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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Stellungnahmen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG M-V)

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Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit M-V Lennéstraße 1, Schloss · 19053 Schwerin AKTENZEICHEN 1.4.1.008/012/2019-02794 Ministerium für Inneres und Europa Mecklenburg-Vorpommern 19048 Schwerin Telefon: E-Mail: Per E-Mail: 6. März 2019 Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und weiterer Gesetze Sehr geehrt , wir danken Ihnen für die erneute Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Gesetz zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und weiterer Gesetze im Rahmen der Verbandsanhörung. Insbesondere freuen wir uns über die erstellte Synopse, die die beabsichtigten Änderungen gut nachvollziehbar macht. Festzustellen ist, dass dieser Gesetzentwurf nur sehr wenige unserer im Rahmen der Ressortanhörung geäußerten Kritikpunkte aufgreift und sich auch sonst nicht wesentlich von der im Rahmen der Ressortanhörung bekannten Vorlage dieses Gesetzentwurfs unterscheidet. Daher wiederholen wir viele unserer Ihnen gegenüber bereits geäußerten Kritikpunkte und ergänzen unsere Bedenken insbesondere zu § 43a SOG-E und zu unseren Befugnissen als Aufsichtsbehörde (§ 48b SOG-E). Allgemeine Hinweise zu diesem Gesetzentwurf Das in der Gesetzesbegründung erklärte Ziel des Gesetzentwurfes, den „Gesetzesanwendern weitestgehend ein ständiges „Hineinspringen“ in verschiedene datenschutzrechtliche Regelungswerke“ zu ersparen „und so die bessere praktische Handhabung“ zu gewährleisten, ist positiv herauszustellen. Der LfDI M-V unterstützt dieses Ziel, auch um, wie weiter in der Gesetzesbegründung ausgeführt, „eine möglichst einheitliche Verfahrensweise bei Polizei und Ordnungsbehörden im Land Mecklenburg-Vorpommern mit Blick auf die notwendige Zusammenarbeit im Bereich der Gefahrenabwehr“ sicherzustellen. Nicht zuletzt soll und muss dieses Gesetz aufgrund der Eingriffsintensität der geregelten Maßnahmen nicht nur den Rechtsanwendern absolute Rechtsklarheit verschaffen, sondern auch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, die Rechtmäßigkeit der gegen sie ergriffenen Maßnahmen einzuschätzen. Es steht für den LfDI M-V vor diesem Hintergrund außer Frage, dass dieses Gesetz vor allem leicht verständliche, klare und präzise Regelungen enthalten muss.
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Leider müssen wir aber auch konstatieren, dass der Gesetzentwurf diesen Anforderungen bisher nicht gerecht wird. Der SOG-E macht es den Anwendern kaum möglich, rechtsfehlerfrei ihre Aufgaben zu erfüllen. Bei dieser im Nachfolgenden noch präzisierten Kritik geht es daher weder um Formalien oder „Schönheitsfehler“ noch um die zuweilen „akademisch“ anmutende Frage, wann eine Regelung gegen das europarechtliche Wiederholungsverbot verstößt. Bei einem eingriffsintensiven Gesetz wie dem SOG ist es schlicht ein Gebot der Rechtstaatlichkeit, dass das Gesetz möglichst gut verständlich, lesbar und anwenderfreundlich ist. Bei der nachfolgenden Kritik ist uns bewusst, dass das Gesetzgebungsvorhaben durch eine denkbar schlechte Ausgangslage erschwert wird. So gibt es in Mecklenburg- Vorpommern einerseits kein „Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“, dessen Regelungen hier zur Vereinfachung hätten beitragen können. Zudem ist in Mecklenburg-Vorpommern die Richtlinie (EU) 2016/680 (JI-Ri) bisher nicht bzw. nur sehr rudimentär mit § 3 DSG M-V in innerstaatliches Recht umgesetzt worden. Diese Versäumnisse oder bewussten Entscheidungen der Vergangenheit dürfen jedoch nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger gehen, die von diesem Gesetz betroffen sind. Die Hauptursache für die nachfolgende Kritik ist unseres Erachtens aber darin zu sehen, dass mit dem SOG-E versucht wurde, dem Anwender auch bei Verarbeitungen im Anwendungsbereich der DS-GVO den Blick in die DS-GVO selbst zu ersparen. Dieser Versuch kann nur scheitern: Um das Schutzniveau der DS-GVO zu wahren hätten deren Regelungen vollständig im SOG-E aufgenommen werden müssen, was wiederum europarechtlich kaum zulässig ist. Wir plädieren nach wie vor dafür, im SOG-E, wie bereits in § 3 DSG M-V geschehen, die