Verwaltungsgericht Berlin entscheidet über Offenlegung von Anwaltskosten

Die Bundesregierung muss nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) offenlegen, wie viel Geld sie der Anwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs für ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gezahlt hat. Das hat heute das Verwaltungsgericht Berlin entschieden (Aktenzeichen VG 2 K 50.17).

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CC-BY-SA 3.0 Fridolin freudenfett

Mit freundlicher Weiterleitung von Cécile Lecomte:

Wie viel ließ sich die Bundesregierung einen Streit gegen Kletteraktivistin Cécile Lecomte vor dem Bundesverfassungsgericht kosten? Das will die in Lüneburg lebende Aktivistin in Erfahrung bringen. Ihre Klage gegen die Bundesregierung wird am kommenden Donnerstag, den 18.1., um 10 Uhr vor dem Berliner Verwaltungsgericht in einem öffentlichen mündlichen Termin verhandelt (Aktenzeichen VG 2 K 50.17).

Cécile Lecomte hat über das Portal „Frag den Staat“ eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gestellt. Sie begehrt die Veröffentlichung von Rechnungen einer Großkanzlei, die durch die Bundesregierung mit der Erwiderungen auf zwei ihrer Verfassungsbeschwerden (Aktenzeichen 2 BvR 1754/14 und BvR 1900/14) beauftragt wurde. Obwohl die Bundesregierung selbst über eine eigene juristische Abteilung verfügt.

Die Kanzlei Redeker Sellner Dahs – auch für Unterlassungserklärungen gegen Umweltaktivist*innen im Auftrag des RWE-Konzern im rheinischen Braunkohlerevier bekannt – erwiderte auf die Verfassungsbeschwerden von Cécile Lecomte mit einer 55-Seiten langen Stellungnahme. Hintergrund waren Verfassungsbeschwerden der Kletteraktivistin, womit sie sich gegen Ingewahrsamnahmen anlässlich von zwei (Kletter)Protestaktionen gegen Castortransporte zum Zwischenlager Lubmin in den Jahren 2010 und 2011 wehrte. Die Atomkraftgegnerin hatte ihre Verfassungsbeschwerden selbst geschrieben. Obwohl die Bundesrepublik sich in dem Streit anwaltlich vertreten ließ, erhielt Cécile Lecomte keinen rechtlichen Beistand. Das Bundesverfassungsgericht gab im Sommer 2017 den Verfassungsbeschwerden der Aktivistin statt und hob Urteile des Landgerichts Stralsund auf.

Der Streit um die Veröffentlichung der Kostenrechnung für die anwaltliche Vertretung der Bundesregierung gegen die Aktivistin geht weiter. Das Ministerium des Inneren lehnte die Veröffentlichung der Rechnungen im Rahmen der IFG-Anfrage ab. Der Fall war Gegenstand einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung (Drucksache 18/ 10169 ). Hier mauerte die Bundesregierung auch mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse und Wettbewerbsposition.

Cécile Lecomte reichte daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht ein. Ihre Klage wird nun verhandelt.

"Ich wüsste gerne, wie viel der Staat sich die Durchsetzung seiner Interessen gegen Bürger*innen kosten lässt – zumal ich in dem Verfahren um meine Verfassungsbeschwerden selbst kein Geld für die Bezahlung eines Anwaltes hatte und mich selbst verteidigen musste. Dass ich meine Grundrechte vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich durchsetzen konnte, ändert nicht daran, dass ich der Auffassung bin, dass die Öffentlichkeit erfahren darf, wie viel hier ausgegeben wurde. Schätzung eines bekannten Anwaltes zur Folge könnte der Betrag sich um die 20 000 Euro bewegen.“ erläutert Lecomte ihre Motivation. Zum Termin sind nicht nur die Vertreter der Bundesregierung geladen, sondern auch ein Vertreter der Großkanzlei. Und der Anwalt der Klägerin. Denn vor dem Verwaltungsgericht wurde ihr im Rahmen der Prozesskostenhilfe ein Rechtsanwalt beigeordnet, weil ihre Klage Chancen auf Erfolg hat. Das Gericht versuchte zuvor Bundesregierung und Großkanzlei zu einer außergerichtlichen Einigung zu bewegen – der Versuch blieb ohne Erfolg.

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