zuständigen kirchlichen Datenschutzbeauftragten anstrengen müssen. Wenn in der Folge gegen die Feststellungen / Ergebnisse der kirchlichen datenschutzrechtlichen Prüfung Klage eingereicht werden soll, so muss dies vor der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgen, im Fall der EKD vor der Verwaltungsgerichtskammer.
In der EKD gilt zudem für alle Klageverfahren, dass der gewählte Beistand nach § 21 des Kirchengerichtsgesetzes Mitglied einer ACK-Kirche sein und über alle Informationen aus dem Verfahren zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Gleichermaßen wird im Verfahren der katholischen Kirche die Auswahl des Beistandes beschränkt.
Diese kirchlichen Verfahrensvorschriften mögen in rein innerkirchlichen Verfahren Sinn machen. Sie sind aber im Außenverhältnis zu Bürger_innen der BRD, die selbst ja ebenfalls nicht regelhaft Mitglied einer Kirche sind, unzumutbar. Dies gilt insbesondere in Fällen, wo es um die Aufarbeitung von kirchlichem Verwaltungshandeln bei der Ahndung und Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauches gegen Kinder und Jugendliche geht.
Als Mitglied des Betroffenenrates UBSKM, die von Betroffenen immer wieder von unzureichender Sicherung datenschutzrechtlicher Belange erfährt, wie auch persönlich, weil ich konkret vor der verwaltungsgerichtlichen Prüfungen meiner aktuellen datenschutzrechtlichen Beschwerde stehe, meine Fragen an Sie:
1. Wie schützt der deutsche Staat Bürger_innen, wenn sie von unzureichender datenschutzrechtlicher Sicherung seitens einer der Kirchen belastet werden?
2. Welche Rechtswege der Prüfung datenschutzrechtlicher Belange eröffnen sich Bürgern, wenn die innerkirchlichen Verfahrenswege ausgeschöpft sind? Diese Frage zielt sowohl auf gesetzliche Regelungen der BRD als auch auf ergänzende oder weitere Verfahrenswege im Rahmen europäischer Gerichtsbarkeit.
3. Kann nach bundesdeutschem Recht durchgesetzt werden, dass der Beistand im kirchlichen Verwaltungsverfahren NICHT Mitglied einer ACK-Kirche sein muss?
4. Kirchlich-institutionell überwiegen regelhaft tatsächliche oder vermeintliche Fürsorgeverpflichtungen gegenüber erwiesenen oder mutmaßlichen Tätern, besonders wenn diese Mitarbeiter_innen der Institution sind. Allein aus diesem Interessenkonflikt heraus gelingt häufig kein angemessener Daten- und Persönlichkeitsschutz von Betroffenen. Welche Vorkehrungen des Staates sind hier bereits implementiert oder geeignet, die Belange von Betroffenen zu stärken?
5. Welche Unterstützungsmöglichkeiten sieht das Ministerium für Betroffene sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend, um angemessene und unabhängige Verfahren im Rahmen für Betroffenen in solch innerkirchlichen Gerichtsverfahren sicherzustellen? Dies unter besonderer Berücksichtigung des vom Staat verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts von Religionsgemeinschaften? Problematisch sind hier auch die finanziellen Belastungen, wenn Betroffene sich für eine Klage vor der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit entscheiden, da seitens der Kirchen keine Prozesskostenhilfe vorgesehen ist. Schon allein deswegen steht Betroffenen der Weg der juristischen Durchsetzung oftmals erst gar nicht offen.
6. Wie kann aktuell und in Zukunft ein Ausgleich des besonderen Schutzbedürfnisses Betroffener bei Aufklärung und Aufarbeitung von sexueller Gewalt im kirchlichen Kontext und dem garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gelingen? Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Verfahren im kirchlichen Kontext regelhaft mit der erneuten Konfrontation u.a. mit kirchlichen Symbolen, Ritualen und auch mit kirchlich-institutionellen Vertreter_innen geführt werden müssen. Alles Umstände, die situativ nicht nur als belastend erlebt werden, sondern immer wieder auch Erinnerungen an die traumatisierenden Erlebnisse selbst auslösen können.
Anfrage erfolgreich
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Datum6. März 2020
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8. April 2020
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