DS-GVO auch im Anwendungs- bereich der JI-Ri für anwendbar zu erklären und im SOG-E lediglich die Verarbeitungs- befugnisse zu regeln sowie – soweit erforderlich – Betroffenenrechte einzuschränken. In dieser Variante müsste der Anwender nach wie vor die DS-GVO zusätzlich zum SOG heranziehen. Der vorliegende SOG-E kann das aber ebenfalls nicht vermeiden, indem er vielfach, allerdings auch nicht abschließend und ohne erkennbares System, auf die DS-GVO verweist. In der Praxis führt der SOG-E vielmehr dazu, dass der Anwender und die betroffenen Bürgerinnen und Bürger überhaupt nicht mehr entscheiden können, wann welche Regelungen der DS-GVO anzuwenden sind. Die nachfolgende Stellungnahme ist in zwei Teile untergliedert. Im ersten Teil werden die von uns als besonders kritisch erachteten Mängel des Entwurfs zusammengefasst dargestellt, im zweiten Teil der Stellungnahme gehen wir konkret auf die jeweiligen Regelungen ein. Teil 1 – Zusammenfassung der Kritikpunkte Bei der vorläufigen Bewertung des Gesetzesentwurfs ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der SOG-E auf Kosten von Lesbarkeit und Verständlichkeit nicht den Standards moderner Gesetzgebung genügt (a). Die fehlende Differenzierung zwischen den erforderlichen Anpassungen des SOG an die DS-GVO und der notwendigen Umsetzung der JI-Ri wirkt sich ebenso negativ auf die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Gesetzentwurfs aus (b). Zudem setzt der SOG-E die JI-Ri nur unvollständig um (c). Mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2018 zur automatisierten Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle lässt sich auch die Regelung in § 43 a Abs. 1 Nr. 6 SOG-E nicht mehr halten (d). Auch sind die Befugnisse der Datenschutzaufsichtsbehörde entgegen der ausdrücklichen Vorgabe in der JI-Ri stark eingeschränkt (e). Im Anwendungsbereich der DS-GVO sind Betroffenenrechte unzulässig eingeschränkt (f). Zudem fehlt es hier an notwendigen Anpassungen an die DS-GVO (g). 2
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a) Standards moderner Gesetzgebung Der SOG-E genügt nicht den Anforderungen moderner Gesetzgebung. Der SOG-E enthält zunächst keinen Anwendungsbereich. Wann das SOG gelten soll, ergibt sich nach wie vor nur aus einer Gesamtschau von Aufgaben und Zuständig- keiten. Erschwerend kommt hinzu, dass damit weder der Anwendungsbereich der JI-Ri noch der der DS-GVO im SOG-E selbst definiert werden, in den einzelnen Regelungen des SOG-E ausgehend von dem jeweiligen Anwendungsbereich aber unterschiedliche Anforderungen an die Datenverarbeitung gestellt werden. Einige Regelungen sollen die auf die „Verarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 personenbezogener Daten“ (vgl. §§ 45 c, 48 b, 48 c, 76 SOG-E) beschränkt sein. Innerhalb eines Paragraphen werden teilweise unterschiedliche Regelungen für den „Anwendungs- bereich der Richtlinie (EU) 2016/680“ und den „Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679“ getroffen. Die datenschutzrechtlich besonders sensiblen Übermittlungs- befugnisse in Drittstaaten der §§ 39 d ff. SOG-E sind auf den Anwendungbereich der Richtlinie (EU) 2016/680 beschränkt. Der Rechtsanwender kann aber allein aus dem SOG-E gar nicht herleiten, welche der von ihm vorgenommenen Verarbeitungen in den Anwendungsbereich der JI-Ri oder aber in den der DS-GVO fallen. Hinzu kommt, dass der SOG-E mit der komplizierten und aus unserer Sicht überflüssigen Regelung in § 25 SOG-E den Eindruck erweckt, in der Regel wäre der Anwendungsbereich der DS-GVO eröffnet, während die Gesetzesbegründung davon ausgeht, dass regelmäßig der Anwendungsbereich der JI-Ri greift und die DS-GVO ohnehin nur in Ausnahmefällen anzuwenden ist. Zudem machen viele Verweise und Verweisketten das Gesetz unleserlich und schwer handhabbar. Die Gliederung des SOG-E ist unübersichtlich und für den Anwender teilweise nicht nachvollziehbar. Regelungen von zentraler Bedeutung („Kernbereich privater Lebensgestaltung“, „Schutz von zeugnisverweigerungsberechtigten Personen“) werden entweder vor die Klammer gezogen oder als allgemeine Pflichten des Verantwortlichen ausgestaltet (z. Bsp. „Löschung“). Bei der konkreten Befugnisnorm wird, entgegen der aktuellen Regelungen im SOG M-V, teilweise nicht mehr darauf verwiesen. Aber auch hier