Sehr geehrter Herr Semsrott,
ich komme zurück auf Ihre Anfrage vom 14.03.2023. Ich leite Ihnen folgende Antwort auf Ihre Fragen aus dem zuständigen Fachbereich weiter:
Vorbemerkung:
Der Begriff der geschlossenen Einrichtung ist nicht im SGB VIII enthalten. Vielmehr handelt es sich für die hier angedachten Fälle um Unterbringung in einer Einrichtung mit Freiheitsentziehung. Freiheitsentziehende Maßnahmen sind im SGB VIII lediglich im Rahmen der Inobhutnahme (§ 42 Absatz 5 SGB VIII) und über Verweis im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme (§ 42a Absatz 1 Satz 2 SGB VIII) verankert. Dabei sind freiheitsentziehende Maßnahmen nur bei Selbst- oder Fremdgefährdung zulässig, d.h. wenn und soweit sie erforderlich sind, um Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden (§ 42 Absatz 5 Satz 1 SGB VIII).
Voraussetzung für eine Freiheitsentziehung ist stets die Genehmigung des Familiengerichts nach § 1631b BGB.
§ 1631b BGB regelt die freiheitsentziehende Unterbringung (Absatz 1) und freiheitsentziehende Maßnahmen (Absatz 2) für Kinder und Jugendliche. Nach Absatz 1 ist die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung, erforderlich ist und der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch andere öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Nach Absatz 2 ist die Genehmigung des Familiengerichts auch erforderlich, wenn dem Kind, das sich in einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig in nicht altersgerechter Weise die Freiheit entzogen werden soll (freiheitsentziehende Maßnahmen).
Zu Frage 1) und 2) Gibt es in Ihrer Zuständigkeit geschlossene Einrichtungen zur Unterbringung von Kindern und Jugendlichen? Falls ja, wie viele? Um welche Einrichtungen handelt es sich?
Es gibt in Brandenburg eine Einrichtung, in denen freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 1631b Absatz 2 BGB umgesetzt werden dürfen, sofern ein entsprechender familiengerichtlicher Beschluss vorliegt und Bedarf besteht. Es handelt sich dabei aber nicht um eine sogenannte "geschlossene Einrichtung", da nur bei einem Teil der Plätze (bei maximal 4 Plätzen gleichzeitig von insgesamt 8 Plätzen) in der Einrichtung und nur nach Bedarf freiheitsentziehende Maßnahmen umgesetzt werden dürfen.
Es handelt sich um die Einrichtung Wohngruppe "Weidenhof I" in 16306 Luckow-Petershagen des Trägers EJF.
Zu Frage 3)
Diese Frage können nur die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe/die Jugendämter aufgrund ihrer Steuerungsverantwortung beantworten.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben.
Diese Auskunft ergeht gebührenfrei.
Mit freundlichen Grüßen