Die neuen Qualitätsprüfungen in der vollstationären Pflege

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Übersendung von Prüfverfahren und Prüfergebnissen der Qualitätskontrolle in Pflegeeinrichtungen in NRW

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FACHINFORMATION Die neuen Qualitätsprüfungen in der vollstationären Pflege
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KAPITEL-HEADLINE INHALT 3    Vorwort 4    Die Grundlagen 6    Das Zusammenspiel der Akteure 8    Die Philosophie der neuen MDK-Qualitätsprüfung 12   Die Indikatoren: Einrichtungen erfassen selbst Qualität 14   Die MDK-Qualitätsprüfung Schritt für Schritt 18   Prüfinhalte 26   Die vier Bewertungskategorien 28 	Von der bewohnerbezogenen Bewertung zur Gesamtbewertung der Pflegeeinrichtung 30   Fallbeispiele 38   Die Qualitätsdarstellung
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VORWORT Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz hat der Deutsche Bundestag im November 2018 beschlossen, im Jahr 2019 das neue System der internen Qualitätssicherung, der externen Qualitätsprüfung und der Qualitätsdarstellung für die stationäre Pflege einzuführen. Ab Oktober 2019 werden die Pflegeheime die ersten Indikatorendaten er- heben und an die Datenauswertungsstelle übermitteln. Der MDK (Medizinische Dienst der Krankenversicherung) prüft die vollstationären Einrichtungen ab November 2019 nach dem neuen Verfahren. Erste Qualitätsprüfergebnisse und Indikatorenergebnisse werden ab 2020 für die Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet veröffentlicht. Das neue Qualitätssystem wurde im Auftrag des Pflegequalitätsausschusses von Wis- senschaftlern erarbeitet. Die konkreten Konzepte für die Indikatorenerhebung der Heime, die neue Qualitätsprüfung und -darstellung haben das Institut für Pflegewis- senschaft an der Uni Bielefeld und das Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (aQua-Institut) entwickelt. Diese Konzepte sind in Richtlinien und Vereinbarungen umgesetzt worden. Der zentrale Fokus der neuen Prüfung liegt auf der bewohnerbezogenen Versorgungs- qualität in allen Lebensbereichen. Zukünftig werden umfassende Qualitätsaspekte bewertet und bei der Feststellung von Qualitätsdefiziten wird zwischen Prozess- und Ergebnisdefiziten unterschieden. Aus Sicht der MDK und des MDS ist die konzeptionelle Ausrichtung des neuen Prüfver- fahrens gelungen. Die Umsetzung des neuen Verfahrens wird sowohl für den MDK als auch für die Pflegeeinrichtungen eine Umstellung bedeuten, denn die Anforderungen an die Fachlichkeit auf Seiten der MDK und auf Seiten der Pflegeeinrichtungen werden steigen. Der beratungsorientierte Ansatz durch die Qualitätsprüferinnen und -prüfer wird weiter gestärkt. Das Prüfverfahren wird neue Akzente in der Qualitätsentwicklung setzen und Impulse für eine Verbesserung der Versorgungsqualität zum Wohle der pflegebedürftigen Menschen in den Einrichtungen geben. Mit unserer Fachinformation möchten wir Ihnen das neue Prüfinstrument und die damit verbundene neue Philosophie der MDK-Qualitätsprüfung vorstellen. Wir hoffen, Ihnen viele Fragen zu beantworten und so einen Beitrag für die gemeinsame erfolg- reiche Umsetzung zu leisten. Ihr Dr. Peter Pick Geschäftsführer MDS