ist wiederum kein System erkennbar, warum bei einigen Regelungen verwiesen wird und bei anderen wiederum nicht. Beim Anwender wird so der Eindruck erzeugt, dass die vor die Klammer gezogenen Regelungen nicht immer zu beachten sind, sondern nur dann, wenn der Regelungstext ausdrücklich darauf verweist. Zur Vermeidung rechtswidriger Datenverarbeitungen und vor dem Hintergrund der Eingriffsintensität des Gesetzes plädieren wir unbedingt dafür, die umfangreichere normspezifische Ausgestaltung der Befugnisnormen beizubehalten oder zumindest konsequent bei den Befugnisnormen auf die Regelungen zu verweisen, die beachtet werden müssen. Ebenso verwirrend sind die Begriffsbestimmungen am Anfang des Gesetzes. Mangels einer Regelung zum Anwendungsbereich bleibt so unklar, ob die Begriffsbestimmungen auch im Anwendungsbereich der DS-GVO gelten sollen. Nach der Gesetzesbegrün- dung ist das zwar gewollt, eine entsprechende Regelung enthält aber erst § 25 SOG-E. Damit wird jedenfalls der Eindruck erzeugt, dass erst die §§ 25 ff. SOG-E auch im Anwendungsbereich der DS-GVO gelten sollen. Hinzu kommt, dass Paragraphen mit Buchstaben über Unterabschnitte hinweg weitergeführt werden. So regeln beispielsweise die §§ 47 - 48 a SOG-E die Rechte der betroffenen Person. § 48 b SOG-E regelt in einem neuen Unterabschnitt die Befugnisse der Aufsichtsbehörde. Auch das trägt wenig dazu bei, dass Anwender die Normen verinnerlichen und logisch nachvollziehen können, wo im Gesetz eine relevante Regelung zu finden ist. 3
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An vielen Stellen ist der SOG-E auch aufgrund des Satzbaus kaum lesbar. Zudem erstrecken sich die unterschiedlichen Paragraphen über ungewöhnlich viele Absätze. § 25 SOG-E ist als besonders eindrucksvolles Beispiel hervorzuheben. Die Rechtsklarheit und Anwenderfreundlichkeit des SOG-E werden weiterhin durch fehlerhafte oder fehlende Begriffsbestimmungen reduziert. Es werden Begriffe von zentraler Bedeutung nicht definiert (z. Bsp. „Kernbereich privater Lebensgestaltung“, „Bildaufnahme“, „Bildaufzeichnung“). Für den Begriff des „Dritten“ werden hingegen gleich zwei Definitionen angeboten und mit einem „oder“ verbunden. Der Anwender muss sich ohne weitere Hilfestellung im Gesetz für eine Definition entscheiden. b) Fehlende Differenzierung zwischen der Umsetzung der JI-Ri und der Anpassung an die DS-GVO Der Versuch, mit dem Entwurf im Sinne der Anwenderfreundlichkeit auch Regelungen für Sachverhalte zu schaffen, die von der DS-GVO erfasst sind, wird bereits im SOG-E nicht konsequent beibehalten. Ohne erkennbares System wird im SOG-E die DS-GVO teilweise für anwendbar erklärt oder gar darauf verwiesen. Der nicht DS-GVO-versierte Anwender wie auch die betroffenen Personen werden damit darüber im Unklaren gelassen, dass die DS-GVO aufgrund ihres europarechtlichen Anwendungsvorrangs immer gilt und nicht nur dann, wenn eine Regelung im SOG-E ausdrücklich darauf verweist. Durch die schwer verständliche Regelung in § 25 SOG-E wird bei Rechtsanwendern und betroffenen Personen zudem der Eindruck verstärkt, die in § 25 SOG-E genannten Regelungen der DS-GVO würden vollständig durch die Regelungen im SOG-E ersetzt. c) Umsetzung der JI-Ri Die Regelungen der JI-Ri sind in innerstaatliches Recht umzusetzen. Im SOG-E gelingt dies jedoch nur teilweise. So ist beispielsweise die Umsetzung von Art. 4 JI-Ri, der wie Art. 5 DS-GVO elementare Datenschutzgrundsätze regelt, nicht erfolgt. Ebenso fehlt es an der Umsetzung von Art. 11 JI-Ri, der verlangt, dass betroffene Personen nicht zum Objekt automatisierter Entscheidungsfindung degradiert werden dürfen. Der SOG-E enthält mit § 25 a Abs. 6 lediglich eine unzureichende Einschränkung für Kinder. Weiterhin sind entgegen Art. 12 JI-Ri die Modalitäten der Bearbeitung von geltend gemachten Betroffenenrechten nicht näher ausgestaltet. Die Befugnisse der Datenschutzaufsichtsbehörde im SOG-E bleiben schließlich weit hinter den Anforderungen von Art. 47 JI-Ri zurück und gewährleisten entgegen Art. 46 Abs. 1 lit. a JI-Ri nicht, dass die Datenschutzaufsichtsbehörde die Anwendung der nach der JI-Ri erlassenen Vorschriften auch durchsetzen kann. d) Nichtbeachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2018 (1 BvR 142/15) zur automatisierten Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle ist diese verfassungsrechtlich unbedenklich, „soweit die Kennzeichenkontrolle in einem Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km oder an öffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs durchgeführt wird“ (Pressemitteilung Nr. 8/2019 vom 5. Februar 2019). Diesen Anforderungen genügt die Regelung des § 43 a Abs. 1 Ziffer 6 SOG-E nicht. Diese Vorschrift bestimmt, dass Kennzeichenkontrollen im Grenzgebiet „von der Bundesgrenze bis einschließlich der Bundesautobahn A 20“ zulässig sein sollen. 4
