Bmi-Web Mail
Ihre Nachricht vom: 12.01.2015
Unser Zeichen: 15000147 T/Sk
Datum: 20.01.2015
Sehr
geehrtAntragsteller/in
mit Ihrem Schreiben hinterfragen Sie, weshalb eine Fahrt von der Haltestelle St. Pauli nach Kellinghusenstraße (6 Haltestellen) billiger ist als von Osterstraße zur Haltestelle Gänsemarkt (5 Haltestellen). Damit haben Sie zwei Extrembeispiele für Verbindungen in einen Vergleich genommen.
Der Tarif des HVV muss mit festen Tarifgrenzen arbeiten.Der Grund hierfür ist, dass gleitende Tarifgrenzen (z.B. nach Kilometern oder Haltestellen) in einem so stark vernetzten Verkehrssystem wie dem HVV weder in der Handhabung durch das Verkaufspersonal noch in der Kundeninformation handhabbar sind. Es müsste für jede Haltestelle im HVV einzeln definiert werden, welche Haltestellen mit der Nahbereichs- oder Kurzstreckenkarte erreichbar wären. Der Aufwand für Datenpflege, Vertrieb und Kommunikation eines solchen Systems wäre enorm.
Eine alternative Bemessung von Fahrkartenpreisen nach Haltestellen, wie Sie das in Ihrer E-Mail ansprechen, würde in vielen Fällen zu unterschiedlichen Preisen und Reiseweiten je nach Wahl des Verkehrsmittels führen, da die Haltestellenabstände der Verkehrsmittel im HVV erheblich voneinander abweichen. Bei den Bahnen beträgt die Entfernung zwischen zwei benachbarten Stationen beispielsweise zwischen Rahlstedt und Ahrensburg (R10) 9,2 km und zwischen Hauptbahnhof Süd und Steinstraße (U1) 447 m. Oder ein anderes Beispiel: Vom Berliner Tor bis Sternschanze sind es mit der Linie S21 nur drei Haltestellen, mit der Linie U3 jedoch neun Haltestellen. Unterschiedliche Fahrpreise wären hier nicht kommunizierbar. Auch im weit verzweigten Verkehrsnetz der Buslinien gibt es zahlreiche ähnliche Beispiele.
Bei den Buslinien würde die Einrichtung einer neuen Haltestelle darüber hinaus zu einer Verteuerung der Verbindungen führen, die über diese Haltestelle führen, obwohl die Reiseweite unverändert bleibt und sich die Fahrzeit unter Umständen hierdurch verlängert. „Gerecht“ wäre ein Haltestellentarif also auch nicht.
Daher sind zur Preisbemessung der Nahbereichskarte und Kurzstreckenkarte alle Linien innerhalb des Großbereichs des HVV und über die Großbereichsgrenze mittels Zahlgrenzen in Teilstrecken unterteilt. Die Nahbereichskarte gilt zum Befahren von zwei Teilstrecken, die Kurzstreckenkarte zum Befahren einer Teilstrecke. Eine Teilstrecke im U-Bahn-Netz hat eine durchschnittliche Länge von etwa 2,8 km, auf der U3 wegen der „Bogenfahrt“ im Ring sogar fast 3 km.
Die Zahlgrenzen sind nach Möglichkeit so gelegt worden, dass die meisten Fahrgäste mit Einzelkarten diese Entfernung im Kurzstreckenbereich und auch die bis zu 5 km im Nahbereich bis zur 2. Zahlgrenze optimal ausnutzen können. Meist liegen sie auf wichtigen Umsteigepunkten und auf Haltestellen mit hohem Verkehrsaufkommen wie etwa St. Pauli, Kellinghusenstraße oder Hauptbahnhof. Auch die Haltestelle Landungsbrücken ist solch ein Punkt, außerdem kreuzen sich hier U- und S-Bahn, und hier liegt der wichtigste Verknüpfungspunkt mit den Hafenfähren. Fast ebenso wichtig ist der Verkehrsknoten an der Kellinghusenstraße, ebenfalls Zahlgrenze.
Die einzige Schwäche des Systems ist (das müssen wir schon einräumen), dass es bei ganz kurzen Fahrten über eine oder gar zwei Zahlgrenzen (in Ihrem Beispiel bei der U2 Emilienstraße und Messehallen = Abgrenzpunkt für den Innenstadtbereich) hinweg zu Preishärten kommen kann.
Selbst was die Entfernung betrifft, von der Haltestellenanzahl ganz abgesehen: Zwischen der Innenstadt und Kellinghusenstraße ist die freie Wegewahl zu beachten, z.B. muss eine Fahrt von Kellinghusenstraße nach Hauptbahnhof Süd das Gleiche mit der U1 wie auch mit der U3 kosten, nämlich 2,10 €, auch wenn mit der U3 viel mehr mehr Haltestellen durchfahren werden und die Fahrzeit sowie der Linienweg etwas länger sind.
Die Gleichbehandlung von Fahrgästen bezieht sich auf Fahrten mit gleicher Fahrkarte und auf der gleichen Strecke, was bedeutet, dass der Tarif unter gleichen Voraussetzungen - hierzu zählen nicht die unterschiedlichen Entfernungen und die Haltestellenanzahl, siehe oben - gegen über jedermann gleich anzuwenden ist (§ 39 (3) PBefG). Eine Diskriminierung von Personen aufgrund einer personengebundenen Eigenschaft liegt in keinem Falle vor.
Der HVV stellt sehr wohl transparente Daten über das Tarifsystem zur Verfügung, zum einen in allgemeiner Form durch die Veröffentlichung des HVV-Tarifs unter
http://www.hvv.de/fahrkarten/gemeinscha… und in besonderer linienbezogener Form unter
http://www.hvv.de/fahrkarten/gemeinscha…. Daraus lässt sich jeder Fahrpreis unter Beachtung der dort beschriebenen Systematik ermitteln. Damit ist auch einer Veröffentlichungspflicht Genüge getan. Wer über keinen Internetzugang verfügt, kann sich auch an jede HVV-Servicestelle wenden und dort Einsicht in die Unterlagen erhalten.
Mit freundlichen Grüßen