Geheime MilliardenrechnungenWir klagen auf Transparenz bei Steuerschätzungen

Ohne die Steuerschätzung bewegt sich nichts: Die Bundesregierung basiert ihren Haushalt auf der ökonomischen Prognose eines Arbeitskreises. Fällt sie negativ aus, muss der Staat kürzen. Doch wie das wichtigste Rechenmodell Deutschlands zustande kommt, ist geheim. Das wollen wir ändern – mit einer Klage.

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Olaf Scholz –

Bundesministerium der Finanzen

124 Milliarden Euro weniger als ursprünglich erwartet nimmt der deutsche Fiskus bis 2023 ein. Das ist das Ergebnis der Steuerschätzung, die das Finanzministerium heute vorgestellt hat. Danach färbt die schlechte Konjunktur auch auf die Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung beim Finanzministerium ab.

Die schlechte Prognose hat potentiell tiefgreifende Konsequenzen: Die Haushaltsplanung für kommende Jahre, also Investitionen und Kürzungen sowie Änderungen des Steuerrechts hängen von der Steuerschätzung ab. So forderte der Bund der Steuerzahler als Reaktion auf die Steuerprognose heute direkt Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand.

Geheim seit 1955

Ob die allerdings wirklich gebraucht werden, ist nicht unabhängig überprüfbar. Denn der Arbeitskreis Steuerschätzung tagt seit seiner ersten Sitzung 1955 geheim – und auch seine Rechnungsmodelle zur Steuerschätzung sind unter Verschluss. Was in guter wissenschaftlicher Praxis unerhört wäre, gehört für die Bundesrepublik zur Staatsräson: Milliardeninvestitionen des Staates hängen von Modellen ab, die für die Öffentlichkeit nicht einsehbar sind.

Deswegen verklagen wir jetzt das Finanzministerium. Das Ministerium weigert sich, die Rechenmodelle nach dem Informationsfreiheitsgesetz herauszugeben. Dabei beruft es sich darauf, dass der Arbeitskreis Steuerschätzung nur ein Beirat des Finanzministeriums sei und gar nicht dazugehöre. Das ist freilich nur wenig überzeugend: Auch Beiräte gehören zu Ministerien.

Vertraulichkeit nur vorgeschoben

Auch das Argument des Ministeriums, die Herausgabe der Modelle würde eine vertrauliche Diskussion im Arbeitskreis gefährden, scheint vorgeschoben. Schließlich geht es vor allem um die Rechenmodelle, die letztlich tatsächlich eingesetzt werden. 

Neben dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium gehören fünf Wirtschaftsforschungsinstitute, das Statistische Bundesamt, die Deutsche Bundesbank, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie die Länderfinanzministerien und die Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände dem Arbeitskreis Steuerschätzung an.

Diese Klage wird uns voraussichtlich etwa 3.000 Euro kosten. Unterstütze unsere Klagen für Informationsfreiheit mit einem Dauerauftrag in Höhe von 2, 5 oder 10 Euro im Monat!

