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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Virtuelle Rekonstruktion von Stasi-Unterlagen“
k te Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik iftwii 11/4-944 z-k' Hans Altendorf BUJ, 10106 Berlin Direktor 2 e740 . HAUSANSCHRIFT Karl-Liebknecht-Str. 31-33, 10178 Bein POSTANSCHRIFT 10106 Berlin Frau MinR'n INTERNET www.bstu.cle Dr. Susanne Olbertz TEL 030 2324-7111 -nachrichtlich- FAX 030 2324-7109 Beauftragter der Bundesregierung fin- E-MAIL altendorf@bstu.bund.de Kultur und Medien MEIN ZEICHEN GBR-015313/57 Graurheindorfer Str. 198 53117 Bonn • BETREFF Archivfachliche Stellungnahme zur Auswahl zerrissener Stasi-Unterlagen 'DATUM 21. 10. 2008 ANLAGEN 1 Sehr geehrte Frau Dr..Olbertz, wie in der 57. Beiratssitzung am 16. Oktober 2008 festgelekt, erhalten die Beiratsmitglieder der BStU die „Archivfachliche StellungnahMe zur Auswahl zerrissener Stasi-Unterlagen fir das Pilotverfahren zur virtuellen Rekonstruktion — Sackauswahl" der Projektgruppe Virtuelle Rekonstruktion bei der BStU. Zu Ihrer Information übermittle ich Ihnen in der Anlage diese Stellungnahme. Mit freundlichen Grüßen Hans Altendorf
I I Die sundesbeauftragte für di Unterlägen des Steotssicherheitsdienstes der ebeirnatigen Deutschen Demokratischen Republik Projektgruppe Virtuelle Rekonstruktion‘ zerrissener Stasi-Unterlagen (PG vReko) Berlin, den 13.10.2008 Archivfachliche • Stellungnahme zur Auswahl zerrissener Stasi-Un- terlagen für das Pilotverfahren zur virtuellen Rekonstruktion -Sackauswahl - 1. Zur Entivickluno der Methodendiskussion und Zielhierarchie für das PilotVerfahren Über Zielsetzung Lind Methodik dis Pilotverfahrené zur virtuellen Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen fanden bereits vor der Projektinitialisierung im Frühjahr 2007 intensive Dis- 'kussionen statt. Der BRH regte im Sommer 2006 eine repräsentative Auswahl der Säcke, in denen die zerrissenen Stasi-Unterlagen lagern; für das PilbtVerfahren in. 1 In Gesprächen Anfang 2007 schloss sich der BKM dieser Linie an. 2 Gleichzeitig legten BKM und BRH nachdrücklich dar, dass nur eine statistisch-Proportionale Zufallsauswahl der Säcke belastbare Ergebnisse für das PilotVerfahren verspreche. 3Ausgangspunkt für diese Überlegung und Erwartungshaltung war die Vorstellung, dass jede mit zerrissenen Unterla- -gen gefüllte Aufbewahrungseinheit (= Sack) die statistisch gleiche Chance haben müsse, in das • Pilotprojekt einbezogen zu werden, well nur dadurch ein repräsentatives Bild Vom Inhalt der Überlieferung entstehe, das Schlussfolgerungen auf den Inhalt der übrigen zerrissenen Unterlagen zulasse und eine an diesen Schlussfolgerungen orientierte verlässliche Planung •eines möglichen Produktivbetriebs•zur virtuellen Rekonstruktion mit mehreren tausend Sä- cken ermögliche. Die BStU mochte sich diesem dezidierten Votum von BRH und Biel zu- nächst nicht entziehen, um.den Projektstart nicht zu gefährden und die Voraussetzungen für eine spätere sachgerechte Auswertung des Pilotprojekts nicht vorzeitig zu belasten. Seit der Projektinitialisierung im Frühjahr 2007 erfolgten durch die Archivabteilung der BStU und die bei der BStU eingerichtete Projektgruppe Virtuelle Rekonstruktion (PG vReko) sorg- same und umfangreiche Analysen zur fachlichen Durchklärung der Tiefenstrukturen jener Überlieferungsstränge innerhalb des Stasi-Schriftgutes, für welche zerrissene Unterlagen erhalten und die demzufolge für des Pilötverfahren bzw, einen künftigen Produktivbetrieb zu berücksichtigeri sind. Die systematische, vergleichende Dumhmusterung dieser Überliefe- rungsstränge in quantitativer, qualitativer Lind archivtechnischer Hinsicht führte zu einer I Schreiben des BRH vorn 30.06.2006 an die BUS betr. VirtuelleRekonstruktion; Gz. IV2 - 102455. 2 Vermerk des BKM vom 20.02.2007 über eine Besprechung zwischen BRH, BKM und BStU am 14.02.2007 zur virtuellen Rekonstruktion; Gz.: K43 191 082 / 38. 3 Vermerk BStU vom 23.07.2007; Gz.: LtB - 134100.
