Antrag nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG)
Sehr geehrter Herr Reichert,
in Ihrer E-Mail Anfrage vom 27.03.2013 richteten Sie sich mit
unterschiedlichen Fragen an das Jobcenter Oberhavel.
1. Ist es im Jobcenter Oberhavel üblich, Anzeigen gegen
Leistungsempfänger deren Akte beizulegen oder anderweitig
hinzuzufügen ?
Anzeigen, die im Jobcenter Oberhavel eingehen, werden durch die
Verwaltung verfolgt. Die einzelnen Vorgänge werden in separaten Ordnern
geführt. Das ursprüngliche (ggf. anonyme) Schreiben verbleibt als Kopie
in der jeweiligen Akte des Jobcenters Oberhavel.
1b. Wenn ja: werden diese Anzeigen bei Akteneinsicht des
Leistungsempfänger aus dessen Akte entfernt oder verbleiben sie in
der Akte, ggf. bei Schwärzung des Namens des Informanten ?
Richterweise sind diese Teile aus der Akte zu entfernen wobei die
Aussonderung im Rahmen der Paginierung der Akte auch kenntlich zu machen
ist. Zwar bestimmt § 4 Abs.1 Nr.4, 5 AIG (Schutz überwiegender
öffentlicher Interessen) das der Antrag auf Akteneinsicht abzulehnen
ist, wenn
4. das Bekanntwerden des Akteninhalts Belange der
Strafverfolgung und -vollstreckung, der Gefahrenabwehr oder andere
Belange der inneren Sicherheit beeinträchtigen könnte oder eine
erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen könnte,
5. durch die Gewährung von Akteneinsicht Inhalte von Akten offenbart
würden, die eine Behörde zur Durchführung eines
Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen oder
disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines
Bußgeldverfahrens erstellt hat oder die ihr aufgrund des Verfahrens
zugehen oder die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen.
Da jedoch sämtliches staatliches Handeln unter dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit steht, ist auch hier zu prüfen, ob ein milderes,
weniger einschneidendes Mittel existiert, dass weniger belastend ist als
die Ablehnung des Antrages, aber dennoch dem Ratio der Norm folgt. So
ist es vorliegend. Die Akteneinsicht muss nicht in Gänze versagt werden.
Ausreichend zum Schutz der betroffenen Interessen ist auch die
Entfernung der relevanten Dokumente.
2. Werden die Leistungsempfänger aktiv und unverzüglich über
vorliegende Anzeigen informiert ?
Eine Information der Leistungsempfänger liefe dem Gesetzeszweck
zuwider, da die Aussonderung der relevanten Teile aus der Akte gerade
dem Schutz überwiegender öffentlicher Interessen zu dienen bestimmt ist.
Dieser Schutz wäre bei der Information des Leistungsempfängers nicht
mehr gewährleistet.
3. Wie ist generell der interne Ablauf bei Eingang einer Anzeige gegen
einen Leistungsempfänger ?
Der zuständige Sachbearbeiter des Jobcenters Oberhavel fertigt zu der
Anzeige einen kurzen Vermerk, in welchem die Personalien des
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (Vor- und Familienname,
Geburtsname, Geburtstag und -ort) genannt werden, der Sachverhalt
geschildert und mitgeteilt wird, worin das strafrechtlich relevante
Verhalten begründet sein soll. Dabei ist auch die Höhe des ggf.
eingetretenen Vermögensschadens zu beziffern. Die Sachverhalte sind an
die Verwaltung abzugeben. Diese bringt den Vorgang ggf. entsprechend dem
Tatvorwurf dem Zoll oder die Staatsanwaltschaft zur Anzeige.
Mit freundlichen Grüßen
Servicecenter
Berliner Str. 57
16515 Oranienburg
Tel. 03301/ 601 5500
Fax 03301/ 601 85229
16:32 >>>
Antrag nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG),
UIG, VIG
Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte senden Sie mir folgendes zu:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Piratenpartei Deutschland beschäftigt sich aktuell mit der in
verschiedenen JobCentern angewandten Praxis, Anzeigen gegen
Leistungsempfänger in deren Leistungsakte aufzunehmen. Um die Anonymität
der Informanten zu gewährleisten, werden diese Einträge den betroffenen
Leistungsempfängern nicht zur Kenntnis gebracht.
Vielmehr werden, wenn ein Leistungsempfänger sein Recht auf
Akteneinsicht wahrnimmt, die erhobenen Vorwürfe vorab vollständig aus
der Leistungsakte entfernt. Die Leistungsempfänger haben somit weder die
Möglichkeit, zu den erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen, noch wissen
sie überhaupt, dass eine Anzeige vorliegt.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat dieses Vorgehen vor
einiger Zeit bestätigt:
"Der Informant hat Anspruch auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen
Daten. [*] Daher sollen im Regelfall entsprechende (anonyme) Anzeigen in
einem verschlossenen Umschlag in der Leistungsakte aufbewahrt werden.
Bei der Gewährung von Akteneinsicht ist diese im Regelfall
herauszunehmen."
Wir halten diese Praxis für sehr problematisch und möchten das Thema
näher beleuchten. Da wir wissen, dass die einzelnen JobCenter hier
unterschiedlich arbeiten, möchten wir zunächst in Erfahrung bringen,
welche Regelungen im JobCenter Oberhavel diesbezüglich getroffen werden
und wurden.
Wir bitten Sie freundlich, uns die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Ist es im JobCenter Oberhavel üblich, Anzeigen gegen
Leistungsempfänger deren Akte beizulegen oder anderweitig
hinzuzufügen?
1b. Wenn ja: werden diese Anzeigen bei Akteneinsicht des
Leistungsempfnger aus dessen Akte entfernt oder verbleiben sie in der
Akte, ggf. bei Schwärzung des Namens des Informanten?
2. Werden die Leistungsempfänger aktiv und unverzüglich über
vorliegende Anzeigen informiert?
3. Wie ist generell der interne Ablauf bei Eingang einer Anzeige gegen
einen Leistungsempfänger?
Wir freuen uns auf Ihre Antworten und stehen bei Rückfragen oder auch
für ein persönliches Gespräch gerne zur Verfügung.
Dies ist ein Antrag nach dem Akteneinsichts- und
Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG), dem
Umweltinformationsgesetz (soweit Umweltinformationen betroffen sind) und
dem Verbraucherinformationsgesetz (soweit Verbraucherinformationen
betroffen sind).
Meines Erachtens handelt es sich bei dieser Anfrage um einen einfachen
Fall, der darum nach der Akteneinsichts- und
Informationszugangsgebührenordnung (AIGGebO) kostenfrei zu
beantworten ist.
Sollte dieser Antrag Ihres Erachtens gebührenpflichtig sein, bitte ich,
mir dies vorab mitzuteilen und dabei die Höhe der Kosten anzugeben.
Mit Verweis auf §6 Abs. 1 AIG bitte ich um unverzügliche Antwort,
spätestens innerhalb eines Monats.
Sollten Sie für diesen Antrag nicht zuständig sein, bitte ich, ihn an
die zuständige Behörde weiterzuleiten und mich darüber zu unterrichten.
Ich bitte um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail) und behalte
mir vor, nach Eingang Ihrer Auskünfte um weitere ergänzende Auskünfte
nachzusuchen.
Ich bitte um Empfangsbestätigung und danke Ihnen für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen
Torben Reichert