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raphael thomas - Rechtsanwälte - THOMAS RECHTSANWÄLTE - ORANIENBURGER STR. 23 - 10178 BERLIN Verwaltungsgericht Berlin Kirchstraße 7 10557 Berlin Raphael Thomas Rechtsanwalt Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Kay Witte Rechtsanwalt* Vittorio de Vecchi Lajolo Avvocato Rechtsanwalt** Datenschutzbeauftragter (TÜV) Rauna Bindewald, LL.M. Rechtsanwältin* Vorab per Fax: 030 – 9014 8790 Dr. Sebastian Creutz Rechtsanwalt** Jan Busemann Rechtsanwalt** Oranienburger Str. 23 10178 Berlin Tel: +49 30 220 6616 70 fax: +49 30 220 6616 77 Zweigstelle Chiemsee: Markstatt 6 83339 Chieming Tel: +49 8051 664 664 - 0 fax: +49 8051 664 664 - 6 Info@thomas-law-office.com www.thomas-law-office.com * Angestellte(r) RA(in) ** Of Counsel/Freier Mitarbeiter Ihr Zeichen: Unser Zeichen: Datum: 19-19 RB JR 18.02.2019 KLAGE des Herrn Arne Semsrott, Open Knowledge Foundation, Singerstraße 109, 10179 Berlin - Klägers - Prozessbevollmächtigte: Thomas Rechtsanwälte, Oranienburger Straße 23, 10178 Berlin gegen Bankverbindung: Kontoinhaber: Raphael Thomas; Bank: Deutsche Kreditbank AG, 10919 Berlin, Germany IBAN: DE71 1203 0000 1008 3448 95 BIC: BYLADEM 1001 Steuernummer: 34/559/00064 USt.-ID.: DE233979049
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2 die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin - Beklagte - wegen: Informationszugang Namens und in Vollmacht des Klägers beantragen wir, wie folgt zu erkennen: I. die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums der Finanzen vom 25.10.2018 in Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 05.02.2019, die aktuellen Rechenmodelle, mithilfe de- rer das Finanzministerium Prognosen und Kalkulationen zu Einkommenssteu- er, Körperschaftssteuer, und aller anderen Steuerarten vornimmt, die dazuge- hörigen Anleitungen, Annahmen und Hintergrundmaterialien, insofern diese elektronisch vorliegen, sowie die Datengrundlage aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen wurde, herauszugeben. II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Begründung A. Sachverhalt Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Informationszugang geltend. Er ist Journalist und Projektleiter bei FragDenStaat.de, einem Portal der Open Knowledge Foundation e.V., das es Jedermann ermöglicht, Informationsanfragen bei Behörden zu stellen. Dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist der Arbeitskreis Steuerschätzungen (AKS) angeglie- dert. Bei dem AKS handelt es sich um einen Beirat beim BMF, dessen Mitglieder aus diversen Insti- tutionen, u.a. dem BMF selbst, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie der Deut- schen Bundesbank und dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entsandt werden. Der AKS schätzt in der Regel im Mai und November jedes Jahres auf Grundlage der gesamtwirtschaftlichen Eckdaten der Bundesregierung sowie der zum Schätztermin
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3 vorliegenden Daten zum Steueraufkommen die künftigen Steuereinnahmen. Seine Prognosen sind Grundlage der Haushaltsplanung von Bund, Ländern und Kommunen. Zur Vorbereitung der Sitzungen des Arbeitskreises erstellen einzelne Mitglieder mit eigenen Metho- den und Modellen Schätzvorschläge für alle Steuerarten. In speziellen Sitzungen werden die ver- wendeten sowie neuere methodische Ansätze vorgestellt und diskutiert. Die eingebrachten Schätzvorschläge werden im Arbeitskreis diskutiert bis ein Konsens erreicht wird. Die Ergebnisse, also die Schätzungen, veröffentlicht das BMF. Mit E-Mail vom 10.11.2018 (beigefügt als Anlage K 1) bat der Kläger die Beklagte über FragDen- Staat.de um die Zusendung aktueller Rechenmodelle, mithilfe derer das Finanzministerium Progno- sen und Kalkulationen