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e) Einschränkung von Betroffenenrechten im Anwendungsbereich der DS-GVO Die vorgenommenen Einschränkungen der Betroffenenrechte im Anwendungsbereich der DS-GVO genügen nicht den Anforderungen von Art. 23 DS-GVO. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung, u. a. in der Entscheidung zu Safe-Harbor, klare Anforderungen an Unionsregelungen aufgestellt, die, wie in den §§ 25 ff. des Entwurfs beabsichtigt, einen Eingriff in die von Art. 7 und 8 GrCh geschützten Grundrechte der betroffenen Person darstellen: 1. Die Regelung muss klare und präzise Regeln für die Tragweite und die Anwendung einer Maßnahme vorsehen und ausreichende Garantien zum Schutz der Daten vor Missbrauch enthalten. 2. Die Mitgliedstaaten können Beschränkungen der Rechte der betroffenen Person nur in dem Umfang vorsehen, wie sie zur Wahrung der genannten Zwecke notwendig sind. Eine Notwendigkeit muss konkret für den Einzelfall bestimmt werden. 3. Darüber hinaus verlangt der Schutz des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens auf Unionsebene vor allem, dass sich die Ausnahmen vom Schutz personenbezogener Daten und dessen Einschränkungen auf das absolut Notwendige beschränken. Daraus ergibt sich, dass pauschale Ausnahmen für bestimmte Organe oder Aufgaben unzulässig sind. Ein Eingriff muss stets verhältnismäßig sein. In diesem Sinne genügt es nicht, dass die Gesetzesbegründung dem Verantwortlichen aufgibt, stets zu prüfen, in welchem Umfang und für welche Dauer eine Gefährdung vorliegt, wenn das Gesetz selbst auf Tatbestandsebene nicht einmal mehr an eine Gefährdung anknüpft. Die Norm selbst muss bereits nach Art. 23 Abs. 1 DS-GVO eine verhältnismäßige und in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen. Das setzt weiterhin voraus, dass die Normen die gemäß Art. 23 DS-GVO bestimmten Mindestinhalte aufweisen. So müssen Art und Umfang der Verarbeitung benannt werden, Garantien gegen Missbrauch aufgenommen und Speicherfristen festgelegt werden. Darüber hinaus muss eine Risikobewertung für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person enthalten sein. Diese Inhalte sind zwingend in die Norm, die das Betroffenenrecht einschränkt, aufzunehmen. Das Wort „gegebenenfalls“ in Art. 23 Abs. 2 DS-GVO erlaubt lediglich eine Abwägung, ob die einzelne Festlegung mit dem jeweiligen Zweck vereinbar ist, keinesfalls jedoch einen pauschalen Verzicht. f) Fehlende Regelungen bei der Anpassung an die DS-GVO Schließlich fehlen notwendige Regelungen, um das SOG an die DS-GVO anzupassen. Bedeutsam ist hier insbesondere, dass mit dem SOG-E gerade keine Befugnis geschaffen wird, im Anwendungsbereich der DS-GVO auch besondere Kategorien personenbezogener Daten zu verarbeiten. Der SOG-E schafft diese Befugnis nicht für Datenverarbeitungsvorgänge im Anwendungsbereich der DS-GVO, da § 27 SOG-E an die „Abwehr der Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ und damit an die Gefahrenabwehr im Anwendungsbereich der JI-Ri anknüpft. 5
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Teil 2 - Konkrete Hinweise Zu § 3 SOG-E (Begriffsbestimmungen): a) § 3 Absatz 4 SOG-E: Die Regelung in Absatz 4 zum „Dritten“ ist unzulässig, eine Begriffsbestimmung muss eine eindeutige Definition enthalten. Hier hätte eine Ergänzung, wie beispielsweise der „Dritte im datenschutzrechtlichen Sinn“ und der „Dritte im ordnungsrechtlichen Sinn“ zur Rechtsklarheit beigetragen. Zudem verstößt die Regelung gegen das Wiederholungs- verbot. Im Anwendungsbereich der DS-GVO ist eine Wiederholung nur dann zulässig, wenn eine Spezifizierungsklausel den nationalen Gesetzgeber ermächtigt, eine Regelung der DS-GVO zu konkretisieren und diese Wiederholung der Verständlichkeit und