Empfangsbestätigung
Diese Nachricht scheint eine Empfangsbestätigung zu sein. Wenn dies zutrifft, müssen Sie nichts weiter machen. Die Behörde muss in der Regel innerhalb eines Monats antworten.
Sehr geehrter Herr Semsrott,
auf Ihren Antrag vom 31 .7.2019 ergeht folgende Entscheidung:
1. Der Antrag auf Informationszugang wird abgelehnt.
2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Begründung:
I.
Mit E-Mail vom 31 .7.2019 stellten Sie den Auskunftsantrag nach dem Harnburgischen Transparenzgesetz (HmbTG), ihnen "sämtliche(n) Schriftverkehr, den die Justizbehörde zur Novelle des Harnburgischen Transparenzgesetzes mit anderen öffentlichen Stellen geführt hat, insbesondere eingegangene Stellungnahmen anderer Hamburger Behörden" zu übersenden.
Am 1.8.2019 wurde Ihnen wunschgemäß eine Eingangsbestätigung übersandt.
Unter dem 28.8.2019 verlängerte die Justizbehörde die Frist zur Beantwortung Ihrer Anfrage gemäߧ 13 Abs. 3 HmbTG auf zwei Monate.
II.
Ihr Antrag auf Informationszugang war abzulehnen.
Grundsätzlich kommt zwar ein Anspruch Ihrerseits auf Zugang zu dem von der Anfrage umfassten Schriftverkehr zur Novelle des Harnburgischen Transparenzgesetzes gemäß §§ 1 Abs. 2, 13 Abs. 1 HmbTG in Betracht.
Dem Informationszugang steht aber der Ausschlusstatbestand des§ 6 Abs. 1 HmbTG entgegen.
Nach § 6 Abs. 1 HmbTG sind die unmittelbare Willensbildung des Senats, Entwürfe, vorbereitende Notizen und vorbereitende Vermerke von der Informationspflicht ausgenommen. Dies umfasst nicht allein die Entscheidungstindung des Senats als Kollegium der Präsides der Fachbehörden, sondern auch die Behördenabstimmung zur Vorbereitung einer Senatsentscheidung, wozu behördenintern erstellte Vermerke, Entscheidungsvorlagen und sonstige Dokumente
gehören, die der Vorbereitung auf eine konkrete anstehende Befassung des Senats dienen (Maatsch/Schnabel, HmbTG, 2015, § 6 Rn. 4f.).
1.
Der Schriftverkehr zur Novelle des HmbTG, auf dessen Übersendung Ihr Antrag abzielt, ist im Rahmen der Behördenabstimmung zur Vorbereitung des Senatsbeschlusses vom 30. Juli 2019 (Drs. 21/17907) geführt worden und unterfällt damit dem Schutz der unmittelbaren Willensbildung des Senats gemäߧ 6 Abs. 1 HmbTG. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob nach dem Senatsbeschluss vom 30. Juli 2019 von einem laufenden oder einem abgeschlossenen Vorgang auszugehen ist, denn § 6 Abs. 1 HmbTG schützt den Kernbereich der exekutiven
Eigenverantwortung unabhängig von dieser Differenzierung . Die vom Bundesverfassungsgericht für die Nichtbeantwortung parlamentarischen Anfragen bei abgeschlossenen Vorgängen verlangte Abwägung und konkrete Darlegung der Gefährdung der künftigen Funktion der Regierung (vgl. BVerfG, Urteil vom 7.11 .2017, Az. 2 BvE 2/11 , Rn. 231) ist bei§ 6 Abs. 1 HmbTG daher nicht erforderlich.
Im Einzelnen:
Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 HmbTG unterscheidet nicht zwischen laufenden und abgeschlossenen Vorgängen; vielmehr greift die Ausnahme von der Informationspflicht stets dann ein, wenn die unmittelbare Willensbildung des Senats von der Informationspflicht berührt wird.
Die historische Auslegung ergibt kein eindeutiges Bild: Zwar weist die Gesetzesbegründung (Drs. 20/446) darauf hin, dass mit der "unmittelbaren Willensbildung des Senats" der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung gemeint ist, so wie ihn das Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtliche Grenze des Auskunftsrechts von Abgeordneten anerkannt hat. Der Gesetzesbegründung
kann aber nicht entnommen werden, dass damit auch die Begrenzung des
Kernbereichsschutzes bei abgeschlossenen Vorgängen übernommen werden soll, die sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts findet. Vielmehr stellt die Gesetzesbegründung ohne weitere Differenzierung fest, dass kein Informationszugang zu gewähren sei, wenn die Willensbildung des Senats unter Einschluss der Entscheidungsvorbereitung und Behördenabstimmung
betroffen sei.
Dafür, dass der Gesetzgeber den Schutz des Willensbildungsprozesses des Senats absolut ausgestalten wollte, spricht zudem, dass die Vorgängernorm des § 9 Abs. 5 HmbIFG nicht übernommen wurde. Nach dieser konnte der Antrag auf Zugang zu Informationen abgelehnt werden, wenn das Bekanntwerden des Inhaltes der Informationen die Funktionsfähigkeit oder die Eigenverantwortung des Senats beeinträchtigte. Auf diese Beeinträchtigung als Tatbestandsmerkmal
(das eine Unterscheidung zwischen laufenden und abgeschlossenen .Vorgängen
nahelegte) hat der Gesetzgeber des HmbTG zugunsten einer Regelung verzichtet, die ohne weitere Differenzierung allein an die Zugehörigkeit einer Information zum Willensbildungsprozess des Senats anknüpft.
Die systematische Betrachtung spricht gegen eine Unterscheidung des Kernbereichsschutzes nach laufenden und abgeschlossenen Vorgängen. § 6 Abs. 2 HmbTG sieht nämlich für sonstige behördliche Entscheidungsprozesse vor, dass Entscheidungsentwürfe u.ä. von der Informationspflicht ausgenommen werden sollen, "soweit und solange" durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidungen vereitelt würde. Hier findet sich für die weniger schutzbedürftigen sonstigen behördlichen Entscheidungen also die gesetzliche Beschränkung der "Soll"-Ausnahme von der Informationspflicht auf laufende Prozesse ("solange").
Eine solche ist in § 6 Abs. 1 HmbTG gerade nicht vorgesehen, was dafür spricht, dass hier angesichts des besonderen Gewichts des Schutzes der Willensbildung des Senats keine Differenzierung nach Verfahrensstand vorgenommen werden soll.
Die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sowie die Ermöglichung der Kontrolle staatlichen Handeins als Zwecke des HmbTG insgesamt (§ 1 Abs. 1 HmbTG) könnten zwar eine Auslegung des § 6 Abs. 1 HmbTG nahelegen, nach der für abgeschlossene Vorgänge ein Informationszugang zu Informationen, die den Willensbildungsprozess des Senats betreffen, nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Stellt man aber auf den Schutz von Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung des Senats als Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1
HmbTG als Ausschlussgrund ab, so erscheint eine Differenzierung des Kernbereichsschutzes nach laufenden und abgeschlossenen Vorgängen nicht sinnvoll. Die Unbefangenheit der Kommunikation im Rahmen der Behördenabstimmung kann nur dann auch für die Zukunft gewährleistet werden, wenn alle Beteiligten davon ausgehen können, dass allein das Ergebnis des Diskurses innerhalb des Senats öffentlich wird. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der Senat als Regierung und kollektive Spitze der Exekutive (Art. 33 Abs. 2 der Hamburgischen Verfassung) nicht mehr einheitlich und "mit einer Stimme sprechend" nach außen auftreten könnte, da Meinungsverschiedenheiten aus der Behördenabstimmung bekannt werden und politisch - etwa im Rahmen des bürgerschaftliehen Verfahrens - instrumentalisiert werden könnten. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, ob das Verfahren noch laufend oder schon abgeschlossen ist.
Insgesamt ist nach dem Gesagten § 6 Abs. 1 HmbTG als absoluter Ausschlussgrund der lnformationspflicht ohne Differenzierung zwischen laufenden und abgeschlossenen Vorgängen auszulegen.
2.
Selbst wenn man entgegen den Ausführungen unter II. 1. annehmen wollte, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung auch hinsichtlich der Unterscheidung von laufenden und abgeschlossenen Vorgängen auf§ 6 Abs. 1 HmbTG übertragbar ist, käme man nicht zu einem für Sie günstigeren Ergebnis, denn § 6 Abs. 1 HmbTG stünde auch in diesem Fall einem Informationszugang entgegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum "Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" im Bereich parlamentarischer Anfragen ist hinsichtlich des Schutzes von Regierungsinformationen zwischen laufenden und abgeschlossenen Vorgängen zu unterscheiden (vgl. BVerfG, Urteil vom 21 .10.2014, Az. 2 BvE 5/11 , Rn. 137ft, 170; Beschluss vom 13.10.2016, Az. 2 BvE 2/15, Rn. 119ft; Beschluss vom 13.06.2017, Az. 2 BvE 1/15, Rn. 92; Urteil vom 7.11 .2017, Az. 2 BvE 2/11 , Rn. 227ft., juris). Unter dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung wird dabei der (aus dem Gewaltenteilungsprinzip folgende) grundsätzlich nicht ausforschbare Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung verstanden (z.B. Willensbildung der Regierung, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen). Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht danach in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.
Diese Gefahr besteht bei Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen regelmäßig, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist. Die parlamentarische Kontrolle erstreckt sich daher grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge; sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen.
Auch bei abgeschlossenen Vorgängen kann die Exekutive Informationen zur Willensbildung (etwa Ausschussberatungen) dann verweigern, wenn sich bei Abwägung der Belange ergibt, dass die durch Offenbarung möglicherweise beeinträchtigte Freiheit und Offenheit der Willensbildung der Regierung in der Zukunft (sog . "einengende Verwirkung") das parlamentarische Informationsinteresse überwiegt. Dabei sind die Informationen aus dem Bereich der Entscheidungsvorbereitung umso schutzwürdiger, je näher sie der Regierungsentscheidung stehen.
