140825StNBKMzum3.EntwurfRS.PDF

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Vermerke zum IWG

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POSTANSCHRIFT  Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Postfach 170286, 53028 Bonn Bundesministerium für Wirtschaft und                                                          HAUSANSCHRIFT       Köthener Straße 2 Energie                                                                                                           10963 Berlin Referat VI A 2                                                                                POSTANSCHRIFT       Postfach 17 02 86 Herrn Rolf Bender                                                                                                 53028 Bonn ausschließlich per E-Mail:                                                                                 TEL    +49(0)30 18 681-44275 rolf.bender@bmwi.bund.de und                                                                              FAX     +49(0)30 18 681-544275 claudia.hardt@bmwi.bund.de                                                                              E-MAIL    stephanie.schulzhombach@bkm.bund.de INTERNET      www.kulturstaatsministerin.de DIENSTSITZ     Berlin DATUM      25. August 2014 AZ    K 11 - 41001/2#12 BETREFF  Informationsweiterverwendungsgesetz HIER Stellungnahme der BKM zum 3. Entwurf BEZUG  Ihre E-Mail vom 28. Juli 2014 mit Übersendung des 3. Entwurfs eines Gesetzes über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen Sehr geehrter Herr Bender, zu dem übermittelten dritten Entwurf eines Gesetzes über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen nimmt BKM wie folgt Stellung: Nach wie vor stellen sich einige Probleme bzw. Fragen in Bezug auf die Auswirkun- gen des IWG-E auf Kultureinrichtungen. Auch die Frage des Erfüllungsaufwands findet nach wie vor keine hinreichende Berücksichtigung im Gesetzentwurf. In Bezug auf die Ausführungen zum Verhältnis zwischen IFG und IWG teile ich inhaltlich die Ausführungen von BMF, BMVi und BMAS und gehe davon aus, dass das Ergebnis der Ressortbesprechung am 19. August zu diesem Thema Berücksichtigung in der überarbeiteten Fassung des Gesetzentwurfs finden wird. Im Einzelnen: Anwendungsbereich Zunächst stellt sich die Frage, ob Bestände von Archiven und Bibliotheken über- haupt vom Anwendungsbereich des Gesetzentwurfs erfasst wären, denn dem Wort- laut des vorliegenden Entwurfes nach soll dieses Gesetz gemäß § 2 Absatz 2 Ziffer ZUSTELL- UND LIEFERANSCHRIFT      Köthener Straße 2, 10963 Berlin VERKEHRSANBINDUNG        U- und S-Bahn Haltestelle Potsdamer Platz
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Seite 2 von 7 1a des 3. IWG-E nicht für Informationen gelten, „deren Erstellung nicht unter die ge- setzlich oder durch andere verbindliche Rechtsvorschriften festgelegten öffentlichen Aufgaben der betreffenden öffentlichen Stellen fällt“. Dementsprechend würden die Sammlungen/Bestände von Museen, Bibliotheken und Archiven nicht unter das IWG fallen (da von anderen erstellt). Bei dieser – aus kulturpolitischer Sicht durchaus vor- zugswürdigen – Umsetzung der PSI-Richtlinie ist allerdings zu beachten, dass in der Richtlinie in Artikel 1a i a nicht von „Erstellung“, sondern von „Bereitstellung“ (auch in der englischen Fassung: „…documents the supply of which…“) die Rede ist und nach Erwägungsgrund 18 der Anwendungsbereich der Richtlinie ausdrücklich auf die Sammlungen von Archiven, Bibliotheken und Museen ausgeweitet werden soll. BKM bittet hier um Klarstellung, ob tatsächlich die engere Anwendung gewollt ist, verbunden mit dem rechtlichen Risiko, dass sich in der Zukunft möglicherweise ein Gericht mit den unterschiedlichen Begrifflichkeiten in Richtlinie und deutschem IWG befassen muss und der Ausgang ungewiss ist. Begrifflichkeiten und Definitionen Zu begrüßen ist zunächst, dass nunmehr im Gegensatz zum Vorläuferentwurf die Begrifflichkeiten einheitlicher verwandt werden (dies gilt im besonderen Maße für den Begriff der „Information“). Dennoch ist es weiterhin für Bibliotheken, Museen