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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Unterlagen zur Bund-/Länder-Einigung zum Kohleausstieg

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DNR DEUTSCHER NATURSCHUTZRING ----:-1ii·t w. l\L 4 Post .·- ~ 22 1 <-(-2. ' 'I 'l\) Hochschule tnr Technik und Wirtschaft BerUn 'f ll 7 Bundeskanzlerin der Bundesrepubl ik Deutschland Angela Merkel D Beantw. _ _ __ Bundeskanzleramt 11012 Berlin Dringend: Stellungnahme ehemaliger Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (KWSB) zu der Einigung zwischen Bund und Kohleländern Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, anbei erhalten Sie eine gemeinsame Stellungnahme ehemaliger Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (KWSB) zu der Einigung zwischen Bund und Kohleländern . Am morgigen Dienstag werden wir unsere Positionen zudem in der Bundespressekonferenz vorstellen . c~~.if) Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. Kai Niebert DNR e.V. Deutscher Naturschutvln9 (DNR) Prof. Dr. Barbara Praetori us Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin •.V. Marienstr. 19 • 20 10 117 Berlin Fon 030/678tns.10 F8" 030/6781775-80 lnto@dnr.det • www.dnr.de 422-63000-En-074(13) / 8 / 202 0 Hauplregislralur Bundeskan zlera ml
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Post ein 0 DNR DEUTSCHER NATURSCHUTZRI G 'l. l JAN ') '} l./ Lf 2 L-- - - --'-- Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Angela Merkel t 1 1 iitw. Hochschute türTechnJk Z2(/ und Wirtschaft BerUn ( /~ ~·' · .„, ••„,... ,..„ ... 2 1. Jan. 2020 O z. K. _ _ __ Bundeskanzleramt 11012 Berlin 0 Beant.v. _ _ __ DAE _ _ _ __ Dringend: Stellungnahme ehemaliger Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (KWSB) zu der Einigung zwischen Bund und Kohleländern Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, anbei erhalten Sie eine gemeinsame Stellungnahme ehemaliger Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (KWSB) zu der Einigung zwischen Bund und Kohleländern . Am morgigen Dienstag werden wir unsere Positionen zudem in der Bundespressekonferenz vorstellen. L ~<2-.~ .4.L~f- ~~r- , Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. Kai Niebert DNR e.V. O•utsch•r N~turschutzrf n g Marienstr. 19 • 20 tO t t 7 Be~in Fon 030/6781 n s.10 Fax 030Jti7S1775-a0 lnfo@dnr.det • www.dnr.de Prof. Dr. Barbara Praetorius Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (DNRJ a.V.
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21.01.2020 Stellungnahme der ehemaligen Mitglieder ~,;',,.,,.:,.,,,,„,;,,,~,„,,,,?.,"'''''"'"''"'*"'~$"tJi2mtn!~~,~n. ~Yl~„~~!,~,~,m~;,~!.tM,~t~,r~$JJ,,~c~~I„~.,,Q,~~Jl~,~,!=b.,~:!l,!~,~Jl~"·l~~~·~'~l,.,„,,,~.,,,'1"''''''''''''"''''''"··~·'''~'·'·'"'""'· Prof. Dr. Barbara Praetorius, ehemalige Vorsitzende der Kohlekommission Olaf Bandt, Vorsitzender BUND (Als Nachfolger von Prof. Dr. Hubert Weiger) Antje Grothus, Initiative Buirer für Buir, als Vertreterin der Interessen der Tagebau betroffenen im Rheinland Martin Kaiser, Geschäftsführer Greenpeace Deutschland Dr. Felix Christian Matthes, Energieexperte Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident des Umweltdachverbandes Deutscher Naturschutzring Dipl. Ing. Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Klimaforscher Bund- und Kohleländer haben am 15. Januar 2020 eine Einigung zum _Kohleausstieg vorgestellt, die sich auf den von der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" (KWSB) erarbeiteten Kohlekompromiss bezieht. Die unterzeichnenden ehemaligen Mitglieder der Kom- mission stellen fest, dass die seit einem Jahr verkündete 1:1-Umsetzung des in der KWSB erziel- ten Kompromisses mit der Bund-/Kohleländer-Einigung klar und sehr einseitig verlassen wurde. Es war immer unser Ziel, den Klimaschutz und Strukturwandel mit einem fairen Ausgleich zwi- schen den Interessen der Beschäftigten, den Interessen der Kohleregionen, den Interessen der Industrie, Lind dem gesamtgesellschaftlichen Interesse an einem wirksamen Klimaschutz zu schaffen. Deshalb haben wir den Endbericht der Kommission als Kompromiss mitgetragen. • da wir einer Herstellung eines gesellschaftlich tragfähigen Kompromisses zur zukünfti- gen Entwicklung der Kohleverstromung auf einem berechenbaren und stetigen Pfad aus gesellschaftlichen sowie energie-, klima- und wirtschaftspolitischen Gründen eine herausragende Bedeutung beimessen; • da wir die europäische und internationale Ausstrahlung eines gemeinschaftlich getra- genen Kompromisses und damit glaubwürdigen Ausstiegs aus der Kohleverstromung für relevant halten;
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da die festgelegten Revisionszeitpunkte entlang des vereinbarten Pfades ein verlässli-
ches Nachsteuern und eine Reaktion auf veränderte klimapolitische Rahmenbedingun-
gen ermöglicht hätte.