Nach diesen Maßstäben ist bereits zweifelhaft, ob hier ein laufender oder ein abgeschlossener Vorgang gegeben ist. Zwar hat der Senat am 30. Juli 2019 die Drucksache zur Reform des HmbTG beschlossen und damit seine Willensbildung zu einem Abschluss gebracht. Da das bürgerschaftliehe Gesetzgebungsverfahren aber bislang noch nicht abgeschlossen ist, besteht weiterhin die Gefahr des "Mitregierens Dritter", da bekanntgewordene Unterlagen aus der Behördenabstimmung zur Reform des HmbTG zur Einwirkung auf Senatsvertreter (etwa im Rahmen der Ausschussanhörung) genutzt werden könnten. Da der Senat theoretisch seinen Gesetzentwurf auch während des laufenden bürgerschaftliehen Verfahrens zurückziehen kann, muss das Verfahren auch hinsichtlich der Willensbildung des Senats bis zum Abschluss des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens als nicht abgeschlossen angesehen werden. ln diesem Sinne wird auch in der obergerichtliehen Rechtsprechung zur Abgrenzung von laufenden und abgeschlossenen Vorgängen im Bereich des Kernbereichsschutzes auf den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens abgestellt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 2.6.2015, Az. 15 A 2062/12, Rn. 56; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11 .2015, Az. OVG 12 B 6.14, Rn. 47, juris).
Aber selbst wenn man hier im Hinblick auf den Senatsbeschluss vom 30.7.2019 einen abgeschlossenen Vorgang annehmen wollte, wären die dann erforderlichen besonderen Voraussetzungen einer Verweigerung des Informationszugangs zu bejahen.
Der Zugang zu Informationen aus der Behördenabstimmung zum HmbTG würde die Freiheit und Offenheit der Willensbildung der Regierung insoweit beeinträchtigen, als in der Zukunft eine offene Diskussion und Meinungsbildung, aber auch die Kompromisstindung innerhalb des Senats kaum möglich wären, weil stets zu befürchten wäre, dass Einzelauffassungen und Zwischenstände des Meinungsbildungsprozesses dem Senat entgegengehalten werden könnten, um (aus politischen Gründen) die Einheitlichkeit seines Auftretens nach außen aufzubrechen.
Die Folge wäre eine defensive und Schriftlichkeit scheuende neue Kultur der Behördenabstimmung, welche den Diskussionsprozess und die Nachvollziehbarkeit der Meinungsbildung des Senats beeinträchtigen würde.
Bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlichen Abwägung wäre auf der anderen Seite auch Ihr Informationsinteresse als Antragsteller zu berücksichtigen.
Hierbei handelt es sich lediglich um ein im HmbTG einfachrechtlich anerkanntes Interesse und nicht (wie bei parlamentarischen Anfragen) um einen verfassungsrechtlich gebotenen Informationsanspruch (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2018, Az. 7 C 19/17, Rn. 20, juris). Art. 5 Abs. 1 S. 1 HS 2 GG (Informationsfreiheit) gewährt das Recht auf ungehinderte Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Informationsquellen und grundsätzlich keinen Anspruch auf Verschaffung von Informationen. Soweit Informationsfreiheitsgesetze einen Anspruch auf Zugang zu staatlichen Informationen enthalten, kann der Zugang zwar grundsätzlich als von Art. 5 Abs. 1 S.1 HS 2 GG geschützt angesehen werden (Jarass/Pieroth-Jarass, GG, 15. Aufl. 2018, Art. 5 Rn. 28). Dies setzt aber voraus, dass nicht Bereiche oder Informationen betroffen sind, die schon als solche gesetzlich vom Zugangsanspruch ausgenommen sind (BVerfG, Beschluss vom 20.6.2017, Az. 1 BvR 1978/13 Rn. 21). Solche Informationen sind hier aber Gegenstand des lnformationsbegehrens, denn § 6 Abs. 1 HmbTG schließt die unmittelbare Willensbildung des Senats allgemein als Gesamtbereich vom Informationsanspruch aus.
Ist danach schon abstrakt das nur einfachrechtlich geschützte Informationszugangsinteresse gegenüber dem verfassungsrechtlich aus dem Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) folgenden Interesse des Senats an der Freiheit und Offenheit seiner Willensbildung weniger gewichtig, so ergibt auch die Betrachtung der konkret vom Informationsantrag betroffenen Informationen kein anderes Ergebnis. Denn diese dienten unmittelbar der Vorbereitung des Senatsbeschlusses zur Reform des HmbTG; sie sind damit nach den oben genannten Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Kernbereichsschutz wegen ihrer Nähe zur Regierungsentscheidung besonders schutzwürdig. Demgegenüber ist ein besonderes Gewicht des konkreten Informationsinteresses im Antrag vom 31.7.2019 nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.
Rechtsbehelfsbelehrung