und Archive entscheidend, was unter den Begriff der „Information“ subsumiert werden kann bzw. muss. Für die praktische Anwendung ist es unabdingbar, dass eine ge- naue Definition und Eingrenzung erfolgt. Ich verweise auf meine Ausführungen in meiner früheren Stellungnahme. Sollten von dem Begriff nicht nur die Digitalisate der Bestände, beschreibende Informationen wie Metadaten und elektronische Kataloge, Datenbanken, in denen diese Metadaten abgelegt sind, und ähnliches erfasst sein, sondern auch die Sammlung der Bestände selbst, sollte dies mindestens in der Be- gründung ausdrücklich Erwähnung finden. Auch der Begriff der Weiterverwendung ist weiterhin unklar ebenso wie der Begriff der „Bereitstellung“. Klarstellungsbedarf zu Letzterem besteht insb. in Bezug auf die Regelungen in § 3 Ziff. 2 und § 6. Einerseits wird in § 3 Ziff. 2 festgelegt, dass eine Information jede Aufzeichnung auf elektronischen und nichtelektronischen Da- tenträgern sei; andererseits spricht § 6 davon, dass Informationen nur in dem vor- handenen Format (und Sprache) bereitgestellt werden müssen. Gleichzeitig sollen sie aber maschinenlesbar und mit Metadaten ausgestattet (und möglichst in offenem
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Seite 3 von 7 Format) sein. Es ist nicht deutlich, ob diese Regelung eine Einschränkung sein soll (dahin gehend, dass das IWG nur für bereits digitalisierte Informationen gilt) oder ob hier etwas anderes gemeint ist, etwa eine Regelung, die nur für elektronisches Mate- rial gilt, das IWG als ganzes jedoch für elektronische und nicht-elektronische Infor- mationen. Der Gesetzestext müsste so gefasst werden, dass diese Frage möglichst gar nicht aufkommt, mindestens aber muss die Begründung hier klarer formuliert sein und darf keine Fragen offen lassen. Als Beispiel folgender Sachverhalt: Eine Akte ist im Bundesarchiv in körperlicher Form vorhanden, nicht aber digitalisiert. Gemäß § 3 Ziff. 2 ist sie eine Information i. S. des IWG-E. Nach § 6 IWG-E muss sie dann auch nur in analoger Form bereitgestellt werden, also herausgesucht und zur Einsicht vorgehalten werden (sofern nicht konservatorische oder andere Umstände bereits den Zugang nach BArchG nicht zulassen). Eine Weiterverwendung der Akte als solche kommt nicht in Betracht, da sie nur einmal vorhanden ist und beim Bun- desarchiv zu verbleiben hat. Denkbar ist aber die Weiterverwendung von Kopien oder Digitalisaten. Hier stellt sich die Frage, ob das „Bereitstellen“ auch die Anferti- gung von Kopien und Digitalisaten umfasst. § 6 scheint hier entgegen zu stehen, da nur im vorhandenen Format zur Verfügung zu stellen ist, hier also nur das körperli- che Aktenstück. Allenfalls könnte § 6 zu einem Anspruch auf eine analoge Kopie führen, wenn das „Bereitstellen“ die Vervielfältigung im vorhandenen - hier analogen Format - umfasst. Es stellt sich dann die Frage, wie hiermit die Forderung aus § 6 IWG-E zu vereinbaren ist, dass die Information maschinenlesbar und mit Metadaten ausgestattet sein soll. Nach der jetzigen Formulierung im IWG-E könnte der Ein- druck entstehen, es bestünde eine Pflicht zur Digitalisierung, die dann auch Metada- ten schafft, es sei denn, dies ist technisch nicht möglich oder nicht sinnvoll. (Hier stellt sich dann die Frage, was sinnvoll ist…) Das Beispiel zeigt anschaulich, dass eine Klarstellung des Begriffs der „Bereitstellung“ und damit der Pflichten der öffent- lichen Stellen geboten ist. Soweit § 6 Abs. 4 vorsieht, dass die Informationen, die über öffentliche Netze in ma- schinenlesbaren Formaten bereitgestellt werden, auf einem nationalen Datenportal verfügbar gemacht werden sollen, und in der Begründung ausschließlich auf das „Govdata“-Portal (www.govdata.de) verwiesen wird, bedarf es der Ergänzung der Begründung. Das Govdata-Portal ist für Bibliotheken und ggf. Archive sowie Museen nicht praktikabel, da diese ihre sehr umfangreichen Katalogdaten in einem eigenen Portal zur Verfügung stellen. Das Govdata-Portal zielt vielmehr auf allgemeine Ver- waltungsinformationen (z.B. Veranstaltungen einer Kommune, Ansprechpartner ei-
