11StNInterventionsst_tw_geschwrzt.pdf
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Stellungnahmen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG M-V)“
gegen häusliche Gewalt und Stalking Rostock Interventionsstelle - Heiligengeisthof 3 : 18055 Rostock Ministerium für Inneres und Europa M-V III INA Ill ea 19048 Schwerin _ u Rostock, 01.03.2019 Stellungnahme zum Ressortentwurf zur Neufassung des er Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG M-V) Sehr geehrte Damen und Herren, Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt und Stalking M-V möchte nachfolgend im Rahmen der Verbandsanhörung Stellung nehmen zum Ressortentwurf der Neufassung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG M-V). Dabei —_ beziehen wir uns ausschließlich auf die Neuformulierung des 852 Abs. 3 in Verbindung mit 839b Abs. 4 SOG M-V. Zur Verbesserung des Schutzes vor häuslicher Gewalt wurden 2001 in M-V fünf Interventi- | onsstellen eingerichtet (Anklam, Neubrandenburg, Rostock, Schwerin, Stralsund). Hier erhal- ten Betroffene nach einem Polizeieinsatz auf pro-aktivem Weg Unterstützung zur Erhöhung ihres Schutzes und ihrer Sicherheit. Damit Betroffene häuslicher Gewalt die vorhandenen Schutzmöglichkeiten des Polizeirechtes, des Straf- und Zivilrechtes für sich nutzen können, brauchen sie qualifizierte psycho-soziale Beratung und Begleitung sowie rechtliche Informa- tion aus einer Hand. Seit 2009 arbeiten die Interventionsstellen auch zum Themenfeld (Trennungs-)Stalking. Finanziert werden die Einrichtungen durch die Landesregierung M-V. Die Interventionsstellen sind vom Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung M- 2 V als Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung anerkannt und bekommen bis dato ge- mäß $ 41 Abs. 1 SOG M-V von der Polizei personenbezogene Daten in Fällen von häusli- cher Gewalt und von beharrlicher Nachstellung (Stalking) zum Zwecke der Gefahrenabwehr übermittelt. Diese Daten dienen allein dem Zweck der pro-aktiven Kontaktaufnahme zu den gewaltbetroffenen Personen, um Beratung und Unterstützung anzubieten. Das Vorgehen der Polizei in Fällen häuslicher Gewalt incl. der automatischen Datenweitergabe an die Interven- tionsstellen ist durch das Innenministerium M-V per Erlass’ detailliert geregelt. ! Innenministeriums M-V „Erlass über polizeiliche Maßnahmen zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt vom 1.3.2002 AZ.: 11430-1/200.14.00
DE Den Umgang mit Fällen von beharrlicher Nachstellung regelt das Innenministerium M-V im sogenannten „Stalking-Erlass‘”. Die polizeilichen Eingriffsbefugnisse bei häuslicher Gewalt nach $ 52 SOG (Wegweisung, Betretungsverbot, Aufenthaltsverbot) sind wichtige rechtliche Grundlagen in der Beratungs- praxis der Interventionsstellen zum Schutz der Betroffenen vor häuslicher Gewalt und Stal- king. Änderungen am SOG M-V haben somit auch Auswirkungen auf die Tätigkeit der Inter- ventionsstellen, insb. die geplante Neufassung des 852 SOG Abs. 3: „Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 (Wegweisung) und 2 (Betretungs- verbot) darf die Polizei die für eine Kontaktaufnahme erforderlichen personenbezoge- nen Daten der gefährdeten Personen an die zuständige vom Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung anerkannte Interventionsstelle übermitteln.“ Zuerst einmal begrüßen wir ausdrücklich die gesetzliche Verankerung der Datenweitergabe an die Interventionsstellen im Sicherheits- und Ordnungsgesetz M-V. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird dazu ausgeführt: „Aufgrund der psychischen Ausnahmesituation, in der sich die gefährdete Person bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt befindet, ist die Abgabe einer Einwilligungserklärung zur Datenübermitt- lung der gefährdeten Person nicht zumutbar.