kohärenten Anwendung dient. Vorliegend fehlt es bereits an einer Spezifizierungs- klausel. Zudem führt die Wiederholung lediglich zur Verwirrung, da in § 3 Abs. 4 SOG-E nunmehr zwei unterschiedliche Definitionen des Dritten, die mit einem „oder“ verbunden werden, enthalten sind. b) § 3 Absatz 5 SOG-E: Die Definition besonderer Kategorien personenbezogener Daten in Buchstabe c) ist zu unbestimmt und führt zu Rechtsunsicherheit. Es bleibt völlig unklar, was unter „speziellen technischen Verfahren“ zu verstehen ist. Lichtbilder zählen dann zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten, wenn sie dem Zweck der eindeutigen Identifizierung der betroffenen Person dienen (vgl. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO, Art. 10 JI-Ri). Es kommt daher nicht nur auf die konkrete Verwendung, sondern auch auf die Verwendungsabsicht an. Insoweit sollte der Zusatz zu den Lichtbildern gestrichen werden. Zudem fehlt es auch hier an einer Spezifizierungsklausel, um die Definition im Anwendungsbereich der DS-GVO überhaupt zu wiederholen. Zu § 25 SOG-E (Bestimmungen zur Anwendbarkeit der Vorschriften dieses Gesetzes im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679): Es wurde bereits ausgeführt, dass diese Regelung aus unserer Sicht überflüssig, unleserlich und schwer verständlich ist. Zwar ist die Vorschrift im Gegensatz zum Vorentwurf in Absatz 2 zur Verbesserung der Verständlichkeit umgestellt worden. Allerdings bleibt die Unsicherheit beim Anwender bestehen, ob die in § 25 SOG-E genannten Artikel der DS-GVO noch unmittelbar anwendbar sind oder durch den SOG-E verdrängt werden sollen. Europarechtlich besteht indes kein Zweifel, dass die vermeintlich im SOG-E „konkretisierten“ Regelungen ihre unmittelbare Geltung behalten. Zudem genügt die Einschränkung von Betroffenenrechten in § 25 Abs. 2 S. 2 SOG-E nicht den Anforderungen von Art. 23 DS-GVO. Zu den §§ 26 a (Schutz des Kernbereiches privater Lebensgestaltung), 26 b (Schutz von zeugnisverweigerungsberechtigten Personen) SOG-E: Die Schaffung solcher, vor die Klammer gezogenen Normen, auf die erschwerend ohne erkennbares System teilweise verwiesen wird, führt zu erheblicher Rechtsunklarheit. Wir plädieren dafür, wie bisher, den Kernbereichsschutz normspezifisch zu regeln oder jedenfalls konsequent auf § 26 a SOG-E zu verweisen. Bei den Anwendern darf nicht der Eindruck entstehen, der Kernbereichsschutz bestünde nur im Zusammenhang mit den Normen im SOG-E, die ausdrücklich darauf verweisen. Gleiches gilt für die Reglung zum Schutz von zeugnisverweigerungsberechtigten Personen in § 26b SOG-E. 6
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Zu 31 a SOG-E (Molekulargenetische Untersuchung zur Identitätsfeststellung): In § 31a Absatz 1 wurde die bisher in Absatz 1 enthaltene Regelung, dass die zum Zweck des Abgleichs in einem Dateisystem gespeicherten DNA-Identifizierungsmuster zu löschen sind, wenn sie zur Identitätsfeststellung nicht mehr benötigt werden, gestrichen. Dies könne mit Blick auf § 45 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 erfolgen. Dem stimmen wir nicht zu. Bei DNA- Identifizierungsmustern handelt es sich um genetische Daten i. S. d. Art. 3 Nr. 12 JI-Richtlinie, die als besondere Kategorie personenbezogener Daten besonders strengen Anforderungen an die Verarbeitung unterliegen. Für solche Daten sind insbesondere geeignete Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person i. S. d. Art. 10 JI-Richlinie vorzusehen. Daher ist eine Regelung zur Speicherdauer der DNA-Identifizierungsmuster, die wie bisher auch normenspezifisch im Gesetz verankert ist, absolut wünschenswert und unterstreicht den besonders schutzwürdigen Charakter dieser Daten. Aus den gleichen Gründen ist eine normspezifische Regelung zur Löschung der Datenidentifizierungsmuster angezeigt. Zu § 32 SOG-E (Einsatz technischer Mittel zur offenen Bild- und Tonaufnahme sowie zur Bild- und Tonaufzeichnung): Diese Vorschrift ist neu strukturiert und ergänzt und erweitert die bislang geltende Regelung deutlich. a) § 32 Abs. 1 Nr. 3 SOG-E: Neu eingefügt ist zunächst die Regelung in Abs. 1 Nr. 3, wonach zukünftig Bildaufnahmen und Übersichtsaufnahmen bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen zur Lenkung und Leitung des Einsatzes gemacht werden dürfen. Bildaufzeichnungen dürfen von Verhaltens- oder Zustandsstörern unter den Voraussetzungen des Abs. 2 gemacht werden. Die Gesetzesbegründung sollte hier klarer formuliert werden. In der Begründung wird nicht hinreichend deutlich, dass Aufzeichnungen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig sind und das bei der Bildaufnahme eine Speicherung ausgeschlossen ist und diese erst vorgenommen werden darf, wenn die Voraussetzungen von Abs. 1 Nr. 2 vorliegen. Wünschenswert wäre es, wenn die Gesetzesbegründung kurz den Unterschied zwischen Aufnahme und Aufzeichnung darlegen würde. So würde eine missverständliche Interpretation der Gesetzes- begründung vermieden. Bereits die Anfertigung von Bild- und Übersichtsaufnahmen nach § 32 Abs.1 Nr. 3 SOG-E berührt den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbst- bestimmung. Nach dem Kamera-Monitor-Prinzip wird dadurch eine Übertragung und Beobachtung in Echtzeit ermöglicht. Bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen erfolgt dadurch ein Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG und das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Denn wer sich zu einer öffentlichen Veranstaltung begibt, muss nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 SOG-E damit rechnen, dass das Geschehen an eine Leitstelle übermittelt wird und auch damit, dass es aufgezeichnet wird. Dies ist zwar nicht ohne weitere Voraussetzung möglich. Das ist dem Grundrechtsträger aber nicht bekannt: Er hat die Befürchtung, staatlicherseits registriert zu werden, allein durch die Wahrnehmung der Kamera, wenn dies zur Lenkung und Leitung des Einsatzes erforderlich ist, was im Ermessen der Polizei liegt. Der Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ist darin zu sehen, dass das Bewusstsein der 7
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potentiellen Beobachtung den Betroffenen faktisch von der Ausübung grundrechtlicher Freiheiten abhalten kann. Problematisch ist, dass diese Maßnahmen wie auch die Maßnahmen nach Abs. 1 und 4 in ihrer Intensität gesteigert werden können, weil zusätzlich die Beobachtung nach den Abs. 1, 3 und 4 gemäß § 34 Nr. 1 SOG-E mittels unbemannter Luftfahrt- systeme (Drohnen) durchgeführt werden kann. Dies wird bei Besuchern öffentlicher Veranstaltungen die Besorgnis, jederzeit beobachtet werden zu können, verstärken. Eine über den Köpfen auftauchende Drohne verstärkt das Gefühl des Ausgeliefertseins, die Besorgnis, unter steter potentieller Beobachtung zu stehen. Es handelt sich zudem um einen Eingriff von erheblicher Streubreite, die durch § 32 Abs. 6 SOG-E auch ausdrücklich gebilligt wird. Insofern sollte diese Steigerungsmöglichkeit mittels Drohnen nicht zulässig sein. b) § 32 Abs. 7 SOG-E: Die Löschfristen in § 32 Abs. 7 SOG-E ist im Fall der Absätze 3 und 4 verdoppelt worden. Zur Begründung wird auf die Notwendigkeit einer längeren Speicherdauer zur Sichtung und Auswertung verwiesen, dies vermag nicht zu überzeugen. c) 32 Abs. 8 SOG-E: Neu gefasst ist auch die Regelung § 32 Abs. 8 SOG-E, eine Ermächtigungsgrundlage für die Installation fester Videoüberwachungstechnik an Einsatzfahrzeugen. Darin wird bestimmt, dass die Polizei an öffentlichen Orten, im Rahmen der Gefahrenabwehr und bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten technische Mittel zur offenen Bild- und Tonaufzeichnung in oder an Fahrzeugen verwenden darf. Neben einer kritisch zu bewertenden Ausweitung von Bildaufzeichnungen mit rein optisch- technischen Mitteln auf nunmehr Bild- und Tonaufzeichnungen, gibt es weiterhin eine unverhältnismäßige Erweiterung der Speicherdauer. Sofern keine Straftat vorlag, sind nach der bisherigen Regelung die Aufzeichnungen unverzüglich, bis spätestens zum Ende der Dienstschicht zu löschen. Dies entspricht auch dem neu eingefügten Abs. 1 in § 46h SOG-E, welcher den in der JI-Ri verankerten Datenschutzgrundsatz der Datensparsamkeit (Art 4 Abs. 1 Buchstabe c JI-Ri) zum Mittelpunkt jedweder Verar- beitung von personenbezogenen Daten macht. Die nun vorgesehene pauschalisierte Speicherdauer von zwei Wochen trägt diesem Datenschutzgrundsatz nicht Rechnung. Fraglich ist weiterhin, wie die neu und zusätzlich eingeführte Tonaufnahme gerechtfertigt werden kann. Da regelmäßig davon auszugehen ist, dass die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten an den öffentlichen Orten mehrheitlich außerhalb und vom Fahrzeug entfernt stattfinden und demzufolge nur selten oder bruchstückhaft Gespräche aufgezeichnet werden können, ist ein Mehrwert nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eher unerwünschte Tonaufzeichnungen von Gesprächen im Auto aufgezeichnet werden, die mit einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit nichts zu tun haben und damit in das Recht der betroffenen Personen auf informelle Selbst- bestimmung eingreifen. Hier ist dem Gebot der Datensparsamkeit Rechnung zu tragen und auf die Tonaufzeichnungen sollte weiterhin verzichtet werden. d) § 32 Abs. 9 SOG-E: Ganz neu eingefügt ist mit § 32 Absatz 9 SOG-E eine Ermächtigungsgrundlage zur Videoüberwachung in polizeilichen Räumen. Diese ist zu begrüßen, denn hierdurch kann auch aus Sicht der Beschuldigten der Verlauf der Vernehmung dokumentiert werden. 8
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Zu § 32 a SOG-E (Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte): a) § 32 a Abs. 4 SOG-E: § 32 a Abs. 4 SOG-E verweist nunmehr auf § 32 Abs. 6 SOG-E. In der – gerade mal ein halbes Jahr alten – Regelung sind normspezifisch die Kennzeichnungspflicht (Transparenzgebot), der Kernbereichsschutz und Löschungsverpflichtungen geregelt. Der neu ausgestaltete Absatz 4 ist eine Verschlechterung gegenüber der erst vor einem halben Jahr gerade neu geschaffenen Regelung. Wegen der Eingriffstiefe der Maßnahme ist aus unserer Sicht eine normspezifische Regelung wünschenswert. Hinsichtlich der Erkennbarkeit der Maßnahme würde eine normspezifische Regelung insbesondere auch Art. 12 Abs. 1 JI-Ri Rechnung tragen. b) § 32a Abs. 5 SOG-E: § 32 a Abs. 5 SOG-E 5 regelt die Löschung der gespeicherten Daten nach 2 Wochen. Die normspezifische Regelung zur Dokumentationspflicht der Löschung soll mit Blick auf § 46 d entfallen. Dies sehen wir als nicht überzeugend an: Die Beibehaltung der Regelung „Die Löschung ist zu dokumentieren“, würde systematisch passen und die Anwendbarkeit der Vorschrift übersichtlich gestalten. Sie ist nicht länger als die jetzt vorgesehene Formulierung „§ 32 Absatz 7 Satz 3 gilt entsprechend“, aber präzisier und übersichtlicher, insbesondere für die Gesetzesanwender. Zu § 33 c SOG-E (Einsatz technischer Mittel zum Eingriff in informations- technische Systeme): Die in § 33 c SOG-E neu eingeführte Online-Durchsuchung stellt einen äußerst schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG) dar. Entsprechend hohe Anforderungen stellt das Bundesverfassungsgericht an die Rechtfertigung eines solchen Eingriffs. Zwar sieht die Norm nunmehr in Absatz 2 Satz 3 vor, dass, soweit möglich, technisch sicherzustellen ist, dass Daten, die kernbereichsrelevante Informationen betreffen, nicht erhoben werden. Es fehlt aber an verfassungsrechtlich hinreichenden Vorkehrungen auf der Ebene des nachgelagerten Kernbereichsschutzes. Die Vorschrift des § 26 a Abs. 5 SOG-E, nach der die erhobenen Daten der oder dem behördlichen Datenschutzbeauftragten zur Auswertung und Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieser Datenerhebung vorzulegen sind, sieht keine hinreichend unabhängige Kontrolle vor. Laut Bundes- verfassungsgericht dient die verfassungsrechtlich gebotene Sichtung durch eine unabhängige Stelle neben der Rechtmäßigkeitskontrolle maßgeblich dem Ziel, kernbereichsrelevante Daten so frühzeitig herauszufiltern, dass sie den Sicherheits- behörden nach Möglichkeit nicht offenbar werden. Dies setzt voraus, dass die Kontrolle im Wesentlichen von externen, nicht mit Sicherheitsaufgaben betrauten Personen wahrgenommen wird. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die vorliegende Regelung überlässt die Sichtung einer oder einem Bediensteten der Behörde. Dass diese oder dieser als behördeninterne Datenschutzbeauftragte oder behördeninterner Datenschutzbeauftragter weisungsfrei ist, reicht für eine unabhängige Kontrolle nicht aus. Die Gewährleistung einer wirksamen aufsichtlichen Kontrolle setzt nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zunächst eine mit wirksamen Befugnissen ausgestattete Stelle voraus. Dazu ist erforderlich, dass die Daten- erhebungen vollständig protokolliert werden. Es muss durch technische und organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Daten den Daten- schutzbeauftragten in praktikabel auswertbarer Weise zur Verfügung stehen und die Protokollierung hinreichende Angaben zu dem zu kontrollierenden Vorgang enthält. 9
