Arbeitshinweise22SGBII

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Weisungen des Jobcenters - Amt pro Arbeit Jobcenter Kreis Minden-Lübbecke (Option: KOMJOB)

Diese Anfrage wurde als Teil der Kampagne „Frag das Jobcenter“ gestellt.

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Arbeitshinweise zu § 22 SGB II

Bedarfe für Unterkunft und Heizung

Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
(MAIS) hat im Rahmen einer Arbeitsgruppe eine Arbeitshilfe zu den Bedarfen für die Un-
terkunft und Heizung nach § 22 SGB II erarbeitet. Die Arbeitshilfe soll regelmäßig über-
arbeitet werden. (Die letzte Anpassung erfolgte allerdings im Jahr 2010. Das MAIS beab-
sichtigt, in 2013 eine Überarbeitung vorzunehmen.)

In SharePoint sowie auf der Internetseite des MAIS steht die jeweils gültige Fassung der
Arbeitshilfe (aktuelle Fassung vom: 01.10.2010) zur Verfügung.

Die Arbeitshilfe ist eine Hilfestellung für die Praxis, um die Vorschriften über die Gewäh-
rung von Leistungen für Unterkunft und Heizung gesetzeskonform anzuwenden und eine
möglichst einheitliche Entscheidungspraxis zu erhalten. Dabei soll den zuständigen
kommunalen Trägern der Leistungen nach § 22 SGB II hinreichender Entscheidungs-
spielraum verbleiben, um örtliche Gegebenheiten und Besonderheiten des Einzelfalles
berücksichtigen zu können.

Unter Berücksichtigung der nachfolgenden Konkretisierungen und Modifizierungen ist die
Arbeitshilfe bei der Prüfung und Gewährung von Leistungen zu beachten.



Zu II.2.2 Kosten der Unterkunft -Seiten 9 ff.-

Nach § 22 Absatz 1 SGB II sind grundsätzlich die tatsächlichen Bedarfe der Unterkunft
anzuerkennen. Hingewiesen wird an dieser Stelle auf den Fall des Mietwuchers. Mietwu-
cher liegt vor, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um 50 %
übersteigt. Der Anmietung einer solchen Wohnung muss nicht zugestimmt werden. Bei
bereits bestehenden Mietverträgen können diese sittenwidrig (§ 138 BGB) sein, und der
Mieter wäre nicht zur Leistung der Miete in dieser Höhe verpflichtet. Dies ist jedoch im
Einzelfall zu prüfen.


Zu II.2.3 Ausgeschlossene Kosten -Seiten 11 f.-

a) Haushaltsenergie

Die Haushaltsenergie gehört grundsätzlich nicht zu den Unterkunftskosten und ist im
Rahmen der Bedarfe für die Unterkunft nicht anzuerkennen.
Wenn für Heizung und sonstigen Energiebedarf ein einheitlicher Betrag erhoben wird und
eine Differenzierung nicht möglich ist, ist von dem einheitlichen Betrag der Anteil für
Energiekosten, der im Regelbedarf enthalten ist, abzusetzen. (Ausnahme hierzu siehe
unter b). Der Restbetrag ist als laufende Leistung für die Heizung zu berücksichtigen.



                                                                                -2-
Doc-Nr.: Arbeitshinweise § 22 SGB II 2013.04.29.doc
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-2-

Soweit in den Heizkosten zusätzlich nur die Kochfeuerung enthalten ist, wird diese nicht
mehr abgesetzt.

In den Regelbedarfen sind folgende Anteile für Haushaltsenergie enthalten (in Klammern
stehen die Werte bis 31.12.2012):

                                Regelbedarfe ab 01.01.2013              Haushaltsenergie
       Regelbedarfstufe    1            382 Euro                       29,71 Euro (29,05)
       Regelbedarfstufe    2            345 Euro                       26,74 Euro (26,15)
       Regelbedarfstufe    3            306 Euro                       23,77 Euro (23,24)
       Regelbedarfstufe    4            289 Euro                       13,97 Euro (13,66)
       Regelbedarfstufe    5            255 Euro                       10,76 Euro (10,52)
       Regelbedarfstufe    6            224 Euro                        5,62 Euro (5,50)

Mit dem Schlüssel 08/1 erfolgt die Kürzung direkt von den Heizkosten.

b) Inklusivmiete

Mit Urteil vom 24.11.2011 (B 14 AS 151/10 R) hat das BSG entschieden, dass bei einer
Inklusivmiete, die u. a. einen (unbestimmten) Anteil für die Haushaltsenergie enthält,
ein Abzug des für diese Position im Regelbedarf vorgesehenen Betrages nicht zulässig
ist. Das BSG argumentiert, dass für eine Kürzung der angemessen Unterkunftskosten
keine Rechtsgrundlage gegeben sei. Falls die Unterkunftskosten als unangemessen hoch
angesehen werden, müsse ein Kostensenkungsverfahren eingeleitet werden.

