Berliner Verfassungsschutz muss Auskunft geben (Update)
Europarecht bestimmt, dass alle Behörden von Bund und Ländern beim Thema Umwelt transparent agieren müssen. Jetzt hat das Verwaltungsgericht Berlin nach unserer Klage klargestellt: auch der Berliner Verfassungsschutz fällt darunter. Eine Bereichsausnahme für den Geheimdienst ist nicht rechtskonform.

Foto von Leonard Wolf
Update, 02.05.2019: Hier ist jetzt das Protokoll der Verhandlung mit dem Hinweis zur Auskunftspflicht des Verfassungsschutzes.
Abgaswerte von Dienstfahrzeugen, Überwachungen von Umweltgruppen, Gutachten zu chemischen Kampfstoffen: Der sogenannte Berliner Verfassungsschutz hat in seiner Arbeit ständig mit Umweltinformationen zu tun. Darüber muss er grundsätzlich Auskunft geben, auch wenn er das nicht will. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin heute auf Basis unserer Klage gegen das Amt klargestellt.
Bisher hatte sich der Geheimdienst, der in Berlin Teil der Innenverwaltung ist, auf eine Bereichsausnahme im Verfassungsschutzgesetz berufen. Danach findet das Berliner Informationsfreiheitsgesetz keine Anwendung auf die Akten des Dienstes. Diese Regelung ist allerdings europarechtswidrig, befand das Verwaltungsgericht heute in der mündlichen Verhandlung.
Verfassungsschutzgesetz verstößt gegen Europarecht
Nach dem Umweltinformationsgesetz müssen nämlich alle Behörden in ganz Europa Auskunft über Informationen geben, die ihnen in Bezug auf die Umwelt vorliegen. Eine Bereichsausnahme für Geheimdienste ist nicht möglich.
Auf der Grundlage des Hinweises vom Verwaltungsgericht können jetzt Anfragen an den Geheimdienst gestellt werden, die Bezug zur Umwelt aufweisen. Dabei ist der Begriff der Umweltinformation weit auszulegen – so sind etwa auch Akten zu Hubschrauberflügen Umweltinfos, weil Hubschrauber durch Lärm auf die Umwelt einwirken.
Unsere ursprüngliche Klage erklärten wir im Laufe des Verfahrens nach dem Hinweis des Gerichts für erledigt. Wir hatten den Dienst nach einer Übersicht von Umweltinformationen gefragt, die im Geheimdienst vorliegen. Da der Geheimdienst – entgegen seiner Verpflichtung im Umweltinformationsgesetz – eine solche Übersicht aber nie angefertigt hat, konnte er sie uns nicht aushändigen. Aufgrund der Feststellung des Verwaltungsgerichts muss der Geheimdienst jetzt aber eine solche Übersicht anfertigen, da er sich künftig auch ans Gesetz halten muss.
Volksentscheid Transparenz öffnet auch den Geheimdienst
Das Verfahren könnte künftig dazu führen, dass der Geheimdienst auch in Hinblick auf zahlreiche Skandale mehr Transparenz üben muss. Spätestens 2021 sollte der Dienst komplett den Transparenzregeln unterfallen, die für alle öffentlichen Stellen gelten: Mit dem Volksentscheid Transparenz, den wir in Berlin ins Leben gerufen haben, wollen wir die Bereichsausnahme auch für andere Teile des Geheimdienstes komplett abschaffen. Geheime Dienste, die gegenüber der Öffentlichkeit keine Rechenschaft ablegen müssen, vertragen sich nicht mit der Demokratie. Mehr Infos zum Volksentscheid gibt es hier.
In ähnlichen Fällen verklagen wir derzeit auch den Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die Klage gegen den BND wird am 29. Mai vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt.