Sterbehilfe: Informationsfragen zur flächendeckenden Sicherstellung des Zugangs zu Selbsttötungshilfe

Anfrage an: Deutscher Bundestag

Prof. Dr. Dr. W.H. Ritter, Bayreuth
emeritierter Professor der ev. Theologie

Lutz Tauber, Halle
Ev. Pfarrer i.R.

Heribert Wasserberg, Berlin-Steglitz
Ev.-ref. Pfarrer i.R.

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,

durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 (Gz. 2 BvR 2347/15) wurde das Menschenrecht auf Selbstbestimmung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes in dem nationalen deutschen Verfassungsrecht verankert. Auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention des Europarates, der Behindertenrechtskonvention der VN und anderer internationaler Menschenrechtsübereinkünfte ist daher eine neue Staatsaufgabe und zugleich der bürgerliche Rechtsanspruch entstanden auf einen flächendeckenden, sicheren, umfassenden und barrierefreien Zugang zu Selbsttötungshilfe, assistierte Selbsttötung und Euthanasie für die gesamte Bevölkerung.
Bund und Länder unterliegen nunmehr insbesondere der Pflicht,

- jedem Menschen in Deutschland die Möglichkeit einer freiverantwortlichen Entscheidung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes zu eröffnen, und

- den Rahmen dafür zu gewährleisten, diese Entscheidung auch konkret zu treffen und umzusetzen.

Auch muss der Zugang zur Selbsttötungshilfe durch Dritte, die dazu bereit sind, flächendeckend gewährleistet sein.

Die vorstehenden bürgerlichen Rechtsansprüche bestehen schon jetzt „de lege ferenda“.

Wir sind drei emeritierte evangelische Theologen aus Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt, die umtreibt, was aus den schönen Grund- und Menschenrechten wird, die auch wir gerne am Lebensende ausüben möchten.
In acht IFG-Anfragen befragen wir deshalb die Parlamente und Regierungen des Bundes und unserer Bundesländer zur Erfüllung der Staatsaufgabe der flächendeckenden Zugangs zur Selbstötungshilfe und zur Euthanasie.
Unmittelbar nach der Einreichung dieser Anfrage wird ein Schreiben hochgeladen, um dessen Kenntnisnahme und Beantwortung wir freundlich bitten.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Heribert Wasserberg, zugleich im Auftrag von Prof. Dr. Dr. Werner H.Ritter und Lutz Tauber

Anfrage eingeschlafen

Warte auf Antwort
  • Datum
    14. August 2020
  • Frist
    16. September 2020
  • 0 Follower:innen
Heribert Wasserberg
Prof. Dr. Dr. W.H. Ritter, Bayreuth emeritierter Professor der ev. Theologie Lutz Tauber, Halle Ev. Pfarrer i.R. …
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Von
Heribert Wasserberg
Betreff
Sterbehilfe: Informationsfragen zur flächendeckenden Sicherstellung des Zugangs zu Selbsttötungshilfe [#195259]
Datum
14. August 2020 09:42
An
Deutscher Bundestag
Status
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Prof. Dr. Dr. W.H. Ritter, Bayreuth emeritierter Professor der ev. Theologie Lutz Tauber, Halle Ev. Pfarrer i.R. Heribert Wasserberg, Berlin-Steglitz Ev.-ref. Pfarrer i.R. Sehr geehrte<< Anrede >> durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 (Gz. 2 BvR 2347/15) wurde das Menschenrecht auf Selbstbestimmung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes in dem nationalen deutschen Verfassungsrecht verankert. Auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention des Europarates, der Behindertenrechtskonvention der VN und anderer internationaler Menschenrechtsübereinkünfte ist daher eine neue Staatsaufgabe und zugleich der bürgerliche Rechtsanspruch entstanden auf einen flächendeckenden, sicheren, umfassenden und barrierefreien Zugang zu Selbsttötungshilfe, assistierte Selbsttötung und Euthanasie für die gesamte Bevölkerung. Bund und Länder unterliegen nunmehr insbesondere der Pflicht, - jedem