Und wir tragen den Kompromiss aus genannten Gründen bis heute mit,

  

obwohl wir das klimapolitische Ambitionsniveau der Empfehlungen weiterhin für nicht
ichend,halten,; um: einen. ausreichenden. ‚Beitrag, ZUM: rreichen. de Pariser. Klima
ziele zu leisten und

obwohl wir Kraftwerksstilllegungen über Entschädigungszahlungen vor allem für weit-
gehend abgeschriebene oder betriebswirtschaftlich nicht rentable Kraftwerke nicht für
eine anstrebenswerte Lösung ansehen.

Mit der Bund-Kohleländer-Einigung zum Kohleausstieg vom 15. Januar 2020 sehen wir Buchsta-
ben und Geist der in den Empfehlungen der KWSB erzielten Kompromisse vor allem mit Blick
auf den Klimaschutz sowie den Umgang mit den vom Braunkohletagebau betroffenen Men-
schen grob verletzt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die von Bund und Ländern
beschlossenen Abweichungen von den Empfehlungen der KWSB gravierend und einseitig zu Las-
ten von Klimaschutz und Tagebaubetroffenen gehen:

Kohleausstiegspfad klimapolitisch unzureichend und EU-Emissionshandel ge-
schwächt:

Die Empfehlungen der KWSB waren für uns nur zustimmungsfähig, da der Pfad für den
Kapazitätsabbau und die Emissionsminderungen der Kohlekraftwerke ab 2018 als stetig
vorgegeben und mit einem Zwischenziel für das Jahr 2025 versehen wurde (substanzi-
elle Emissionsminderung von weiteren 10 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Bereich der
Braunkohlekraftwerke in 2025). Aus rein klimapolitischer Sicht hätte der Emissionsmin-
derungspfad deutlich unterhalb des vereinbarten, annähernd linearen und lückenlosen
Pfades liegen müssen. Die nun vereinbarte Abschaltreihenfolge für die den Emissions-
minderungspfad dominierenden Braunkohlekraftwerke bildet den gefundenen Kompro-

. misspfad nicht ab und zeichnet sich im Gegenteil durch höhere Emissionen aus. Im be-

sonders relevanten Zeitraum ab 2023 kommt es vor 2028 nur zu geringfügigen und in
den Jahren 2028 und Ende 2029 zu sehr weitreichenden Kraftwerksabschaltungen, um
das Ziel für 2030 einzuhalten. In den Jahren 2018 bis 2020 wird es bei der Braunkohle
auch nur eine einzige, symbolische Stilllegung von 300MW geben, statt der vorgesehe-
nen signifikanten Beiträge zum 2020-Klimaschutzziel, Insgesamt werden im Vergleich
zum von der KWSB empfohlenen stetigen Minderungspfad allein durch die Braunkoh-
lenkraftwerke bis 2030 etwa 40 Millionen Tonnen zusätzlich emittiert.