“ Dem können wir angesichts unserer 18jährigen Praxiserfahrungen in vollstem Umfang nur zustimmen. Zum anderen jedoch befürchten wir mit der konkreten Benennung von Voraussetzungen für eine Datenübermittlung (nämlich polizeiliche Schutzmaßnahmen nach 852 Abs. 2) eine Ein- schränkung der polizeilichen Handlungsmöglichkeiten. Die bisherigen Regelungen im soge- nannten „HG-Erlass“ ? sahen eine automatische Datenweitergabe an die Interventionsstellen bei allen Polizeieinsätzen zu häuslicher Gewalt vor, unabhängig ob von der Polizei vor Ort Schutzmaßnahmen angeordnet wurden oder nicht; sowie in Fällen beharrlichen Nachstellens (Stalking). Die Praxis zeigt jedoch, dass in ca. 60% der Einsätze bei häuslicher Gewalt aus unterschiedlichen Gründen gegenüber den Tatpersonen weder Wegweisungen noch Betre- tungsverbote ausgesprochen werden. Aus der Art der Formulierung des 852 Abs. 3 kann geschlussfolgert werden, dass in diesen Fällen eine Datenweitergabe an die Interventions- stelle nur bei Vorlage einer Einwilligungserklärung der gefährdeten Person erfolgen kann. Unserer Erfahrung nach ist es den gefährdeten Personen auch in diesen Fällen aufgrund der psychischen Ausnahmesituation nicht zuzumuten, die Folgen der Abgabe ihrer Erklärung in vollem Umfang zu überschauen. Dies belegen auch Forschungsergebnisse zu Ursachen, Dynamik und Folgen häuslicher Gewalt. Neben den neuen Bestimmungen zur Datenweitergabe an die Interventionsstelle im 852 Abs. 3 bleiben jedoch die bisherigen Regelungen weiter bestehen. Ehemals im 8 41 Abs.1, jetzt neu im $ 39b Abs. 4 werden die Voraussetzungen für eine Datenübermittlung an nicht- öffentliche Stellen bestimmt. Diese Datenübermittlung ist u.a. zulässig, soweit dies erforder- lich ist „für Zwecke der Gefahrenabwehr oder zur Verhütung oder Beseitigung erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte Einzelner.“ Dies trifft weiterhin zu auf alle Fälle häuslicher Gewalt sowie auf Fälle beharrlichen Nachstellens (Stalking). A Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums M-V vom 12.November 2009 - || 440f.200.32.02.6.4. ° Innenministeriums M-V „Erlass über polizeiliche Maßnahmen zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt vom 1.3.2002 AZ.: 11430-1/200.14.00
3: Vor diesem Hintergrund möchten wir folgende Ergänzungen des SOG M-V vorschla- gen: 1. Zur Klarstellung, dass neben der ausdrücklichen Befugnis zur Datenübermittlung im 852 Abs. 3 von der Polizei bei häuslicher Gewalt auch der Ermessensspielraum It. 839b Abs. 4 genutzt werden kann, schlagen wir folgende Ergänzung im Begründungtext zum SOG M-V vor: „9839b Absatz 4 bestimmt die Voraussetzungen für eine Datenübermittlung an nicht- öffentliche Stellen (z. B. an vom Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung anerkannte Interventionsstellen).“ 2. Des Weiteren schlagen wir vor, dass bei der anstehenden Überarbeitung des „Erlass über polizeiliche Maßnahmen zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt“ und der „Erläute- rung zum Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen“ unbedingt die Fachexpertise der Interventionsstellen einbezogen wird. Damit soll sichergestellt werden, dass die neuen gesetzlichen Vorschriften zum Schutz der Betroffenen in der Praxis wirksam greifen; selbst- verständlich unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Wir schlagen eine Arbeitsgruppe unter Mitwirkung einer Vertreterin der Interventionsstellen, der Koordi- nierungsstelle CORA, der Frauengruppe der Gewerkschaft der Polizei sowie Ex- pert*innen aus der polizeilichen Praxis, wie Schutzpolizei und Kriminalpolizei. Hintergrund Datenübermittlung als Bestandteil der Gefahrenabwehr bei der Bekämpfung häusli- cher Gewalt als gesamtgesellschaftliche Aufgabe In der Istanbul-Konvention* bezeichnet der Begriff „häusliche Gewalt“ alle Handlungen kör- perlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen bezie- hungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte. Häusliche Gewalt ist eine häufige Form von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder, die neben großem persönlichem Leid erhebliche Folgekosten für die Gesellschaft verursacht. Als viel- schichtiges, gesamtgesellschaftliches Problem kann dieses Gewaltphänomen nur multiinsti- tutionell und multiprofessionell bekämpft werden. Dazu bedarf es einer Gesamtstrategie aller an der Intervention beteiligten Institutionen, wie Polizei, Justiz, Hilfe- und Schutzangebote, Jugendhilfe, Gesundheits- und Bildungsbereiche sowie Angebote der Täterarbeit. 