21• Reihe neuer, für die Methodische Konzeption. des Pilotverfahrens sehr wesentlicher Erkennt- • nisse. Im Verlauf des fachlichen Klärungsprozesses wurde ferner deutlich, dass sich die ver- schiedenen gegenüber dem .Pilotverfahren formulierten Zielvorstellungen in verfahrenstech- nische und inhaltlich-auswertungsorientierte Erkenntnisinteressen ausdifferenzieren und dass auf beiden Zielebenen noch jeweils analytische und prognostische Aussagerichtungen zu unterscheiden sind. Es galt daher, die Unterschiedlichen Zielvorstellungen zu bündeln, um gemeinsame Zielschnittmengen zu definieren, Zielprioritäten festzulegen und mögliche Zielkonkurrenzen oder Zielindifferenzen zu diagnostizieren. Die aus dieser Durchklärung generierte Zielhierarchie führte gleichfalls zu einer Neubewertung der zunächst akzeptierten Methoden für die Auswahl und Evaluierung des im Pitotverfahren zu rekonstruierenden Ma- terials.' • Parallel zur eigenen fachlichen liùrchklärung erreichten die BStU Wichtige externe Hinweise zur Konzeption des Pilotverfahrens und des möglichen Pröduktivbetriebs. So sprach sich mit der Nestor der bundesrepublikanischen DDR-Forschung dezidiert für die virtuelle Rekonstruktion• zerrissener Stasi-Unterlagen aus und betonte den unschätzbaren Wert der bereits zusammengesetzten Unterlagen für die historische Forschung. 5 Eine interdisziplinäre Fachtagung an der Universität Frankfurt/Oder; deren Referate 2007 veröf- fentlicht wurden, kam übereinstimmend zu dem gleichen Ergebniä? Namhafte Experten der \r - 14f CI` politisch-historischen Aufarbeitung bestätigten somit, was BStU-intern durch Erfahrungen der 7-7-›- Abteilung für Bildung und Forschung und derAuskunftsabteilung mehrfach festgestellt or- : den .war, 7so dass die für das Pilotverfahreri zunächst vorgesehene detaillierte Nachweisfüh- rung über den »Nutzen" rekonstruierter Unterlagen für die politisch-historische Aufarbeitung neu als Zielpriorität zu überdenken war. • - Dagegen war im Rahmen der fachlichen iielpriorisierung großes Gewicht auf den inhaltli- chen Eigenwert des Pilotverfahrens zu iegen:den projektauftraggeberseitig bereits der • Entschließungsantrag der CDU-Fraktion -Volt 21.09.2004 betont hätte: »Seit Anfang Mai 2004 gibt es den Vorschlag eines Pilotprojekts Zur Rekonstruktion von 400 Säcken zerrisse- nen Materials. [...) Das•Pilotprojekt würde auch ohne Fortsetzung Sinn machen: Das bishe- rige manuelle PuZzle-Verfahren 1;at in acht Jahren die Rekonstruktioti von nur 250 Säcken erbracht. IA Die manuell zusammengesetzten Unterlagen haben zu wichtigen Erkenntnis- sen über 970 registrierte personenbezogene Vorgänge von Täterniund Opfern geführt, ebenso zu weiteren interessanteni sachbezogenen Erkenntnissen [...]" "( 3T-Dr. 15/ 3718). Aus diesen Intentionen, mit denen die Projektinitialisierung begründet wurde, ergab sich, dass es wichtig ist, die methodische Durchführung und Ausrichtung des Pilotverfahrens so zu planen, dass inhaltliche Zielkonkurrenzen zu den Prioritäten oder historisch-politischen Aufarbei- tung vermieden werden können. 4 Kongeption der BStU zur archivfachlichen, ntrizerodentierten undwiisenschaftlich-historischen Bewettung der im Zuge des •Pilotprojektes . , . .von 400 Seken wiederhergestellten MlS4Interlagen —. Bewertungskonzeption 7 van 07.12.2007; ohne 9 z. ; Stellüngnahmei von - . • • Mnnheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung, elm vernuteten •historitchen Wert vorvernichteter Stas ne ge , . 8.2006; ohne az. • °Vgl. bspw. Gisélher Spitzer:- Überligungen zum Quellenweit ;,vorvemichteter'' Stasi-Unterlagen für die politisch-historische Aufarbeitung, itv. Johannes Weberling; Giselher Spitzer (Hgg.):.VirtuelleRekonstruktion Norvernichteter Stasi-Unterlagen. Technologische Machbarkelt und Finanzierbarkeit -Folgerungen für VVisserischaft, Kriminaftechnilt und Publizistik, Berlin 2006, 22007 (Schriftenreihe des Berliner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR; Bd. 21), S. 56-94. • • . - . . 7Vgl. bspw. atellungnahMen der Abt. BF der Sell zur Rekonstruktion vorvemichteter Unterlagen vom 15.09.2003 und vom 13.12.2005; jeweils ohne az,
