Welche Geschenke hat die Kanzlerin erhalten? Wir verklagen das Kanzleramt

Sämtliche Geschenke, die Behördenmitarbeiter erhalten, müssen veraktet werden. Ein sinnvolles Mittel der Korruptionsprävention: So kann unabhängig überprüft werden, ob sich Einzelne Vorteile verschaffen. Das Kanzleramt weigert sich aber, uns Auskünfte dazu zu erteilen. Deswegen verklagen wir das Amt.

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Eine Flasche Wein, ein gutes Buch, ein paar brauchbare Kugelschreiber. Wer in einem Bundesministerium arbeitet, kommt bei Begegnungen mit Interessenvertretern ab und zu ins Grübeln: Geschenk annehmen oder ablehnen?

Meist hilft in solchen Fällen ein Blick in Verwaltungsvorschriften. Denn der Gesetzgeber hat vorgesorgt. Teure Geschenke müssen abgelehnt werden oder nach einer Annahme gespendet. Bis zu einem Wert von 25 Euro dürfen Beschäftigte der Bundesverwaltung nach einer Anordnung des Innenministeriums Geschenke annehmen. Das aber auch nur unter einer Bedingung: In diesen Fällen müssen sie die Geschenke melden. Ein sinnvolles Mittel der Korruptionsprävention.

Kanzleramt weigert sich, Geschenkelisten herauszugeben

Im Zuge der diesjährigen IFG-Meisterschaften haben wir deswegen alle Bundesministerien nach den dort eingegangen Geschenken angefragt. Die meisten von ihnen antworteten. Nur das Bundeskanzleramt weigerte sich. Es wolle nicht preisgeben, welche Geschenke seine Mitarbeiterinnen bekommen hätten. Das Amt sei dazu auch nicht verpflichtet: Es müsse Informationen nämlich nicht als Liste aufbereiten, sondern lediglich Dokumente herausgeben.

Deswegen verklagen wir das Bundeskanzleramt jetzt auf Herausgabe von Geschenkelisten. Wir sind der Ansicht, dass Behörden vorhandene Informationen herausgeben müssen, egal wie sie gespeichert sind. In diesem Fall ist es egal, ob eine Liste von Geschenken schon existiert oder noch erstellt werden muss. Das Kanzleramt sollte sich die Mühe machen, auf Anfragen angemessen zu reagieren. Wenn es das nicht von sich aus tut, dann eben mit Hilfe des Verwaltungsgerichts Berlin.

Die Klage ist die vierte unserer Advenstklagen und zugleich die 21. Klage insgesamt, über die wir berichten. Einige haben wir noch in petto. Eine Übersicht aller Klagen gibt es hier.

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Katja Pink Rechtsanwältin _________________________________________________________________________________ Anwaltsbüro Pink.• Rechtsanwältin • Hohenzollerndamm 7 • 10717 Berlin Hohenzollerndamm 7 10717 Berlin Verwaltungsgericht Berlin Kirchstr. 7 10557 Berlin Telefon 030 – 88 62 48 59 Telefax 030 – 88 62 48 67 E-Mail kanzlei@rechtsanwaeltin-pink.de www.rechtsanwaeltin-pink.de Berlin,5. November 2018 Mein Az: P013K181 pi d1/d12564 Klage des Herrn Arne Semsrott, c/o Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. Singerstr. 109, 10179 Berlin - Kläger - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Katja Pink, Hohenzollerndamm 7, 10717 Berlin, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Str. 1, 10557 Berlin, - Beklagte - wegen Antrag zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Gegenstandswert (vorläufig) 5.000,- €
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Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin mit dem Antrag, I. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundeskanzleramtes vom 8. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2018 zu verpflichten, dem Kläger gemäß seiner E-Mail vom 15. Mai 2018 Zugang zu den beim Bundeskanzleramt vorhandenen Informationen zu sämtlichen (meldepflichtigen) Geschenken, die aktuelle und ehemalige Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes während der 18. Wahlperiode mit Bezug zu ihrem Amt erhalten haben, aus denen folgende Angaben - ohne die Namen, Anschriften und Telekommuni- kationsdaten natürlicher Personen - hervorgehen: - Art des Geschenkes - Wert - Verwendung II. der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Eine entsprechende Prozessvollmacht ist beigefügt. Begründung Tatbestand Der Kläger begehrt vom Bundeskanzleramt Zugang zu amtlichen Informationen zu den anzeigepflichtigen Geschenken an Behördenmitarbeiter während der 18. Legislaturperiode. Der Kläger ist freier Journalist und setzt sich durch seine Tätigkeit in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und publizistischen Beiträgen für offenes Wissen und Transparenz in der Politik und Verwaltung im Interesse der freien politischen Meinungsbildung und die zivilgesellschaftlichen Beteiligung der Bürger ein. Er ist Projektleiter der von der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. zur Förderung der 2
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Informationsfreiheit betriebenen Internetplattform FragdenStaat. Mit E-Mail vom 15. Mai 2018 (Anl. K 1) beantragte der Kläger beim Bundeskanzleramt gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die Übersendung von amtlichen Informationen zu sämtlichen meldepflichtigen Geschenken, die aktuelle und ehemalige Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes während der 18. Wahlperiode mit Bezug zu ihrem Amt erhalten haben, aus denen folgende Angaben hervorgehen: - Art des Geschenkes - Wert - Verwendung Mit der Unkenntlichmachung personenbezogener Daten erklärte sich der Kläger einverstanden. Es wird insoweit auf den als Anlage K 1 beigefügten Antrag vom 15. Mai 2018 Bezug genommen. Anträge beim Auswärtigem Amt, dem Bundespräsidialamt und den Bundesministerien Gleichlautende Anträge stellte der Kläger auch beim Bundespräsidialamt, dem Auswärtigem Amt und den Bundesministerien. Das Auswärtige Amt hat dem Antrag stattgegeben und eine entsprechende Liste übermittelt. Es wird insoweit auf den beigefügten Bescheid des Auswärtigen Amtes vom 6. Juni 2018 (Anl. K 2) Bezug genommen. Das Bundespräsidialamt hat für den mit der Herausgabe der begehrten Informationen verbundenen Verwaltungs- aufwand eine Gebühr in Höhe von 200,- € mit der Begründung in Ansatz gebracht, dass keine eigene Liste oder Statistik zu meldepflichtigen Geschenken mit den erbetenen Detail- informationen geführt werde und daher erst sämtliche Geschenkanzeigen der Mitarbeiter des Bundespräsidialamtes durchgesehen werden müssten. Es wird insoweit auf das beigefügte Schreiben des Bundespräsidialamt vom 1. Juni 2018 (Anl. K 3) Bezug genommen. Das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur haben ihre Informationspflicht in Beantwortung des Informationsbegehrens des Klägers nicht von vornherein vorbehaltlos anerkannt. (So hat das Bundesministerium für Gesundheit mit E-Mail vom 15. Juni 2018 (Anl. K 4) dem Antrag teilweise stattgegeben und darauf hingewiesen, dass die vor dem März 2016 nicht zentral erfassten Informationen im Wege der Durchsicht aller Personalakten des Hauses zusammengestellt werden müssten. Es sei daher noch zu prüfen, ob insoweit überhaupt Anspruch auf Informationszugang zu Inhalten von Personalakten bestünde. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale 3
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Infrastruktur erteilte mit Schreiben vom 1. Juni 2018 (Anl. K 5) Auskunft über die Anzahl der pro Jahr erfolgten Anzeigen sowie das Ergebnis einer stichprobenartigen Sichtung hinsichtlich der begehrten Detailinformationen. Darüber hinaus wurde darauf verwiesen, dass eine Zusammenstellung der entsprechenden Angaben - sofern überhaupt geschuldet - mit einem erheblichen und daher gebührenauslösenden Aufwand verbunden wären.) Alle anderen elf Bundesministerien haben dem Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz entweder gebührenfrei stattgegeben oder für die Informationsgewährung wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes eine nicht unerhebliche Gebühr unter Bezugnahme auf § 10 Abs. 1 IFG i.V.m. der Informationsgebührenverordnung verlangt. (Beispielhaft wird hier Bezug genommen auf den als Anlage K 6 beigefügten Bescheid des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 24. Mai 2018 nebst Auszug aus der übermittelten Liste der meldepflichtigen Geschenke und die mit E-Mail des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit übermittelte und hier im Auszug beigefügten Auflistung (Anl. K 7) sowie die entsprechenden Bescheide von vier weiteren Bundesministerien (Anl. K 8 bis 11), die E-Mail des Bundesministerium für Umweltschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 4. September 2018 (Anl. K 12) und die E-Mail des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vom einen 30. Mai 2018 (Anl. K 13).) Ablehnung des Antrags durch das Bundeskanzleramt Das Bundeskanzleramt hingegen lehnte mit Bescheid vom 8. Juni 2018 (Anl. K 14 ) den Antrag des Klägers umfassend ab. Zur Begründung wurde aufgeführt, dass im Bundeskanzleramt keine systematische Zusammenstellung der meldepflichtigen Geschenke vorlägen und das IFG auch keine Informationsbeschaffungspflicht normiere, hierauf würde die begehrte Informationsgewährung jedoch hinauslaufen. Es wird insoweit auf den als Anlage K 14 beigefügten Bescheid des Bundeskanzleramt vom 8. Juni 2018 Bezug genommen. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 27. Juni Bundeskanzleramt Widerspruch. Der Widerspruch wurde unter 2018 beim Verweis auf die Kommentierung bei Schoch, IFG, 2016, § 1, Rn. 40 damit begründet, dass die begehrten Informationen beim Bundeskanzleramt vorhanden seien und das Bundeskanzleramt nach dem IFG zu einer entsprechenden Informationsaufbereitung verpflichtet sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2018 (Anl. K 15) wurde der Widerspruch durch das Bundeskanzleramt mit der Begründung zurückgewiesen, dass für die begehrten Informationen die einschlägigen Akten des Bundeskanzleramtes durchgesehen werden, sodann die angefragten Informationen exzerpiert und schließlich systematisch zusammengestellt werden müssten. Hierdurch würde erstmalig eine neue Sachinformation 4
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generiert. Hierzu sei das Bundeskanzleramt nach dem IFG aber nicht verpflichtet. Es wurde auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. November 2014 - BVerwG 7 C 20.12, Rn. 37 - verwiesen. Es wird insoweit auf den als Anlage K 15 beigefügten Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2018 Bezug genommen, der dem Kläger per Fax am 9. Oktober 2018 übersandt wurde. Mit der hier erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Informationsbegehren weiter. Rechtliche Begründung Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Bundeskanzleramts vom 8. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). 1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes – IFG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ im Sinne des Gesetzes und damit anspruchsberechtigt. Beim Bundeskanzleramt handelt es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Er erstrebt auch Zugang zu amtlichen Informationen. Die vom Kläger begehrten Angaben in Bezug auf die anzeigepflichtigen Geschenke an Behördenmitarbeiter sind amtliche Aufzeichnungen gemäß § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG, da sie der Aufgabenerfüllung des Bundeskanzleramtes und damit amtlichen Zwecken dienen. Regelungen über die Annahme von Geschenken an Behördenmitarbeiter Die Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen ist Bediensteten des Bundes nach § 71 Bundesbeamtengesetz (BBG), § 3 Abs. 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) grundsätzlich verboten. Nach § 71 Abs. 1 BBG dürfen Beamte, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, keine Belohnungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile für sich oder einen Dritten in Bezug auf ihr Amt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Ausnahmen sind nur mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde bzw. der von dieser ermächtigten Behörde – in der Regel ist das die Beschäftigungsbehörde – zulässig. Entsprechendes gilt für Tarifbeschäftigte nach § 3 Absatz 2 TVöD. Einer Ausnahme vom Verbotsgrundsatz darf daher nur zugestimmt werden, wenn das Vertrauen des Bürgers in die uneigennützige und allein am Gesetz orientierte Amtsführung wegen des 5
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bereits eindeutig fehlenden Anscheins der Beeinflussung nicht gefährdet werden kann. Nach § 106 Abs. 1 Satz 4 BBG gehören alle Unterlagen zur Personalakte, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit ihrem oder seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten). Entscheidung der Dienststelle über den Antrag auf Genehmigung einer Zuwendung sind daher in die Personalakte aufzunehmen. Das Bundesministerium des Inneren (BMI) hat die Richtlinien zum Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken in der Bundesverwaltung in einem Rundschreiben zusammengefasst. Hiernach besteht Aufmerksamkeiten gegenüber dem auch bei Dienstherrn der oder Annahme von Arbeitgeber geringfügigen eine generelle Anzeigepflicht (Annahme von Belohnungen oder Geschenken - Neufassung - VMBL 2005, Seite 126 Nr. 7). Nach dem Rundschreiben des BMI vom 8. November 2004 – D I 3 – 2010 170/1 (GMBl. Seite 1074) ist die Annahme von Geschenken wie folgt geregelt: Es gilt der Grundsatz, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bereits jeden Anschein vermeiden müssen, im Rahmen ihrer Amtsführung für persönliche Vorteile empfänglich zu sein. Deshalb dürfen Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf das Amt oder die dienstliche Tätigkeit nicht angenommen werden. Ausnahmen bedürfen grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Dienstherrn oder des Arbeitgebers. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben dem Dienstherrn oder dem Arbeitgeber unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen, wenn ihnen Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit angeboten wurden. Um bereits den bloßen Anschein zu vermeiden, für persönliche Vorteile empfänglich zu sein, haben die Beschäftigten vor der Annahme von Geschenken oder Belohnungen die Zustimmung auf dem Dienstweg bei der zuständigen Stelle unverzüglich zu beantragen und insoweit auch anzuzeigen. Die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung ist grundsätzlich ausdrücklich und für jeden Einzelfall gesondert zu treffen. Die Zustimmung zur Annahme ist schriftlich oder elektronisch zu beantragen. Ausnahmsweise kann in besonders gelagerten Fällen bei bestimmten Bewirtungen, Dienstleistungen oder geringfügigen Aufmerksamkeiten bis zu einem Wert von 25,- € von einer stillschweigend erteilten Zustimmung ausgegangen werden. Bei der Annahme geringfügiger Aufmerksamkeiten besteht jedoch in jedem Fall gegenüber dem Dienstherrn oder Arbeitgeber eine Anzeigepflicht. Anzuzeigen sind der Gegenstand, der geschätzte Wert des Gegenstandes, der Anlass der Zuwendung und von wem der Gegenstand gewährt wurde. Die obersten Dienstbehörden können somit eine generelle Zustimmung zur Annahme geringwertiger Geschenke unter der Bedingung erteilen, dass jede Annahme unverzüglich anzuzeigen ist. Die obersten Dienstbehörden können zu diesen 6
