Plädoyer in der Rechtssache C-333/21 (European Super League Company)

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Stellungnahme der Bundesregierung im EuGH-Verfahren zur Super-League-Grün­dung

/ 5
PDF herunterladen
Bundesrepublik Deutschland                           Berlin, den 11. Juli 2022 Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz MR Möller Plädoyer in der Rechtssache C-333/21 (European Super League Company) Mündliche Verhandlung vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg (Große Kammer) am Montag/Dienstag, 11./12. Juli 2022 ab 14:30 Uhr
1

2 Herr Präsident, Herr Vizepräsident, meine Damen und Herren Richter, Herr Generalanwalt 1 Die Bundesregierung hat sich bislang in diesem Verfahren nicht geäußert. Bevor ich mich einer Ihrer Fragen widme, er- laube ich mir daher, Ihnen zunächst die Haltung der deut- schen Regierung zu diesem Vorabentscheidungsersuchen allgemein zu schildern: 2 Eines möchte ich gleich zu Anfang festhalten. Die Bundesre- gierung ist in diesem Verfahren nicht Partei und sie er- greift auch auf keiner der Seiten des Ausgangsverfahrens Partei. 3 Citius, altius, fortius – Schneller, höher, stärker. 4 Das ist das Motto, unter dem die Olympischen Spiele der Neuzeit lange standen. Vor fast genau einem Jahr wurde dem Motto ein viertes Wort hinzugefügt: communiter – gemein- sam. 5 Aus Sicht des Wettbewerbsrechts ist dies eine sinnvolle Er- gänzung. Sport ruft immer nach Wettkampf, es geht darum, den anderen zu übertreffen. Aber der Wettkampf – der Wett- bewerb – muss fair sein. Und hier zeigt der vierte Grundsatz „Gemeinsam“ die Richtung an. Fair ist ein Wettbewerb näm- lich nur dann, wenn er wirklich gemeinsam stattfindet – das heißt: wenn er allen unter denselben Voraussetzungen offen- steht.
2

3 6 Die Veranstaltung einer Super League als eines im Wesentli- chen geschlossenen Wettbewerbs – nämlich wegen der Teilnahme der „großen Clubs“ unabhängig von ihrer aktuellen Leistung – verstößt gegen diesen Gedanken des Wettbe- werbsrechts. Manche Clubs sind in diesem Wettbewerb ge- setzt, für andere soll er nur unter schwierigen Voraussetzun- gen zugänglich sein. 7 Eine „Superleague“, in der nicht offener Wettbewerb und sportliche Leistung zählen, würde als geschlossener Zirkel der reichsten Klubs nicht nur dem Geist des Sports wider- sprechen. 8 Sie stünde zudem auch in Widerspruch zu den Kernelemen- ten des „Europäischen Sportmodells“, zu dem sich im vergan- genen Jahr alle EU-Mitgliedstaaten bekannt haben. Auch der Erfolg der „Topclubs“ basiert auf dem Gesamtsystem des Fußballs. Es ist unsolidarisch, wenn sich die reichsten Clubs aus dem System verabschieden, von dem sie profitieren und auf nationaler Ebene auch weiterhin profitieren wollen, und ausschließlich ihre eigenen finanziellen Interessen verfolgen. 9 Eine solche „Super League“ wäre kein Wettbewerb, wie er dem Unionsrecht vorschwebt und wie er von Art. 101 und 102 AEUV geschützt wird. Wettbewerbe nach Art eines „closed shop“, wie es die European Super League werden soll, sollten
3

4 also mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts verhindert wer- den. 10 Das bedeutet aber andererseits auch: Nicht alle Maßnah- men von UEFA und FIFA zur Verhinderung einer Super Lea- gue sind von vorherein als wettbewerbsrechtlich unbedenk- lich anzuerkennen. Diese bedürfen vielmehr einer wettbe- werbsrechtlichen Überprüfung. 11 Der Profisport ist wie alle Wirtschaftsbereiche an die Vorga- ben des Kartellrechts gebunden. 12 Es gibt keine Differenz zwischen Sportlichkeit und fairem Wettbewerb. Denn zu den Werten des Sports gehört auch In- tegrität: Wettbewerbsverzerrung oder gar Korruption wären entsprechend mit den Werten des Sportes nicht vereinbar. Gerade im Bereich des Profi-Sports und dort bei den europäi- schen und internationalen Spitzenverbände sollen die Struk- turen zur Korruptionsprävention gestärkt und auch weitere Governance-Reformen erwogen werden. Dafür tritt die Bun- desregierung ein. 13 Ich möchte mich schließlich der zweiten Ihrer schriftlichen Fragen zuwenden: 14 Eine Führungsrolle bei der Organisation europäischer Fuß- ballwettbewerbe (welche die UEFA faktisch innehat) kann nach Überzeugung der deutschen Regierung nur im Einklang
4

5 mit Kartellrecht ausgeübt werden und vermittelt nicht ihrer- seits kartellrechtliche Rechtfertigungen. 15 Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
5