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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Unterlagen Treffen Uniper E.ON

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Verwaltungsgericht Düsseldorf Bastionstraße 39 40213 Düsseldorf                                                                             28.7.2020 Per beA Mein Zeichen: […] Klage des Herrn Johannes Filter, […] - Kläger - Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Phillip Hofmann, […] gegen das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, ver- treten durch den Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei Herrn Nathanael Liminsky, Horionplatz 1 40213 Düsseldorf - Beklagter - wegen: Zugang zu Informationen nach UIG NRW Gegenstandswert (vorläufig): 5.000,- EUR Namens und in anwaltlich versicherter Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage und werde in der anzu- beraumenden mündlichen Verhandlung beantragen, 1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20.3.2020 (Az. 01.04.01.04.-2/2020) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.7.2020 (Az. 01.04.01.04.-2/2020), beim Kläger zugegangen am 14.7.2020, zu ver- pflichten, dem Kläger Zugang zu sämtlichen, bei dem Beklagten vorhande- nen Unterlagen mit Bezug zu Treffen von Vertretern der Regierung des Be- klagten mit Vertretern von Uniper Kraftwerke GmbH zwischen dem 27.6.2017 und dem 2.2.2020 durch Überlassung von Ablichtungen bzw. Ausdrucken zu gewähren; 2. hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20.3.2020 (Az. 01.04.01.04.-2/2020) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.7.2020 (Az. 01.04.01.04.-2/2020) zu verpflichten, den Kläger unter Be- achtung der Rechtsauffassung des Gerichts in seinem Antrag auf Zugang zu 1
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bei dem Beklagten vorhandenen Unterlagen mit Bezug zu Treffen von Ver- tretern der Regierung des Beklagten mit Vertretern von Uniper Kraftwerke GmbH zwischen dem 27.6.2017 und dem 2.2.2020 erneut zu bescheiden. 3. dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Begründung Der Kläger begehrt von dem Beklagten Zugang zu amtlichen Informationen auf Basis des Umweltinfor- mationsgesetzes Nordrhein-Westfalen („UIG NRW“), den der Beklagte mit der Begründung verweigert, die Bekanntgabe habe nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen der Staatskanz- lei und beziehe sich auf interne Mitteilungen der Staatskanzlei, bezüglich derer das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe nicht überwiege. I. Der Kläger ist freier Journalist und setzt sich durch seine publizistische Tätigkeit für den freien Zugang zu Wissen und Transparenz in der öffentlichen Verwaltung im Sinne der zivilgesellschaftlichen Partizi- pation und der demokratischen Kontrolle behördlicher Entscheidungsprozesse ein. Zu diesem Zweck nutzt er häufig das Transparenzportal von FragDenStaat (www.fragdenstaat.de), um auf Basis der ver- schiedenen Informationsfreiheitsgesetze Informationen von Behörden zu erfragen. Die Staatskanzlei koordiniert die Regierungstätigkeit im Kabinett von Ministerpräsident Armin Laschet, arbeitet diesem zu und verwaltet in diesem Zusammenhang auch die umweltrechtlichen Entscheidungs- prozesse des Beklagten. 1. Am 2.2.2020 beantragte der Kläger über die Plattform FragDenStaat Informationszugang zu sämtlichen Unterlagen, insbesondere Gesprächsvorbereitungen, Protokollen, Notizen, Vermerken mit Bezug zu Treffen des Beklagten mit Vertretern und Vertreterinnen von Uniper und E.ON zum Kohlekraftwerk in Datteln zwischen 27. Juni 2017 und 2. Februar 2020 (Anlage K1). Hierbei berief er sich auf das Informa- tionsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen („IFG NRW“), das UIG NRW und das Verbraucherinformati- onsgesetz des Bundes („VIG“). 2. Mit Bescheid vom 6.3.2020 lehnte der Beklagte die Anträge auf Basis des IFG NRW ab (Anlage K2). Hierzu teilte er mit, dass im abgefragten Zeitraum drei Termine des Ministerpräsidenten bzw. des Chefs der Staatskanzlei mit Vertretern von Uniper Kraftwerke GmbH („Uniper“) stattgefunden hätten, zu denen jeweils eine abstrakte Gesprächsvorbereitung erstellt worden sei, die auch Ausführungen zu dem Stein- kohlekraftwerk Datteln IV enthielt. Gesprächsprotokolle seien nicht gefertigt worden. Der Zugang zu den Gesprächsvorbereitungen wurde mit der Begründung abgelehnt, bei den die Treffen vorbereiten- den Unterlagen handele es sich um umfassende Informationen für die politische Leitungsebene, die politisch nicht abgestimmt seien, sodass sie sich sowohl auf den Prozess der Willensbildung innerhalb öffentlicher Stellen bezögen als auch dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfielen (§ 7 Abs. 2 lit. a und b IFG NRW). Eine Auseinandersetzung mit den weiteren Anspruchsgrundlagen, auf die der Kläger seinen Antrag gestützt hatte, erfolgte nicht. 2
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3. Mit Schreiben vom 17.3.2020 ersuchte der Kläger den Beklagten um die Bescheidung seiner auf das UIG NRW gestützte Anfrage (Anlage K3). Gleichzeitig teilte er mit, dass er seine auf VIG gestützte Anfrage zurückziehe. 4. Mit Bescheid vom 20.3.2020 lehnte der Beklagte auch den Antrag nach UIG NRW mit der im Wortlaut identischen Begründung auf Basis von § 2 Abs. 2 UIG NRW i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 Umweltinformationsgesetz Bund („UIG“) ab (Anlage K4). 5. Mit Widerspruch vom 15.4.2020 wandte sich der Kläger gegen den ablehnenden Bescheid vom 20.3.2020 (Anlage K5). Zur Begründung führt er an, dass der Antrag ohne eine Begründung abgelehnt worden sei. In Anbetracht des Verdachts, das Land NRW berücksichtige Partikularinteressen besonders, bestehe ein sehr klares öffentliches Interesse an der Offenlegung der betreffenden Gesprächsvorberei- tungen. Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb eine (Teil-)Offenlegung der Dokumente nicht möglich sei, zumal die Beratungen keine herausgehobene Bedeutung hätten. Den angeführten Schutz der exekuti- ven Eigenverantwortung gebe es im UIG nicht. Es handele sich um ein abschließendes Gesetzeswerk, das auf die Aarhus-Konvention zurückgehe. Dass Unterlagen politisch nicht abgestimmt gewesen seien, sei indes kein valider Ablehnungsgrund nach UIG. 6. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.7.2020, dem Kläger per einfachem Brief zugestellt am 14.7.2020, wies der Beklagte den Widerspruch zurück (Anlage K6). Zur Begründung führte er die bereits im Aus- gangsbescheid vorgetragenen Ausschlussgründe an. Mit Blick auf die vorgebrachte Vertraulichkeit der Beratungen der Staatskanzlei (§ 2 Abs. 2 UlG NRW i. V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UlG) führt er ergänzend aus, dass Beratungs- und Abwägungsvorgänge einer Behörde als schutzwürdig galten und nicht offen- bart werden müssten, sofern die Offenbarung Einfluss auf den behördlichen Entscheidungsprozess ha- ben könne. Aus Gesprächsvorbereitungen für die politische Leitung der Staatskanzlei sei nicht ersicht- lich, was letztendlich von der Leitung politisch gebilligt ist. Damit handele es sich um Unterlagen, die nicht das Ergebnis einer Willensbildung widerspiegelten, sondern um einen Teil des Prozesses der Wil- lensbildung innerhalb öffentlicher Stellen. Deren auch rückwirkende Preisgabe hätte massive Auswir- kungen auf die Arbeitsweise der Staatskanzlei: Entweder müsse eine unbefangene Beratung und insbe- sondere Meinungsäußerung durch die Fachebene in der Erwartung, dass die Unterlagen später offen- gelegt werden könnten, ganz unterbleiben. Oder es müssten künftig sämtliche Gesprächsvorbereitun- gen vorabgestimmt werden, sodass die heute als Gesprächsvorbereitung genutzten umfassenden Aus- führungen der Fachebene nur noch Entwürfe darstellten und als solche vernichtet würden. In beiden Varianten würden die Unterlagen wie die in Streit stehenden nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Mit Blick auf die vorgebrachte Einordnung der Dokumente als „interne Mitteilungen der Staatskanzlei“ führt der Beklagte aus, dass der innerbehördliche Vorbereitungsprozess von Gesprächen der Behördenlei- tung in einem geschützten Raum stattfinden müsse, in dem der einzelne Beamte keine Sorge vor unbe- dachten Äußerungen haben müsse. Schließlich überwiege das öffentliche Interesse an der Vermeidung der schädlichen Auswirkungen für die Handlungsfähigkeit der Regierung auch ein etwaiges öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Gesprächsvorbereitungen. Die Unterlagen ließen keinen Aufschluss über den tatsächlichen Inhalt der geführten Gespräche zu, sodass die Gesprächsvorbereitungen unter Umständen in keiner Weise Außenwirkung entfaltet hätten, was ihnen im Nachhinein aber nicht zu ent- nehmen sei. Ein öffentliches Interesse an dem Ergebnis der geführten Gespräche oder jedenfalls an der in den Gesprächen vertretenen Position möge gegeben sein, ein solches an bloßen Zwischenschritt im 3
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Prozess der internen Willensbildung hingegen nicht. Im Übrigen seien Treffen der Regierungsspitze mit Wirtschaftsvertretern üblich, politisch notwendig und unverdächtig wie Treffen mit Vertretern von „an- deren „Partikularinteressen“. Auch in diesen Fällen erfolge wegen der genannten Auswirkungen auf das Regierungshandeln keine Veröffentlichung. Der vollständige Schriftverkehr zwischen den Beteiligten ist auch unter dem folgenden Link abrufbar: https://fragdenstaat.de/anfrage/unterlagen-treffen-uniper-eon-6/ (zuletzt aufgerufen am 28.7.2020) II. Die zulässige Klage ist begründet. Der Ausgansbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten. Dieser hat Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen gemäß § 2 UIG NRW iVm § 3 UIG. Es wird zunächst Akteneinsicht beantragt. Ich bitte um elektronische oder postalische Bereitstellung der betreffenden Akte. Die weitere Begründung der Klage erfolgt sodann. ____________________ RA Dr. Phillip Hofmann Anlagen: Anlagenkonvolut mit den Anlagen K1 – K6 *** 4
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