3 In verfahrenstechnischer Hinsicht betonte das Fraunhofer IPK seit Anfang dieses Jahres aufgrund eingehender Erfahrungen, die bei der Digitalisierung einer ersten vertraglich ver- . einbarten Menge an Schnipseln -bis zip.Abnahme des sogenannten 2: Meilensteins des For- schungsauftrags (Ende 2007) gewonnen werden konnten, dass es aus technisch-maschi- pelf& Sicht wesentlich darauf ankomme , .SchniPsel, die im Datenspeicher als nicht pass- bzw. zuordnungsfähig verbleiben; sowie besonders kleine Schnipsel, deren manuelle Zu- . sammensetzung nicht gelungen sei, auf ihre weitere Rekonstruktionsfähigkeit hin zu tea- «ten. In beiden Testfällen komme es darauf an, zerrissene Materialien gezielt aus einer Pro- venienz abarbeiten zu können. Diese Erkenntnisse erläuterte das Fraunhofer IPK ausführlich auf einer gemeinsamen Sitzung des Wissenschaftlichen Beratungsgremiums der BStU mit dem Gesprächskreis Archiv. am 26.05.2008 und betonte, dass es Aufgabe des Pilotverfah- rens sein müsse, solche Potenziale bewusst auszutesten und nicht etwa brach liegen zu lassen als Folge einer dann letztlich unzweckmäßigen Projektkonzeption. Der Präsident des Bundesarchivs äußerte Sich im Sommer 2006 zuyerfahrensweisen und Ertragschancen der virtuellen Rekonstruktion im Allgeméined sowie Anfang 2008 im Besonderen zur Bewertungskonzeption der BStU für die Evaluation der im Pilotverfahren zu • rekonstruierenden Unterlagen. 9:Er betonte in beiden Papieren die Notwendigkeit der kontextbasierten Rekonstruktion und empfahl daher die gezielte Rekonstruktion be- stimmter Provenienzen, wobei auadrücklich auf die Überlieferung der HV A als besonders dringlich zu bearbeitende Überlieferungsschicht ' hingäwiesen wurde. 19Als wichtige Bedin- gung für die fachlich-systematisch gestäuerte Rekonstruktion definierte der Präsident den : Abschluss oder hinreichenden Fortschritt der Erschließung des intakten Überlieferungian- tells jener Stasi-Teilbestände, aus denen zerrissene Unterlagen vorliegen, da andernfalls der durch die Rekonstruktion erzielte Aufwuchs oder Lückenschluss weder prognostizier- noch diagnostizierbar sei. Außerdem empfahl der Präsident, die Bewertungskonzeption stark zu vereinfachen, da die kékonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen als komplexe, nicht güanti- fizierbare • Handlungsalternative ebenso wenig mathematisch skalierbar sei wie das histo- risch-wissenschaftliche und gesellschaftlich-politische Outcome der Rekonstruktion. Der , Präsident empfahl daher, die inhaltliche Evaluationdes Rekonstruktionsergebnisses auf den Maßstab archivfachlicher Aufwuchskriterien zu reduzieren resp. zu konzentrieren. Diese Empfehlungen . entsprachen dem Erkenntnis- und Konzeptionsstand, den die BStU parallel im Rahmen der internen fachlichen Tiefenanalyse der Stasi-Überlieferung und der Zielhierarchisierung für das Pilotverfahren generiert hafte. kônsfruktiven der rifilndesarchivs konnte die BStU dahersofort in ihre eigenen fachlichen Überlegun- gen zur methodischen Konzeptiondee Pilotverfahrens integriören. Nachdem der BKM im Mai 2008 die beim Bundesarchiv eingeholte Stellungnahme der BStU zugesandt und angeregt hatte, die Bewertungskonzeption für das Pilotverfahren im Hinblick auf die Anmerkungen des 8 Stellungnahme des Präsidenten des Bundesarchivs für den BKM vom 09.06.2006 zur IT- gestützten Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen; ohne Gz.; der BStU vom BKM zugeleitet am 09.08.2006. • Hierin legte der Präsident da. dar: , filech wie vor stehe ich zur Empfehlung meiner Stellungnahme vom 9. Juni 2006, die Effektivität des Verfahrens dutch Auswahl des 21.1 rekenstrulerendén Materials in Abhängigkeit von den Oberlieferungslücken zu steigern. Nachdem der Inhalt der Säcke ,in Listenform nachweisbar' ist (Tätigkeitsbericht 1993, S. 38), müssten Provenienzen feststellbar sein. Damit könnten im Rahmen eines Fächkonzepts bestimmte Provenienzen mit Überlieferungslücken gezielt • durch die Rekonstruktion ergänzt werden."— Vgl. Stellungnahme des Präsidenten des Bundesarchivs für den BKM vom 11.01.2008 zur Konzeption der BStU vom 07.12.2007 zur archivfachlichen, nutzerorientierten und wissenschaftlich-historischen Bewertung der im Zuge des Pilotprojektes•von 400 Säcken virtuell wiederhergestellten MfS-Unterlagen; ohne Gz. 10 Vgl. Stellungnihme des Präsidenten des Bundesarchivs vom 09.06.2006, S. 7: ,,So wäre aus besonders sensiblen Bereichen wie dem Auslandsnachrichtendienst Sachaktehüberlieferung mit eher unikalem Charakter zu erwarten
