Guten Tag,
gegen Ihren Bescheid vom 24.08.2023, mit dem Sie meine Anfrage nach dem IFG vom 17.08.2023 abgelehnt haben, lege ich hiermit
Widerspruch
ein, sofern der Antrag zu 1) und der alternative Antrag zu 3) abgelehnt wurden.
Vom Widerspruch ausgenommen bleibt bzgl. Antrag zu 1) die Bitte um Angabe der Seitenzahlen der Gesetzgebungsentwürfe und der Antrag zu 2), da diese Informationen aus öffentlichen Quellen leicht einsehbar sind.
I.
Entgegen Ihren Ausführungen ist der Antrag zu 1) und zu 3) zulässig.
Sie halten den Antrag auf Zugang zu allen Gesetzesentwürfen, zu denen eine Beteiligung der Öffentlichkeit stattgefunden hat, für unzulässig, weil zur Feststellung, ob für ein bestimmtes Gesetzgebungsverfahren die Öffentlichkeit beteiligt wurde, eine Durchsicht der Akten bedürfte. Darauf gewähre § 1 IFG aber keinen Anspruch. Gleiches gelte auch für die Information über Beginn und Ende der Beteiligung und den Zugang zu den Emails, mit dem die Beteiligung eingeleitet wurde. Diese Informationen müsste aus den Akten zu den jeweiligen Gesetzgebungsverfahren herausgesucht werden.
Der Bescheid erläutert nicht, weshalb das Informationsbegehren unzulässig sein soll. Die bloße Behauptung, § 1 IFG gewähre einen solchen Anspruch, enthält keine Begründung und ist im Übrigen auch nicht zutreffen.
§ 1 IFG gewährt einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Anspruch erfasst sämtliche Informationen, die in einer informationspflichtigen Stelle vorhanden sind. Sofern ihr pauschaler Verweis, dass § 1 IFG nicht zum Heraussuchen der Informationen aus den Akten verpflichte, als Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG zu verstehen ist, nach der das IFG keine Informationsbeschaffungspflicht enthält, bezieht sich diese auf die Generierung neuer Informationen. Vom Informationszugangsanspruch umfasst ist hingegen sämtliches präsentes dienstliches Wissen einer Behörde, und damit auch die angefragten Informationen über die Stellungnahmefristen. Die Auskunft kann daher lediglich mit Verweis auf einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand ( § 7 Abs. 2 S. 1 IFG) verweigert werden. Die dafür vom BVerwG (Urt. v. 12.10.2009, 7 C 2.15) gezogenen Grenzen dürften allerdings offenkundig nicht gegeben sein.
Die Zusammenstellung vorhandener Informationen in einer Übersicht stellt indes keine Generierung neuer Informationen dar. Es geht hier lediglich um eine reine Übertragung vorhandener Informationen in eine Übersicht. Eine solche ist aber vom Anspruch nach § 1 IFG gedeckt, vgl. BVerwG NVwZ 2015, 669, Rn. 37).
Bezüglich des Antrags zu 3) erläutern Sie in Ihrem Bescheid selbst, dass die Information bei Ihnen vorliegt.
II.
Im Übrigen ist der Antrag zu 1) und 3), mit Ausnahme der Bitte um Angabe der Seitenzahlen, begründet. Die Information kann nicht einfacher aus allgemein zugänglichen Quellen beschafft werden.
Die Dauer der Stellungnahmefristen zu den von Ihrem Haus vorgelegten Referenten-Entwürfen lässt sich den auf Ihrer Homepage zugänglichen Informationen gerade nicht entnehmen. Andernfalls würde ich mir eine - möglicherweise gebührenpflichtige - Anfrage sparen. Zwar wäre es möglich, aus dem Datum des Referenten-Entwurfs sowie dem Zeitpunkt der letzten Stellungnahmen eine ungefähre Abschätzung der Dauer der Beteiligung der Öffentlichkeit abzuleiten. Damit könnte aber die Dauer für die Öffentlichkeitsbeteiligung eben nicht präzise bestimmt werden. Wie Sie außerdem bereits selbst feststellen, wurden möglicherweise nicht zu jedem Verfahren Stellungnahmen abgegeben, obwohl eine Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden hat. Daher geht Ihr Verweis auf § 9 Abs. 3 IFG fehl.
Außerdem wäre ich Ihnen für eine Erläuterung dankbar:
In Ihrem Bescheid schreiben Sie, dass erst ermittelt werden müsste, bei welchen Gesetzgebungsverfahren eine Beteiligung nach § 47 GGO stattgefunden hat. Nach § 47 Abs. 3, Abs. 1 GGO ist die Beteiligung der Verbände grds. vorgesehen, wobei lediglich Auswahl der zu Beteiligenden, Zeitpunkt und Umfang im Ermessen der Ministerin steht. Daher gehe ich davon aus, dass eine Beteiligung bei allen Referentenentwürfen Ihres Hauses stattgefunden hat und folglich die von Ihnen erwähnte Ermittlung, ob überhaupt eine Beteiligung nach § 47 durchgeführt wurde, nicht erforderlich ist.
III.
Sollten Sie meinem Widerspruch stattgeben, teile ich Ihnen außerdem mit:
Meine Anfrage verfolgt einen wissenschaftlichen Zweck im öffentlichen Interesse. In den vergangenen Monaten kamen immer wieder öffentliche Diskussionen über die Art und Weise der Durchführung der Verbändebeteiligung nach § 47 Abs. 3 GGO im Gesetzgebungsverfahren auf, weil Ministerien teils sehr kurze Stellungnahmefristen setzten. So zum Beispiel wieder in dieser Woche: Das Bundeskanzleramt gab den Verbänden eine Frist von 24 Stunden für Stellungnahmen zum BND-Gesetzentwurf, was u.A. vom Deutschen Anwaltsverein scharf kritisiert wurde (
https://twitter.com/Anwaltverein/status/1693601607101841688). Gerade diese kurze Fristen können ja auch dazu führen, dass - wie Sie in Ihrem Bescheid selbst andeuten - zu einzelnen Gesetzesentwürfen gar keine Stellungnahmen abgegeben werden.
Bei Gesetzen, die Umweltinformationen enthalten, ist die Verbändebeteiligung außerdem nicht bloß durch die Geschäftsordnung der Ministerien vorgegeben, sondern auch durch die Aarhus-Konvention völkerrechtlich vorgezeichnet. In diesem Zusammenhang ist auch eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland beim Aarhus Compliance Committee anhängig.
Green Legal Impact möchte gerne die ministeriale Praxis der letzten 6 Jahre beleuchten und empirisch untersuchen, ob die Stellungnahmefristen tatsächlich (wie von Verbänden oft kritisiert) unangemessen kurz ausfallen - oder ob dies nur gut begründete Ausnahmefälle betrifft. Das Ergebnis der Erhebung soll veröffentlicht und in die öffentliche Diskussion um gute Gesetzgebung einfließen.
Die Bundesregierung hat sich selbst einer guten Gesetzgebung verschrieben und die frühe Beteiligung der Betroffenen auf die Fahnen geschrieben:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/buerokratieabbau/wie-gesetze-gut-werden
Die mit dieser Anfrage verfolgte Auswertung kommt damit letztlich auch der Bundesregierung und den Ministerien zugute.
Vor diesem Hintergrund wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie - wie im Übrigen auch andere Ministerien - nach § 2 IFGGebV von der Erhebung einer Gebühr absehen.
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Schönberger
Anfragenr: 286354
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