Entsprechend des Budgetprinzips müsste es angesichts der zusätzlichen Emissionen in
den 2020er Jahren in den Folgejahren zu einem deutlich früheren Kohleausstieg kom-
men. Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass die durch Abschaltungen nicht
mehr benötigten Emissionszertifikate in vollem Umfang gelöscht werden. Durch hohe
Entschädigungszahlungen an Kraftwerksbetreiber, die einen Weiterbetrieb von Anlagen
bis in die späten 2020er Jahre absichern, kann zudem die zunehmende Wirksamkeit des
Preissignals im europäischen Emissionshandel konterkariert werden. In der Summe ist
dieser Abschaltplan nicht nur klimapolitisch falsch, sondern mit seinen stärken Sprüngen
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auch energiewirtschaftlich und energiepolitisch hoch problematisch, da so das Stromsystem und der Strommarkt hoch belastet werden. • Inbetriebnahme von Datteln 4 trotz anderslautender Empfehlung: Die Empfehlungen der KWSB waren für uns nur zustimmungsfähig, da die Inbetriebnahme neuer, im Strommarkt hoch ausgelasteter und damit sehr emissionsreicher Kraftwerke ausge- schlossen werden sollte. Mit der nunmehr trotzdem vorgesehenen Inbetriebnahme 1 "''N'"''""'"'-''''''''"''''- •+'''''''''''"''"''''""''"'~"'"""'"''""-'''ffesc''r<'raftV'terRS'l:>fö'cl<S~-D'at'fefn"4'Sfe.igencfür''dfe!"20Zaer1af)re''tltrch;irtt-se:re1eh'"<:l~f:$tertt;"'·''i-';'"''""''''"""''''-"'',,''''-'i""t'''''''·'"""' kohlekraftwerke die Emissionen, wenn der von der KWSB empfohlene Kapazitätsab- bau bei den Steinkohlenkraftwerken nicht deutlich verstärkt wird. Dafür reicht es nicht, äquivalente Kraftwerkskapazitäten vom Markt zu nehmen, sondern es müssen mindestens die äquivalenten COrMengen eingespart werden, um den vereinbarten Klimaschutzpfad nicht zu verletzen. • Unnötige und unwiederbringliche Zerstörung von Dörfern nicht akzeptabel: Für un- sere Zustimmung zu den Empfehlungen war unabdingbar, dass alle Möglichkeiten aus- geschöpft werden, um weitere Umsiedlungen im Bereich der Braunkohletagebaue zu vermeiden. Mit Blick auf die im Abschaltplan vorgesehenen vorzeitigen Stilllegung von Kraftwerksblöckeh am Standort Weisweiler am Tagebau Inden (der vollständig er- schlossen und nun nach Angaben von RWE fünf Jahre früher geschlossen werden soll) und der damit verbundenen höheren Fördermengen i,m Tagebau Garzweiler sowie der damit verbundenen Belastungen für Dörfer und Menschen sehen wir den KWSB-Kom- promiss im Hinblick auf die damit verbundenen schwerwiegenden Belastungen für Dörfer und Menschen ernsthaft verletzt. Hier würde die Chance vertan, einen gesell- schaftlichen Großkonflikt zu befrieden und mit der Berücksichtigung der Belange der Tagebaubetroffenen soziale Gerechtigkeit wiederherzustellen. • „Insellösung'' für den Hambacher Wald nicht nachvollziehbar: Bekannt gewordene Planungen von RWE, den Erhalt des Hambacher Waldes nicht durch einen rechtzeiti- gen Stopp derTagebaugrenze zu erreichen, sondern den Tagebau um den Wald herum fortzuführen, sind empörend. Nicht nur wiederspricht dieser Plan den jahrelangen Be- teuerungen von RWE, eine solche Tagebauführung sei unmöglich zu realisieren, es be- deutet auch die mittelfristige Austrocknung des verbliebenen Waldes und die Zerstö- rung dahinter liegender Dörfer wie Manheim und Morschen ich und der dazu gehören- den großen Bürgewälder. Gemäß den KWSB-Empfehlungen muss verbindlich geregelt werden, dass der Hambacher Wald dauerhaft erhalten wird. • Ausbau der Erneuerbaren Energien fehlt: Der vorliegende Kompromiss zwischen den Kohleländern und der Bundesregierung enthält nicht die für den notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien vereinbarte Umsetzung. Vor dem Hintergrund von massi- ven Entlassungen in der Windindustrie und vom drohenden Einbruch der PV durch den Solardeckel verstößt auch das gegen den Beschluss der Kommission. Der Abschlussbe- richt ist eindeutig: „Für den Ausbau der erneuerbaren Energien auf 65 % ist eine aus- reichende Flächenausweisung notwendig. Insbesondere müssen für Windenergieanla- gen und Freiflächen PV Anlagen Flächen in relevanter Größe ausgewies~, akzeptiert und genehmigt werden." Und: „Eines der zentralen Instrumente zur Erreichung der Klimaziele ist der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien. Damit das im Koalitions- vertrag vereinbarte 65 Prozent Ziel erreicht werden kann, braucht es venaSsllCne Rah-______ _ menbedingungen für Investitionen in erneuerbare Energien."
