Sehr geehrter Herr Semsrott,
ich komme zurück auf lhren Antrag vom 18. Mai 2016 sowie meine Zwischen- nachricht vom 1. Juli 2016. Mit lhrem Antrag auf lnformationszugang bitten Sie um Übersendung
1. der der Landtagsverwaltung vorliegenden rechtlichen Stellungnahmen und Gutachten zur lnformationspflichtigkeit des Landtages und insbesondere des Wissenschaftlichen Dienstes sowie
2. samtlicher Kommunikation zwischen Landtags- und Bundestagsverwaltungen über die lnformationspflichtigkeit und über die Anzahl der beim Schleswig- Holsteinischen Landtag eingegangenen IZG-Anfragen betr. der Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes.
Vor einer abschließenden Bearbeitung lhres Antrages erscheint es mir ange- sichts des § 4 Absatz 2 Satz 4 IZG-SH geboten, Sie - erstens - auf die gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen an die Antragstellung gemäß § 4 Absatz 2 IZG-SH sowie - zweitens - auf die Kostentragungspflicht gemäß § 12 Absatz 1 IZG-SH hinzuweisen.
Nach § 4 Absatz 2 Satz 1 IZG-SH muss der Antrag erkennen lassen, zu wel- chen lnformationen Zugang begehrt wird. Ist der Antrag zu unbestimmt, so ist er gegebenenfalls zu prazisieren. Wird ein zu unbestimmter Antrag auf Aufforde- rung der informationspflichtigen Stelle nicht prazisiert, ist er abzulehnen, es sei denn , das offentliche lnteresse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 9 Absatz 2 Nr. 5 IZG-SH).
Welche Anforderungen an den Grad der Konkretisierung zu stellen sind, hangt vom Einzelfall, insbesondere von Art und Umfang der begehrten lnformationen ab. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Antragstellern vielfach Details über die der Behbrde vorliegenden lnformationen nicht bekannt sind und eine Prazisie- rung deshalb haufig vergleichsweise schwer fallen dürfte. Die Grenze der Konkretisierungspflicht ist daher die subjektive Moglichkeit und Zumutbarkeit. Aller- dings reicht es andererseits nicht aus, einen zwar sprachlich bestimmten Antrag zu stellen , der , ( ... ) aber inhaltlich jedwede konkretisierende Eingrenzung ver- missen lasst und daher einem allgemeinen Ausforschungsbegehren gleichkommt". Es ist hingegen ausreichend, wenn sich aus dem Antrag hinreichend deutlich die Zielrichtung entnehmen lasst, Zugang zu lnformationen über einen bestimmten Themenkomplex zu erhalten (vgl. zum insoweit vergleichbaren Wortlaut in§ 4 Absatz 2 UIG Reidt!Schiller in : Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Februar 2016, § 4 UIG Rn. 5a m.w.N.).
Der Bestimmtheitsmaßstab des § 4 Absatz 2 Satz 1 IZG-SH ist nach seiner lntention mit den Anforderungen des § 7 Absatz 2 Satz 1 IFG-Bund vergleichbar. Diese Norm im lnformationsfreiheitsgesetz des Bundes soll verhindern , dass die grundsatzlich zur Auskunft verpflichtete Behorde umfanglichen und/oder zahlreichen, in lnhalt und Zielrichtung nicht oder nur unzureichend spezifizierten Zugangsgesuchen ausgesetzt wird, die die Behbrde zu einer auf- wandigen Suche nach eventuell verstreut in den Behordenvorgangen enthalte- nen lnformationen und zu einer arbeitsintensiven Aufarbeitung des lnformati- onsmaterials notigen würde, die zu dem für den Antragsteller nützlichen lnfor- mationsgehalt au~er Verht:iltnis stonde ( Sicko in: Gersdorf/Paal, Beck 'scher Online-Kommentar lnformations- und Medienrecht, Stand: Mai 2016, § 7 IFG- Bund Rn. 16). Das Bestimmtheitserfordernis in § 4 Absatz 1 Satz 1 IZG-SH beinhaltet insofern - ebenso wie § 7 Absatz 2 Satz 1 IFG-Bund (vgl. hierzu: Sicko, aaO.)- ein gewisses gesetzliches Korrektiv für die Einraumung des all- gemeinen, voraussetzungslosen und grundst:itzlich ohne Begründung zulassi- gen Anspruchs auf Zugang zu amtlichen lnformationen, das die um lnformation ersuchte Behorde vor ,unangemessenen" Zugangsgesuchen schützen soll.