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DIE GRUNDLAGEN DIE GRUNDLAGEN Pflegeheime und ambulante Pflegedienste werden im         neues Prüfverfahren und eine Alternative zur Pflege­ Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen seit 2011     notendarstellung zu entwickeln. Den Auftrag erhielten einmal jährlich geprüft (Regelprüfung). 90 Prozent        das Institut für Pflegewissenschaft an der Uni Bielefeld der Qualitätsprüfungen führt der MDK (Medizinischer       (Dr. Klaus Wingenfeld) sowie das Institut für angewandte Dienst der Krankenversicherung) durch und 10 Prozent      Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen der Prüfdienst der PKV (Private Krankenversicherung).1    (aQua-Institut). Der Qualitätsausschuss hat den wissen- Gesetzliche Grundlage sind die §§ 114 ff. des Elften So-  schaftlichen Abschlussbericht mit den konkreten Umset- zialgesetzbuches (SGB XI - Pflegeversicherungsgesetz).    zungsvorschlägen für die stationäre Pflege im September 2018 abgenommen. Der Abschlussbericht2 und die darin Seit Beginn der Pflegeversicherung führen die MDK im      enthaltenen Forschungsergebnisse bilden die Grundlage Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen Quali-        für die Neugestaltung der Qualitätssicherung durch die tätsprüfungen in Pflegeheimen und ambulanten Pfle-        Heime und die Qualitätsprüfungen durch den MDK. gediensten durch. Während die Prüfungen zu Beginn noch sehr stark auf Strukturen wie zum Beispiel die       Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz hat der Deut- Qualifikation der Leitungskräfte, das Einrichtungskon-    sche Bundestag im November 2018 beschlossen, das zept und die Prozesse − beispielsweise die Anwendung      neue System im Jahr 2019 einzuführen. Ab Oktober be- von Methoden des Qualitätsmanagements − fokussiert        ginnen die Pflegeheime mit der Erhebung der Indikato- waren, wurden sie im Laufe der Jahre mehr und mehr        rendaten und ab November beginnt die Umsetzung der auf die Versorgungsqualität ausgerichtet. In den Mittel-  neuen Qualitätsprüfungen. punkt rückte die Frage, wie gut pflegebedürftige Men- schen in den Einrichtungen versorgt werden. Dies bezog sich auf die Ernährung, die Vermeidung von Stürzen        Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität in       ​​ der und Druckgeschwüren, den Umgang mit Medikamenten          vollstationären Pflege und andere wichtige Pflegeergebnisse. Dadurch wurde erstmals ein umfassender Einblick in die Qualität der     In den Maßstäben und Grundsätzen (MuG) für die Qua- Pflege ermöglicht. Zunächst wurden erhebliche Quali-      lität finden sich in den Anlagen 1 bis 4 die Regularien tätsmängel aufgedeckt – nicht zuletzt bei der Ernährung   für die Umsetzung der Indikatorenerhebung wieder. der Heimbewohnerinnen und -bewohner. Durch die The-       ­Anlage 1 beschreibt das Indikatorenverfahren allgemein. matisierung dieser Situation und die fortwährenden be-     In Anlage 2 sind die Indikatoren dargestellt. Anlage 3 ratungsorientierten Qualitätsprüfungen konnten viele       enthält das Erhebungsinstrument zur Indikatorenerfas- Verbesserungen erreicht werden.                            sung einschließlich Manual für die Pflegeeinrichtungen. Anlage 4 beschreibt das Verfahren zur Datenaufberei- Seit 2009 wird ein Teil der MDK-Prüfergebnisse durch       tung und -übermittlung sowie die Stichprobenregelung, die Landesverbände der Pflegekassen im Internet ver-       die für die externe Qualitätsprüfung relevant sind. Die öffentlicht. Die Verbraucherinnen und Verbraucher          Maßstäbe und Grundsätze zur Qualität in der vollstati- sollten sich auf der Basis der Transparenzberichte ein     onären Pflege wurden durch die Pflegeeinrichtungsver- Bild über die Qualität der Pflegeeinrichtungen machen      bände und den GKV-Spitzenverband unter Beteiligung können und diese als Entscheidungsgrundlage für die        des MDS erarbeitet und im Qualitätsausschuss Pflege Auswahl des Pflegeanbieters nutzen können. Die Trans-      beschlossen3. parenzberichte mit den