4 Bundesarchivs noch einmal zu überprüfen," informierte der Direktor bei der BStU den BKM mit Schreiben vom 11.06.2008 über den mittlerweile erarbeiteten Erkenntnis- und Konzepti- onsstand. Der Direktor teilte in diesem Schreiben mit, dass statt der ursprünglich anvisierten statistisch-proportionalen Zufallsauswahl nunmehr eine Sackauswahl nach archivfaChlichen Kriterien erfolgen und dabei konsequent auf die vèrfahrenstechniSche Vergleichbarkeit von manueller und virtueller Rekonätruktion 'geachtet werden soll. Daher sollen im Pilotverfahren Provenienzen und SChriftgutketegorien berücksichtigt werden, die einen direkten Vergleich mit dem manuellen RekonstruktiOnsverfahren und -ergebnis erlauben. Außerdem solle ge- zielt erprobt werden, ob die virtuelle Rekonstruktion neben der angestrebten Verfahrensbe- schleunigung (Ind Aufwandsreduktion die Wiederherstellung 'hochgradig zerstörter Unter- , lagen ermögliche, die im Wege der manuellen Rekonstruktion bisher nicht gelungen sei. Schließlich solle die Bewertungskonzeption überarbeitet und dabei geprüft werden, ob eine vorwiegend anhand archivfachlicher Kriterien durchzuführende Evaluation ausreichend sei. 12 Einem Angebot des Direktors der BStU entsprechend wurden die Erkenntnisse der BStU zur Notwendigkeit einer geänderten Methodik der Sackauswahl dem BKM am 22.07.2008 münd- lich erläutert. Dieser Besprechung wohnte auch der Präsident des Bundesarchivs bei. Der 'Präsident relativierte seine noch Anfang 2008 für das Pilotverfahren bekräftigte Position zur fachlich-systematischen Materialauswahl ünd plädierte für eine feLctm, ohne. den da- durch entstehenden argumentativen Widerspruch aufzulösen, der sich aus der kategorialen Differenz beider Auswahloptionen (statistisch-propärtional vs. fachlich-systematisch) ergibt. Das Prüfungsamt des Bundes Magdeburg, das im Auftrag des BRH das Pilotverfahren seit 2007 begleitend prüft und über den Termin ebenfalls informiert war, erschien zu dieser Be- sprechung niCht, ließ aber nach Mitteilung des BKM ausrichten, dass es an der Forderung •nach statistisch-proportionaler Zufallsauswahl der Säcke festhalte, Zwar hatte das Prüfungs- amt der BStU mit Prüfungsmitteilung vom 18.06.2008 empfohlen, „ das virtuell zu rekonstruie- rende Material aùs 400 Säcken auch in Abhängigkeit und im Vergleich zu den Herkünften und Oberlieferungsumfängen bewerten". Doch • scheint sich auch das Prüfungsamt über die Konsequenzen seiner Empfehlung nicht recht im Klaren gewesen zu sein, Wenn es gleichzeitig an der statistisch-proportionalen Zufallsauswahl festhalten will. Auch hier wird aus Sicht der 13StÜ die kategoriale Differenz zwischen beiden Auswahloptionen verkannt und folglich ein argumentativer Widerspruch kreiert. Widersprüchlich ist daher auch die Prü- fungsrnitteilung vom 18.06.2008, die . einerseits die zitierte Empfehlung enthält, an anderer Stelle jedoch welter die statistisch-proportionale Zufallsauswähl voraussetzt und dort sogar weitergehende, detaillierte Anforderungen entwickelt, die so allenfalls von fachlicher Seite oder durch den Projektauftraggeber zu erwarten wären." Eine Übereinstimmung konnte bel der Besprechung zwischen BKM, 13Stli und Bundesarchiv daher vorläufig nur dahingehend erzielt werden, dass die zerrissenen Unterlagen der Stasi- Auslandsspionage (HV A), ca. 90 Säcke, gezielt vollständig rekonstruiert werden sollen. Im Hinblick auf die übrigen im Pilotverfahren zu verarbeitenden - 310 Säcke blieben Auswahl und Auswahloption offen. 11 Schreiben des BKM an die BStU zur virtuellen Rekonstruktion (Bewertungskonzeption und allgemeiner Projektverlauf) vom 05.05.2008; Gz.: K 13 - 006 100 BStU/6. 12 Antwortschreiben der BStU an das BKM zur virtuellen Rekonstruktion (Bewertungskonzeption und allgeMeiner Projektverlauf) vom 11.06.2008; Gz.: PLB/PG vReko - 134100. 13 Mitteilung des Prüfungsamtes des Bundes Magdeburg an die BStU über die Prüfung der virtuellen Rekonstruktion vom 18.06.2008; Gz.: 37120-2007-0630 (Teil I), hier insbes. S. 6und S. 30 ff.
