Wir veröffentlichen Gutachten zum Bundespräsidenten

Ein Grund für die #Landesverrat-Ermittlungen gegen netzpolitik.org war vermutlich, dass die Website nicht nur aus Dokumenten zum Verfassungsschutz zitierten, sondern sie selbst veröffentlichten. Warum es wichtig ist, nicht nur Auszüge, sondern die Originale zu publizieren, zeigen - in kleinerer Tragweite – die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, von denen wir jetzt zwei weitere veröffentlichen.

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Eines behandelt die Frage, welche Befugnisse der Bundespräsident in der Außenpolitik hat. Das andere analysiert, nach welcher Amtsdauer Bundespräsidenten Recht auf Ruhebezüge haben.

1) Äußerungsbefugnisse des Bundespräsidenten zur Außenpolitik

Darf der Bundespräsident sich zur Außenpolitik der Bundesregierung äußern? Dies ist das Thema eines Gutachtens, das der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags Ende letzten Jahres anfertigte. Als es schließlich in die Redaktionen verschiedener Medien gelangte, waren die Reaktionen sehr unterschiedlich. Die Süddeutsche titelte "Gauck soll 'Nebenaußenpolitik' vermeiden", die BILD hyperventilierte "AUS DEM BUNDESTAG! Maulkorb-Gutachten für Bundespräsident Gauck". Die Tagesschau berichtete abwägend und zitierte auch Kritik am Wissenschaftlichen Dienst. Eines hatten aber alle Medien gemeinsam: Sie veröffentlichten das Gutachten nicht. Damit sich jeder eine eigene Meinung bilden kann, also hier jetzt das Original. Das zeigt vor allem, dass die Frage der Äußerungsbefugnisse von Bundespräsidenten umstritten ist. Und nicht so eindeutig, wie es die BILD glauben machen will.

2) Ruhebezüge des Bundespräsidenten bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Amt

Als Christian Wulff im Februar 2012 sein Amt als Bundespräsident niederlegte, entbrannte eine Debatte darüber, ob er nach nur zwei Dienstjahren Anspruch auf das volle Ehrensold von rund 200.000 Euro im Jahr hat. Befeuert wurde sie durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, das laut FAZ, manager magazin und anderen den Anspruch auf Ehrensold bezweifelte, da der Präsident "wegen privater Verfehlungen" zurücktrat. Nur: Zwei Wochen später urteilte das Bundespräsidialamt, dass Wulff -- entgegen der fachlichen Meinung im Gutachten -- wegen politischer Entwicklungen zurücktrat. Es erteilte ihm den Ehrensold. Auch hier hatte kein Medium das Gutachten selbst veröffentlicht und es damit unmöglich gemacht, die -- letztlich nicht durchschlagende -- juristische Argumentation des Wissenschaftlichen Dienstes in Gänze nachzuverfolgen. Deswegen hier jetzt das Original.

Diese beiden Beispiele zeigen, dass Bundestags-Gutachten oft mit einem politischen Spin in die öffentliche Debatte eingebracht werden. Hinter ihrer Lancierung an die Medien steht ein politisches Interesse. Fällt ein Gutachten nicht im Sinne des Auftraggebers aus, kann es still und heimlich in den Archiven verstauben. Um den politischen Spin kritisch hinterfragen zu können, brauchen wir also die Originale. Und nicht nur Zitate daraus.

Zu weiteren Anfragen an den Wissenschaftlichen Dienst

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