Menschen in Deutschland die Möglichkeit einer freiverantwortlichen Entscheidung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes zu eröffnen, und - den Rahmen dafür zu gewährleisten, diese Entscheidung auch konkret zu treffen und umzusetzen. Auch muss der Zugang zur Selbsttötungshilfe durch Dritte, die dazu bereit sind, flächendeckend gewährleistet sein. Die vorstehenden bürgerlichen Rechtsansprüche bestehen schon jetzt „de lege ferenda“. Wir sind drei emeritierte evangelische Theologen aus Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt, die umtreibt, was aus den schönen Grund- und Menschenrechten wird, die auch wir gerne am Lebensende ausüben möchten. In acht IFG-Anfragen befragen wir deshalb die Parlamente und Regierungen des Bundes und unserer Bundesländer zur Erfüllung der Staatsaufgabe der flächendeckenden Zugangs zur Selbstötungshilfe und zur Euthanasie. Unmittelbar nach der Einreichung dieser Anfrage wird ein Schreiben hochgeladen, um dessen Kenntnisnahme und Beantwortung wir freundlich bitten. Mit freundlichen Grüßen gez. Heribert Wasserberg, zugleich im Auftrag von Prof. Dr. Dr. Werner H.Ritter und Lutz Tauber Heribert Wasserberg Anfragenr: 195259 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/195259/ Postanschrift Heribert Wasserberg << Adresse entfernt >> << Adresse entfernt >>
Heribert Wasserberg
Sehr geehrte<< Anrede >> wie angekündigt leiten wir Ihnen das Schreiben zu, um dessen Kenntnisnahme u…
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Von
Heribert Wasserberg
Betreff
Sterbehilfe: Informationsfragen zur flächendeckenden Sicherstellung des Zugangs zu Selbsttötungshilfe [#195259]
Datum
15. August 2020 07:03
An
Deutscher Bundestag
Status
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Nicht-öffentliche Anhänge:
20200814-an-bundestag-und-bundesregierung-informationsanfrage-sterbehilfe.pdf
169,8 KB
Sehr geehrte<< Anrede >> wie angekündigt leiten wir Ihnen das Schreiben zu, um dessen Kenntnisnahme und aussagekräftige Beantowrtung der Fragen wir frreundlich bitten. ... Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. Dr. Werner H. Ritter, Lutz Tauber und Heribert Wasserberg Anhänge: - 20200814-an-bundestag-und-bundesregierung-informationsanfrage-sterbehilfe.pdf Anfragenr: 195259 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/195259/ Postanschrift Heribert Wasserberg << Adresse entfernt >> << Adresse entfernt >>
Heribert Wasserberg
Bitte diemit dieser Nachricht bei der Benennung der Adressaten, bei den Anreden der Datierung korrigierte Fassung…
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Von
Heribert Wasserberg
Betreff
AW: Sterbehilfe: Informationsfragen zur flächendeckenden Sicherstellung des Zugangs zu Selbsttötungshilfe [#195259]
Datum
16. August 2020 16:18
An
Deutscher Bundestag
Status
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Bitte diemit dieser Nachricht bei der Benennung der Adressaten, bei den Anreden der Datierung korrigierte Fassung verwenden. Mit der Bitte um Entschuldigung und freundlichen Grüßen Heribert Wasserberg Anhänge: - 20200814-an-bundestag-und-bundesregierung-informationsanfrage-sterbehilfe.pdf Anfragenr: 195259 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/195259/ Postanschrift Heribert Wasserberg << Adresse entfernt >> << Adresse entfernt >>
Deutscher Bundestag
Kein Nachrichtentext
Von
Deutscher Bundestag
Via
Briefpost
Betreff
Datum
18. September 2020
Status
Warte auf Antwort
Heribert Wasserberg
Verspätungs-Beschwerde, Fristverlängerung [#195259] Sehr geehrte<< Anrede >> wir wenden uns erneut an …
An Deutscher Bundestag Details
Von
Heribert Wasserberg
Betreff
Verspätungs-Beschwerde, Fristverlängerung [#195259]
Datum
26. September 2020 12:22
An
Deutscher Bundestag
Status
E-Mail wurde erfolgreich versendet.
