Bundesrat ist jetzt transparenter
Unsere Klage gegen das Land Hessen hat sich gelohnt: Der Bundesrat ist transparenter geworden. Erstmals veröffentlichen alle Bundesländer ihr Abstimmungsverhalten bei Bundesratssitzungen online, wie es sich für eine Demokratie gehört. Es gibt aber weiterhin Defizite.

In der Berichterstattung über Gesetzgebung wird die Arbeit des Bundesrats traditionell wenig beachtet. Das wird seiner Bedeutung nicht gerecht: Schließlich ist die Länderkammer an fast allen großen Gesetzesvorhaben beteiligt. Außerdem ist der Bundesrat ein weitgehend unreguliertes Spielfeld für Lobbyisten. Vor allem Unternehmen können über Bundesländer, in denen sie ansässig sind, großen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten und Änderungsanträge der Länder ausüben.
Umso überraschender ist, dass das Abstimmungsverhalten der Bundesländer im Bundesrat über Jahrzehnte nicht protokolliert wurde. Zwar sind Sitzungen des Bundesrats öffentlich. Die offiziellen Protokolle der Länderkammer vermerken aber bis heute nur das Ergebnis von Abstimmungen, nicht das Verhalten der Anwesenden. Erst eine Initiative im Jahr 2013 änderte dies in Ansätzen: Baden-Württemberg war das erste Land, das seine Abstimmungsergebnisse online stellte. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte sich während seiner Bundesratspräsidentschaft 2012/2013 für mehr Transparenz eingesetzt. Weitere Bundesländer folgten seinem Beispiel in den darauffolgenden Jahren.
Anfragen für Sachsen-Anhalt, Klage für Hessen
Einige weigerten sich allerdings konsequent, ihre Abstimmungen offenzulegen. Die letzten Bundesländer ohne Transparenz waren Sachsen-Anhalt und Hessen. Mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes konnten wir die Position der beiden Bundesländer verändern.
In Sachsen-Anhalt stellten wir im vergangenen Jahr nach und nach Anfragen nach dem Abstimmungsverhalten des Landes – erst für die 959. Sitzung des Bundesrats, dann für die 958. Sitzung, dann für die 957. Sitzung – bis das Land ankündigte, die erforderlichen Dokumente von sich aus zu veröffentlichen.
In Hessen mussten wir hingegen mit einer Klage nachhelfen. Da es in dem Bundesland bis zum Sommer noch kein Informationsfreiheitsgesetz gab, fragten wir nach dem Abstimmungsverhalten des Landes auf Basis des Umweltinformationsgesetzes. Das war unserer Ansicht nach einschlägig, weil im Bundesrat auch Umweltthemen verhandelt werden. Die hessische Staatskanzlei antwortete uns allerdings nicht, sodass wir Untätigkeitsklage einreichten mussten.
Informationen jetzt online, aber dezentral
Das wirkte: Im Laufe des Gerichtsprozesses gab Hessen die geforderten Informationen auch ohne eine Verhandlung heraus, sodass das Verfahren eingestellt wurde. Kurz darauf fing das Land an, sein Abstimmungsverhalten zu veröffentlichen, um weitere Anfragen zu vermeiden.
Damit veröffentlichen inzwischen alle 16 Länder ihr Abstimmungsverhalten in den Bundesratssitzungen auf ihren eigenen Internetseiten. Das ist ein großer Fortschritt – freilich aber trotzdem in der Umsetzung ziemlicher Unsinn. Das Abstimmungsverhalten sollte nämlich nicht nur dezentral bei den Ländern, sondern auch gesammelt auf der Website des Bundesrats einsehbar sein. Und am besten dort auch protokolliert. Oder vielleicht auch auf einer Webseite der Zivilgesellschaft.