sogenannten Pflegenoten ge- rieten allerdings in die Kritik. Denn bald erhielten fast  Qualitätsprüfungs-Richtlinien für die​ alle Einrichtungen sehr gute Gesamtnoten, so dass die      vollstationäre Pflege Qualität nicht unterscheidbar war. Die Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR vollstationär) Deshalb hat der Gesetzgeber 2016 mit dem Pflegestär-       sind die verbindliche Grundlage der MDK, um die Qua- kungsgesetz II den Qualitätsausschuss Pflege eingerich-    litätsprüfungen durchzuführen. Sie dienen der verfah- tet und beauftragt, durch wissenschaftliche Projekte ein   rensrechtlichen Konkretisierung, um die in den Pflege-
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4|5 einrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI prüfen zu können. Die QPR beschrei- ben vor allem den Prüfansatz, das Prüfverfahren und die Regularien zur Stichprobenbildung. Die Anlagen be- inhalten den Prüfbogen A zur Beurteilung der personen- bezogenen Versorgung, den Prüfbogen B zur Beurteilung auf der Einrichtungsebene, den Prüfbogen C zur Plausi- bilitätskontrolle sowie weitere Anlagen zur Umsetzung der Qualitätsprüfung. Die QPR wurden durch den MDS unter Einbeziehung der MDK und des PKV-Prüfdienstes fachlich erarbeitet, durch den GKV-Spitzenverband be- schlossen und durch das BMG aufsichtsrechtlich geprüft und nicht beanstandet.4 Qualitätsdarstellungsvereinbarung für die vollstationäre Pflege In der Vereinbarung nach § 115 Abs. 1a SGB XI über die Darstellung und Bewertung der Qualitätsindika­ toren gemäß § 113 Absatz 1a SGB XI und der Ergebnisse aus Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI − Quali- tätsdarstellungsvereinbarung für die stationäre ­Pflege (QDVS) − wird festgelegt, welche Informationen zukünf- tig für die Verbraucherinnen und Verbraucher im Inter- net veröffentlicht werden. Die QDVS löst die bisherige Transparenzvereinbarung ab. Darin werden die Bewer- tungssystematik, die Art der Veröffentlichung der Indi- katoren und der Prüfergebnisse sowie die Inhalte der verpflichtenden Einrichtungsinformationen geregelt. Die Vereinbarung wurde insbesondere durch die Pflegeein- richtungsverbände und den GKV-Spitzenverband unter Beteiligung des MDS erarbeitet, durch den erweiterten Qualitätsausschuss beschlossen und durch das BMG auf- sichtsrechtlich geprüft und genehmigt .             5 1	Um den Textfluss nicht zu beeinträchtigen wird im Weiteren lediglich von Prüfinstitutionen oder MDK gesprochen – der PKV-Prüfdienst ist dabei ebenfalls gemeint. 2	Abschlussbericht: „Entwicklung der Instrumente und Verfahren für Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI und die Qualitätsdarstellung nach § 115 Abs. 1a SGB XI in der stationären Pflege“; https://www.gs-qsa-pflege.de/dokumente-zum-download/ 3	https://www.mds-ev.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/SPV/ Expertenstandards_113/MuG_stationaer_181123_mit_Anlagen.pdf 4	https://www.mds-ev.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/SPV/ PV_Qualitaetspruefung/QPR_vollstationaer_190221_gesamt.pdf 5 https://www.gs-qsa-pflege.de/dokumente-zum-download/
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DAS ZUSAMMENSPIEL DER AKTEURE DAS ZUSAMMENSPIEL DER AKTEURE Stationäre Pflegeeinrichtungen pflegen, versorgen und       gesetzt, so dass eine Bewertung im Vergleich zum Durch- betreuen pflegebedürftige Menschen entsprechend dem         schnitt aller Einrichtungen erfolgen kann. Die DAS stellt allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer       die Indikatorenergebnisse den Pflegeeinrichtungen für Erkenntnisse. Auf der Grundlage von Versorgungsver-         das interne Qualitätsmanagement, den