Sehr
geehrteAntragsteller/in
Ihre Frage zum Lärmminderungspotenzial von e-Fahrzeugen im Straßenverkehr hat uns als IFG-Anfrage über das Internetportal "fragdenstaat.de" erreicht. Dieser Weg steht Ihnen natürlich frei, ist verwaltungsintern aber mit erhöhtem bürokratischen Aufwand verbunden. In der Regel ist der direkte Weg über den Service-Bereich auf unserer Homepage (
https://www.umweltbundesamt.de/service/…) der bessere Weg, da wir hier schneller und spezifischer antworten können. Die Information der Öffentlichkeit zu Umweltfragen und damit auch direkte Fragen von Bürgerinnen und Bürgern sind für das UBA von zentraler Bedeutung und werden entsprechend prioritär behandelt. Der Weg einer Anfrage nach IFG ist u.E. nur dann sinnvoll, wenn Sie den begründeten Verdacht haben, dass Ihnen von Seiten des UBA Informationen vorenthalten werden.
Zum Inhalt Ihrer Frage:
Sie berichten von einem Gespräch mit einem Mitarbeiter des LfU, in dem festgestellt wurde, dass Flüsterasphalt innerorts nur wenig Lärmminderungspotenzial bietet. Das können wir grundsätzlich bestätigen. Die vielen Geräuschquellen im Straßenverkehr lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen: Antriebsgeräusche (v.a. Motor, Gaswechsel, Getriebe), Reifen-Fahrbahn-Geräusche und aerodynamische Geräusche. Antriebsgeräusche sind unabhängig von der Geschwindigkeit und nehmen in erster Näherung linear mit der Motordrehzahl und der Motorlast zu. Reifen-Fahrbahn-Geräusche entstehen im Zusammenspiel von Reifen und Fahrbahn und hängen von einer Vielzahl von Parametern ab, steigen aber in der Regel proportional zum Logarithmus der Fahrzeuggeschwindigkeit. Und aerodynamische Geräusche spielen erst bei hohen Autobahngeschwindigkeiten eine relevante Rolle. Ganz pauschal kann man sagen, dass bei modernen Pkw/Reifen/Straßen bei einer Geschwindigkeit von ca. 20-30 km/h Antriebs- und Reifen-Fahrbahn-Geräusch gleich laut sind. Unterhalb dieses Geschwindigkeitsbereichs dominiert das Antriebsgeräusch, oberhalb das Reifen-Fahrbahn-Geräusch. Bei Lkw liegt die entsprechende Geschwindigkeit bei etwa 50 km/h. Flüsterasphalt mindert das Reifen-Fahrbahn-Geräusch und ist deshalb bei den Geschwindigkeiten, in denen das Reifen-Fahrbahn-Geräusch dominiert, besonders wirksam.
Bei Elektro-Autos kann man in erster Näherung das Antriebsgeräusch vernachlässigen, so dass auch bei niedrigen Geschwindigkeiten das Reifen-Fahrbahn-Geräusch die Hauptgeräuschquelle bleibt, allerdings bei sehr niedrigen Pegeln. Interessanter ist sicher das Geräuschminderungspotenzial bei kommunalen Nutzfahrzeugen, also z.B. bei ÖPNV-Bussen und Müllfahrzeugen, die auch besonders häufig bremsen und anfahren.
Ihre Vermutung, dass sich bereits ein Anteil von E-Fahrzeugen von 10 % bis 20 % deutlich bemerkbar machen sollte, ist leider nicht korrekt. Aufgrund der logarithmischen Natur der Lärmempfindung würde am Rande einer Straße, auf der 20 % der Fahrzeuge um 10 dB leiser sind als die restlichen 80 %, der Schallpegel um gerade mal ein knappes dB sinken, was etwa der Wahrnehmbarkeitsgrenze im direkten Vergleich entspricht. Dieser Aspekt der Flottendurchdringung wird u.a. in einem internen Bericht aus dem Jahr 2012 zum Thema Lärmminderungspotenzial durch Elektrifizierung des Straßenverkehrs betrachtet, den wir Ihnen in der Anlage beilegen. Ein darauf basierendes Positionspapier wurde im April 2013 veröffentlicht und ist ebenfalls angefügt.
Im Positionspapier wird auch die Problematik angerissen, dass Elektrofahrzeuge bei niedrigen Geschwindigkeiten wegen ihrer Geräuscharmut ein Gefahrenpotenzial besonders für Blinde und sehbehinderte Fußgänger darstellen können. Inzwischen sind diese Zusatzgeräusche unter der Abkürzung "AVAS" für neue E-Fahrzeuge verbindlich vorgeschrieben. Da die Gestaltungsspielräume für die Zusatzgeräusche groß sind, kann bisher weder beurteilt werden, ob sie einen messbaren Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten, noch ob sie das Lärmminderungspotenzial von E-Fahrzeugen bei niedrigen Geschwindigkeiten substanziell verringern.
Zum Stand der Forschung bezüglich AVAS und zu möglichen Alterativen lässt das UBA gerade eine Studie durchführen, deren Ergebnisse voraussichtlich im Laufe des ersten Halbjahrs 2021 vorliegen und auf der Homepage des UBA<http://www.uba.de/> veröffentlicht werden. Eine weitere Studie im Auftrag des UBA befasst sich mit dem Lärmminderungspotenzial durch Elektrifizierung von ÖPNV-Bussen mit Fokus auf den Haltestellenzyklus. Diese Studie wird voraussichtlich im vierten Quartal 2021 abgeschlossen und ebenfalls auf der Homepage des UBA veröffentlicht.
Weitere Studien oder Gutachten mit Fokus auf das Lärmminderungspotenzial durch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs hat das UBA in jüngerer Vergangenheit nicht durchgeführt.
Wir hoffen, Ihnen hiermit weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen