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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Twitter-Direktnachrichten (DMs) des Ministeriums-Accounts

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! KOP?E Bundesministerium des Innern, für Bau lx^^?t:r1wv- und Heimat 'a ! il i B Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, 11014 Berlin B ^ Verwaltungsgericht Berlin s 21 DEZ. 2G18 Partsch & Partner 151 ^, Vorlage mit Akte ) Frist: 2. Kammer HAUSANSCHRIFT Kirchstr. 7 Alt-Moabit140 10557 Berlin 10557 Berlin POSTANSCHRIFT 11014 Berlin TEL +493018681-11546 FAX +493018681-55038 Z114@bmi.bund.de Aktenzeichen: Z II 4 -13002/7#29 www.bmi.bund.de Berlin, 17. Dezember 2018 Seite 1 von 7 Anlage: 2 Kopien In der Verwaltungsstreitsache des Herrn Arne Semsrott OKFD e.V., Berlin ./. Bundesrepublik Deutschland, vertr. durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) -VG 2 K 163.18- nehme ich zum Schriftsatz des Klägers vom 22. November 2018 (im BMI eingegangen am 30. November) innerhalb der vom Gericht frei- gestellten vier Wochen Frist wie folgt Stellung: ZUSTELL- UND LIEFERANSCHRIFT Ingeborg-Drewitz-Allee 4,10557 Berlin VERKEHRSANBINDUNG S + U-Bahnhof Hauptbahnhof
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Berlin, 17.12.2018 Seite 2 von 7 1. Der Kläger begehrt Informationszugang nach Informationsfreiheits- gesetz (IFG) zu nicht verakteten, über Twitter dem BMI übermittelten elektronischen, nicht öffentlichen Direktmitteilungen (Twitter Direct Messages, Twitter DMs). Das soziale Netzwerk Twitter wird damit nicht in seiner eigentlichen Funktion als öffentlich einsehbarer Micro- Blagging Dienst als Plattform zur öffentlichen Verbreitung von kurzen Textnachrichten (maximal 280 Zeichen) verwendet. Über Twitter versandte Direktnachrichten nutzen Twitter als eine Art E-Mail Provider für Textnachrichten, die aber Twitter-typisch vor- nehmlich von mobilen Empfangsgeräten (Smartphones, Tablets) versandt und empfangen werden und von den Nutzern in der Regel nicht ausgedruckt und in den normalen Posteingang genommen werden. Sie nehmen damit die Funktion informeller Abstimmungs- Kommunikation ein, die sonst von SMS-Nachrichten und ihren Erwei- terungen (wie MMS oder Messengerdiensten wie WhatsApp) erfüllt werden. 2. Soweit sich die Verwaltung zur Nutzung von Twitter entschließt, kommt es ihr in der Regel auf die Teilnahme am öffentlichen Mei- nungsaustausch über den Micro-Blogging Dienst an. An der Nutzung von Twitter Direktnachrichten als weiterem E-Mail Provider hat die Verwaltung in der Regel kein Interesse, da diese unkonventionelle E- Mail häufig auf Servern privater Betreiber im Ausland beheimatet und nicht im offiziellen, im normalen Geschäftsgang mündenden E-Mail Posteingang vorgesehen ist. Twitter DMs sind daher kein für den normalen Nachrichtenverkehr vorgesehenes Kommunikationsmittel, sondern allenfalls ein zusätzti- ches Abstimmungsmedium, das mangels papiergebundener Schrift- lichkeit nicht für rechtsgeschäftlich relevante Kommunikation zu ge- brauchen ist. Die Medienentwicklung hat zum Aufkommen zahlrei- eher zusätzlicher elektronischer Textkommunikationsmedien geführt, die auf dem Spektrum zwischen Individual- und Massenkommunika-
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Berlin, 17.12.2018 Seite 3 von 7 tion angesiedelt sind und sich meist aus verschiedenen Gründen nicht für rechtlich verbindliche „offizielle" Kommunikation eignen. 3. Die Verwaltung berücksichtigt daher auch keine Anträge (zum Bei- spiel auf Informationszugang nach Informationsfreiheitsgesetz, IFG), die im öffentlichen Twitter Microbloggingdienst veröffentlicht, über Twitter DMs übertragen, über Messengerdienste an die Mobiltelefone einzelner Amtswalter gesandt oder in irgendwelchen öffentlichen Fo- ren von Sozialen Netzwerken (wie Facebook) geäußert werden. Sie verweist in solchen Fällen - soweit sie ihr überhaupt bekannt werden - auf ihre offiziellen Kommunikationskanäle Brief, Telefax oder offizi- eile E-Mail. Für diese traditionellen Kommunikationskanäle existieren in der Verwaltung auf Schriftlichkeit basierende Registraturrichtlinien und Vorgaben zum Umgang mit Schriftgut. Demgegenüber verschwimmt bei in Sozialen Netzwerken angesie- delter informeller Kommunikation Sender und Empfänger: bei den meisten Sozialen Netzwerken können sich Nutzer ohne wirksame Überprüfung ihrer Identität unter frei gewählten Selbstbezeichnungen anmelden. Die Angabe einer Postadresse erlaubt hingegen die Ver- mutung einer existierenden natürlichen Person, die auf einem ver- lässlichen Kommunikationsweg erreicht werden kann. Deshalb heißt es in § 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung: „Bestehen bei elektronischen Anfragen Zweifel an der Identität der Person, die Auskunft erbeten hat, so ist auf den Postweg zu verweisen. Anfragen, die offensichtlich anonym oder unter einem Pseudonym erfolgen, sind grundsätzlich nicht zu beantworten." 4. Es würde die Verwaltung überfordern, müsste sie auf jede neu ent- stehende unkonventionelle Kommunikationsform reagieren, bei der unklar ist, ob die über sie versandten Mitteilungen als Willenserklä- rung feststehender natürlicher Personen einzustufen sind und ob es
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Berlin, 17.12.2018 Seite 4 von 7 sich um eine an die Verwaltung abgesandte Mitteilung mit Rechts- bindungswillen handelt. Darüber hinaus ist bei unkonventionellen informellen Kommunikati- onsformen häufig unklar, ob die Verwaltung als Institution rechtsver- bindlich angeschrieben werden, oder der Amtswalter individuell an- gegangen und mit Meinungsäußerungen konfrontiert werden soll. Behördenleiter treten häufig als Bühnenperson (z.B. in Twitter) und Vertreter ihrer Behörde in Sozialen Netzwerken auf, obwohl diese in- dividualisierte Kommunikation von ihren Büros und Pressestellen ge- führt wird. Darüber hinaus nimmt ein Behördenleiter meist auch an privater oder privatdienstlich geführter Kommunikation teil, die sich an ihn persönlich und nicht an die von ihm repräsentierte Organisati- on richtet. Hinsichtlich dieser Kommunikation hat auch ein Behörden- leiter das Recht auf Schutz seiner Privatsphäre und gilt auch für ihn das Telekommunikationsgeheimnis. 5. Mithin ist es notwendig, zwischen den dem normalen Rechtsverkehr gewidmeten Kommunikationsmitteln Brief, Telefax und E-Mail an die offizielle Organisationsadresse und sonstiger elektronischer Kommu- nikation mit Organisation oder Amtswaltern zu unterscheiden, die nicht rechtsverbindlicher Kommunikation gewidmet ist. Diese letztere nicht veraktete, aber auf elektronischem Wege schrift- lich geführte Kommunikation hat durch die Medienentwicklung zuge- nommen und zu einer Verschriftlichung früher nur mündlich oder te- lefonisch geführter Kommunikation durch den Austausch asynchron ausgetauschter Mitteilungen (z.B. über Messengerdienste) geführt. Hinsichtlich dieser informellen Kommunikation ist an der Wertung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informations- freiheit im 4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für die Jahre 2012 und 2013 festzuhalten, der dort auf Seite 62 äußerte:
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Berlin, 17.12.2018 Seite 5 von 7 „Nach dem Gesetzeswortlaut sollen nicht alle amtli- chen Zwecken dienenden Aufzeichnungen dem Informa- tionszugang auf Antrag unterliegen: Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorganges wer- den sollen, gehören nach der Legaldefinition des § 2 Nummer l IFG nicht zu den grundsätzlich zu- gangspflichtigen amtlichen Informationen. Die Kommunikation mittels SMS ersetzt zunehmend das telefonisch oder in kleinem Kreise nicht öffentlich gesprochene Wort, das „als solches" in der Regel flüchtig ist, nicht unbefugt aufgezeichnet werden darf und erst dann dem Informationszugang unter- liegt, wenn es wegen seiner besonderen Bedeutung schriftlich für die Akten zusammengefasst worden ist. Im Ergebnis ist deshalb nicht jede SMS als transparenzpflichtige „amtliche Information" i. S. d. IFG zu bewerten und zu archivieren." Diese Einschätzung ist für rein elektronisch geführte Kommunikation wie die mit Twitter DMs zu übernehmen. 6. Wie bereits vorgetragen entscheiden sich Twitter Nutzer bei Verwen- dung von.Twitter DMs bewusst für eine nicht öffentliche Kommunika- tionsform und bringen damit zum Ausdruck, dass sie im Gegensatz zu Tweets nicht mit einer Veröffentlichung ihrer Kommunikationsin- halte einverstanden sind. Dieser zum Ausdruck gebrachte Geheim- haltungswille lässt sich nicht auf die bloße Geheimhaltung ihrer Iden- tität durch Löschen personenbezogener Daten reduzieren. Infolgedessen werden diese Nachrichten nicht im BMI-Netzge- speichert und liegen dem BMI als Organisation nicht vor. Dies ist auch nicht notwendig, weil aus den Nachrichten kein Verwal- tungshandeln resultiert und eine Speicherung und Veraktung nicht erforderlich ist.
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Berlin, 17.12.2018 Seite 6 von 7 • Twitter DMs werden ausschließlich auf Servern privater, häufig ausländischer Unternehmen gespeichert: bei Twitter Inc. sowie dem derzeit genutzten Social Media-Toolanbieter Facelift Cloud. Das BMI kann also nur über diese privaten und meist im Ausland beheimateten Unternehmen auf die Daten zugreifen. • In Einklang mit der EU Datenschutzgrundverordnung (EU DS- GVO) hält das BMI keine Daten vor, die nicht länger für seine Aufgabenerfüllung notwendig sind. Das bedeutet, dass derder- zeit genutzten Social Media-Toolanbieter Facelift Cloud dazu ver- pflichtet ist, alle Datensätze, die älter als sechs Monate sind, zu löschen. Weitere Informationen zum Umgang mit diesen Daten sind transparent auf dem BMI-lnternetportal unter der vierten Punkt der Datenschutzerklärung veröffentlicht: httDS://www.bmi.bund.de/DE/service/datenschutz/datenschutz no de.html:isessionid=068D99E80D1 BFADD9864D3D1 F7D87606.1 cid373 . Es könnten damit aufgrund zeitlich begrenzter Datenvorhaltung auch bei Obsiegen des Klägers nur die Twitter DMs der letzten sechs Mo- nate veröffentlicht werden. Mit ihrer (wenn auch anonymisierten) Veröffentlichung haben sich die Urheber der an das BMI gesandten Mitteilungen nicht einverstanden erklärt. Und wären bei einer Ande- rung der Verwendungsintention ihrer Twitter DMs nach EU DS-GVO auch jeweils erst nach ihrem Einverständnis mit einer anonymisierten Veröffentlichung zu fragen. Darüber hinaus müssten hiesigen Erach- tens bei Gewährung von Informationszugang zu Twitter DMs nach den Absendergruppen Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Behörden und Journalistinnen und Journalisten unterschieden werden. 7. hlinsichtlich von per Twitter DMs gestellten Fragen von Journalisten könnte eine auch anonymisierte Veröffentlichung in die Pressefreiheit eingreifen und die Recherchearbeit von Journalisten zu bestimmten Themen bekannt werden lassen und entwerten. In jedem Fall wäre
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n Berlin, 17.12.2018 Seite 7 von 7 mit einer Aufbereitung für einen Informationszugang nach IFG ein unverhältnismäßiger Arbeitsaufwand der Verwaltung verbunden. Es sprechen daher gute Gründe dafür, sollte eine rechtliche Ver- pflichtung des BMI zur Gewährung von Informationszugang zu Twit- ter DMs dennoch angenommen werden, diesen Kommunikationsweg für die Zukunft zu schließen und nicht mehr auf diesem Wege auf eingehende Mitteilungen zu reagieren. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag / Nitsch
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