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Richtlinien ergänzende bzw. weitergehende Anordnungen treffen, insbesondere um speziellen Gegebenheiten in ihren Bereichen oder einzelnen Verwaltungszweigen gerecht zu werden. Aktenführung über die begehrten Informationen bei den angefragten Bundesbehörden Gemäß § 106 Abs. 1 Satz 4 BBG sind die Anzeigen der Mitarbeiter bei der Annahme von Geschenken unabhängig davon in die Personalakten aufzunehmen, ob bereits eine generelle Zustimmung durch den obersten Dienstherrn erteilt wurde oder diese erst beantragt werden muss. Darüber hinaus kann eine allgemeine Sachakte geführt werden, in der alle Anzeigen und Anträge auf Genehmigung einer Zuwendung gesammelt und somit zentral oder bereichsspezifisch erfasst werden. In der Praxis erfolgt die Veraktung dieser Vorgänge durch die Bundesbehörden offenbar unterschiedlich. Dies ergibt sich aus Beantwortung der von dem Kläger angefragten Behörden wie oben darlegt. Bei einer zentralen elektronischen Erfassung der hier begehrten Angaben konnte der Informations- zugang durch die Behörden gebührenfrei gewährt werden, andere Behörden mussten offenbar die Personalakten aller Mitarbeiter einschließlich der inzwischen ausgeschiedenen, oder ggf. auch hierzu geführten allgemeinen Sachakten durchsuchen. Es wird insoweit auf die Anlage K 2 bis 15 Bezug genommen. Eine entsprechende Aktenführung dürfte auch für das Bundeskanzleramt angenommen werden. 2. Zusammenstellung von Einzelinformation - keine Informationsbeschaffung Zu Recht hat der Kläger in seinem Widerspruch geltend gemacht, dass das Bundes- kanzleramt nach dem IFG zu einer Zusammenstellung der beim Bundeskanzleramt vorhandenen einzelnen Informationen über die hier begehrten Angaben verpflichtet sei. Dieser Verpflichtung ist das Bundeskanzleramt bisher nicht nachgekommen. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger begehre mit seinem Antrag eine Informationsaufbereitung, die im Ergebnis auf eine nicht geschuldete Informations- beschaffung hinausläuft. Dies vermag hier nicht zu überzeugen: Der Informationsanspruch ist grundsätzlich auf den bei der informationspflichtigen Behörde vorhandenen Bestand beschränkt. Die Behörde trifft daher keine Informationsbeschaffungs- pflicht, und sie ist nicht gehalten, begehrte Informationen durch Untersuchungen erst zu generieren (BVerwG, Urteil vom 27.11.2014 - 7 C 20.12 -, Rn. 37; BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 11 Rn. 11 m.w.Nachw.; zum presse- 7
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rechtlichen Auskunftsanspruch – BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 30). Das Informationszugangsrecht soll daher nicht als Mittel genutzt werden können, die Behörden zur Erhebung von Informationen zu veranlassen, welche sie im Rahmen ihrer Aufgaben-wahrnehmung nicht erhoben haben und die deshalb auch nicht Teil der amtlichen Akten sind (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2017 - 1 BvR 1978/13 - , Rn. 23). Um eine solche Informationsbeschaffung geht es hier aber nicht. Gegenstand des Informationsbegehren sind die vom Bundeskanzleramt vor Eingang des Antrags im Zusammenhang mit den Geschenkannahmen und Anzeigen angefertigten und im Antrag näher spezifizierten amtlichen Aufzeichnungen. Diese liegen dem Bundeskanzler zumindest als Einzelinformationen vor. Dies wird von der Beklagten auch insoweit nicht bestritten. Heraussuchen der begehrten Information aus dem Informationsbestand der Behörde Die Ermittlung der begehrten amtlichen Aufzeichnungen aus dem Aktenbestand erfordert eine Durchsicht der hierfür in Betracht kommenden Akten und eine inhaltliche Bewertung, ob die dort vorhandenen Informationsträger die antragsgemäß bezeichneten amtlichen Informationen verkörpern. Richtig ist, dass für die Übermittlung der hier begehrten Informationen diese gegebenenfalls von den weiteren auf dem Informationsträger vorhandenen amtlichen Informationen entweder durch Trennung und Schwärzung oder im Wege der einfachen Übertragung auf einen anderen Informationsträger ausgesondert werden