Sehr geehrte<< Anrede >> wir wenden uns erneut an Sie wegen unserer IFG-Anfrage "Sterbehilfe: Informationsfragen zur flächendeckenden Sicherstellung des Zugangs zu Selbsttötungshilfe". Wie Ihnen bekannt ist, wurde diese Anfrage außer an Sie auch an sieben andere Parlamente und Regierungen auf Bundes- und Landesebene gerichtet. Bislang erhielten wir nahezu durchgängig Eingangs- und Weiterleitungsbescheide, jedoch keine Bescheide in der Sache. Die gesetzliche Frist war in der vergangenen Woche vor der jetzt endenden Woche jedoch abgelaufen, in Ihrem Falle um elf Tage. Teilweise wird das Fristversäumnis begründet mit Sicherheitsbedenken hinsichtlich der hochgeladenen Schriftsätze und Dokumente. Sofern dieses Hindernis auch bei der an Sie gerichteten Anfrage gegeben ist, kommen Sie bitte zeitnah auf uns zu und teilen die Wege mit, auf denen Sie die Zuleitung von Dokumenten an Sie akzeptieren können. Teilweise wird das Fristversäumnis auch mit der Pandemie-bedingten Einschränkung der Arbeitsfähigkeit begründet. Dafür haben wir Verständnis und verlängern daher die Frist für die Beantwortung unserer Anfragen für alle bis zum 31. Oktober 2020. Zugleich bitten wir aber um zeitnahe Bestätigung der Kenntnisnahme dieses Schreibens und ggf. um seine Weiterleitung an die zuständig gemachten Dienststellen. Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen leider feststellen, dass unsere Auskunftsersuchen durchweg ungesetzlich behandelt werden und nicht beantwortet wurden. Auch ist in der Regel kein Bemühen erkennbar, das Fristerfordernis zu beachten. Eine Regierung und ein Parlament, welches sich ungesetzlich verhält, kann keinen Respekt erwarten. Dieses und ein derartiges Verhalten beschädigt das – schon durch die vorausgegangenen kleinen und großen Unkorrektheiten der Vergangenheit beschädigte – j Vertrauen der Bürger zusätzlich, auf welcher das Funktionieren jeder staatlichen Ordnung fußt und angewiesen ist. Vor dem Hintergrund der Tatsache, das das 2015 verfügte gesetzliche Verbot der Sterbehilfe rechtswidrig und nichtig ist, verlangen wir Ihre Veränderung Ihres Verhaltens. Wir möchten uns ungern von Ihnen belogen, betrogen, nicht respektvoll behandelt und in unseren Rechten hintergangen sehen. Wir erwarten Ihre Rückkehr zu Gesetz und Ordnung, und ihre aussagekräftige, umfassende und aufrichtige Beantwortung unseres Auskunftsersuchens. Mit freundlichen Grüßen Anfragenr: 195259 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/195259/

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Heribert Wasserberg
Auskunftsersuchen (Volltext) [#195259]
Sehr geehrte<< Anrede >> sehr geehrte Damen und Herren, Auf Ih…
An Deutscher Bundestag Details
Von
Heribert Wasserberg
Betreff
Auskunftsersuchen (Volltext) [#195259]
Datum
10. Oktober 2020 06:41
An
Deutscher Bundestag
Status
E-Mail wurde erfolgreich versendet.
