Abschreckende Antwort auf IFG-Anfrage

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Bundeskanzleramt Berlin 2010 –

Am 2. August stellte ein/e Nutzer/in eine Anfrage an das Bundeskanzleramt und bat um die Übersendung von Tagesordnung, Protokoll und einer Liste aller Teilnehmenden zum Besuch des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos.

Zwei Tage später kam eine Antwort per Post. Die Anfrage wurde zwar nicht abgelehnt, der/die Anfragende wurde dafür aber abgeschreckt:

Gemäß § 10 Abs. 1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) werden für Amtshandlungen nach dem IFG Gebühren und Auslagen erhoben. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass für die beantragte Einsichtnahme in die erbetenen Akten bei der Behörde einschließlich der erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen Gebühren bis zu 500.-€ und Auslagen in Höhe von 0,10 € je DIN-A4-Kopie anfallen können. Die genaue Höhe ist abhängig vom Verwaltungsaufwand, insbesondere von der Zahl der zu leistenden Arbeitsstunden, und lässt sich derzeit noch nicht beziffern. Ein im Einzelfall erhöhter Verwaltungsaufwand kann vorliegend insbesondere durch die Zusammenstellung von Unterlagen entstehen und durch die Prüfung, ob schützenswerte Daten Dritter auszusondern sind.

Diese Belehrung ist zwar richtig, aber sie schreckt ab. Im FragDenStaat-Anfragetext wird davon ausgegangen, dass es sich um eine “einfache Anfrage” handelt und dass daher keine Gebühren anfallen. Sollte dies nicht der Fall sein, wird um die Angabe der anfallenden Kosten gebeten.

Das Bundeskanzleramt antwortet nun, dass “bis zu 500.-€” anfallen können (der gesetzliche Höchstbetrag) und geht dabei überhaupt nicht auf die Art der Anfrage ein. Tatsächlich sieht es so aus, als handele es sich um eine einfache Anfrage, wird doch nur um die Übersendung von drei Dokumenten gebeten.

Man kann von einer Behörde erwarten, dass sie den Beantwortungsaufwand der Anfrage einschätzen kann. Stattdessen wird der/dem Anfragenden mit dem Höchstbetrag von 500 € “gedroht” und durch die Antwort indirekt nahegelegt, seine/ihre Anfrage zurückzuziehen:

Vor diesem Hintergrund bitte ich um Rückäußerung, ob Sie Ihren Antrag aufrecht erhalten möchten oder dieser Ihrerseits zurückgenommen wird.

Dass das nicht die beste Praxis ist, da sind sich auch die IFG-Experten auf der FragDenStaat-Mailingliste einig. Herbert Kubicekschreibt:

M.E. sollte dem Betroffenen empfohlen werden, sich an den Bundesbeauftragten zu wenden und zu fragen, ob diese Gebührenauskunft angemessen ist.

Und Dieter Hüsgen hat gleich einen Beispiel-Antworttext für den/die Antragsteller/in formuliert. Großartig!

Genau diese Negativbeispiele (aber natürlich auch die Positivbeispiele) möchten wir mit FragDenStaat.de aufzeigen. In diesem Fall ist der/die Nutzer/in nicht auf sich allein gestellt, sondern kann sich darauf verlassen, dass mehrere Leute die Antwort mitlesen und auch mit Tipps helfen darauf angemessen zu reagieren.

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FragDenStaat.de wird in den kommenden Wochen und Monaten, vielleicht sogar Jahren, interessante Aspekte der Informationsfreiheitsanfragen auf FragDenStaat.de aufschreiben.