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Seite 4 von 7 ner Behörde, Informationen zur Daseinsvorsorge, Verkehr etc.) ab. In die Begrün- dung sollte aufgenommen werden, dass es nicht zwingend ist, die Daten über „Govdata“ zur Verfügung zu stellen, sofern andere Portale genutzt werden. Dies ist auch richtlinienkonform, da die Richtlinie nicht vorsieht, dass nur ein nationales Por- tal genutzt wird. Verhältnis Zugang zur Weiterverwendung, bzw. Verhältnis IFG zu IWG-E Der Auffassung, dass das IWG ein eigenes Zugangsrecht schaffe, wird ausdrücklich widersprochen, wie auch bereits in der Ressortbesprechung am 19. August 2014. Auch wenn zunächst naheliegend scheint, einem Anspruch auf Weiterverwendung den Anspruch auf Zugang vorausgesetzt zu sehen, ergibt sich aus den Hintergrün- den auf europäischer Ebene ein anderes. Dass die Weiterverwendung von Informa- tionen den Zugang zur Information voraussetzt, ist unstreitig. Die Regelung einer Weiterverwendung von Informationen muss deshalb aber nicht zwingend mit einer Regelung des Zugangs verbunden sein. Vielmehr rechtfertigt die Weiterverwendung schon deshalb eine eigenständige Regelung, weil sie über die übliche Nutzung einer zugänglich zu machenden Information deutlich hinausgeht (vgl. dazu die Begriffsbe- stimmung in Art. 2 Nr. 4 der RL 2013/37/EU). Der weite Richtlinienzweck, Chancen, die sich aus der Weiterverwendung öffentlicher Daten ergeben, nicht ungenutzt zu lassen (vgl. Erwägungsgrund (5) RL 2013/37/EU), sowie die fehlende ausdrückliche Voraussetzung eines bestehenden Zugangsrechts im Rahmen des „Allgemeinem Grundsatzes“ in Art. 3 Abs. 1 RL 2013/37/EU sprechen zwar in der Tat für eine weite Auslegung. Dem entgegen steht jedoch Erwägungsgrund (8) Satz 2, in dem aus- drücklich festgestellt wird, dass „die durch die[ ] Richtlinie vorgenommenen Ände- rungen […] nicht darauf ab[zielen], die Zugangsregelungen in den Mitgliedstaaten festzulegen oder zu ändern, die weiterhin ihrer Zuständigkeit unterliegen.“ Folgerich- tig wird denn auch bei der Beschreibung der bisherigen Rechtslage noch ausdrück- lich zwischen der fehlenden „Verpflichtung [der Mitgliedstaaten] bezüglich der Ge- stattung des Zugangs zu Dokumenten oder [!] der Weiterverwendung von Dokumen- ten“ unterschieden (Erwägungsgrund (7) Satz 1). Zur beabsichtigten Richtlinienän- derung heißt es dann aber nur noch: "Die Richtlinie [...] sollte dahingehend geändert werden, dass sie den Mitgliedstaaten eine eindeutige Verpflichtung auferlegt, alle Dokumente weiterverwendbar zu machen, es sei denn, der Zugang ist im Rahmen der nationalen Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten eingeschränkt oder ausgeschlossen“ (Erwägungsgrund 8 Satz 1). Von einer Verpflichtung zur "Gestat-
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Seite 5 von 7 tung des Zugangs" zu Dokumenten ist erkennbar nicht mehr die Rede. Es sprechen daher die besseren Gründe für eine enge Auslegung der Richtlinie: Ein Recht zur Weiterverwendung gewährt sie nur für zugängliche Informationen. Ob eine Informa- tion zugänglich ist, bestimmt sich allein nach nationalen Vorschriften. Dabei kann es auch keinen Unterschied machen, ob ein Mitgliedstaat das Recht auf Informations- zugang an (positive) Voraussetzungen knüpft oder aber durch (negative) Ausnah- men „einschränkt oder ausschließt“ (so Erwägungsgrund (8) Satz 1), schließlich handelt es sich dabei um eine reine Formfrage. Aus der von Ihnen angekündigten entsprechend überarbeiteten Fassung des IWG-E sollte daher klar hervor gehen, dass das IWG nur dann einen Anspruch auf Weiter- verwendung von Informationen schafft, wenn diese bereits zugänglich sind. Der An- spruch auf Zugang zu Informationen richtet sich nach dem IFG oder anderen zu- gangsvermittelnden Regelungen. Besteht Anspruch auf Zugang, bedeutet dies aller- dings noch nicht zwangsläufig, dass auch Anspruch auch Weiterverwendung be- steht. Dies ist vielmehr anhand der Regelungen des IWG in einem zweiten Schritt zu prüfen. Fristen und Antrag § 5 sieht die sog. Weiterverwendung auf Antrag vor, stellt aber nicht klar, ob in je- dem Fall