Sehr geehrte<< Anrede >> sehr geehrte Damen und Herren, Auf Ihr Schreiben vom 28.09.2020 hin übermittele ich Ihnen mit dieser eMail den Wortlaut unserer IFG-Anfrage.V Dies verbinde ich mit der Bitte um Bearbeitung unseres Auskunftersuchens bis zum 15. November 2020. Zugleich mache ich auf das Schreiben vom 5. Oktober 2020 an den Herrn Bundestagspräsidenten aufmerksam, mit welchem ich in alleiniger Verantwortung dem Gesetzgeber einen Gesetzgebungsvorschlag unterbreitet habe. Es folgt nach dem Gruß der Text unseres Auskunftsersuchens nach dem Informationsfreiheitsgesetz: Mit freundlichen Grüßen Heribert Wasserberg Lutz Tauber Evangelischer Pfarrer im Ruhestand Meisenweg 12 06110 Halle Professor Dr. Dr. Werner Heinz Ritter Evangelischer Theologieprofessor im Ruhestand Steinwaldstraße 2 95448 Bayreuth Heribert Wasserberg Evangelisch-reformierter Pfarrer im Ruhestand Ahornstraße 19 << Adresse entfernt >>-Steglitz Briefsendungen bitte an Heribert Wasserberg senden! Sterbehilfe: Informationsfragen zur flächendeckenden Sicherstellung des Zugangs zu Selbsttötungshilfe nach dem Sterbehilfe-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 Halle (Saale), Bayreuth und Berlin, 14. August 2020 Sehr geehrt<< Anrede >> sehr geehrter Frau Bundeskanzlerin, durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 (Gz. 2 BvR 2347/15) wurde das Menschenrecht auf Selbstbestimmung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes in dem nationalen deutschen Verfassungsrecht verankert. Auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention des Europarates, der Behindertenrechtskonvention der VN und anderer internationaler Menschenrechtsübereinkünfte ist daher eine neue Staatsaufgabe und zugleich der bürgerliche Rechtsanspruch entstanden auf einen flächendeckenden, sicheren, umfassenden und barrierefreien Zugang zu Selbsttötungshilfe, assistierte Selbsttötung und Euthanasie für die gesamte Bevölkerung. Bund und Länder unterliegen nunmehr insbesondere der Pflicht, - jedem Menschen in Deutschland die Möglichkeit einer freiverantwortlichen Entscheidung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes zu eröffnen, und - den Rahmen dafür zu gewährleisten, diese Entscheidung auch konkret zu treffen und umzusetzen. Auch muss der Zugang zur Selbsttötungshilfe durch Dritte, die dazu bereit sind, flächendeckend gewährleistet sein. Die vorstehenden bürgerlichen Rechtsansprüche bestehen schon jetzt „de lege ferenda“. Jedoch scheint die Umsetzung des Grundsatzurteils noch nicht einmal begonnen zu haben. In den Monaten, seitdem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erging, hat es spärliche und diffuse Auskünfte für den Bürger und die Bürgerin gegeben, woran er (bzw. sie) nun ist, und welche lebenspraktischen Konsequenzen und Handlungsoptionen das Grundsatzurteil für ihn (bzw. sie) hat bzw. eröffnet. Man muss sogar beobachten, dass schwerstkranken Sterbewilligen der Erwerb von Sterbemitteln weiterhin nicht behördlich gestattet wird; dies auf Weisung der Bundesregierung. Gemessen an den Grundaussagen des Bundesverfassungsgerichts wirkt dies auch bei um Objektivität bemühter Betrachtungsweise wie ein flagranter Verfassungsbruch. Stellt sich auch in Deutschland die Regierung über das Recht und gegen die Justiz? Soweit es das Informationsfreiheitsgesetz hergibt, ist dieses Schreiben eine Anfrage im Sinne dieses Gesetzes. Wir wenden uns gleichzeitig mit Anfragen an die Regierungen und Parlamente der Bundesebene und der Bundesländer, in welchen wir leben. Wir, drei Bürger und evangelische Theologen aus Bayern, Sachsen-Anhalt und Berlin, möchten wissen, wie Sie in Ihrer Rolle als Gesetzgebungs- bzw. Exekutivorgan das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende gewährleisten, für uns, und für andere – Rechte, die auch ohne Anpassung der Einzelgesetzgebung an die geschaffene Verfassungsrechtslage („lege ferenda“) existieren. Rechtsansprüche, die schon jetzt existieren, schon jetzt staatlich zu gewährleisten sind. Deshalb bitten wir um (bitte präzise) Antworten auf die folgenden Fragen: 1. Wie sichern Sie die freiverantwortliche Entscheidungsfindung und Bildung eines Sterbewillens? Hintergrund: Menschen mit angeborenen oder auch erworbenen kognitiven Beeinträchtigungen haben ebenfalls das Recht, ihr Leben zu beenden. Dasselbe gilt auch für Menschen mit psychischen Störungen, zum Beispiel mit refraktären psychopathologischen Störungen mit hoher Symptomlast. Viele Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen sind schwer zu erfassen, schwer beherrschbar, und sehr belastend vor allem für die Betroffenen selbst. Tatsache ist auch, dass 30 Prozent der depressiven Störungen nicht therapierbar sind; der Selbsttötungswille von Menschen in der Situation einer aussichtslos chronifizierten, dauerhaft beeinträchtigenden psychischen Störung ist nachvollziehbar. Man kann nicht ganze Personengruppen wie diese von der Entscheidung, nicht mehr weiterzuleben, ausschließen; dies, weil die Verwirklichung von Grundrechten grundsätzlich allen möglich sein muss, und zum Beispiel Artikel 12 VN-BRK die Gleichheit aller im Zugang zum Recht sichert. Um hier sehr konkret zu werden: Man kann einem Menschen, welcher sich erfolglos einer Therapie – wohlmöglich wiederholt einer Therapie der Suizidalität unterzog, nicht unterstellen, sein Selbsttötungswillen beruhe nicht auf einer freien Entscheidung. Die menschenwürdige Lebensbeendigung ist ein gut begründetes Therapieziel bei unkontrollierbarer Selbsttötungsneigung. Den hierauf gestützten Sterbewille zu missachten, wäre ein unbegründeter Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Wir befürchten, das Grundrecht Selbsttötung laufe leer, weil es nicht gegen das Staatsziel des Lebensschutz hinreichend abgegrenzt wird. Vulnerabilität ist als Folge des Sterbehilfeurteils nicht zuletzt die erhöhte Risikobelastung, an der Inanspruchnahme des Grundrechts Selbsttötung gehindert zu werden, und in diesem Sinne vulnerable Personen bedürfen staatlichen Schutzes und Fürsorge bei der Klärung der Frage ihres Lebensendes. Der Entscheidungsweg zum Weiterleben und der Entscheidungsweg zur Lebensbeendigung müssen gleichermaßen unterstützt und ermöglicht werden. 2. a) Wie gewährleisten Sie die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Selbsttötungshilfe? b) Wie schützen Sie Sterbewillige und Sterbehelfer vor Einschüchterungen und Angriffen durch Sterbehilfegegner? c) Wie sichern Sie die Privatheit der Selbsttötung; wie schützen Sie Selbsttötung und assistierte Selbsttötung vor Verletzungen des Privatsphäreschutzes? Hintergrund: Religiös gebundene, aber, wie es scheint, zunehmend auch säkulare Ärzte und Leistungserbringer von Gesundheits- und Pflegedienstleistungen lehnen die Mitwirkung an Dienstleistungen ab, wenn diese gesellschaftlich umstritten scheinen oder wenn diese mit ihren privaten ethischen und religiösen Überzeugungen nicht vereinbar sind. Im Ergebnis stehen dann ihre persönlichen Präferenzen faktisch über dem Gesetz, zumindest über der Patientenautonomie. Bei den Abtreibungen kommt es wegen einer als mangelhaft beurteilten Rechtssicherheit zu regionalen Versorgungsproblemen. Gynäkologinnen und Gynäkologen vermeiden den Eintrag in die staatlichen Listen, weil sie nicht in den Fokus von Abtreibungsgegnern geraten wollen. Die Folge ist, dass ihre Bereitschaft zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen unbekannt bleibt. Frauen, welche im Sinne des Gesetzes berechtigt sind, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, haben infolgedessen Mühe, den Abbruch durchführen zu lassen. Dies hat zu der Forderung geführt, Neueinstellungen bei staatlichen Trägern an die Bereitschaft zum medizinischen Abbruch von Schwangerschaften zu binden, um den staatlichen Sicherstellungsauftrag für den Zugang zu Abtreibungseinrichtungen zu erfüllen. Auch bei der Selbsttötungshilfe muss mit Problemen bei der Erfüllung des staatlichen Sicherstellungsauftrags gerechnet werden. Und zwar mit erheblichen Problemen; die (auch vom Bundesverfassungsgericht genährte) Vorstellung, der Bedarf könne über die bestehenden Sterbehilfevereine und über freie Sterbehelfer befriedigt werden, scheint absurd. Zumal mit aggressiven Kampagnen und kriminellen Angriffen von fundamentalistischen und rechtsextremen Sterbehilfegegnern gerechnet werden muss, um Druck auf Sterbehilfevereine und Sterbehelfer auszuüben, diese Tätigkeit zu unterlassen. In einer solchen Situation ist es rational nachvollziehbar, wenn Ärzte und Sterbehilfevereine prüfen und entscheiden, in Deutschland keine Sterbehilfe zu leisten. Aktuell erwägt einer der beiden derzeit aktiven Sterbehilfevereine die Selbstauflösung, weil die rechtliche Grundlage für die Vereinstätigkeit als nicht ausreichend beurteilt wird. Es ist fraglich, wer in Deutschland bereit sein wird, Sterbehilfe zu leisten. Zumal die Ärzteschaft weiterhin sehr zurückhaltend darin zu sein scheint, Sterbehilfe zu leisten, solange die damit verbundenen berufsrechtlichen, zivilrechtlichen und strafrechtlichen Fragen nicht geklärt zu sein scheinen. Insbesondere solange dies unklar zu sein scheint, wird überdies mitunter auch geargwöhnt, dass Ärzte und Krankenhäuser Sterbehilfe nur vorgeblich aus Gewissensgründen ablehnen werden könnten und sie in Wirklichkeit Geschäftsmodelle, die ihnen weniger Ärger und mehr Geld bringen, bevorzugen würden. 3. a) Wie stellen Sie sicher, dass auch nach dem Verlust der Mitteilungsfähigkeit dem Patientenwillen entsprochen wird? b) Wie reduzieren Sie die Fehleranfälligkeit bei der Erstellung von Patientenverfügungen, so dass alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, auch diejenigen ohne medizinische Bildung, begründet davon ausgehen können, dass ihre Selbstbestimmung am Lebensende auch dann gewahrt ist, wenn sie sich nicht mehr äußern können? Hintergrund: Die großen Umfrage-Mehrheiten in der Bevölkerung zugunsten des Grundrechts Selbsttötung und des Zugangs zur Selbsttötungshilfe haben unter anderem die Furcht vor dem Autonomie- und Würdeverlust bei irreversiblem Verlust der Mitteilungsfähigkeit als Ursache. Insbesondere auch bei fortgeschrittenem Krebs und Demenz. Für die Sicherung der Patientenautonomie sind daher die Patientenverfügung und die Betreuungsvollmacht unverzichtbare Instrumente, jedoch setzen Ärzte die Patientenverfügungen häufig nicht um, auch ohne gesetzliche Grundlage und aus Missachtung der gesetzlichen Grundlage, Bevollmächtigte kommen dagegen nicht an. Offenbar entfalten Patientenverfügung häufig nicht ihre Rechtsverbindlichkeit, zumal ihre Erstellung einem hohen Fehlerrisiko zu unterliegen scheint. Das Grundrecht auf Selbstbestimmung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes läuft solange an entscheidender Stelle leer, solange keine rechtsverbindliche und wirksame Verfügung des tatsächlichen Willens des Patienten verfügbar ist. 4. a) Verwirken Leistungserbringer von Medizin- und Pflegeleistungen nicht ihre Zulassung, wenn sie selbst fundamentale Grundrechte von Patienten und Pflegebedürftigen wie die Selbstbestimmung am Lebensende nicht respektieren? b) Wie gewährleisten Sie, dass z.B. auch eine Bewohnerin einer Altenresidenz unbeschadet des religiösen oder weltanschaulichen Hintergrunds des Trägers in diesem Lebensumfeld ihr Leben jederzeit beenden kann, auch mit Hilfe Dritter, und ohne soziale