Guten Tag Frau Hirtz,
bitte entschuldigen Sie, dass unsere Antwort aufgrund von krankheitsbedingter Abwesenheit erst so spät erfolgt.
Zu Ihrer Anfrage kann ich Ihnen mitteilen, dass uns in Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplans für das Linslerfeld in Überherrn kein neues Wassergutachten bekannt ist, das mit aktuelleren Zahlen als 1995 arbeitet. Ansprechpartner für das Bauleitplanverfahren und damit auch eventuell noch erforderliche Gutachten ist aber die Gemeinde Überherrn als verfahrensführende Behörde.
Ich vermute allerdings, dass sich Ihre Frage auf die viel diskutierte Erforderlichkeit einer Neuberechnung der Grundwasserneubildungsdaten im Rahmen des Verfahrens bezieht. Hierzu kann ich Ihnen mitteilen, dass eine abschließende Berechnung der Grundwasserneubildung noch nicht abgeschlossen ist. Denn die Grundwasserneubildung lässt sich leider nicht messen, sondern kann nur unter Zuhilfenahme einer Reihe von z.T. sehr weitgehenden Vereinfachungen näherungsweise berechnet werden. Hierfür existiert eine Reihe von methodisch verschiedenen Verfahren, die auch jeweils zu völlig verschiedenen Ergebnissen führen können. Hier sind grundsätzlich Abweichungen bis zum Faktor 2 oder darüber möglich.
Die Festlegung der Grundwasserneubildung im Rahmen des Ökologischen Wasserversorgungskonzeptes für das Saarland im Jahre 1995 wurde durch das damalige LfU (heute LUA) und das damalige Geologische Landesamt fachlich begleitet. Außerdem wird die Höhe des Wertes durch weitere Arbeiten in der Region bestätigt: Mit den Arbeiten von Prof. Einsele aus Tübingen, der in den sechziger Jahren die Grundwasserneubildung unter Anderem auch für das Gebiet der Bist mit 281 mm ermittelt hat, und den Ergebnissen der ANTEA-Studie für die Flutung der Gruben im Warndt, die bei ihren Berechnungen für den Zeitraum 1983 – 1999 auf eine mittlere Grundwasserneubildung von 287 mm kommt. Emmanuel Gille von der Universität Pierre et Marie Curie in Paris hat 1981 die Größenordnung der Grundwasserneubildung für das Buntsandsteingebiet für die Jahre 1975 - 80 mit 264 mm ermittelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nach den Daten des DWD im Saarland bei der Dekade 1971 – 1980 mit einem mittleren Niederschlag von 860 mm um die zweittrockenste der letzten 100 Jahre gehandelt hat. Die trockenste Dekade 2011 – 2020 war mit 856 mm mittlerem Niederschlag nur unwesentlich trockener.
Das Saarland arbeitet zwar nun seit einigen Jahren im KLIWA-Verbund mit, innerhalb dessen derartige Berechnungen durchgeführt werden. Jedoch sind diese Berechnungen einerseits sehr komplex, so dass ein erheblicher Aufwand - auch rein zeitlich - damit verbunden ist und die Ergebnisse vor der abschließenden Evaluierung der Ergebnisse nicht für Genehmigungsprozesse jedweder Art verwendet werden können. Abgesehen davon sind die Ergebnisse derartiger Modellierungen auch sehr stark an den Maßstab gebunden, für den sie aufgestellt werden.
Im Falle der KLIWA-Daten bedeutet dies, wie im Übrigen auch für alle anderen Berechnungen, die für einen überregionalen Vergleich durchgeführt wurden oder werden, dass sie eben nur für diesen überregionalen Vergleich verwendet werden können, nicht aber für lokale Fragestellungen. Dies gilt damit auch für die Karten, die z.B. die BGR oder das Forschungszentrum Jülich veröffentlicht haben. Mit diesen ist zwar ein überregionaler Vergleich möglich, auf lokaler Ebene sind die errechneten Daten jedoch nicht verlässlich, weil sie die Verhältnisse vor Ort nicht exakt genug darstellen können, ähnlich wie kleinere Straßen und Ortschaften auf einer Übersichtskarte von Deutschland nicht dargestellt werden. Eine Verwendung der im Rahmen des KLIWA-Projektes ermittelten Grundwasserneubildungsraten für wasserrechtliche Erlaubnisverfahren auf lokaler Ebene wird daher auch in Zukunft nicht möglich sein.
Aber auch wenn insofern jetzt noch keine neue Abschätzung der Grundwasserneubildung vorliegt, können wir anhand der Wetterdaten - und hier insbesondere an der Entwicklung des Niederschlags - jedoch durchaus beurteilen, ob sie sich in den letzten 30 Jahren wesentlich verändert hat. Ich habe Ihnen eine Seite aus dem Klimaatlas des DWD beigefügt, aus der hervorgeht, dass die Winterniederschläge im Saarland seit Beginn der Messungen 1881 bis heute im Mittel kontinuierlich angestiegen sind und selbst für die Klimaprojektionen nach dem schlechtesten Entwicklungspfad RCP 8.5 auch noch weiterhin ansteigen werden. Diese Winterniederschläge bilden die wesentliche Grundlage für die Grundwasserneubildung. Eine dramatische Verringerung der Neubildung lässt sich hieraus also nicht ableiten. Auch die Entwicklung der Grundwasserstände zeigt nicht, dass wir im Saarland mit einer erheblichen Verringerung der Grundwasserneubildungsraten zu rechnen hätten. Darüber hat auch der SR schon berichtet (
https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/grundwasser_veraenderungen_saarland_datenanalyse_faktencheck_100.html).
Insofern gehen wir weiterhin davon aus, dass auch bei einer Verwendung der Werte, die im Rahmen der Aufstellung des Ökologischen Wasserversorgungskonzeptes in den Neunziger Jahren ermittelt wurden, keine groben Abweichungen der aktuellen Grundwasserneubildung von den damaligen Werten zu befürchten ist. Aber selbst wenn sich die Grundwasserneubildungsrate um 20% verringert haben sollte, reicht sie noch aus, denn die Grundwasserförderung ist im Warndt seit 2010 auf etwa 60% der der damaligen Menge zurückgegangen. Es bestehen also noch ausreichend Reserven. Auch im Gutachten der GWW ist diese Reduktion der Grundwasserneubildung um 20% berücksichtigt worden und hat ebenfalls zu dem Ergebnis geführt, dass die für SVOLT benötigten zusätzlichen Mengen nicht zu einem Engpass in der Wasserversorgung führen.
Mit freundlichen Grüßen