1,3 Millionen Akten sind unzumutbar

Wie viel Arbeit muss eine Behörde auf sich nehmen, um Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nachzukommen? Nur zumutbare Arbeit, hat das Bundesverwaltungsgericht heute entschieden.

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Danach muss die ehemalige Treuhandanstalt einem Kläger die Einsicht in 4.255 Aktenordner mit jeweils 300 Blättern nicht gewähren, weil die Akten jeweils auf Betriebsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten überprüft werden müssten.

In dem Fall geht es um die Herausgabe von Akten zur Privatisierung der ostdeutschen Leunawerke nach der Wiedervereinigung 1990, die im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen an Politiker in Deutschland und Frankfreich standen ("Leuna-Affäre"). An den Inhalten der Aktenordner hat der Kläger ein großes persönliches Interesse: Er arbeitete zu der Zeit als Lobbyist für den berüchtigten Ölkonzern Elf Aquitaine, wurde unter anderem wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt und hatte seit 2006 versucht, durch die Akten Material für seine Verteidigung zu erlangen.

Auch über den Fall der Leunawerke hinaus berührt das Urteil des Bundesverwaltungsgericht ein Grundproblem im Zusammenhang mit der Informationsfreiheit: Im IFG heißt es, dass Zugang zu Informationen nur dann gewährt werden darf, wenn dies keinen "unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand" nach sich zieht. Klar definiert ist die Verhältnismäßigkeit im IFG jedoch nicht.

Fordert eine Antragsstellerin eine große Zahl von Akten an, müssen Behördenmitarbeiter in der Regel nicht nur die Ordner bereitstellen, sondern sie auch daraufhin prüfen, ob in den Akten schützenswerte Daten wie Geschäftsgeheimnisse enthalten sind.

Bei einer solch großen Zahl von Akten ist eine Prüfung unzumutbar, hat das Bundesverwaltungsgericht heute im Gegensatz zur Vorinstanz festgestellt - vorausgesetzt, für einen Teil der Akten könne die Behörde beweisen, dass eine Prüfung vorgenommen werden muss.

Die Zusendung weniger Aktenordner ist auf jeden Fall zumutbar, wie netzpolitik.org vor kurzem feststellen konnte: Zum Leistungsschutzrecht sendete ihnen das Bundeskanzleramt zwei Aktenordner mit insgesamt 678 Kopien zu.

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