2001 verabschiedete die Landesregierung M-V erstmalig einen „Landesaktionsplan zur Be- kämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder in Mecklenburg-Vorpommern“. Der Landes- aktionsplan M-V formulierte die Notwendigkeit eines umfassenden Gesamtkonzeptes zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt, das unter anderem die Erweiterung des polizeilichen und rechtlichen Handlungsspielraums enthielt. Das daraufhin im Oktober 2001 novellierte Sicherheits- und Ordnungsgesetz in M-V ermöglichte der Polizei, gewalttätige Personen aus der Wohnung zu weisen und ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot zum Schutz bedrohter Personen für bis zu 14 Tage auszusprechen. Parallel dazu verankerte der Landesaktions- * Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt; in Deutschland rechtlich bindend seit Februar 2018
d- plan die pro-aktiv arbeitenden Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt als notwendige Schnittstelle zwischen polizeilicher, zivilrechtlicher und psychosozialer Intervention. Flankiert wurden diese landesrechtlichen Maßnahmen durch die Verabschiedung des Gewaltschutz- gesetzes” des Bundes 2001. Die Kontaktaufnahme auf Initiative der Interventionsstellen stell- te damit erstmalig einen erleichterten Zugang zum Unterstützungssystem dar. Der pro-aktive Kontakt ist oftmals überhaupt die erste Möglichkeit für Betroffene Hilfe zu erfahren oder an- zunehmen. Gerade jene, welche aus verschiedenen Gründen sonst keine Hilfe in Anspruch nehmen (können), werden auf diesem Weg erreicht. ® Die Datenübermittlung in Fällen häuslicher Gewalt und Stalkings von der Polizei an die Inter- ventionsstellen ist ein wichtiger Baustein der Gefahrenabwehr und damit im Gesamtkonzept der Landesregierung bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt. Wird diese Datenübermitt- lung eingeschränkt, wird die Gesamtstrategie gegen häusliche Gewalt in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt. Die Gefahrenabwehr als staatliche Aufgabe soll Gefahren vermeiden und Gefährdungen reduzieren. Die Bekämpfung von häuslicher Gewalt als staatliche Aufgabe darf nicht mit der Notwendigkeit des Datenschutzes aufgewogen werden. Der neue $52 Abs. 3 schafft Opfer erster und zweiter Klasse Erfolgt die Datenübermittlung an die Interventionsstellen zukünftig lediglich in den Fällen, in denen eine polizeiliche Maßnahme nach 852 SOG M-V angeordnet wurde, werden mit der Interventionsstrategie des Landes M-V deutlich weniger Betroffene häuslicher Gewalt er- reicht. Denn wie nachfolgende Statistik zeigt, wird seitens der Polizei in ca. 60% der Einsätze bei häuslicher Gewalt keine Wegweisung bzw. Betretungsverbot verfügt. 2018 1.944 762 (39%) Von Polizei an Interventionsstellen gemeldete Fälle häuslicher Polizeiliche Maßnahmen nach 852 Abs. 2 SOG M-V Unserer Erfahrung nach gibt es dafür im Wesentlichen folgende Erklärungen: - Häusliche Gewalt äußert sich nicht immer in sichtbarer schwerer körperlicher Gewalt. Betroffene berichten über Formen psychischer Gewalt, wie Demütigung, Manipulation, Bevormundung, Kontrolle, Drohung. Es bestand somit keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben. Betroffene sind in dieser Situation oft so eingeschüchtert, dass sie nicht selbstständig nach Beratung suchen und bei einem Polizeieinsatz auch keine Einwilli- gungserklärung zur Datenweitergabe abgeben. - Betroffene verlassen, zum Teil auch auf Nachfragen der Polizei, freiwillig die Wohnung und kommen zumeist bei Verwandten oder Freunden unter. Oder tatverdächtigen Per- sonen lassen sich freiwillig in die Psychiatrie einweisen. Die Erfahrungen der Praxis zei- gen, dass diese vermeintlich schnellen Lösungen zumeist nicht gut funktionieren. So stellt sich schnell heraus, dass die Zuflucht bei Familienangehörigen zu einer Überforde- rung dieser führt und die Betroffenen sich gezwungen sehen, wieder in die gewaltge- prägte Lebenssituation zurückzukehren. Oder die tatverdächtigten Personen entließen sich bereits am Folgetag wieder aus der Psychiatrie. Gerade in diesen Fällen sind die ° Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen, 2001 R Vgl. „Gemeinsam gegen häusliche Gewalt. Kooperation, Intervention, Begleitforschung“ Forschungsergebnisse der Wissenschaftlichen Begleitung der Interventionsprojekte gegen häusliche Gewalt (wiBIG). Bd. 1-4, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2004).