müssten. Dieser Vorgang der Aussonderung einer Information ist jedoch ein vom Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes vorausgesetzter Verwaltungsvorgang, um den durch den Antragsteller zu bestimmenden Informationszugang zu gewähren (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 40). Demgemäß stellt § 7 Abs. 2 S. 1 IFG auch klar, dass die Behörden bei geheimhaltungsbedürftigen Informationen in den amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnungen verpflichtet sind, die nicht der Geheimhaltung unterliegenden Informationen nach Möglichkeit durch Separierung dem Antragsteller zugänglich zu machen, soweit diese von seinem Informationsbegehren erfasst sind. Die erforderliche Suche in dem vorhandenen Informationsbestand nach den antragsbezogenen Vorgaben unter Berücksichtigung der zeitlichen Abfolge und die Abtrennung von anderen amtlichen Informationen dient lediglich der Beseitigung des in verwaltungstechnischen Erwägungen wurzelnden Zugangshindernis für die Informations- gewährung. Allein das Zusammentragen von Informationen aus verschiedenen exekutiven Vorgängen ist wie die Addition gleichartiger Informationen keine vom Informationsanspruch 8
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nicht umfasste inhaltliche Aufbereitung von Informationen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2014 - 7 C 20.12 -, Rn.37). Geordnete Zusammenstellung von Einzelinformationen Bei der anspruchsverpflichteten Stelle sind im Rechtssinne auch solche Informationen „vorhanden“, die erst noch zusammengestellt werden müssen (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 40). Die hier begehrte Zusammenstellung von Einzelinformationen, die sich in verschiedenen Akten zu den von der Behörde nach ihren Sachkriterien zu einer Einheit zusammengefassten Verwaltungsvorgängen befinden, ist nicht auf die Erstellung einer neuen Information gerichtet. Richtig ist zwar, dass erst die Zusammenschau der zusammengetragenen Einzelinformationen bei einer entsprechenden Auswertung Erkenntnisse ermöglicht, die sich aus der jeweiligen Einzelinformation nicht erschließen würden. Diese Erkenntnisse aus der Zusammenschau zu gewinnen, bleibt jedoch allein dem Kläger überlassen und ist nicht durch das Bundeskanzleramt als neue Sachinformation zu generieren. Die durch die Summe aller Einzelinformation verkörperte Gesamtinformation ist bei der Behörde Einzelinformationen bereits vorhanden zusammengetragen und wird nicht erst generiert, indem die werden und dem Kläger durch die Informationsgewährung eine Zusammenschau der Einzelinformationen ermöglicht wird. Die Behörde hat dem Kläger die zusammengetragenen Einzelinformationen nach dem IFG zu Informationszwecken lediglich zugänglich zu machen. Dies erfordert eine den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung auch entsprechend sachgerecht geordnete Zusammenstellung der Einzelinformationen. Eine weitergehende Auswertung durch Zusammenführung von Informationen innerhalb oder außerhalb dieser amtlichen Aufzeichnungen zu einer ganz neuen Information erfolgt dadurch jedoch nicht. Die geordnete Zusammenstellung der Einzelinformationen verkörpert selbst noch keine neue Sachinformation, sondern ermöglicht bzw. vereinfacht lediglich den Zugang zu dem beim Bundeskanzleramt vorhandenen Gesamtbestand aller Einzelinformationen aus mehreren Verwaltungsvorgängen und Akten für den betreffenden Zeitraum im Zusammenhang mit den Geschenkanzeigen. 9
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3. Keine Ausschlussgründe nach dem IFG Dem Informationsanspruch stehen auch keine Ausschlussgründe nach dem IFG entgegen und wurden bisher auch nicht geltend gemacht. Die Klage ist damit begründet. Beglaubigte und einfache Abschrift anbei. Pink Rechtsanwältin 10
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