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Wir sehen ohne entsprechende Korrekturen den in der KWSB gefundenen und von uns bisher mitgetragenen Kompromiss ~urch Bund und Länder aufgekündigt. Dies gilt auch und besonders, nachdem die Bundesregierung und die Bundesländer über einen Zeitraum von nahezu zwölf Monaten vielfältig und nachdrücklich zugesichert haben, dass der gefundene Kompromiss der KWSB 1:1 umgesetzt würde. Das aktuelle vorgehen von Bund und Ländern diskreditiert nicht zuletzt Prozesse, die gesell- ''''''"'''"''.'"'~'"0''·"''"''".,.,,'"'"'"';,,,_,:;,,schaftlich·e<·.Großko'nflikte'''tiUrtlt'-'.Kom·pl"öf1l.i~s·fil'l'dut1g,,u_nter;'derP'~takeh()ldern~1lösen'"-~ZW<•'ent"''"'";:·~'''"''"''''''"''''"'''·';"'·''"'''''''''"' schärfen können. Die Kommission hat unter einem hohen Engagement aller Beteiligten einen Kompromiss gefunden, der die Mandate aller Kommissionsmitglieder bis an die Grenzen belas- tete. Dieser mühsam ausgehandelte Kompromiss hat einen gesellschaftlichen Konflikt in weiten Teilen befriedet. Dafür stehen selbst sehr unterschiedliche Akteure bis heute, wie diverse ge- meinsame Initiativen der letzten Monate zeigen. Dieser gesellschaftliche Frieden wird nun von Bund und Ländern einseitig und leichtfertig gefährdet. Wir bedauern ausdrücklich, dass mit der nun erwartbaren Verstärkung eines weitreichenden Konflikts um die Entwicklung der Kohleverstromung in Deutschland wichtige Jahre für den Kli- maschutz verloren gehen werden und sich die für Regionen, Anwohner, Beschäftige und Unter- nehmen scheinbar erreichte Planungssicherheit als überaus trügerisch erweisen könnte. Wir appellieren nachdrücklich an den Gesetzgeber, die Bund-Länder-Einigung wieder auf den von der KWSB vereinbarten Pfad zurückzuführen. Schon in der KWSB wurde das Interesse des Klimaschutzes nur unzureichend berücksichtigt. Diese Einigung weiter zu dehnen und dem Kli- maschutz zu schaden ist unverantwortlich. Der durch den Kompromiss gefundene gesellschaft- liche Frieden ist ein hohes Gut, das nicht leichtfertig aufgegeben werden darf. Wir stehen weiter hinter dem Kompromiss, sofern er wirklich ernsthaft und umfassend umgesetzt wird.
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Weber, Richard Von: Gesendet An: Ce: Betreff: Anlagen: Kai Niebert <niebert@dnr.de> Montag, 20. Januar 2020 19:08 bk01; Braun, Helge Barbara Praetorius Stellungnahme ehemaliger Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (KWSB) zu der Einigung zwischen Bund und Kohleländern 2020_01_20_Brief Mitglieder KWSB Merkel.pdf; ATT00001.htm; 2020_01_21 ''"'""~';'''''""''·f"*''""~""'·''''''~·''"'"#"·'··~~~'-"'''·''"''''''''·"'"'·'""'···;,„.,,,.„,. ,,""'·'''''""''"'~''"'~"::::Stellu_ngriahrn·e::Mitglieder-:.1<,WSB::Band"Länder"'Einig.ung;pdf;-··•·''''"'''*·"·"''·"';''·~·'"''",,;.,,c:„,c."''""'"' ATT00002.htm Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, anbei erhalten Sie eine gemeinsame Stellungnahme ehemaliger Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (KWSB) zu der Einigung zwischen Bund und einzelnen Bundesländern. '· "m morgigen Dienstag werden wir unsere Positionen zudem in der Bundespressekonferenz vorstellen. Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. Kai Niebert Prof. Dr. Barba.ra Praetorius Deutscher Naturschutzring Prof. Dr. Kai Niebert Präsident Marienstr. 19/20 10117 Berlin m: +49 30.6781775.909 e: niebert@dnr.de w: www.dnr.de
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