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Auch nach Art. 47 Abs. 1 JI-Ri haben die Mitgliedstaaten durch Rechtsvorschriften vorzusehen, dass jede Aufsichtsbehörde über wirksame Untersuchungsbefugnisse verfügt. Diese Befugnisse umfassen zumindest die Befugnis, von dem Verantwortlichen und dem Auftragsverarbeiter Zugang zu allen personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden, und auf alle Informationen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, zu erhalten. Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 47 Abs. 2 JI-Ri durch Rechtsvorschriften vorzusehen, dass jede Aufsichtsbehörde über wirksame Abhilfebefugnisse verfügt, die es ihr unter anderem gestatten, den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter anzuweisen, Verarbeitungsvorgänge, gegebenenfalls auf bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraums, mit den nach dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften in Einklang zu bringen, insbesondere durch die Anordnung der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder der Einschränkung der Verarbeitung, und eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, zu verhängen. Nach § 48 b SOG-E übt der Landesbeauftragte demgegenüber jedoch nur die Befugnisse entsprechend Artikel 58 Absatz 1, Absatz 2 Buchstabe a und b, Absatz 3 Buchstabe a und b der Verordnung (EU) 2016/679 aus. Zu § 34 SOG-E (Einsatz unbemannter Luftfahrtsysteme): Dieser Einsatz stellt einen Eingriff mit erheblicher Streubreite dar, da nicht nur einzelne Personen, sondern in erheblichem Maße auch Dritte erfasst werden. Schon die Videoüberwachung ist ein Eingriff, dem sich Betroffene nur begrenzt entziehen können. Die Beobachtung aus der Luft stellt hierzu eine Steigerung dar, da sie den gesamten aus der Luft kontrollierbaren Bereich flächendeckend erfassen kann. Erfolgt der Einsatz aus großer Distanz, so ist er für Betroffene zudem nicht bemerkbar. Erfolgt der Einsatz aus der Nähe, ist in der Regel nicht zu erkennen, dass es sich um eine polizeiliche Maßnahme handelt. Dem Einsatz unbemannter Fluggeräte kommt daher eine eigenständige zusätzliche Eingriffsqualität zu, weshalb an dessen Zulässigkeit strenge Anforderungen zu stellen sind. Insbesondere fehlt eine Regelung, die den Hinweis auf die unbemannten Luftfahrtsysteme regelt. Der Drohneneinsatz muss als polizeiliche Maßnahme wahrnehmbar sein, neben dem Flugsystem muss auch die verantwortliche Stelle erkennbar sein. Problematisch ist vor allem der Einsatz in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Ziff. 3 SOG-E (dazu oben). Zu § 37 a SOG-E (Verarbeitung zu Zwecken der wissenschaftlichen und historischen Forschung, Aus- und Fortbildung und Statistik): § 37 a Abs. 3 SOG-E regelt abweichend von § 4 des Landesdatenschutzgesetzes die Verwendung von Daten zu Zwecken der Aus- und Fortbildung. Eine Verwendung von Bild- und Tonaufzeichnungen aus polizeilichen Einsatzgeschehen zu Zwecken der Aus- und Fortbildung unterfällt zweifelsfrei nicht der JI-Richtlinie, sondern der DS-GVO, mit der Folge, dass für die Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift die Maßstäbe der DS-GVO heranzuziehen sind. Die Verwendung von Bild- und Tonaufzeichnungen aus polizeilichen Einsatzgeschehen zu Zwecken der Aus- und Fortbildung verstößt gegen den Zweckbindungsgrundsatz in Artikel 5 Abs. 1 lit b DS-GVO. Zweck der Aufzeichnungen ist die Aufklärung oder Verhinderung von Straftaten oder der Schutz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Eine Nutzung der gewonnenen Aufzeichnungsdaten für andere als diese festgelegten, eindeutigen und legitimierten Zwecke ist eine unrechtmäßige Zweckänderung und stellt darüber hinaus auch einen Verstoß gegen das Datenminimierungsgebot des Art. 5 Abs. 1 lit. c DS-GVO dar, denn nach diesem Grundsatz müssen die Daten im Rahmen der Zweckbindung qualitativ und quantitativ begrenzt werden, wobei das Wort Minimierung auf eine möglichst weitgehende Begrenzung abzielt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass zum 10
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