Zur Bestimmung, wann eine Inklusivmiete vorliegt, sind die Regelungen des Mietvertra-
ges entscheidend. Die Vertragsparteien können nach § 556 Absatz 1 BGB vereinbaren,
dass der Mieter Betriebskosten trägt. Werden die Betriebskosten auf den bzw. die Mieter
umgelegt, können sie als Vorauszahlung oder als Pauschale ausgestaltet werden (§
556 Absatz 2 BGB).

Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nach § 556 Absatz 2 Satz 2 BGB nur in
angemessener Höhe vereinbart werden. Über die Vorauszahlungen ist jährlich abzurech-
nen (§ 556 Abs. 3 BGB). Nach einer Abrechnung können sie von beiden Vertragsparteien
auf eine angemessene Höhe angepasst werden (§ 560 Abs. 4 BGB).

Bei einer Betriebskostenpauschale sind mit dem monatlichen Betrag alle Betriebskosten
abgegolten. Eine Jahresabrechnung erfolgt nicht und kann auch nicht verlangt werden.
Damit kann weder der Mieter eine Überzahlung noch der Vermieter eine Nachzahlung
einfordern.

    Exkurs:
    Die umlagefähigen Betriebskosten ergeben sich aus § 2 der Betriebskostenverordnung. Hierzu zählen
    u. a. auch die Heizkosten. Diese sind jedoch nach der Heizkostenverordnung (HeizkostenVO) nach ih-
    rem Verbrauch auf die Nutzer umzulegen und dürfen damit grundsätzlich nicht in der Betriebskosten-
    pauschale enthalten sein. Die Vereinbarung einer Bruttowarmmiete ist daher in der Regel unzulässig.

    Eine Ausnahme hiervon bilden die Fälle, in denen die HeizkostenVO nach § 2 nicht anzuwenden ist.

                                         § 2 HeizkostenVO
           Außer bei Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen eine der
           Vermieter selbst bewohnt, gehen die Vorschriften dieser Verordnung rechtsge-
                                 schäftlichen Bestimmungen vor.
2

-3-

    Wurde zulässigerweise eine Bruttowarmmiete vereinbart, sind für die Kaltmiete und die Nebenkosten
    die genannten Durchschnittswerte zu Grunde zu legen, soweit keine anderen Anhaltspunkte vorliegen
    (siehe Ausführungen unter Ziffer II.4). Der übrige Betrag ist als Anteil für die Heizkosten anzusehen.



Voraussetzung für das Vorliegen einer Inklusivmiete ist somit, dass eine Betriebskosten-
pauschale vereinbart wurde. Das Vorliegen einer Betriebskostenpauschale sowie die ein-
zelnen darin enthaltenen Bestandteile sind vom Leistungsberechtigten anhand des Miet-
vertrages nachzuweisen. Bei der Bewertung des Nachweises ist hinsichtlich der hieran
gestellten Anforderungen die vertragliche Gestaltungsfreiheit zu berücksichtigen. Die
Vermieterbescheinigung reicht als Nachweis für eine Betriebskostenpauschale nicht aus.

Liegt eine Inklusivmiete vor und umfasst diese Pauschale auch die Kosten für den Haus-
haltsstrom, ohne einen konkreten Betrag auszuweisen, sind die Unterkunftskosten ent-
sprechend dem o. g. Urteil des BSG nicht um den im Regelbedarf enthaltenen Anteil für
die Haushaltsenergie zu kürzen. Werden die Kosten für den Haushaltsstrom allerdings
mit einem bestimmten Betrag ausgewiesen, wird diese Position nicht als Bedarf aner-
kannt. Auf diesem Wege erfolgt keine (unzulässige) Kürzung der Unterkunftskosten im
Sinne der BSG-Rechtsprechung.