Angesichts der Reichweite lhres Antrages, der grundsatzlich alle Arbeitsberei- che der Landtagsverwaltung betrifft oder zumindest betreffen kann (IZG- Anfragen werden von dem jeweils fachlich betroffenen Referaten in eigener Zusti:indigkeit bearbeitet), wird bereits die Abfrage in den Referaten sowie die Zusammenstellung der infrage kommenden lnformationen einen nicht unerheb- lichen Aufwand verursachen, da jeder einzelne in der Landtagsverwaltung vor- handene Vorgang mit Bezug zum lnformationszugangsgesetz daraufhin über- prüft werden müsste, ob hierin eine rechtliche Stellungnahme oder ein (Kurz-) Gutachten zur lnformationspflichtigkeit des Landtages zu den Akten gelangt ist. Verstarkt wird dieser Umstand dadurch, dass Sie ihr lnformationsbegehren auch in zeitlicher Hinsicht nicht beschrankt haben. lnsofern bestehen durchgrei- fende Zweifel , ob lhr Antrag in der jetzigen Form den oben dargestellten Anfor- derungen an die Bestimmtheit genügt. Wir regen an, lhren Antrag entsprechend zu pri:izisieren.
Unterstellt man (ggf. nach einer Präzisierung) die Bestimmtheit lhres Antrages, dürfte infolge der Bearbeitung nach gegenwartiger Einschatzung ein Verwal- tungsaufwand entstehen , der eine Kostenerhebung nach § 12 IZG-SH auslósen wird.
Für die Bereitstellung von lnformationen aufgrund des lnformationszugangsge- setzes werden nach § 12 Absatz 1 Satz 1 IZG-SH Kosten (Gebühren und Aus- lagen) erhoben. Hiernach handelt es sich bei der Kostenerhebung um eine gebundene Entscheidung der informationspflichtigen Behörde. lhr steht insoweit grundsatzlich kein Ermessen zu (vgl. für das IFG-Bund: Sicko in : Gersdorf/Paal, Beck 'scher Online-Kommentar lnformations- und Medienrecht, Stand: Mai 2016, § 1 O IFG-Bund Rn . 5).
Ausnahmen von der Gebührenpflicht sieht § 12 Absatz 1 Satz 2 IZG-SH vor. Gebühren werden hiernach unter anderem nicht für die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte erhoben (§ 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 IZG- SH). Unter welchen Voraussetzungen es sich bei einer schriftlichen Auskunft um eine ,einfache" Auskunft im Sinne des Gesetzes handelt, regelt das lnfor- mationszugangsgesetz nicht ausdrücklich. Hinweise lassen sich allerdings dem § 12 Absatz 2 IZG-SH entnehmen, wonach Gebühren auch unter Berücksichti- gung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen sind, dass das Recht auf Zugang zu lnformationen wirksam in Anspruch genommen werden kann. Hie- raus ergibt sich einerseits, dass die Hóhe der festzusetzenden Gebühren kei- nen prohibitiven Charakter annehmen darf. Andererseits wird deutlich, dass bei der Konkretisierung des Begriffs ,einfache Auskunft" der für die Bearbeitung des Zugangsbegehrens erforderliche Verwaltungsaufwand als Ma12,stab heran- -4- zuziehen ist. Eine ,einfache Auskunft" liegt demnach grunds~tzlich (nur) dann var, wenn ihre Varbereitung gar keinen ader zumindest nur einen sehr geringen Verwaltungsaufwand verursacht (vgl. für das IFG-Bund: Sicko in: Gersdarf/Paal, Beck'scher Online-Kammentar lnfarmatians- und Medienrecht, Stand: Mai 2016, § 10 IFG-Bund Rn. 21). Van einer einfachen schriftlichen Auskunft im Sinne des Gesetzes kann deshalb (lediglich) dann ausgegangen werden, wenn der zeitliche Aufwand für die Bearbeitung des lnfarmatiansbegehrens 30 Minu- ten nicht überschreitet. Auslagen werden hingegen grundsatzlich auch dann erhaben, wenn die Amtshandlung gebührenfrei erfalgt, vgl. § 12 Absatz 1, 3 und 4 IZG-SH i.V.m. § 1 Absatz 3 der Landesverardnung Ober Kasten nach dem lnfarmatianszugangsgesetz für das Land Schleswig-Halstein (IZG-SH- KastenVO).