Repressionen? Hintergrund: Nachfragen im evangelischen Bereich, also bei EKD und Diakonie, ob Sterbehilfe künftig zumindest toleriert wird, blieben wiederholt unbeantwortet. Eine Ausnahme bildet hier die Evangelische-Heimstiftung mit ihren ungefähr 90 Einrichtungen, welche ihre Mitarbeitenden über die Durchführung von Sterbehilfe orientiert hat. Sterbewillige in anderen Trägern hingegen laufen – bis hin zur angedrohten oder auch vollzogenen Kündigung des Wohnvertrages – Gefahr, dass ihre Interessen im Weltanschauungskampf zwischen dem Menschenbild des Grundgesetzes und dem Menschenbild des kirchlichen Leistungserbringers untergehen. Dies, weil der Staat dem gesamtgesellschaftlichen Kompromisscharakter seines Normensystems nicht angemessen Rechnung trägt, und dessen Geltungsanspruch nicht durchsetzt. 5. Wie gewährleisten Sie, dass jeder Mensch in Deutschland auch die volle Kontrolle über die Art der Beendigung des eigenen Lebens hat, ultima ratio auch durch Euthanasie als Verfahren zum Erreichen des Therapieziels eines menschenwürdigen Todeseintritts? Hintergrund: . „Selbstbestimmung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes“ ist ein durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkanntes Recht, abgeleitet aus Art: 8, Abs. 2 EMRK, und schließt in den deutschen Nachbarstaaten Belgien, Niederlande und Luxemburg auch das Recht ein, bei refraktären Syndromen anstelle einer palliativen Sedierung oder anstelle der Weiterführung einer anderen palliativen medizinischen und pflegerischen Behandlung eine moderne, medizinisch fachgerechte und belastungsfreie Euthanasie zu erhalten, um auf diese Weise das Therapieziel eines menschenwürdigen Sterbens und Todeseintritts zu erreichen. Diese Praxis ist in den westlichen Nachbarländern erprobt, bewährt und gesellschaftlich akzeptiert, und dies, obwohl dort bislang keine umfassende Anerkennung des Grundrechts Selbsttötung geschehen ist, wie hier in Deutschland. Auch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland verlangt die Euthanasie, die hierzulande gewöhnlich als „aktive Sterbehilfe“ bezeichnet wird Euthanasie ist keineswegs nur der angemessene Weg, unerträglich gewordenes Weiterleben auf Wunsch der betroffenen Person human zu beenden, sondern der Zugang zur Euthanasie ist auch notwendige Voraussetzung für eine rational verantwortete Zustimmung zu Risikotherapien, um dem hier drohenden Verhängnis von Therapiefolgeschäden vorbeugend zu entgehen. Viele Menschen lehnen die „passive Sterbehilfe“ als eine barbarische Form der Herbeiführung eines Todes ab, die weltweit nicht bei Tieren und nicht einmal als eine Hinrichtungsform akzeptiert wird. Ohne Alternative dürfte sie möglicherweise nicht vereinbar mit dem Recht auf Selbstbestimmung über die Art des eigenen Todes sein. Auch ist die bislang in Deutschland allein übliche palliative Tötung eines Menschen durch Hunger und Durst historisch belastet, denn auf diese Weise führten die Nationalsozialisten ihre Krankenmorde durch. Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, das ehemalige Mitglied von Bundes- und Landesregierungen Franz Müntefering kommentierte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in der Süddeutschen Zeitung vom 13. März 2020 wie folgt: „Ein Gericht kann zwar ein Gesetz schreddern, aber ein Gesetzgeber auch ein Urteil.