Prüfinstitutionen trägen und Pflegesatzvereinbarungen mit den Landes-         für die Qualitätsprüfung und den Landesverbänden der verbänden der Pflegekassen erbringen die Heime ihre         Pflegekassen für die Veröffentlichung auf den Webpor- Leistungen und rechnen sie mit den Pflegekassen ab. Die     talen zur Verfügung. Die Datenauswertungsstelle wird Pflegeeinrichtungen gehen damit die Verpflichtung ein,      vom aQua-Institut in Göttingen betrieben. Die vollstati- die Qualitätsanforderungen nach dem SGB XI zu erfüllen      onären Pflegeeinrichtungen müssen sich bei der DAS ab und ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement zu         Juli 2019 für die Übertragung der Indikatorenergebnisse betreiben. Dabei sind sie auch verpflichtet, zweimal im     registrieren6. Die Pflegeeinrichtungen werden darüber Jahr Indikatoren zu erheben.                                von der DAS schriftlich informiert. Die Pflegekassen sind für die Sicherstellung der pflegeri-  Zur Umsetzung der Qualitätsdarstellungsvereinbarung schen Versorgung ihrer Versicherten verantwortlich. Sie     haben die Verbände der Pflegekassen auf Bundesebene erteilen an die Prüfinstitutionen Aufträge zur Prüfung      eine Datenclearingstelle (DCS) Pflege eingerichtet. Die der Qualität der erbrachten Leistungen in Form von Re-      DCS fügt die MDK-Prüfergebnisse, die Indikatorenergeb- gel-, Anlass- oder Wiederholungsprüfungen. Bei festge-      nisse der Pflegeeinrichtungen, die über die DAS bereit- stellten Qualitätsdefiziten können die Landesverbände       gestellt werden, und die zusätzlichen Einrichtungsin- der Pflegekassen gegenüber den Einrichtungen Beschei-       formationen zusammen. Nachdem die Landesverbände de erlassen, in denen sie verpflichtet werden, die Defizite der Pflegekassen die Daten geprüft haben, werden sie abzustellen. Werden sie nicht beseitigt, dann können die    durch die DCS an die Veröffentlichungsplattformen der Landesverbände Sanktionen erlassen, bis hin zur Kündi-      Pflegekassen übermittelt. gung des Versorgungsvertrages. Prüfergebnisse, Indika- torenergebnisse und weitere Einrichtungsinformationen werden von den Landesverbänden der Pflegekassen im Internet veröffentlicht. Die Prüfinstitutionen sind berechtigt und verpflichtet, vor Ort zu überprüfen, ob die zugelassenen Pflegeeinrich- tungen die Leistungs- und Qualitätsanforderungen nach dem SGB XI erfüllen. Über die Ergebnisse erstellt der MDK einen Prüfbericht, der an die geprüfte Pflegeeinrich- tung und die Landesverbände der Pflegekassen geht. Der MDK erstellt auch einen Datensatz mit den Ergebnissen der Qualitätsprüfung für die Landesverbände der Pflege- kassen. Dieser ist Grundlage für die Veröffentlichung der Prüfergebnisse auf den Webportalen der Pflegekassen. Die Kostenträger und die Pflegeeinrichtungsverbände haben eine fachlich unabhängige Institution zur An- nahme und Auswertung der Indikatorenergebnisse der Pflegeeinrichtungen beauftragt. Die Datenauswertungs- stelle (DAS) nimmt die von den Einrichtungen erhobe- nen Indikatorendaten an, führt diese zusammen und wertet sie aus. Die Ergebnisse jeder Einrichtung werden in Relation zu den Gesamtergebnissen auf Bundesebene        6 Internetseite der DAS: www.das-pflege.de
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6|7 Das Zusammenspiel der Akteure Landesverband der            Pflegeheim    Webportal für Pflegekassen                             Verbraucher MDK /             Datenauswertungs- Datenclearing- PKV-Prüfdienst                stelle         stelle
