[nach OCR]
Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit Schreiben vom 2. Januar 2016 legten Sie Widerspruch gegen meine Bescheide vom 3. Dezember 2015- GZ: VB 5-0 1319/15/10134, DOK. 2015/1051794, und vom 26. Oktober 2015, gleiches GZ, DOK. 2015/0898655, ein. Darin wenden Sie sich dagegen, dass in dem übersandten Vertrag mit der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer die Höhe der Vergütung geschwärzt wurde. Darüber hinaus wehren Sie sich gegen die Erhebung von Gebühren in Höhe von 60,00 Euro, die Ihnen in dem Bescheid auferlegt wurden. In Ihrer EMail vom 3. Februar 2016 ziehen Sie Ihren Widerspruch gegen den Kostenbescheid zurück.
Nach nochmaliger Prüfung ergeht folgender Widerspruchsbescheid:
Ihr Widerspruch wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens tragen Sie als Widerspruchsführer.
III. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr in Höhe von 30,00 Euro festgesetzt.
Begründung:
a) Am 29. Mai 2015 beantragten Sie nach dem IFG die Zusendung des Vertrages des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) mit der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, der die Ausarbeitung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes geregelt hat. Mit Bescheid vom 26. Oktober 2015 wurde dem Antrag unter Hinweis aufvorzunehmende Schwärzungen stattgegeben. Sie erhielten mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 den am 17./31. Oktober 2008 zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer geschlossenen Vertrag über ein Beratungsvorhaben "Rechtsberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung des Bundes an der Rettung der Hypo Real Estate". Dieser beinhaltete auch die "Prüfung von möglichen alternativen Lösungsansätzen", was in der Folge zur Ausarbeitung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes führte. Die Unterlagen wurden Ihnen nach Beteiligung der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer teilweise geschwärzt zur Verfugung gestellt. Geschwärzt wurden dabei Angaben zur Vergütung, zu Stundensätzen und zu Haftungsregelungen, worauf auch schon im Bescheid vom 26. Oktober 2015 hingewiesen worden war.
Zudem wurden personenbezogene Daten i. S. v. § 5 Absatz 1 IFG geschwärzt.
Mit Schreiben vom 2. Januar 2016legten Sie Widerspruch gegen meine genannten Bescheide ein (Eingang im BMF am 7. Januar 2016). Ihr Widerspruch richtet sich gegen die vorgenommenen Schwärzungen der im Vertrag enthaltenen Regelungen zur Vergütung. Sie sind der Auffassung, es handele sich dabei nicht um Geschäftsgeheimnisse. Bei einer nach dem IFG gebotenen engen Auslegung der Begriffe "Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis" seien Angaben zur Vergütung nicht erfasst, insbesondere durch das Bekanntwerden einer Gesamtvergütung ohne Nennung der Stundenzahl könne nicht auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse geschlossen werden.
b)
Ihr Widerspruch ist frist-und formgerecht im BMF eingegangen. Nachdem er zunächst ohne Unterschrift am 21. Dezember 2015 eingegangen war, entsprach das Schreiben vom 2. Januar 2016 nunmehr der Schriftform. Dieses ist auch noch fristgerecht innerhalb der Widerspruchsfrist im BMF eingegangen. Der Bescheid vom 3. Dezember 2015 ist am 4. Dezember 2015 zur Post gegeben worden und gilt daher nach § 41 Absatz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz mit Ablauf des dritten Tages nach der Aufgabe zur Post, mithin am 7. Dezember 2015, als bekannt gegeben. Der Eingang Ihres Widerspruchschreibensam 7. Januar 2016 ist daher noch fristgerecht.
Die Schwärzung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, auch hinsichtlich der Angaben zur Vergütung, wurde Ihnen im Bescheid vom 26. Oktober 2015 , DOK. 2015/0898655, bereits mitgeteilt. Dagegen haben Sie keinen Widerspruch erhoben. Da Sie jedoch erstmals mit Erhalt des Vertrages, der Anlage zum Bescheid vom 3. Dezember 2015 war, feststellen konnten, welche Angaben des Vertrages mit der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer konkret geschwärzt worden waren, betrachte ich Ihren Widerspruch in diesem Punkt ebenfalls noch als fristgerecht.
Der Widerspruch ist somit zulässig.
c)
Der Widerspruch ist jedoch nicht begründet. Gemäß§ 6 Absatz 2 IFG darf der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene einwilligt. Die Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer wurde im Vorfeld des Bescheides vom 26. Oktober 2015 von mit beteiligt. Die Kanzlei hatte daraufhin ausdrücklich nicht zugestimmt, die Passagen zur Vergütung in § 3 des Vertrages zu veröffentlichen, da diese Geschäftsgeheimnisse darstellten. Dieser Auffassung war zuzustimmen.
Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle ·auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht .offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. hierzu Schoch, Kommentar zu§ 6 IFG, 2009, Rz. 45 und Guckelberger in Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, 11. Edition, Stand: 01.02.2016, Rz. 17 jeweils mit weiteren Nachweisen). Eine IFG-spezifische Begrifflichkeit stellt dies nicht dar, das IFG will von der allgemeinen, für sämtliche Rechtsgebiete gültigen Definition nicht abweichen (Schoch, a. a. 0 , Rz. 43 f, auch Guckelberger a. a. 0. spricht von dem Vorteil einer normübergreifenden einheitlichen Auslegung). Vier Voraussetzungen sind für die Einstufung einer Information als Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis maßgebend (vgl. hierzu Schoch, a. a. 0 , Rz. 45 und Guckelberger, a. a. 0 ., Rz. 18):
• sie muss einen Unternehmensbezug aufweisen,
• sie darf nicht offenkundig, also nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sein,
• sie muss nach dem Willen ihres Inhabers geheim bleiben und
• es muss ein berechtigtes (wirtschaftliches) Interesse an der Geheimhaltung bestehen.
Hinsichtlich der ersten drei genannten Voraussetzungen bestehen bei den im Vertrag enthaltenen Regelungen zur Vergütung keine Zweifel. Ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der weiteren Geheimhaltung ist ebenfalls zu bejahen.
Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig und spürbar zu beeinflussen. Daftir genügt die Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit von Wettbewerbern (vgl. Schoch, Kommentar zu§ 6 IFG, Rz. 54). Geschäftsgeheimnisse zielen auf den Schutz kaufmännischen Wissens; sie betreffen alle Konditionen, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens maßgeblich bestimmt werden können. Dies sind z. B. Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen etc. Um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis geht es bereits dann, wenn die offengelegte Information Rückschlüsse auf ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zulässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 c 2.09).
Nach zutreffender Ansicht der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Derirrger handelt es sich bei den Passagen zur Vergütung in § 3 des Vertrages um wettbewerbsrelevante Daten. Der Umfang der auf dem Vertrag beruhenden Tätigkeiten der Kanzlei ist aus dem Vertrag ersichtlich. Aufträge und Verträge dieser Art sind allgemein üblich, damit steht die Kanzlei im Wettbewerb mit anderen Kanzleien. Auch wenn der Vertrag schon einige Jahre alt ist, kann aus dem Bekanntwerden der damaligen Vergütung auf ein ggf. verändertes heutiges Preisniveau geschlossen werden. Es handelt sich um exklusives kaufmännisches Wissen. Ein Bekanntwerden unter Marktkonkurrenten ist geeignet, die Wettbewerbssituation der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer zu beeinträchtigen. Dies gilt sowohl für die Nennung der Gesamtvergütung für den Vertrag in§ 3 Absatz 1 und 3 als auch für die Nennung der Stundenvergütung in § 3 Absatz 2 des Vertrages. So könnte die Verhandlungsposition für künftige Verhandlungen über Entgelte und Vergütungen nachteilig beeinflusst werden oder die Kanzlei könnte bei künftigen Angebotsabgaben von Mitbewerbern unterboten werden. Eine Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit von Wettbewerbern wäre zu befürchten, so dass insgesamt von einer Wettbewerbsrelevanz der Information auszugehen ist. Die Kanzlei hat ein berechtigtes Interesse an der weiteren Geheimhaltung der in dem Vertrag enthaltenen Regelungen zur Vergütung. Das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses i. S. d. § 6 Satz 2 IFG ist somit gegeben.
Da kein Einverständnis zur Preisgabe der Information gegeben wurde, durften diese nicht veröffentlicht, sondern mussten geschwärzt werden. Insgesamt kann daher dem Widerspruch nicht abgeholfen werden. Weitere Gründe, die dem Widerspruch abhelfen könnten, sind nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Das Drittbeteiligungsverfahren nach§ 8 IFG wird im Übrigen fortgesetzt, der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer wird ein Abdruck dieses Wider.spruchsbescheides zugesandt.
Zu II. und III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 80 Absatz 1 VwVfG, 10 Absatz 3 IFG, § 1 Absatz 1 Informationsgebührenverordnung (IFGGebV) i. V. m. Nummer 5 der Anlage zur IFGGebV. Erhoben wird danach die gesetzlich vorgesehene Mindestgebühr für die Zurückweisung eines Widerspruches i. H. v. 30,00 Euro.
[Rechtsbehelfsbelehrung]
Mit freundlichen Grüßen