Guten Tag,
da ich inhaltsgleiche Anfragen auch an die anderen Ministerien gestellt habe, und bereits erste Antworten von Ihren Kolleg*innen aus den anderen Häusern bekommen habe, weise ich vorsorglich auf folgendes hin:
Zum Antrag zu 1)
Für die Ablehnung der mit dem Antrag zu 1) begehrten Informationen (Übersicht) genügt ein bloßer Verweis, eine solche Tabelle sei in Ihrem Haus nicht vorhanden, nicht.
§ 1 IFG gewährt einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Anspruch erfasst sämtliche Informationen, die in einer informationspflichtigen Stelle vorhanden sind. Sofern ihre Antwort als Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG zu verstehen ist, nach der das IFG keine Informationsbeschaffungspflicht enthält, bezieht sich diese auf die Generierung neuer Informationen. Vom Informationszugangsanspruch umfasst ist hingegen sämtliches präsentes dienstliches Wissen einer Behörde, und damit auch die angefragten Informationen über die Stellungnahmefristen. Die Auskunft kann daher lediglich mit Verweis auf einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand ( § 7 Abs. 2 S. 1 IFG) verweigert werden. Die dafür vom BVerwG (Urt. v. 12.10.2009, 7 C 2.15) gezogenen Grenzen dürften allerdings offenkundig nicht gegeben sein. Ihre Antwort zu einer möglichen Gebührenpflichtigkeit bzgl. Ziff. 3 bestätigt ja auch offenkundig, dass Sie selbst nicht von einem solchen ausgehen.
Die Zusammenstellung vorhandener Informationen in einer Übersicht stellt indes keine Generierung neuer Informationen dar. Für das Vorhandensein einer Information i.S.v. § 2 IFG ist es unerheblich, dass sich Informationen nicht in einem einheitlichen Verwaltungsvorgang befinden (VG Köln, Urt. v. 2.9.2010, 13 K 7089/08). Es geht hier lediglich um eine reine Übertragung vorhandener Informationen in eine Übersicht. Eine solche ist aber keine Informationsbeschaffung, sondern eine bloße Übertragungsleistung, die vom Anspruch nach § 1 IFG gedeckt ist, vgl. BVerwG NVwZ 2015, 669, Rn. 37; siehe auch OVG Bautzen, Urt. v. 15.11.2017, 5 A 536/16, Rn. 15. Insoweit geht es „lediglich um eine technische Aufbereitung tatsächlich bei der informationspflichtigen Stelle vorhandener Informationen“, VGH Mannheim, 06.08.2019, 10 S 303/19, Rn. 36.
Auch Ihre Kolleg*innen in den anderen Ministerien teilen diese Rechtsauffassung. So haben die folgenden Ministerien einen wortgleichen Antrag zu 1) unbeanstandet durch Übersendung einer entsprechenden Tabelle bearbeitet:
BMWSB:
https://fragdenstaat.de/anfrage/stellungnahmefristen-zu-gesetzesentwuerfen-ihre-hauses-14/834669/anhang/anlage1.pdf
BMBF:
https://fragdenstaat.de/anfrage/stellungnahmefristen-zu-gesetzesentwuerfen-ihre-hauses-7/833213/anhang/anlage-gesetzgebungsvorhaben.pdf
BMUV:
https://fragdenstaat.de/anfrage/stellungnahmefristen-zu-gesetzesentwuerfen-des-bmuv/834299/anhang/bmuv-strllungnahmefristen-anlage-1-2.pdf
Zum Antrag zu 3)
Ich weise erneut darauf hin, dass der Antrag zu 3) subsidiär zum Antrag zu 1) gestellt wurde und ich den Zugang zu den Emails nur begehre, sofern Sie den Antrag zu 1) ablehnen.
Tatsächlich dürfte aber die Beantwortung der Anfrage zu 1) einen deutlich geringerem Aufwand verursachen, weil er lediglich die Angabe der Dauer der Verbändebeteiligung erfordert und nicht, wie der Antrag zu 3), die Prüfung und ggf. Schwärzung von personenbezogenen Daten.
Zur Gebührenpflichtigkeit
Zu möglichen Gebührenermäßigungstatbeständen teil ich Ihnen vorsorglich mit:
Meine Anfrage verfolgt einen wissenschaftlichen Zweck im öffentlichen Interesse. In den vergangenen Monaten kamen immer wieder öffentliche Diskussionen über die Art und Weise der Durchführung der Verbändebeteiligung nach § 47 Abs. 3 GGO im Gesetzgebungsverfahren auf, weil Ministerien teils sehr kurze Stellungnahmefristen setzten. So zum Beispiel wieder Ende August: Das Bundeskanzleramt gab den Verbänden eine Frist von 24 Stunden für Stellungnahmen zum BND-Gesetzentwurf, was u.A. vom Deutschen Anwaltsverein scharf kritisiert wurde (
https://twitter.com/Anwaltverein/status/1693601607101841688).
Bei Gesetzen, die Umweltinformationen enthalten, ist die Verbändebeteiligung außerdem nicht bloß durch die Geschäftsordnung der Ministerien vorgegeben, sondern auch durch die Aarhus-Konvention völkerrechtlich vorgezeichnet. In diesem Zusammenhang ist auch eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland beim Aarhus Compliance Committee anhängig, weil die Frist für Stellungnahmen zum Entwurf für die Änderung des Klimaschutzgesetzes gerade einmal zwei Werktage betrug.
Green Legal Impact möchte gerne die ministeriale Praxis der letzten 6 Jahre beleuchten und empirisch untersuchen, ob die Stellungnahmefristen tatsächlich (wie von Verbänden oft kritisiert) unangemessen kurz ausfallen - oder ob dies nur gut begründete Ausnahmefälle betrifft. Das Ergebnis der Erhebung soll veröffentlicht und in die öffentliche Diskussion um gute Gesetzgebung einfließen. Die Bundesregierung hat sich selbst einer guten Gesetzgebung verschrieben und die frühe Beteiligung der Betroffenen auf die Fahnen geschrieben:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/buerokratieabbau/wie-gesetze-gut-werden.
Die mit dieser Anfrage verfolgte Auswertung kommt damit letztlich auch der Bundesregierung und den Ministerien, sowie dem öffentlichen Meinungsbildungsprozess zugute. Vor diesem Hintergrund wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie - wie im Übrigen auch andere Ministerien (so das BMUV und BMWSB) - nach § 2 IFGGebV von der Erhebung einer Gebühr absehen.
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Schönberger