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DIE PHILOSOPHIE DER NEUEN MDK-QUALITÄTSPRÜFUNG DIE PHILOSOPHIE ​DER NEUEN MDK-QUALITÄTSPRÜFUNG Nicht alles wird neu, ​aber                                Dazu gehört zum Beispiel die Unterstützung von Be- Vieles wird sich ändern.                                   wohnerinnen und Bewohnern mit herausforderndem Verhalten und psychischen Problemlagen. Anhand der Das neue Prüfverfahren wurde von unabhängigen Wis-         Personenstichprobe können die Qualitätsprüferinnen senschaftlern erarbeitet. In dem Entwicklungsprozess       und -prüfer Hinweise darüber gewinnen, warum be- waren verschiedene Akteure in begleitenden Experten-       stimmte Versorgungsergebnisse vorliegen und sie kön- gruppen einbezogen. Die Expertengruppe der Prüfinstitu-    nen die Ergebnisqualität insgesamt bewerten. Da der tionen brachte ihre Erfahrungen aus der Prüfpraxis ein.    MDK zudem die Plausibilität der Indikatorendaten bei Dies geschah vor allem mit Blick auf die Prüfthemen,       einer Teilstrichprobe kontrolliert, findet auch hier eine erhebungspraktische Aspekte und Möglichkeiten der          Verknüpfung zwischen internem Qualitätsmanagement Qualitätsbewertung. Die Expertengruppe der Leistungs-      und externer Qualitätsprüfung statt. erbringerverbände und Kostenträger brachte ebenso ihre Erwartungen ein wie die Expertengruppe der Selbst­         Fachlichkeit statt enges Prüfkorsett hilfe-, Sozial- und Verbraucherschutzverbände. Das neu     Mit dem neuen Prüfkonzept wird ein neuer Weg hinsicht- entwickelte Qualitätskonzept und Prüfinstrument haben      lich der Ausgestaltung der Prüfvorgaben beschritten, mit die Prüfinstitutionen in 38 Pflegeeinrichtungen erprobt.   dem wesentlich besser als bisher auf die vielfältigen Fall- Die Erkenntnisse und Erfahrungen daraus sind in die        konstellationen in der Pflege eingegangen werden kann. abschließende Konzeption eingeflossen.                     In der Vergangenheit hatten die Q  ­ ualitätsprüferinnen und -prüfer einzeln festgelegte Kriterien zu bewerten Kompatibilität mit dem Strukturmodell                      und dabei eng formulierte Ausfüllanleitungen zu be- Das neue Prüfinstrument greift das Strukturmodell der      rücksichtigen. Zukünftig sind umfassende Qualitäts­ vereinfachten Pflegedokumentation auf. Einrichtungen,      aspekte zu bewerten. Jedem Qualitätsaspekt wird eine die das Strukturmodell umsetzen, haben keine zusätzli-     Qualitätsaussage vorangestellt, die das zu erwartende chen Dokumentationsaufwände.                               Qualitätsniveau beschreibt. Jeder Qualitätsaspekt wird mit Leitfragen erschlossen. Verantwortung der Pflegeeinrichtungen Die Pflegeeinrichtungen haben in dem neuen System eine große Verantwortung bei der Qualitätssicherung und Qualitätsdarstellung. Die Einrichtungen müssen künftig zweimal jährlich Indikatorendaten für alle ihre Bewohnerinnen und Bewohner erheben. Dadurch kön- nen sie bei versorgungsrelevanten Themen selbst er- kennen, ob die Qualität gut ist oder ob Schwachstellen vorhanden sind. Die Indikatoren bilden einen wichtigen Ansatz für das interne Qualitätsmanagement der Pflege- einrichtungen. Die Pflegeeinrichtungen sollten sie für ei- Als Informationsquellen für die Bewertung der Versor- gene Analysen nutzen. Die Indikatorenergebnisse lassen     gungsqualität sind die Inaugenscheinnahme und das jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, wie sie zustande      Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, das gekommen sind. Auch die MDK-Prüfergebnisse können          Fachgespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Hinweise für die Ursachen von schlechten Indikatoren-      tern sowie Beobachtungen und die Pflegedokumentati- ergebnissen geben.                                         