zu Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer, und aller anderen Steuerarten vornimmt, sowie der dazugehörigen Anleitungen, Annahmen und Hintergrundmaterialien, insofern diese elektronisch vorliegen, sowie der Datengrundlage, aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen wurde. Mit Bescheid vom 12.07.2018 (beigefügt als Anlage K 2) wies die Beklagte den Antrag des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass elektronische Anleitungen, Annahmen und Hintergrundmaterialien nicht existieren. In Bezug auf die Rechenmodelle führte die Beklagte aus, dass es kein isoliert zu betrachtendes Rechenmodell des BMF nebst Datengrundlage, aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen worden ist, gebe. Vielmehr gebe es verschiedene Modelle, die für die jeweiligen Schätzvorschläge genutzt würden. Das zentrale Rechenmodell des AKS stelle jedoch das beim BMF gepflegte Rechenmodell dar. Der Herausgabe stünden jedoch die Ausschlussgründe des §§ 3 Nr. 3b, Nr. 4, Nr. 7 IFG sowie der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung entgegen. Der AKS habe sich eine Geschäftsordnung (GO AKS) mit Regelungen zur Nichtöffentlichkeit, Vertraulichkeit und Verschwiegenheit gegeben habe (anbei als Anlage K 3). Die in § 4 Abs. 2, § 6, § 7 Abs. 1 der GO AKS festgelegten Bestimmungen über die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen und Vertraulichkeit der Beratungen konstituieren nach Ansicht der Beklagten ein besonderes Amtsgeheimnis i.S.d. § 3 Nr. 4 IFG. Darüber hinaus stehe dem Anspruch des Klägers § 3 Nr. 3 b) IFG entgegen, da die begehrten
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4 Informationen in unmittelbarem Zusammenhang mit den vertraulichen Beratungen des AKS stünden. Durch deren Bekanntwerden würde die notwendige Vertraulichkeit der Beratungen des AKS – auch für künftige Sitzungen – beeinträchtigt. Darüber hinaus würde durch den Informationsausschluss auch der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung geschützt. Bei den Schätzvorschlägen, die dem BMF durch eines der im AKS vertretenen Wirtschaftsforschungsinstitute zur Verfügung gestellt wurden, handele es sich um vertraulich übermittelte Informationen i.S.d. § 3 Nr. 7 IFG. Der Kläger erhob mit vorab versandter E-Mail vom 10.11.2018 Widerspruch (beigefügt als Anlage K 4), der mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2019 (beigefügt als Anlage K 5), dem Kläger zugestellt am 07.02.2019, zurückgewiesen wurde. Bereits im Februar 2017 beantragte ein Petent, Herr Markus Meinzer, über die Plattform FragDenStaat.de die Herausgabe der Rechenmodelle und Datengrundlagen zur Steuerschätzung beim BMF. Nachdem das BMF den Antrag mit nahezu gleichlautender Begründung wie im vorliegenden Verfahren zurückgewiesen hatte, suchte er um Vermittlung durch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) nach. Mit Schreiben vom 28.03.2017 (beigefügt als Anlage K 6) legte die BfDI ihre grundlegenden Bedenken gegen die vom BMF vorgebrachten Ausschlussgründe dar und machte deutlich, dass dem Petenten nach ihrer Ansicht der Informationszugang zu gewähren ist. Nachdem das BMF an seiner Rechtsauffassung festhielt und der Petent sein Begehren nicht weiterverfolgte, fand eine gerichtliche Klärung bisher nicht statt. In ihrem 6. Tätigkeitsbericht für die Jahre 2016-2017 (Ausschnitt beigefügt als Anlage K 7) betonte die BfDI erneut, dass sie die genannten Ausschlussgründe nicht für einschlägig bzw. hinreichend dargelegt hielt. Nach Auffassung der BfDI können Rechenmodelle und Datengrundlagen zur Steuerschätzung nach dem IFG zugänglich sein. B. Rechtliche Würdigung I. Zulässigkeit Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthaft. Das erforderliche Vorverfahren wurde durchgeführt und die Klagefrist des § 74 VwGO eingehalten.