ein Antrag gestellt werden muss, bzw. ob ein eigener Antrag auf Weiter- verwendung gestellt werden muss. Die Zusammenschau mit § 4 legt die Annahme nahe, dass jedenfalls das IWG keine Antragspflicht vorsehen soll, sondern es den öffentlichen Stellen überlassen bleibt, ein Antragserfordernis zu formulieren. Sollte dies zutreffend sein, wird dringend angeregt, dies im Gesetzeswortlaut, mindestens aber in der Begründung, deutlich zu machen und entsprechend zu begründen. Unklar bleibt mit Blick auf die Frist, wie mit Anträgen umzugehen ist, mit denen zu- gleich Zugang zu bestimmten Informationen und Weiterverwendung dieser Informa- tionen begehrt wird. Es stellt sich in diesen Fällen insb. die Frage, ab wann die Frist nach dem IWG-E in Gang gesetzt wird. Erfolgen beide Begehren zeitgleich und be- ginnen die Fristen beider Begehren zu diesem Zeitpunkt, führt dies zu den in meiner früheren Stellungnahme geschilderten Schwierigkeiten; die Frist nach dem IWG wird insb. dann nicht eingehalten werden können, wenn im vorgelagerten IFG-Verfahren eine Drittbeteiligung erforderlich wird. Es bedarf daher der Klärung, wie mit solchen Anträgen umzugehen ist. Zu prüfen wäre etwa die Möglichkeit einer gesetzlichen
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Seite 6 von 7 Fiktion, die den Antrag auf Weiterverwendung in einem solchen Fall als in dem Au- genblick gestellt annimmt, in dem die Entscheidung über den Zugang gefallen (oder zugestellt) ist. Kompatibilität von IWG-E und BArchG-E Die seitens BMWi signalisierte Bereitschaft zur Aufnahme des BArchG in die Be- gründung des IWG zum Zwecke der Klarstellung des Verhältnisses beider Gesetze zueinander wird begrüßt – im Sinne einer Klarstellung, dass das BArchG gegenüber dem IWG als spezielles, vorgehendes Recht zu betrachten ist. Die oben dargelegte Argumentation zum Verhältnis zwischen IFG und IWG gilt hier entsprechend. Nur wenn gemäß BArchG überhaupt Zugang zu Informationen besteht, kommt eine In- formationsweiterverwendung überhaupt in Betracht. Es sollte dies explizit in der Be- gründung dargelegt und der Unterschied zwischen dem bloßen Zugang und der Weiterverwendung herausgestellt werden. Denn in der Regel dürfen nach dem BArchG bestimmte Unterlagen zwar ausgewertet, aber nicht weiterverwendet wer- den im Sinne einer öffentlichen Verbreitung. Hier besteht unbedingt Klärungsbedarf, da schlimmstenfalls die Konsequenz wäre, dass im Bundesarchiv keine Schutzfrist- verkürzungen mehr durchgeführt werden könnten, weil der potenzielle Anspruch auf Weiterverwendung dem im Wege stünde. Aufwand und Kosten: Schließlich ist weiterhin die Frage des Umsetzungsaufwands und der entstehenden Kosten offen. Das Gesetz wird erheblichen Aufwand und Folgekosten nach sich zie- hen. Die bisherigen Erfahrungen mit der Herausgabe von Informationen zeigen, dass dies ein sehr arbeitsintensiver und damit kostenlastiger Bereich ist. Allein das Heraussuchen von Informationen ist, solange es Papierarchivierung gibt, mühsam und zeitaufwändig. Auch der weitere Vorgang des Zusammenstellen, Kopierens und Versendens ist kostenintensiv. Es sind daher Berechnungen durch das federführen- de Ressort vorzunehmen. Ohne eine klare Äußerung über voraussichtliche Kosten und deren Deckung kann BKM dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Im Übrigen verweise ich auf die in der Datei kenntlich gemachten notwendigen Än- derungen, halte meine bereits früher vorgetragenen Petita und Bitten aufrecht, be- halte mir weitere, ergänzende Stellungnahme vor und rege nochmals nachdrücklich
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Seite 7 von 7 an, frühzeitig eine Anhörung von Experten aus dem Museums-, Archiv- und Biblio- theksbereich durchzuführen, so dass die weitreichenden und neuen Folgen für Kul- tureinrichtungen umfassend beleuchtet werden, bevor das Kabinett über den Ge- setzentwurf entscheidet. Bei der Auswahl geeigneter Persönlichkeiten bin ich Ihnen gerne behilflich. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag gez. Dr. Stephanie Schulz-Hombach
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