on vorgesehen. Die Bedeutung der Pflegedokumentation nimmt ab und die des Fachgespräches zu. Dies setzt auf Verknüpfung mit internem Qualitätsmanagement               Seiten der Prüfinstitutionen und auf Seiten der Pflege- Qualitätsprüfungen und Indikatoren befassen sich mit       kräfte ein hohes Maß an Fachlichkeit voraus. denselben Themen. Darüber hinaus nehmen die Qua- litätsprüferinnen und -prüfer weitere Themen in den        Es ist nicht zwingend erforderlich, in jedem Fall alle In- Blick, die von den Indikatoren nicht erfasst werden.       formationsquellen zu nutzen. Dies ist in jedem Einzelfall
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8|9 Prüfinstrument im Überblick Qualitätsbereich 6:                                               Qualitätsbereich 1: Einrichtungsinterne Organisation                                                 Unterstützung bei der Mobilität und Qualitätsmanagement                                                    und Selbstversorgung Qualitätsbereich 5:                                                                      Qualitätsbereich 2: Bedarfsübergreifende fachliche                                                                       Unterstützung bei der Anforderungen                                                                       Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen Qualitätsbereich 4:                                              Qualitätsbereich 3: Unterstützung in besonderen Bedarfs-                                                 Unterstützung bei der Gestaltung des und Versorgungs­situationen                                                Alltagslebens und der sozialen Kontakte zu entscheiden. Ist beispielsweise auf der Grundlage der   Folge für die Bewohnerin oder den Bewohner ergibt oder Inaugenscheinnahme und des Fachgespräches bereits ein      ob bereits eine negative Folge eingetreten ist. Mit die- eindeutiges Bild erkennbar, dann ist die Berücksichti-     ser Vorgehensweise können die unterschiedlichen Fall­ gung der Pflegedokumentation nicht zwingend erforder-      konstellationen sehr gut abgebildet werden. lich. Liegen hingegen im Vorfeld der Prüfung unterdurch- schnittliche Indikatorenergebnisse vor, so kann eine ver­tiefte Nutzung aller Informationsquellen angezeigt sein. Werden Qualitätsdefizite festgestellt, sind diese in der Regel durch zwei Informationsquellen nachzuweisen. Bei dem bisherigen Verfahren konnten die Qualitätsprü-     Stärkung des Beratungsansatzes fer lediglich entscheiden, ob die Anforderungen vollstän-  Der Beratungsansatz wird mit dem neuen Prüfverfahren dig erfüllt waren oder ob mindestens eine Anforderung      weiter gestärkt. Dies findet seinen Ausdruck im Fach- nicht erfüllt war. Waren alle Anforderungen erfüllt, wur-  gespräch mit den verantwortlichen Pflegekräften sowie de das Prüfkriterium mit „ja“ beantwortet, war mindes-     im Abschlussgespräch mit den Leitungskräften der Ein- tens eine Anforderung nicht erfüllt, so wurde mit „nein“   richtung. Beim Fachgespräch werden wie bisher Impulse geantwortet. Den unterschiedlichen Fallkonstellationen     für Qualitätsverbesserungen gegeben. Neu ist, dass auch wurde man deshalb nicht immer gerecht. Beim neuen          im Abschlussgespräch eine Beratung erfolgt. Diese kann Prüfverfahren ist zu entscheiden, ob Auffälligkeiten oder  sich auf festgestellte Defizite, auf unterdurchschnittli- Defizite vorliegen oder nicht. Liegen Defizite vor, ist zu che Indikatorenergebnisse und auf das Qualitätsmanage- bewerten, ob sich daraus ein Risiko für eine negative      ment der Pflegeeinrichtungen beziehen.
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DIE PHILOSOPHIE DER NEUEN MDK-QUALITÄTSPRÜFUNG Die Rolle des Pflegebegutachtungsinstrumentes             Versorgungsqualität steht im Fokus Die aktuellen Reformen spiegeln die Umsetzung des         Der Stellenwert der bewohnerbezogenen Versorgungs- neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes wider. Seit 2017 ist  qualität gewinnt an Bedeutung: 21 der insgesamt 24 dieser Grundlage der Pflegebegutachtung. Das Begutach-    Qualitätsaspekte befassen sich mit der personenbezo- tungsinstrument (BI) wirkt sich auf die Gestaltung des    genen Versorgungsqualität. Von diesen fließen wieder- neuen Prüfinstrumentes und das Prüfverfahren aus. So      um 15 Qualitätsbereiche in die Qualitätsdarstellung ein, folgt die Struktur der Qualitätsbereiche im neuen Prüf­   lediglich drei richten sich an die einrichtungsbezogene instrument der Struktur der Module. Auch die Zusam-       Struktur- und Prozessqualität. Lediglich ein einrich- menstellung der Personenstichprobe erfolgt anhand der     tungsbezogener Qualitätsaspekt (Sterbebegleitung) fin- Kriterien der Module 1 (Mobilität) und 2 (kognitive und   det Eingang in die Qualitätsdarstellung. kommunikative Fähigkeiten) des Begutachtungsinstru- mentes. Einzelne Module sind auch für die Indikatoren     Veränderter Stellenwert der Dokumentation relevant. So erfolgt die Berechnung des Indikators Mo-    Auch in Zukunft bleibt die Pflegedokumentation ein bilität auf der Grundlage der Kriterien des Moduls 1, das wichtiges Steuerungsinstrument für eine qualifizierte Modul 2 wird bei vier Indikatoren-Themen zur Gruppen-     Pflege. Die individuelle bewohnerorientierte Planung ist bildung herangezogen. Die Module spielen auch bei der     eine grundlegende Voraussetzung für die bedürfnis- und Plausibilitätskontrolle der Indikatorenergebnisse eine    bedarfsgerechte kontinuierliche Versorgung. Das spie- wichtige Rolle. Gleichwohl ist zu betonen, dass es bei    gelt sich auch im Prüfinstrument wider, bei dem eine der Qualitätsprüfung nicht darum geht, zu überprüfen,     adäquate Planung der Pflege und Betreuung erwartet ob der Pflegegrad der Bewohnerin oder des Bewohners       wird. Aber reine Dokumentationsauffälligkeiten spielen angemessen ist.                                           bei der Qualitätsdarstellung keine Rolle mehr, wenn sich daraus keine Risiken oder negative Folgen für die Be- wohnerinnen und Bewohner ableiten lassen. Hoher fachlicher Anspruch für Einrichtungen und Prüfinstitutionen Alle Lebensbereiche werden berücksichtigt                 Aus alledem folgt: Das neue Prüfverfahren bildet die Die Prüfung deckt alle Lebensbereiche der pflegebe-       Versorgungsqualität umfassender ab und es ermöglicht dürftigen Menschen ab. Dies wird deutlich, wenn man       eine fallindividuelle Bewertung der Versorgungsquali- die Module des Pflegebegutachtungsinstrumentes den        tät. Mit der Konzeption des neuen Prüfverfahrens ist ein Qualitätsbereichen des neuen Prüfinstrumentes ge-         hoher fachlicher Anspruch an die Qualitätsprüferinnen genüberstellt. Es geht bei der Bewertung der Versor-      und -prüfer ebenso wie an das Personal der Pflegeein- gungsqualität zukünftig nicht mehr hauptsächlich um       richtungen verbunden. Denn in den Fachgesprächen körperbezogene Aspekte. Die Unterstützung bei der Ge-     kommt es darauf an, auf der Grundlage des aktuellen staltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (bei-    Wissenstandes zu begründen, warum eine Versorgungs- spielsweise die Unterstützung bei der Beeinträchtigung    entscheidung auf den jeweiligen pflegebedürftigen Men- von Sinneswahrnehmungen) und die Unterstützung in         schen bezogen, so und nicht anders erfolgt ist. besonderen Bedarfs- und Versorgungssituationen (wie die Überleitung bei Krankenhausaufenthalten und Un- terstützung bei herausforderndem Verhalten) finden ebenso Eingang in die Prüfung wie die Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen – etwa das Schmerzmanagement oder die Wundversorgung. Schließlich gehören zur Prüfung auch bedarfsübergreifende fachliche Anforderungen wie zum Beispiel die Hilfsmittelversorgung oder der Schutz der Persönlichkeitsrechte und die Unversehrtheit.
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