-5- Betroffenen auf eine unverzügliche Kontaktaufnahme und Beratung durch die Interventi- onsstellen angewiesen. - Es kommt auch gar nicht so selten vor, dass die tatverdächtigen Personen bereits vor Eintreffen der Polizei den Einsatzort verlassen. Somit konnte ihnen gegenüber keine Maßnahme ausgesprochen werden. Die Gefahr besteht, dass diese später zurückkeh- ren und wieder gewalttätig werden. Das Absehen von polizeilichen Maßnahmen lag in all diesen Fällen nicht daran, dass diese Situationen weniger gefährlich oder die Betroffenen weniger belastet waren. Es lag eine ver- gleichbare Ausgangssituation vor, die unter Umständen auch eine Maßnahme nach & 52 Abs. 2 SOG gerechtfertigt hätte. Auch waren die Betroffenen nicht minder in einer psychi- schen Ausnahmesituation. Da es jedoch keine polizeiliche Maßnahme gibt, könnte die neue Formulierung des SOG M-V so ausgelegt werden, dass den Betroffenen zukünftig eine Ein- verständniserklärung zur Datenweitergabe abverlangt werden muss, damit ihnen Hilfe und Unterstützung angeboten werden kann. Diese Verfahrensweise birgt ein immenses Risiko, Betroffene von häuslicher Gewalt ungleich zu behandeln und quasi Opfer erster und zweiter Klasse zu schaffen. Automatische Datenweitergabe versus Einverständniserklärung bei häuslicher Gewalt Polizeieinsätze sind in der Regel Notfälle in eskalierenden Gewaltsituationen, in denen die Betroffenen um ihre und die Sicherheit ihrer Kinder bangen. Bei der Evaluierung der Inter- ventionsstellen unseres Bundeslandes 2000-2004 durch die Universität Osnabrück’ be- schrieben Betroffene ihren Zustand nach einem Polizeieinsatz als äußerst kritisch, sie waren „fassungslos“ über das Verhalten ihres Partners und „völlig aufgelöst‘. Die Befragung der Betroffenen ergab, dass die Gewissheit, ob ein Beratungsangebot gewünscht wird oder nicht, nur in einer ruhigen Gesprächssituation gewonnen werden kann. Nämlich dann, wenn die Beraterinnen Kontakt zu den Betroffenen aufnehmen und selbst ihr Hilfeangebot erklä- ren. Selbst wenn das Beratungsangebot abgelehnt wird, hat es dennoch andere gewichtige Effekte, wenn Betroffene nicht über die Datenweitergabe entscheiden müssen. Zum einen übernimmt jemand anderes die Verantwortung, Gewalt als solche zu benennen. Zum ande- ren erhalten Betroffene trotzdem Informationen über rechtliche Schutzmöglichkeiten und Hilfeangebote für evtl. zukünftig zu erwartende Gewaltsituationen. Denn Häusliche Gewalt ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein i.d.R. länger anhaltendes Gewaltphänomen. Die Evaluierung kam auch zu dem Ergebnis, dass Betroffene in der krisenhaften Situation eines Polizeieinsatzes möglicherweise nicht in der Lage sind, die Informationen aufzuneh- men, die ihnen die Polizei über die Interventionsstellen gibt. Sie lehnen die Datenübermitt- lung dann ab, wenn sie nicht absehen können, welche Folgen ihre Unterschrift haben könn- te. Die Zustimmung oder Ablehnung der Betroffenen wird auch davon abhängen, wie gut die Polizeibeamt*innen in der Lage sind, das Beratungsangebot und das Prozedere zu erklären. Letztendlich besteht hier die Gefahr, dass die Betroffenen missverstehen, was sie unter- schreiben sollen und so unter Umständen falsche Erwartungen geweckt oder Befürchtungen ausgelöst werden. Wenn die Datenübermittlung durch die Einverständniserklärung der Be- troffenen abgesichert wird, entsteht der Eindruck, nur die Betroffenen, die zur Unterschrift bereit sind, wünschen Beratung. 7 Gemeinsam gegen häusliche Gewalt - Neue Unterstützungspraxis bei häuslicher Gewalt. Wissenschaftliche Begleitung der Interventionsprojekte gegen häusliche Gewalt (WiBIG) Universität Osnabrück, 2000-2004
B- Darüber hinaus ist es bei der Personengruppe der Migrant*innen ausgesprochen fraglich, wie bei diesen im Polizeieinsatz eine verwertbare Einverständniserklärung zur Datenweiter- gabe abgefragt werden soll. Unterbleibt wegen der Neuregelung des SOG hier eine automa- tische Datenweitergabe an die Interventionsstellen, besteht ein gesteigertes Risiko, dass diese Betroffenen ungewollt in Notsituationen verbleiben. Wegen bestehender Sprachbarrie- ren und Unkenntnis über die Hilfsangebote sind diese noch viel weniger in der Lage, sich selbstständig dauerhaft aus Gewaltbeziehungen zu lösen. Dies führt zu einer weiteren Be- nachteiligung einzelner Betroffenengruppen. Im Interesse der Betroffenen häuslicher Gewalt sowie ihres Schutzes und ihrer Sicherheit würden wir es begrüßen, wenn unsere Vorschläge Berücksichtigung finden. Darüber hinaus wird damit auch den Vorgaben und Verpflichtungen, die sich aus der Istanbul-Konvention für die Mitgliedsstaaten ergeben, Rechnung getragen. Mit freundlichen Grüßen Im Namen der Landesarbeitsgemeinschaft der Interventionsstelle M-V