Übersteigen im Falle einer Inklusivmiete die geltend gemachten Kosten der Unterkunft
den maßgeblichen Mietrichtwert, weil betragsmäßig unbestimmte Bestandteile enthalten
sind, die bereits mit dem Regelbedarf abgegolten sind (z. B. Haushaltsstrom und Tele-
fon), ist umgehend ein Kostensenkungsverfahren durchzuführen. Die Frist nach § 22 Ab-
satz 1 Satz 3 SGB II soll unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auf drei
Monate verkürzt werden. Der Leistungsberechtigte ist auf die systemwidrige Doppelleis-
tung hinzuweisen. Eine Anpassung bzw. Konkretisierung des Mietvertrages kann auf-
grund der Vertragsfreiheit allerdings nicht gefordert werden; gleichwohl sollte der Hilfe-
empfänger auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht werden.

Sollte trotz nachgewiesener Inklusivmiete für die mit der Pauschale abgegoltenen Be-
triebskosten eine Betriebskostennachzahlung geltend gemacht werden, wird diese nicht
übernommen. Rückzahlungen bzw. Guthaben sind in diesem Fall gem. § 22 Absatz 3
SGB II zu behandeln. Der Leistungsberechtigte ist aufzufordern, beim Vermieter auf die
Ermäßigung der Pauschale hinzuwirken.

c) Möblierung

Die Arbeitshilfe sieht die Möblierung zum Teil noch als ausgeschlossene Kosten an. Dies
gilt aber nur dann, wenn die Wohnung auch ohne den Möblierungszuschlag anmietbar ist
oder die Wohnung durch den Zuschlag unangemessen wird.
Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil B 14 AS 14/08 R vom 08.05.2009 entschie-
den, dass ein Zuschlag für die Kücheneinrichtung zu den Leistungen nach § 22 Absatz 1
SGB II gehört. Die tatsächlichen Unterkunftskosten umfassen, so das Bundessozialge-
richt weiter, alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag ergeben.
Soweit nicht vermeidbar, sind Möblierungszuschläge zu übernehmen, wenn die Unter-
kunftskosten angemessen bleiben.


Zu II.3.1 Ermittlung des Richtwertes (abstrakte Angemessenheit)
-Seiten 13 ff.-
3

-4-

In seiner Sitzung am 21.03.2011 hat der Kreistag den von der Firma Analyse & Konzepte
erstellten grundsicherungsrelevanten Mietspiegel für den Bereich des SGB II als schlüs-
siges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für anwendbar er-
klärt.

Das Gebiet des Kreises Minden-Lübbecke ist in drei sogenannte Cluster (Wohnungsmärk-
te) unterteilt. Für die einzelnen Cluster sind aufgrund des BSG-Urteils B 4 AS 109/11 R
vom 16.05.2012 folgende aktualisierte Mietrichtwerte ab dem 01.05.2012 bis zum
31.12.2012 anzusetzen:


               Wohnungsmarkt 1
               Bad Oeynhausen, Lübbecke, Minden

               1   Person      326   Euro
               2   Personen    389   Euro
               3   Personen    454   Euro
               4   Personen    525   Euro
               5   Personen    597   Euro
               6   Personen    650   Euro


               Wohnungsmarkt 2
               Espelkamp, Hüllhorst, Preußisch Oldendorf, Rahden

               1   Person      316   Euro
               2   Personen    392   Euro
               3   Personen    448   Euro
               4   Personen    543   Euro
               5   Personen    578   Euro
               6   Personen    650   Euro


               Wohnungsmarkt 3
               Hille, Petershagen, Porta Westfalica, Stemwede

               1   Person      308   Euro
               2   Personen    379   Euro
               3   Personen    455   Euro
               4   Personen    534   Euro
               5   Personen    570   Euro
               6   Personen    650   Euro


Zum 01.01.2013 erfolgte eine Fortschreibung der Mieten über den Mietpreisindex. Hier-
bei wurden die Wohnungsmieten ohne Nebenkosten um 3,26 % und die Nebenkosten
um 3,32 % angehoben. Ab dem 01.01.2013 gelten folgende Richtwerte:

               Wohnungsmarkt 1
               Bad Oeynhausen, Lübbecke, Minden

               1 Person        337 Euro
4

-5-

               2   Personen     401   Euro
               3   Personen     468   Euro
               4   Personen     543   Euro
               5   Personen     617   Euro