5 Der BRH wurde in einer gesondirten Besprechung am 28.08.2008 mit der BStU über die geänderte Konzeption zur Sackauswahl informiert. Hierzu wurde dem BRH vorab eine aus- führliche Stellungnahme der Projektgruppe vReko zugeleitet. 14 Während der Besprechung mochte der BRH nicht von seiner Ursprungsforderung nach statistisch-proportionaler Zu- fallsauswahl abrücken, signalisierte jedoch Gesprächsbereitschaft für ein überarbeitetes Auswahlkonzept. Übereinstimmung konnte mit dem BRH darin erzielt werden, dass "es Sa- che des Projektauftraggebers (Deutscher Bundestag) sein müsse,. die erforderlichen strate- gischen und konzeptionellen Änderungsentscheidungen zur Säckauswahl zu treffen. Der BRH. legte dar, dass er deshalb auch zunächst an der statistisch-proportionalen Zufallsaus- wahl festhalte, da diese Auswahloption niaßgeblidh für die entscheidungsrelevante Be- sphreibung des Projektvorhabens gewesen sei und insofern Grundlage für die Freigabe resp. Entsperrung der Haùshaltsmittel in 2007 zur Projektinitialisierung gewesen sei. Eine Ände- rung der Auswahloption sei nach Meinung des BRH nur zulässig, wenn darüber der Projekt- auftraggeber (Deutscher Bundestag) entsprechend verständigt worden sei und,seine Zu- stimmung hierzu erteilt habe. in Verfolgung des Besprechungsergebnisses arbeitet die Projektgruppe vReko derzeit an einem Konzept zur fachlich-systematischen Auswahl zerrissener Stasi-Unterlagen, das dem BRH als Kompromissvorsdhlag zugeleitet werden soll. 2. Fachliche Einschätzuhp der ätatistisch-proportionalen Zufallsauswahl Im Lichte der seit der Projektinitialisierung sowohl von interner wie von externer Seite gene- rierten Erkenntnisse muss die Forderung einer statistisch-proportionalen . Zufallsaiswahl aus archivfachlicher Sicht als methodisch überholt beurteilt werden. Nachfolgend werden die wichtigsten Aspekte erläutert, die aus archivfachlicher Sicht zur Aufgabe der statistisch-pro- portionalen Zufallsauswahl drängen: 2.1 Zur Definition der Grundqesamtheit für die Zufallsauswahl Die Forderung der statistischiproportionalen Zufallsauswahl von Säcken setzt die Gesamt- • zahl der aktuell vorhandenen Säcke mit zerrissenen Unterlagen als Grundgesamtheit voraus. Die Gesamtzahl vorhandener Säcke mit zerrissenen Unterlagen verkörpert jedoch keine in • sich abgeschlossene Überlieferung, die sinnvollerweise für sich betrachtet werden könnte. Vielmehr stellen die zerrissenen Unterlagen nur jeweils verschiedene Teilmengen aus einer Vielzahl von (ansonsten intakten) Überlieferungen unterschiedlichster Stasi-Dienstäinheiten dar (= sog. Teilbestände des Gesamtbestands.;,Ministerium für Staatssicherheit" (MfS]; der Gesamtbestand selbst ist archivfachlich als sog. Zusammengefasster Bestand anzuspre- chen, da er auch die Rechts- und Funktionsvorgänger bzw. Rechts und .Funktionsnachfolger des MfS einschließt, die aufgrund jeweils kurzer Lebensdauer archivfachlich als sog. Uner- , hebliche Provenienz in den Gesamtbestand integriert sind u ). Grundgesamtheiten können daher jeweils- nur die einzelnen Teilbestände sein, für die zerris- sene Unterlagen nachweisbar sind. Die isolierte Definition nur einer Grundgesamtheit „Gesamtzahl Säcke", wie sie der Forderung nach statistisch-proportionaler Zu- fallsauswahl zu Grunde liegt, wäre dagegen inhaltäleer. Sie würde die für des Pilotprojekt konstitutiven Fragestellungen verfehlen (aus denen eich die Konstruktion der Grundgesamt- 14 Vermeil< zum Verfahren zur Auswahl zerrissener Unterlagen für das Pilotprojekt vReko vom 26.08.2008; Gz.: PG vReko. 15 §§ 21, 29, 54, 56 OVG (= Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive der DDR, Potsdam 1964, S. 20, 23, 32 f.).
6 heit jedoch ableiten muss) und könnte deshalb notwendig nicht zu den vom Pilotprojekt ge- forderten Erkenntnissen führen. 2.2 Zur Definition dei-Erhebunqseinheiten für die Zufallsauswahl 'Die Forderung der statistisch-proportionalen Zufallsauswahl setzt das einielne, temporare Behältnis (Sack), in dem sich zerrissene Unterlagen befinden, als Erhebungseinheit voraus. Das Projekt soli jedoch in die inhaltliche Auswertung dessen münden, was durch die Rekon- struktion entsteht. Aus der Rekonstruktion entstehen nicht Säcke, sondern Akten. Ver- •gleichsgröße mit den jeweils konstitutiven Elementen, die in der Summe eine erkennbare Grenze der zu vergleichenden Einheit repräsentieren, kann daher nur die Akte sein, die durch die Rekonstruktion zusammengesetzt wird. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dasi die rekonstruierten (resp. z0 rekonstruierenden) Akten eines Teilbestandes nicht isoliert und auch nicht nur untereinander, sondern ebenso in ihrem Verhältnis zu den intakt überlieferten Akten des jeweiligen Teilbestandes bewertet werden müssen, deren Informationswert sich unter dem Zuwachs aus der Rekonstruktion gleichfalls verändert ( sogenannter Aufwuchsef fekt). Schließlich werden aus der Rekonstruktion.vielfach Teile zu bereits bestehenden (in- takten) Einzelakten wiedergewonnen, so dass der .Aufwuchseffekt, d. h. die Veränderung des Informationswertes auch auf der Ebene der Binnenstruktur einzélner Akten skalierbar sein muss. Mit Blick auf die inhaltlichen Auswertungsziele dei Pilotprojekts kann daher nur die rekon, struierte Akte als Erhebungseinheit definiert werden, für welche die au.swertungsrelevariten .Erhébungsmerkmale bestimmt werden müssen. Keinesfalls können hingegen Säcke mit Akten verglichen oder inhaltliche AuswertÜngen ganz auf eine vom Zufall gestaltete, tempo- räre Umgebung gestützt werden, die nur aus Behältnissen besteht, in denen zerrissene Ak- ten (noch) verteilt lagern und aus der keinerlei Anhaltspunkte zum intrinsischen Wert rekon- struierter Akten zu gewinnen sind. Ein solches Beobachtungsschema würde Wiederum die für das Pilotprojekt konstitutiven Fragestellungän verfehlen (aus denen sich jedoch auch die Wahl des geeigneten Beobachtungsschemas ableiten muss): Da Akten oder Aktenteile zudem über mehrere Behältnisse verteilt lagern können, würde mit einer (inkorrekten) Fokussierung atif Säcke als Erhebungseinheiten noch ein künstliches Hindernis im Rekonstruktionsprozess errichtet werden: Es wäre dann nicht möglich, sys- tematisch an der Zusammensetzung von zerrissenen Akten zu arbeiten, deren Be- standteile sich in mehreren Säcken befinden können. Das Archly Wäre - entgegen ei- gener fachlicher Absicht und wider besseres Erfahrungswissen - gezwungen, an der unstrukturierten; nur vom Zufall diktierten Zusammensetzung von Teilmaterialien Zu arbeiten, für die von vornherein keine belastbaren Aussagen zum inhaltlichen Ertrag möglich sind, da es sich nur Um Teilrekonstruktionen handelt Ein solches, auf einer fehlerhaften Definition der Erhebungseinheitén beruhendes Verfahren, stünde im Gegensatz zum Projektauftrag. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Behältnisse (Säcke), in denen die zerrissenen Stasi- Unterlagen lagern, lediglich magazintechnische Größen darstellen, deren Zahl und Umfang schon aus Gründen der Bestandserhaltung Schwankungen untèrliegen. Die Vorstellung ei- ner dauerhaft stabilen Anzahl an Behältnissen mit inhaltlich statisch-abgeschlossenem Um- 'fang, auf der der Ansatz einer statistisch-proportionalen Zufallsauswahl fußt, muss aus ar- chivtechnischer Sicht illusorische Qualität zugesprochen werden.
7 Weiterhin ist zu berücksidhtigen, dass statistische Stichprobenverfahren zur Bewertung von potenziellem Archivgut nach internationalem Fachkonseris nur für massenhaft gleichförmig überlieferte Akten (Fallakten) zulässig sind, da nur diese eine hinrei-" chende Merkmalsähnlichkeit aufweisen und somit vergleichbare . Bezugsgrößen dar- stellen, für die ein Set von inhaltlich aussagekräftigen Erhebungsmerkmalen festgelegt wer- den kann." Diese besondere Voraussetzung trifft für die zu rekonstruierenden Unterlagen nicht zu und kann umso weniger unterstellt werden, je stärker die inhaltliche bzw. prove- nienzmäßige Auswahlspreizung gestaltet wird (die Forderung nach statistisch-proportionaler Zufallsauswahl stellt die stärkste überhaupt Mögliche Auswahlspreizung dar, so dass eine statistisch belastbare Stichprobenauswertung von yornherein .methodisch ausscheidet). 2.3 Zu den Kriterien Vergleichbarkeit und Repräsentativität bei einer Zufallsauswahl Aus dem bisher Dargelegten ergibt sich, dass die Forderung nach statistisch-proportionaler Zufallsauswahl weder dem bisherigen archiVfachlichen Verfahren der Auswahl und Bearbei- tung entspricht, noch der Methodik entsprechen Würde, die in einem Produktivbetrieb anzu- wenden wäre :Die Zufallsiuswahl würde deshalb weder einen direkten Vergleich zum bisherigen Verfahren der" manuellen Rekonstruktion ermöglichen, noch besäße sie Modellcharakter für den möglichen Produktivbetrieb. Verfahrenstechnische Aufgabe des Pilotprojekts ist es, unter Einsatz geeigneter n-Lösungen und zu vertretbaren Kosten die Beschleunigung der Rekonstruktion zu erproben und dabei belästbare Aussagen zu Verfahren und Kosten eines möglichen Produktivbetriebs zu ermit- teln (BT-Dr. 14/4885; BT-Dr. 15/3718), Die Vorgabe, die Rekonstruktion zu beschleuni- gen, fördert incidenter voile Vergleichbarkeit-des im Pilotprojekt zu