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5 II. Begründetheit Die Klage ist auch begründet. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist rechtswidrig und ver- letzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat gem. § 1 Abs. 1 S. 1 IFG einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu den beantragten Informationen. Soweit die Beklagte behauptet, dass ihr Rechenmodelle anderer AKS-Teilnehmer nicht vorliegen, überzeugt das nicht. In speziellen Sitzungen des AKS werden die verschiedenen Ansätze und Re- chenmodelle diskutiert. Es ist daher davon auszugehen, dass sie Teil der Unterlagen des AKS sind und dem BMF vorliegen. In Bezug auf sämtliche angefragte Informationen sind Ausschlussgründe nicht ersichtlich. 1. Besonderes Amtsgeheimnis, § 3 Nr. 4 IFG Der von der Beklagten angeführte Ausschlussgrund des besonderen Amtsgeheimnisses gem. § 3 Nr. 4 Var. 4 IFG ist nicht einschlägig. Es fehlt bereits an einer parlamentsgesetzlichen Rechtsgrund- lage. Entgegen der Auffassung der Beklagten konstituieren die Vorschriften der GO AKS, die sich der AKS selbst gegeben hat, kein besonderes Amtsgeheimnis i.S.d. § 3 Nr. 4 Var. 4 IFG. Bei § 3 Nr. 4 IFG handelt es sich um eine bloße Rezeptionsnorm, die an fachgesetzliche Vorschriften anknüpft (Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, § 3 Rn. 204). Zwar kann eine solche Rechtsvorschrift auch ein un- tergesetzlicher Rechtsakt sein. Dann muss dieser jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen (vgl. Schoch, a.a.O., § 3 Rn. 214). Es ist nicht ersichtlich, auf welchem Parlamentsgesetz die GO AKS beruhen soll. Die Anerkennung ungeschriebener Amtsgeheimnisse würde im Ergebnis dazu führen, dass die Ver- waltung ohne gesetzliche Legitimation selbst (willkürlich) über den Ausschluss bestimmter Informati- onen bestimmen könnte (vgl. Ausführungen der BfDI, Anlage K 7). Da es bereits an einer gesetzlichen Grundlage für die GO AKS fehlt, kommt es auf die weiteren Aus- führungen der Beklagten nicht an. 2. Behördliche Beratungen, § 3 Nr. 3 b) IFG Dem Zugang zu den begehrten Informationen steht nicht der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 3 b) IFG entgegen.
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6 Unabhängig von der Tatsache, dass es sich bei dem AKS nicht um eine Behörde handelt, liegen die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 b) IFG nicht vor. Dieser soll die ungestörte Entscheidungsfindung von Behörden schützen, d.h. die Besprechung, Beratschlagung und Abwägung. Informationen kön- nen dann geschützt sein, wenn sie Rückschlüsse auf die behördliche Entscheidungsfindung zulas- sen (BeckOK InfoMedienR/Schirmer IFG § 3 Rn. 134 m.w.N.). Tatsachengrundlagen und die Grund- lage der Willensbildung ebenso wie das Beratungsergebnis sind von § 3 Nr. 3 b) IFG nicht ge- schützt, weil hieraus keine Rückschlüsse auf den Gang der Meinungsbildung gezogen werden kön- nen (BeckOK InfoMedienR/Schimer a.a.O., m.w.N.). Fälschlicherweise geht die Beklagte davon aus, dass es sich bei den einzelnen Schätzvorschlägen um Beiträge der Beteiligten handelt, die dem Schutzbereich des § 3 Nr. 3 b) IFG unterfallen. Die einzelnen Schätzvorschläge stellen jedoch den Beratungsgegenstand des AKS dar. Inwieweit deren Herausgabe einen unbefangenen Meinungsaustausch gefährden soll, hat die Beklagte nicht nach- vollziehbar dargelegt. Auch die von den Mitgliedern des AKS für ihre Schätzvorschläge verwendeten Rechenmodelle un- terfallen dem Schutzbereich des § 3 Nr. 3 b) IFG nicht, denn auch diese stellen die Grundlage der Beratungen des AKS dar. Bei dem (endgültigen) Rechenmodell, das dem BMF vorliegt und aufgrund dessen die letzte Steuer- schätzung vorgenommen wurde, handelt es sich um das Ergebnis der Beratungen im AKS (vgl. Aus- führungen der BfDI – Anlage K 7). Der Kläger hat nicht die Herausgabe der einzelnen Diskussionsbeiträge der Mitglieder des AKS ge- fordert. Daher gehen die Ausführungen der Beklagten, dass ohne den Schutz der Vertraulichkeit Mitglieder des AKS bei zukünftigen Beratungen - ihrer Auffassung nach- fachlich gebotene Mei- nungsäußerungen unterlassen, am Thema vorbei. Dementsprechend ist auch der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung unter keinem Gesichtspunkt berührt. 