               Wohnungsmarkt 2
               Espelkamp, Hüllhorst, Preußisch Oldendorf, Rahden

               1   Person       326   Euro
               2   Personen     405   Euro
               3   Personen     463   Euro
               4   Personen     561   Euro
               5   Personen     596   Euro


               Wohnungsmarkt 3
               Hille, Petershagen, Porta Westfalica, Stemwede

               1   Person       318   Euro
               2   Personen     391   Euro
               3   Personen     470   Euro
               4   Personen     551   Euro
               5   Personen     579   Euro

Die Kategorie “6 Personen” ist ab dem 01.01.2013 entfallen, da hierfür keine gesonderte
Erhebung erfolgt. Es gilt die nachfolgende Regelung zu weiteren Personen im Haushalt.
Im Wohnungsmarkt 3 ist zu beachten, dass es für Altfälle einen Bestandsschutz gibt.

Für alle drei Wohnungsmärkte gilt für jede weitere Person im Haushalt jeweils ein Erhö-
hungsbetrag von 60 Euro.

Der Richtwert (Bruttokaltmiete) setzt sich aus der Nettokaltmiete und den kalten Be-
triebskosten zusammen. Bei der Bestimmung der kalten Betriebskosten im Vergleichs-
raum muss nach dem Urteil des BSG vom 22.08.2012 -B 14 AS 13/12 R- die Wirklichkeit
abgebildet werden. Hierbei ist es zulässig, auf vorliegende Daten aus Betriebskosten-
übersichten zurückzugreifen und dabei auf die sich daraus ergebenden Durchschnitts-
werte.

Sowohl die Nettokaltmiete als auch die Betriebskosten werden separat ermittelt und
ausgewiesen, um einer abstrakten Angemessenheitsgrenze (so die Forderung des BSG)
gerecht zu werden.

Für die Festlegung der Mietrichtwerte wurden folgende Nettokaltmieten und kalte Be-
triebskosten in Euro pro m² ermittelt. Wegen der vorgenommenen Rundungen stimmen
die Summen aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten nicht in jedem Fall mit den
festgesetzten Mietrichtwerten überein.

       Größe in m²            kalte Betriebskos-   kalte Betriebskos-    Nettokaltmiete in
                              ten in Euro pro m²   ten in Euro für die     Euro pro m²
                                                      Wohneinheit
Wohnungsmarkt 1
5

-6-

Bad Oeynhausen, Lübbecke, Minden
bis 50                          1,61                  80,50                 5,12
> 50 bis <= 65                  1,53                  99,45                 4,65
> 65 bis <= 80                  1,49                  119,20                4,37
> 80 bis <= 95                  1,47                  139,65                4,24
> 95 bis <=110                  1,29                  141,90                4,32

Wohnungsmarkt 2
Espelkamp, Hüllhorst, Preußisch Oldendorf, Rahden
bis 50                             1,61                80,50                4,92
> 50 bis <= 65                     1,53                99,45                4,70
> 65 bis <= 80                     1,49               119,20                4,30
> 80 bis <= 95                     1,47               139,65                4,44
> 95 bis <=110                     1,29               141,90                4,13

Wohnungsmarkt 3
Hille, Petershagen, Porta Westfalica, Stemwede
bis 50                               1,61              80,50                4,75
> 50 bis <= 65                       1,53              99,45                4,49
> 65 bis <= 80                       1,49             119,20                4,39
> 80 bis <= 95                       1,47             139,65                4,34
> 95 bis <=110                       1,29             141,90                3,98



Die Überschreitung einzelner Werte führt nicht automatisch zur Unangemessenheit der
Unterkunftskosten. Insbesondere die genannten Betriebskosten sind Durchschnittsbeträ-
ge aller ermittelten Werte über das gesamte Kreisgebiet. Eine Auswertung der Mieten für
sechs Personen und mehr wurde nicht vorgenommen. Bei der Berücksichtigung der Be-
triebskosten ist aber davon auszugehen, dass mit zunehmender Wohnfläche die Be-
triebskosten pro m² tendenziell sinken.

Bei einer Überschreitung der Werte ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu entschei-
den, ob die Unterkunftskosten insgesamt tatsächlich unangemessen sind und ein Kos-
tensenkungsverfahren eingeleitet werden muss (siehe hierzu auch II.5).