Der die Kastenpflicht auslosende Aufwand umfasst nicht nur die eigentliche Bescheidung des Antrags, sandern auch die materielle Prüfung, die natwendige Beteiligung Dritter sawie sanstige Mar..nahmen zur Sicherung materiell ge- schützter lnteressen (vgl. für das IFG-Bund: Sicko in : Gersdarf/Paal, Beck'scher Online-Kammentar lnfarmatians- und Medienrecht, Stand: Mai 2016, § 10 IFG-Bund Rn. 7) . Erfasst sind demnach s~mtliche Handlungen der infarmatianspflichtigen Stelle, die sich auf die Bearbeitung eines lnfarmatians- zugangsantrags beziehen (vgl. für das IFG-Bund: Sicko in: Gersdarf/Paal, Beck 'scher Online-Kammentar lnfarmatians- und Medienrecht, Stand: Mai 2016, § 10 IFG-Bund Rn. 6b m.w.N.) .
Nach hiesiger Einschätzung wird nicht nur die Zusammentragung der lnfarmati- onen einen zeitlichen Aufwand auslósen, der voraussichtlich bereits für sich betrachtet eine Kastenerhebung erforderlich machen dürfte. Darüber hinaus wird auch die natwendige rechtliche Bewertung, ab und ggf. welche der var- handenen lnfarmatianen überhaupt herausgegeben werden konnen, einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verursachen. In diesem Zusammenhang werden insbesandere falgende Umstände zu berücksichtigen sein:
• Soweit lhr lnformationsbegehren auch lnfarmatianen betrifft oder betreffen kann, die die Schleswig-Halsteinische Landtagsverwaltung van Dritten (bspw. den Verwaltungen der anderen Landtage ader des Bundestages) er- reicht haben, wären diese vor einer etwaigen Herausgabe zu beteiligen, so- fern der Antrag insaweit nicht bereits nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 IZG-SH abzulehnen wäre .
• Soweit lhr lnformationsbegehren auch lnfarmatianen betrifft oder betreffen kann, die für oder in Gremien erstellt worden sind, für die eine Vertraulichkeit der Beratungen gilt, w~re dieser Umstand var einer etwaigen Weitergabe der lnfarmatianen rechtlich zu bewerten.
• Soweit lhr lnformationsbegehren auch lnformationen betrifft oder betreffen kann, die sich auf einen noch laufenden behórdlichen Entscheidungsprozess beziehen, ware auch insofern zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang ln- formationen herausgegeben werden dürfen.
Gemäß Tarifstelle 1.2 der Anlage zu § 1 IZG-SH-KostenVO wird eine Gebühr von bis zu 250,00 Euro für die Erteilung einer umfassenden schriftlichen Aus- kunft, ggf. auch mit Herausgabe von Duplikaten erhoben . Für die Erteilung einer schriftlichen Auskunft mit Herausgabe von Duplikaten kann nach der Tarifstelle 1.3 der Anlage zu § 1 IZG-SH-KostenVO eine Gebühr von bis zu 500,00 Euro erhoben werden, wenn im Einzelfall aur..ergewohnlich aufwandige Mar1nahmen zur Zusammenstellung von Unterlagen erforderlich sind, insbesondere wenn zum Schutz offentlicher oder privater Belange in zahlreichen Fallen Daten aus- gesondert werden müssen. Welche Tarifstelle für lhren Antrag ggf. zur Anwen- dung gelangt, kann erst nach lhrer Rückaur..erung und einer Sichtung der hier vorliegenden lnformationen abschlier..end beurteilt werden. Für die Herstellung von Duplikaten (Kopien oder Ausdrucke) werden je nach Gror..e und Beschaf- fenheit zusatzlich zwischen O, 1 O € und 0,50 € pro Stück fallig.
lch bitte um Rückmeldung, ob Sie vor diesem Hintergrund lhr Auskunftsbegehren aufrechterhalten. Vorsorglich weise ich darauf hin, dass gemar.. § 12 IZG- SH i.V.m. § 16 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Schleswig-Holstein eine Amtshandlung, die auf Antrag vorzunehmen ist, von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses oder von einer angemessenen Sicherheitsleistung bis zur Hohe der voraussichtlich entstehenden Kosten abhangig gemacht werden kann.
Mit freundlichen Grüßen