“ Wir hoffen nicht, dass dieser- wie man argwöhnen kann – verdeckte Rat befolgt wird. Privat und beruflich blicken wir auf Erfahrungen von großem Leid und Elend durch schwere Erkrankung und am Lebensende zurück. Wir erinnern uns auch an stille Gebete an den Betten von Wachkomapatienten, von denen wir nicht wussten, ob sie die Lebenssituation für sich gewünscht hatten, in welcher wir sie vorfanden. Wir haben vielfach erlebt, wie Leidende, Sterbende und Sterbewillige hilflos unerträglichen Lebensumständen ausgesetzt waren. Wir sahen Menschen, die jammerten und schrien. Wir fordern, dass derartige menschenunwürdige Zustände unverzüglich beendet werden müssen, sofern ihre Beendigung dem rechtswirksamen Patientenwillen entspricht. Die bisherige Untätigkeit der Regierungen und Parlamente nehmen wir als Apathie wahr. Was ist los mit Ihnen in den Regierungen und Parlamenten? Wir erinnern daran, dass Sie dazu gewählt oder sogar eidlich dazu verpflichtet sind, Grundrechtsentzüge abzuwenden! Zwar ergriff der Bundesgesundheitsminister eine öffentlich bekannte Initiative, das Sterbehilfe-Urteil politisch umzusetzen, und eine gesundheitspolitisch tätige Abgeordnete aus der FDP-Bundestagsfraktion legte ein Eckpunktepapier zur Gesetzgebung vor, und versucht eine Diskussion der Gesetzgebungsaufgabe im Bundesparlament aufrecht zu erhalten. Jedoch ist das Grundrecht Selbsttötung kein Gegenstand der Gesundheitspolitik, sondern der Grundrechts- und Menschenrechtspolitik, ein Querschnittsthema für Regierungen und Parlamente. Deswegen wenden wir uns auch an die Regierungschefs und Parlamentspräsidenten, an die gesamten Regierungen und Parlamente, nicht an einen fachpolitischen Ausschuss oder an ein ministeriales Fachressort. Und als Bürger erwarten wir eine faire Behandlung und ehrliche, aussagekräftige Antworten auf unsere Fragen, zum Beispiel im Falle der Bundesregierung durch das Bundeskanzleramt. Wir wollen die Grundrechte am Lebensende – Recht auf Selbsttötung, Recht auf Sterbehilfe, assistierte Selbsttötung, Euthanasie, Recht auf Selbstbestimmung über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes – vollumfassend, umfassend barrierefrei, und jetzt gewährleistet erhalten. Anstatt sie von den Akteuren der Gesundheitswirtschaft, von den Gesundheitspolitikern, den kirchlichen und nichtkirchlichen Leistungserbringern im Gesundheitswesen und im Pflegebereich, den Ärzteverbänden und den Sterbehilfeorganisationen „geschreddert“ zu sehen. Wir verlangen, dass das Lebensende ausschließlich in der Grund- und Menschenrechtsperspektive betrachtet und rechtlich geordnet wird und nicht unter dem medizinischen Paradigma, welches den Menschen als krank, schwach und defizitär in den Blick nimmt. Wir erinnern daran ausdrücklich, dass insbesondere die Behindertenrechtsübereinkunft der VN alle – uns und Sie – dazu verbindlich rechtlich verpflichtet, die Autonomie und den gleichberechtigten Zugang zu den Grundrechten auch von Menschen in der Situation von Einschränkung und Behinderung anzuerkennen und zu schützen. Wir sind in besonderer Weise bei dem Thema Lebensende, welches auf uns als Menschen in der nachberuflichen Lebenssituation zukommt, motiviert, uns für Grundrechte, Freiheit und Autonomie einzusetzen. Wir nahmen mit Erschütterung und alarmiert zur Kenntnis, dass ein ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages aus seiner komplett entgrenzten Wut über das Sterbehilfe-Urteil heraus die Verfassungsrichter in denselben Topf mit den Richtern des nationalsozialistischen Volksgerichtshofes warf; „furchtbare Richter“ seien sie. Zugleich sind wir durch die Auseinandersetzung in der Europäischen Union über das Rechtstaatsprinzip und den Geltungsanspruch der bürgerlichen Freiheitsrechte sensibilisiert und besorgt. Wir wehren uns dagegen, dass Grundrechte unterlaufen oder gar „geschreddert“ werden könnten., vielmehr erwarten auch wir, dass der Bürger bzw. die Bürgerin selbst in den ihn bzw. sie selbst betreffenden großen Lebensfragen selbst entscheiden kann. Auch über die Art und den Zeitpunkt des eigenen Todes. Mit freundlichen Grüßen gez. Lutz Tauber, Werner H. Ritter und Heribert Wasserberg Anfragenr: 195259 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/195259/