Zu II.3.1.2 Ermittlung der angemessenen Quadratmeterzahl (1.
Faktor) -Seiten 16 ff.-

a) Wohnungsgröße

Bei der Ermittlung der angemessenen Quadratmeterzahl (1. Faktor) ist nach dem Urteil
des BSG vom 16.05.2012 -B 4 AS 109/11 R- von einer Wohnungsgröße von 50 m²
für eine Person und 15 m² für jede weitere Person auszugehen. Nach dem Urteil des
BSG vom 22.08.2012 -B 14 AS 13/12 R- sind wohnraumförderrechtliche Bestimmungen,
die auf persönliche Lebensverhältnisse Bezug nehmen, bei der Bestimmung der abstrak-
ten Wohnungsgröße nicht zu berücksichtigen. Ein Mehrbedarf an Wohnraum für Alleiner-
ziehende ist damit grundsätzlich ausgeschlossen. (Siehe hierzu aber II.3.2)
6

-7-

Eine größere Wohnung ist indes aber nicht deshalb unangemessen, weil die Wohnungs-
größen überschritten werden. Soweit eine Wohnung größer ist, der Mietrichtwert aber
eingehalten wird, ist die Wohnung in der Regel als angemessen einzustufen. Damit wird
auch der in den wohnraumförderrechtlichen Bestimmungen aufgeführten Geringfügig-
keitsgrenze Rechnung getragen.

Besonderheiten des Einzelfalles werden durch die Regelung unter Ziffer II.3.2.2 „Not-
wendigkeit eines Abweichens vom Richtwert“ berücksichtigt.

b) Wohngemeinschaften

Das BSG hat in einem Einzelfall entschieden (B 14/11b AS 61/06 R vom 18.06.2008),
dass für eine allein stehende Person in einer Wohngemeinschaft auch die Wohnungs-
größe für eine allein stehende Person als angemessen anzusehen ist. Wie jedoch auf Sei-
te 19 der Arbeitshilfe richtigerweise ausgeführt wird, dient die Bildung einer Wohnge-
meinschaft im Allgemeinen dem Ziel der Kostensenkung. Bei der Beurteilung der Ange-
messenheit der Unterkunftskosten ist daher der Bezug zur konkreten Wohnsituation her-
zustellen und eine Einzelfallentscheidung zu treffen (vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom
23.08.2006, Az.: L 20 B 184/06 AS ER). Infrage käme zum Beispiel die Anerkennung ei-
nes Wohnraumes (15 m²) mehr.

c) Wechselnder Aufenthalt von Kindern (temporäre Bedarfsgemeinschaft)

Es wird vermehrt ein Mehrbedarf an Wohnraum von Einzelpersonen geltend gemacht, die
von ihren Kindern getrennt leben. Zur Wahrnehmung des Umgangsrechts an einigen Ta-
gen oder Wochenenden sollen die Kosten für eine größere Wohnung übernommen wer-
den.
Grundsätzlich gilt, dass es nicht generell mehr Wohnraum in diesen Fällen gibt. In An-
lehnung an das BSG-Urteil B 7b AS 14/06 R vom 07.11.2006 darf ein Mehrbedarf an
Wohnraum aber auch nicht grundsätzlich versagt werden. Es ist im Einzelfall zu prüfen,
ob ein Mehrbedarf an Wohnraum notwendig ist. Hierbei sind Kriterien wie der Zuschnitt
der Wohnung, die Anzahl der Kinder, das Geschlecht und Alter sowie die Häufigkeit der
Besuche heranzuziehen (hierzu auch LSG NRW L 20 B 225/07 AS ER vom 17.06.2008).
Die Beurteilung sollte unter der Abwägung erfolgen, ob es aus Sicht eines objektiven Be-
trachters zumutbar erscheint, dass die temporäre Bedarfsgemeinschaft weniger Wohn-
raum zur Verfügung hat, als eine dauerhafte Bedarfsgemeinschaft.