3. Vertraulich übermittelte Informationen, § 3 Nr. 7 IFG Auch soweit die Beklagte sich in Bezug auf von privaten Wirtschaftsforschungsinstituten übersandte Schätzvorschläge, § 3 Nr. 7 IFG geltend macht, überzeugt dies nicht. Der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 7 IFG ist schon nicht eröffnet. Diese Norm soll die Bereitschaft der Bürger zur Kooperation mit den Behörden, die in hohem Maße auf eine – insbesondere freiwillige
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7 – Informationszusammenarbeit mit Bürgern angewiesen sind, fördern (vgl. BT-Drs 15/4493, S. 11). Sie dient allein dem Schutz von Informanten und Hinweisgebern u.a. auf dem Gebiet der Strafverfolgung, des Verfassungsschutzes oder des Wettbewerbsrechts (vgl. OVG Berlin- Brandenburg, Urteil vom 05.10.2010 – OVG 12 B 5.08 m.w.N.). Es geht um den Schutz von Informanten, indem ihre Identität nicht preisgegeben wird (Schoch, a.a.O., § 3 Rn. 309). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Unabhängig davon, fehlt es an einer Vertraulichkeitsabrede. Voraussetzung von § 3 Nr. 7 IFG ist neben dem übereinstimmenden Willen beider Parteien, eine Dokumentation der verabredeten vertraulichen Behandlung einer bestimmten Information. Die GO AKS, die sich der AKS gegeben hat, stellt keine Vertraulichkeitsabrede zwischen dem BMF und den privaten Wirtschaftsforschungsinstituten dar. Selbst wenn der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 7 IFG eröffnet wäre und die GO AKS eine Vertraulichkeitsvereinbarung darstellen würde, ist dies nicht ausreichend, um den Informationsanspruch des Klägers auszuschließen. Wie bereits oben ausgeführt, steht der Informationsanspruch nach § 1 Abs. 1 IFG nicht zur Disposition der informationspflichtigen Stelle oder Dritter. Ansonsten könnte der Anspruch durch einseitige behördliche Zusicherung oder das geschickte Zusammenwirken von Verwaltung und Dritten partiell ausgehebelt werden (Schoch, a.a.O., § 3 Rn. 323). Es bedarf daher eines objektiv schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses. Ein solches kann dann bejaht werden, wenn dem Informanten bei einer Offenbarung der Information Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist (BVerwG, NVwZ 2017, 1621). Ein Nachteil der privaten Wirtschaftsforschungsinstitute ist schon nicht ersichtlich. Die Gefahr eines Reputationsverlustes oder Rechtfertigungsdrucks kann hierfür nicht ausreichen und wäre auch nicht hinreichend dargelegt. Es liegt in der Natur der Sache, dass die einzelnen Schätzvorschläge von den tatsächlich veröffentlichten Steuerschätzungen abweichen. Darauf baut die Arbeitsweise des AKS schließlich auf. Nach alldem ist die Klage vollumfänglich begründet. Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.
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8 Bindewald Rechtsanwältin
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Antwort per Allgemeinverfügung Glyphosat-Gutachten wird herausgegeben

Die inzwischen über 39.000 Anträge auf Herausgabe des Glyphosat-Gutachtens waren erfolgreich. Nach einer Allgemeinverfügung des Bundesinstituts für Risikobewertung erhalten alle Antragsteller individuelle Zugangscodes für eine Website mit dem Gutachten. Veröffentlicht werden darf es trotzdem nicht.