Dokumente zum Ackermann-AbendessenVeröffentlichen verboten, anfragen erlaubt

Update (26.7.2012): siehe unten.

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Das Abendessen im Kanzleramt im Jahre 2008 anlässlich des Geburtstags vom damaligen Deutsche Bank Chef Josef Ackermann war ein Skandal. Thilo Bode hatte eine IFG-Anfrage zu Details des Abendessens gestellt wie der Gästeliste, der Sitzordnung, der Redevorlagen und der Küchenliste. Das Bundeskanzleramt verweigerte die Herausgabe, ließ sich verklagen, verlor, ging in Revision und verlor vor dem Berliner Oberverwaltungsgericht noch einmal.

Die von dem Urteil freigegebenen Dokumente haben mich auch interessiert und ich habe sie angefragt. Nach dem das Urteil mit der Urteilsbegründung rechtskräftig geworden ist, wurden mir auch tatsächlich alle angefragten Dokumente zugesandt. Allerdings wurde mir eine Veröffentlichung untersagt:

Ich weise darauf hin, dass das Bundeskanzleramt einer Weiterverbreitung der übersandten Kopien, namentlich einer Veröffentlichung der darin enthaltenen personenbezogenen Daten durch Sie nicht zustimmt.

Ob das Bundeskanzleramt mir eine Veröffentlichung von Dokumenten untersagen kann, die sie gerichtlich erzwungen herausgeben müssen, ist momentan unklar. FragDenStaat.de wird sich (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) vorerst daran halten.

Dieses Verbot lässt die gleiche, rechtlich absurde Situation wie beim Fall des Bundestags-Gutachten zur Abgeordnetenkorruption entstehen: Jeder kann es anfragen und erhalten, niemand darf es veröffentlichen. Aber für diesen Fall haben wir auf FragDenStaat.de ja den Ein-Klick-Anfrage-Button: die Dokumente zum Ackermann-Abendessen mit einem Klick anfragen.

Das ist jetzt schon der dritte Fall (das ESM-Gutachten vom Bundestag zählt auch dazu). Langsam müssen wir uns überlegen, wie man dauerhaft mit solchen Veröffentlichungsverboten umgeht. Der Ein-Klick-Anfrage-Button ist zwar auch als Kampagne ganz hilfreich, aber FragDenStaat.de sieht es als Aufgabe an, den gesellschaftlichen Diskurs über Dokumente der Regierung und Verwaltung zu fördern und dieser Diskurs funktioniert nur, wenn man Dokumente veröffentlichen, verlinken und unmittelbar lesen kann.

Update:

Nachdem mittlerweile über 600 Bürgerinnen und Bürger die Dokumente mit einem Klick über FragDenStaat.de angefragt haben und Netzpolitik.org die Dokumente auch schon zum Download angeboten hatte, gibt es die erste Reaktion vom Bundeskanzleramt. Das Referat 131 antwortete einem Anfragesteller per Mail mit angehängtem Anschreiben und den angeforderten Dokumenten. Das Anschreiben gleicht dem Anschreiben, das ich erhalten hatte, nur fehlt die Formulierung, dass einer Weitergabe bzw. einer Veröffentlichung nicht zugestimmt wird. Nach mehr als 600 Mails hat das Bundeskanzleramt wohl seine Haltung zu dem Thema überdacht.

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