etablierenden Re- konstruktionsprozesses mit dem bisherigen-Verfahren dir manuellen Rekonstruktion sowie Identität der. Produktgüte in beiden Bearbeitungsverfahren (manuelle Rekon- struktion, Pilotbetrieb zur virtuellen Rekonstruktion). Deshalb müssen sowohl die Me- thode der Materialauswahl und Materialverarbeitung als auch die Art des verarbeiteten Mate- rials in beiden Verfahren (manuelle Rekonstruktion, Pilotbetrieb zur Virtuellen Rekonstruk- tion) einander entsprechen. Nur in einèr unter diesen Voraussetzungen gestalteten Testum- gebung kann der zu untersuchende Beschleunigungseffekt korrekt gemessen und mit der gebotenen Transparenz abgebildet werden. Gleichzeitig setzt die Vorgabe, belastbare Aussagen zu Verfahren 'Lind Kosten eines möglichen Prodüktivbetriebs zù geWinnen, zwingend voraus, dass die im Pilotprojekt etablierte Vorgehensweise Modellcharakter für den möglichen Produktivbetrieb be- sitzt. Andernfalls wäre es nicht möglich, Kenniahlen, Methoden, Prozess-Schritte und Stra- tegien zu entwickeln, die für den möglichen Produktivbetrieb Bestand haben und insoweit tragfähige Kostenprognosen und gegründete fachlich-organisatorische Rahmenplanungen erlauben. Mit einer statistisch-proportionalen Zufallsauswahl würde dagegen ein Verfahren etabliert, das dem beschriebenen Projektauftrag zuwiderläuft. la Theodore Schellenberg: The Appraisal of Modem Public Records [1956]; dt.: Die Bewertung modernen Verwal- tungsschriftguts, übers. und hg. von Angelika Menne-Haritz, Marburg (Lahn) 1990 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Institut für Archivwissenschaft; Bd. 17); Matthias Buchholz: Überlieferungsbildung bei massenhaft gleichförmigen Einzelfallakten im Spannungsverhältnis von Bewertungsdiskussion, Repräsentativität und Nutzungsperspektive. Eine Fallstudie am Beispiel von Sozialhilfeakten der oberbergischen Gemeinde Lindlar, Köln 2001 (Archivhefte des Landschaftsverbands Rheinland; Bd. 35),
8 Zu berücksichtigen ist ferner, dass aus einer nach lnhaltlichen Kriterien (Provenienzen) be- messenen Zufallsauswahl keineswegs eine möglichst breite verfahrenstechnische Bearbei- tungspalette an unterschiedlichen Papiersorten und Schnipselgrößen resultiert, Zwischen der Art einer Diensteinheit (Provenienz) und der von ihr generierten •Aufzeichnungen einerseits und verwendeten Papiersorten oder Schnipselgrößen andererseits besteht kein logischer Konnex. Sollen Schnipselgrößen, deren Bearbeitung das IT- System an Performanz- grenzen führen könnte, in den Pilotprozess eingeführt werden, kommt es gerade auf' eine gezielte Materialaùswahl an. Im Rahmen der fachlich-systematischen Auswahl erfolgt gezielt auch Zugriff auf Materialien hoher Schadensklassen, um das System bewusst einem „Härtetest" zu unterziehen und weil nach den Erfahrungen der manuellen Rekonstruktion für höchste Schadensklassen nur die Aussicht auf computergesteuerte Zusammensetzung er- folgversprechend erscheint. Das Pilotprojekt soll daher neben der quantitativen ipöh um eine qtialitative Vergleichsebene angereichert werden. (Umgekehrt wäre es nutzlos, per Zufallsziehung dem IT- System ggf. Materialien niedriger Schadensklassen zuzuführen, deren Rekonstruktion auf manuellem • Wäge effektiver und zügiger gelingt und das demzufolge auch gar nicht für den virtuellen Rekonstruktionsprozess vorgesehen ist. Es muss nicht erprobt werden, was gar nicht ange- wandt werden soll.) 2..4 Zu den Kriterien Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei einer Zufallsauswahl - Die statistisch-proportionale ZufallsauSwahl verursacht absehbar den größtmöglichen Ver- waltungsaufwand, da sämtliche Arbeiten extrem disloziert würden (gleichzeitige Beteiligung aller Dienststellen der BStU) und durch die maximale inhaltliche Spreizung in zeitlichen Ab- standsminima der Erwerb von Kompetenz- und/oder Erfahrungswissen zur Erschließung von *. Teilmaterialien unterschiedlichster Teilbestände erforderlich wäre. Diese extreme Auf- wandssteigerung würde, wie oben bereits dargelegt (Punkt 2.2), mit der Erwartung eines • Ertragsminimums korrelieren, da für rekonstruierte Teilmaterialien grundsätzlich keine be:- lastbaren inhaltlichen Aussagen erwartet werden können: Aus diesen Gründen Scheint die , statistisch-proportionale ZufallsiuS'wahl mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Spar- samkeit nicht vereinbar. Sie stünde im Widerspruch zum Projektauftrag, die Béschleunigung der Rekonstruktion zu vertretbaren Kosten zu erproben. 