Zu II.3.2 Prüfung des Einzelfalles (Konkrete Angemessenheit)
-Seite 25-

Nach der Prüfung der abstrakten Angemessenheit ist die konkrete Angemessenheit der
Wohnung zu prüfen. Neben der tatsächlichen Verfügbarkeit (II.3.2.3) sind hierbei per-
sönliche Lebensumstände zu berücksichtigen. So spielt der Umstand der Alleinerziehung
bei der abstrakten Angemessenheit keine Rolle, muss aber bei der Prüfung der konkre-
ten Angemessenheit berücksichtigt werden. Bei Alleinerziehenden ist darauf zu achten,
dass Größe und Zuschnitt einer Wohnung einen gewissen Rückzugsraum für das Schul-
kind wie für den erwachsenen Elterteil ermöglichen.

Dem Urteil des BSG vom 22.08.2012 -B 14 AS 13/12 R- ist zu entnehmen, dass persön-
liche Lebensumstände wie gesundheitliche Gründe, Alleinerziehung oder das soziale und
7

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schulische Umfeld bei minderjährigen Kindern den Vergleichsraum eventuell einschrän-
ken. Dies führt aber nicht zum Schutz einer kostenunangemessenen Wohnung. Der Ver-
gleichsraum wird vielmehr auf das nähere örtliche Umfeld beschränkt. Sollte in diesem
Umfeld eine entsprechende Wohnung zur Verfügung stehen, sind im Rahmen eines Kos-
tensenkungsverfahrens die Voraussetzungen für die konkrete Angemessenheit der neuen
Wohnung gegeben.


Zu II.3.2.2 Notwendigkeit eines Abweichens vom Richtwert auf
Grund von Besonderheiten des Einzelfalles (Zuschlag zum Richt-
wert) -Seiten 25 und 26-

Hauptanwendungsfall war in der Vergangenheit ein erhöhter Wohnraumbedarf wegen
der Benutzung eines Rollstuhls. In diesen Fällen bestehen keine Bedenken, wenn - wie
bisher auch - im Einzelfall eine Erhöhung der Wohnflächengrenze um 15 qm erfolgt.


Zu II.3.2.3 Tatsächliche Verfügbarkeit einer angemessenen Woh-
nung -Seiten 26 f.-

Eine Voraussetzung für die Feststellung der konkreten Angemessenheit ist die tatsächli-
che Verfügbarkeit einer Wohnung.

Im Falle einer Kostensenkungsaufforderung ist im Zweifel durch den Grundsicherungs-
träger nachzuweisen, dass zum Zeitpunkt eines eventuellen Umzuges tatsächlich Woh-
nungen mit einem angemessenen Mietzins verfügbar waren. Die Angebotsmieten sind -
wie bisher auch- von den Kommunen vor Ort zu erfassen und nachzuhalten.


Zu II.4 Angemessenheit der Nebenkosten -Seiten 28 ff.-

Werden im Mietvertrag bzw. in der Vermietererklärung die Kaltmiete und die Nebenkos-
ten nur als ein Gesamtbetrag ausgewiesen, so sind die Nebenkosten anhand der unter
II.3.1 genannten durchschnittlichen Nebenkostenbeträge in der EDV zu erfassen.

Beispiel:
Kaltmiete inklusive Nebenkosten für eine Einzelperson 337,00 Euro. Die Wohnung ist
50 m² groß.

50 m² x 1,61 Euro = 80,50 Euro Nebenkosten (UKS 10)

337,00 Euro - 80,50 Euro = 256,50 Euro Kaltmiete (UKS 01)


Zu II.5 Kostensenkungsverfahren und Übernahme unangemesse-
ner Unterkunftskosten -Seiten 31 ff.-

Das bisher praktizierte Verfahren zur Kostensenkung im Kreis Minden-Lübbecke ist im
Rahmen der derzeitigen Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Auf das in der Arbeitshil-
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fe vorgeschlagene Verfahren kann verzichtet werden. Für die Kostensenkungsaufforde-
rung ist der in SharePoint eingestellte Vordruck zu verwenden.

Verweigert der Leistungsempfänger grundsätzlich eine Senkung der Aufwendungen und
macht dies unmissverständlich deutlich, so ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit die 6-
Monatsfrist verkürzt werden kann.
Auf der anderen Seite besteht auch die Möglichkeit, von der 6-Monatsfrist nach oben ab-
zuweichen (z. B. bei Eigenheimbesitzern).

Vor Einleitung eines Kostensenkungsverfahrens muss der Grundsicherungsträger nach §
22 Absatz 1 S. 4 SGB II abwägen, ob die Absenkung der unangemessenen Aufwendun-
gen für die Unterkunft in Relation zu den mit einem Wohnungswechsel zu erbringenden
Leistungen steht. Kommt der Grundsicherungsträger zu dem Ergebnis, dass ein Woh-
nungswechsel unwirtschaftlich ist, muss dies entsprechend aktenkundig gemacht wer-
den.


Zu III. Leistungen für Heizung -Seiten 39 ff.-

Für die Bemessung einer abstrakten Nichtprüfungsgrenze werden kreiseinheitliche jährli-
che Brennstoffverbrauchswerte festgelegt, die nach einer Formel des Deutschen Vereins
für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 1990

   stündlicher Wärmebedarf x Jahresvollbenutzungsstunden x beheizbare Wohnfläche
                 unterer Heizwert x Wirkungsgrad der Heizungsanlage

                           = Brennstoffverbrauch im Jahr

                                 sowie mit den Werten

stündlicher Wärmebedarf               0,139 kW/h m²
Jahresvollbenutzungsstunden           1.600 h/a
beheizbare Wohnfläche                 siehe u. a. Regelungen
unterer Heizwert                      Erdgas 8,6
                                      Heizöl 10,0
                                      Holzpellets 4,7
                                      Koks 7,5
                                      Braunkohle 5,5
                                      Steinkohle 8,7
                                      Hartholz 4,0 / Weichholz 4,5
                                      Strom 1,0 (nach VDI 2067 in Wh/Einheiten)
Wirkungsgrad der Heizungsanlage       0,86
bei Strom                             1,0 (nach Wirtschaftlichkeitsberechnung VDI)
bei Holz                              0,7 (nach DIN 18896 ab 2005)

festgelegt werden.
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Als beheizbare Wohnfläche sind

      50 m² bei Einzelpersonen
      zuzüglich 15 m² je weiterer in der Wohnung lebender Person
      zuzüglich 15 m² bei anerkanntem Mehrbedarf

an Wohnraum anzuerkennen.

Die tatsächlich zu zahlenden Heizkosten beziehungsweise die entsprechenden monatli-
chen Abschläge liegen unter der abstrakten Nichtprüfungsgrenze, so lange der Jahres-
brennstoffverbrauch - wie er sich in der Regel aus der letzten Jahresendabrechnung
ersehen lässt - von

1.510 m³ (alt 1.360 m³) Erdgas bei Einzelpersonen
zuzüglich 460 m³ je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 460 m³ bei anerkanntem Mehrbedarf

1.300 L (alt 1.170 L) Heizöl bei Einzelpersonen
zuzüglich 390 L je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 390 L bei anerkanntem Mehrbedarf

2.760 kg (alt 2.480 kg) Holzpellets bei Einzelpersonen
zuzüglich 830 kg je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 830 kg bei anerkanntem Mehrbedarf

1.730 kg (alt 1.560 kg) Koks bei Einzelpersonen
zuzüglich 520 kg je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 520 kg bei anerkanntem Mehrbedarf

2.350 kg (alt 2.120 kg) Braunkohle bei Einzelpersonen
zuzüglich 710 kg je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 710 kg bei anerkanntem Mehrbedarf

1.490 kg (alt 1.340 kg) Steinkohle bei Einzelpersonen
zuzüglich 450 kg je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 450 kg bei anerkanntem Mehrbedarf

11.120 kWh (alt 10.010 kWh) Strom bei Einzelpersonen
zuzüglich 3.340 kWh je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 3.340 kWh bei anerkanntem Mehrbedarf

3.970 kg bzw. 10 Schüttraummeter (SRM) Hartholz (z. B. Buche, Eiche)
bei Einzelpersonen
zuzüglich 1.190 kg bzw. 3 SRM je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 1.190 kg bzw. 3 SRM bei anerkanntem Mehrbedarf

3.530 kg bzw. 14 SRM Weichholz (z. B. Fichte, Kiefer) bei Einzelpersonen
zuzüglich 1.060 kg bzw. 4 SRM je weiterer in der Wohnung lebender Person
zuzüglich 1.060 kg bzw. 4 SRM bei anerkanntem Mehrbedarf

nicht überschritten wird. Für weitere Brennstoffarten entscheidet die Kommune über die
Nichtprüfungsgrenze.
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