2.5 Zielkonkurrenzen zur historisch-politischen Aufarbeitung bei einer Zufallsauswahl Unelaängig vom Pilotcharakter misst der Deutsche Bundestag als Projektauftraggeber der virtuellen Rekonstruktion von 400 Säcken mit zerrissenen Unterlagen einen Figpnvde für die Aufarbeitung der Stasi-Überlieferung bei. Die im Pilotverfahren zu bearbeitende Menge ent- spricht in etwa dem Gesamtumfang an Schriftgut, das seit 1995 im Rahmén der manuellen - Rekonstruktion zugänglich gemacht werden konnte. Deshalb eröffnet auch und bereits die im Pilotverfahren zu bearbeitende Rekonstruktionsmenge Aussicht auf nennenswerten Zu- Wachs an bisher verloren geglaubtenrUnterlagen (siehe oben Punkt 1). Die Auswahl der Zerrissenen Unterlägen für die Rekonstruktion richtete sich bisher vorrangig auch nach dem Gesichtspunkt, in welchen Bereichen und Schichten der Überlieferung noch Unterlagen erwartet werden können, aus denen Betroffene oder Dritte dringend benötigte Gewissheit über Bespitzelung, Drangsalierung, Schädigung oder gar Terrorisierung durch die Stasi erhalten und Ansprüche auf Rehabilitierung oder Wiedergutmachung formulieren
9 können. Bel einer statistisch-proportionalen Zufällsauswahl müsste dieser Gesichtspunkt zurücktreten, Gleichzeitig begründet sich aus den Zielprioritäten der politisch-histori- schen Aufarbeitung immanent der Auftrag zur Beschleunigung der Rekonstruktion und repräsentiert insofern das Oberziel aller Erwartungen, die der Deutsche Bundestag als Auftraggeber an das Piloterfahren richtet. Diese Erwartungen kann indesSen nur ein fach- liCh-systernatisches Auswahlkonzept bewusst aufgreifen und integrieren. (3) Fachliche Empfehlung zUr Sackauswahl für die virtuelle Rekonstruktion •Urn die Zielvorgaben des Pilotprojekts erfüllen zu können, kann aus fachlicher Sicht im. •Lichte der inzwischen generierten Erkenntnisse nur der archivfachlich-systematisch fun- dierte Ansatz zur provenienzieinen Materialauswahl als zweckmäßig empfohlen werden. Dabei sollte aus fachlichér Sicht möglichste Konzentration auf wenige Teilbestände (Stasi-Diensteinheiten) angestrebt werden, da aufgrund der oben beschriebenén Abhän- gigkeitén die Erwartung belastbärer inhaltlicher Aussagen mit jeder, Spreizung der Auswahl über Provenienzen sinkt. 3.1 Empfehlung gemäß Fachposition (Systematische Beatbeitunq nach Fachkonzept) Die bisher - und auch künftig - alshochorioritär für die Rekonstruktion eingestuften Bearbei- tungsportionen beziehän sich auf Materialien der Linie HV A / Linie )(V (Stasi-Auslandsspio- nage) sowie der HauptabteilUng )0( (Staatsapparat, Kirche, Kultur, Bildung, politische Oppo- sition, Sport). Daher wird für das Pilotverfahren zunächst die alleinige Konzentration auf die BearbeitUng dér Unterlagen der Stasi-Auslandsspionage einerseits sowie der Stasi- Hauptabteilung XX andererseits'empfohlen. - Die Gründe für diese fachliche Priorisierung seien kurz skizziert: - Stasi-Auslandsspionage: Die Unterlagen zur Auslandsspionage des DDR-Staatssicher- heitsdiênstes Sind fast vollständig' verloren," da sich dieser Bereich,1990 selbst auflösen durfte und dabei nahezu alle seine Akten vernichtete. Aus den' korrespondierenden Abteilun- gen in den Stasi-Bezirksverwaltungen (BV - Abt. XV) sind jedoch !loch zerrissene Unterlagen vorhanden, darunter bspw. aus der BV Leipzig mit Zuständigkeit für den Messebetrieb sowie der BV Magdeburg mit Zuständigkeit für einen längeren Abschnitt der innerdeutschen • Grenze. Einige Unterlagen konnten bereits manuell zusammengesetzt werden, (loch bleiben aktuell noch zerrissene Materialien im Umfang von knapp 90 Säcken zu rekonètruieren. Die manuelle Rekonstruktion an diesen Unterlagen müsste mittlerweile eingestellt werden, da sich die Bearbeitung per Hand aufgrund des Zerstörungsgrades als zu schwierig erwiesen • hat. di-coßerAces t ter&( e t, oft..Lc" -Stasi-Hauptabteilung )0(Für den Bereich der HA Xx mit ihrer:außerordentlich breiten Zu- 'ständigkeit ist ungewöhnlich viel zerrissenes Material vorhanden, dessen Erschließung und Nutzbarmachung reichen Aufschluss über die innere Repressiôn in wichtigen gesellschaftli-. chen Bereichen der ehemaligen DDR zu gewähren verspricht. Gerade hier sind noch viéle Opferakten Zu vermuten, aus denen Betroffene und Dritte dringend benötigte Gewissheit über Bespitzelung, Drangsalierung, Schädigung oder garTerrorisierung durch die Stasi im Bereich der Kirchen, der Kultur, der Schule, Hochschule und Bildung, des Sportes, innerhalb des Staatsapparates sowie bei politischer Betätigung finden können. Die für den Teilbestand nächgewlesene intakte Überlieferung beträgt ca. 1.100 Wm. Dieser standen ursprünglich knapp 1.200 Säcke zerrissener Unterlagen gegenüber, von denen in-